Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Karl Trenkwalder über die Berufung von Herrn R. K., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. R. R., T. S., Dr. W. R. , V. L. und L. M., XY-Straße, D-C., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 12.11.2003, VK-1647-2003, betreffend eine Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung BGBl I Nr 2000/32, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, somit Euro 43,60, zu bezahlen.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 08.07.2003 um 08.05 Uhr
Tatort:B 179, km 46.600
Fahrzeug: Lastkraftwagen, XY
Sie haben als Lenker eines Lastkraftfahrzeuges mit über 7,5 t höchstes zulässiges Gesamtgewicht entgegen den Bestimmungen des § 52 lit a Z 7a StVO iVm § 1 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 07.11.1989, LGBl Nr 72/1989 idF LGBl Nr 21/1990, die Fernpassstraße B 179 trotz des zwischen km 0,00 im Gemeindegebiet von Nassereith und km 49,076 (Staatsgrenze im Grenztunnel Vils-Füssen) bestehenden ?Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t? befahren obwohl die gegenständliche Fahrt von den Ausnahmebestimmungen der angeführten Verordnung nicht erfasst war.?
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit a Z 7a StVO in Verbindung mit der zitierten Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 07.11.1989 zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 218,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese damit begründet, dass vor dem Grenzübergang für den Berufungswerber nicht zu erkennen gewesen sei, dass er die Fernpass-Straße B 179 mit dem von ihm gesteuerten LKW nicht befahren habe dürfen. Das erste entsprechende Schild habe sich vielmehr unmittelbar vor der Einfahrt zum Grenztunnel befunden, wobei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten an dieser Stelle für den Berufungswerber keine Möglichkeit bestanden habe, die Straße zu verlassen oder aber zu wenden. Die Kontrolle habe dann unmittelbar hinter dem Grenztunnel stattgefunden. Bei dieser Überprüfung sei der Berufungswerber auf das bestehende Fahrverbot hingewiesen worden, verbunden mit der Aufforderung, bei der nächsten Möglichkeit zu wenden und die Straße zu verlassen. Dieser Aufforderung sei er nachgekommen. Von einer zu zahlenden Geldstrafe sei bei dieser Überprüfung nicht die Rede gewesen. Die Aufforderung, von seinem Recht auf Parteiengehör Gebrauch zu machen, habe er nicht erhalten, ebensowenig die Aufforderung, seine Einkommens-, Vermögens- und persönlichen Verhältnisse anzugeben.
In einem ergänzenden Schriftsatz vom 08.03.2004 wurde vom Berufungswerber mitgeteilt, dass er in Füssen im dortigen Industriegebiet in seinem LKW übernachtet habe. Er sei aus diesem Industriegebiet herausgefahren, über eine Ampelkreuzung hinweg in Richtung auf den Grenztunnel. Weder vor noch hinter dieser Kreuzung habe sich ein Hinweisschild darauf befunden, dass die Weiterfahrt auf österreichischem Gebiet mit dem von ihm gesteuerten LKW nicht zulässig sei. Dieses Hinweisschild habe sich vielmehr erst unmittelbar vor dem Grenztunnel befunden, die Kontrolle habe dann unmittelbar hinter dem Grenztunnel stattgefunden. Zwischenzeitlich habe der Berufungswerber weder die Straße verlassen noch wenden können. Bei der Kontrolle sei er auch lediglich darauf hingewiesen worden, dass die Weiterfahrt unzulässig sei. Von einer bereits verwirkten Geldstrafe sei bei dieser Kontrolle nicht die Rede. Vorsorglich wurde auch Verfolgungsverjährung eingewendet, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Straferkenntnis zwar vom 12.11.2003 datiert sei, ihm aber dieses erst Mitte Januar 2004 zugegangen sei.
Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurde darauf hingewiesen, dass er nach einer Zwangsversteigerung seines Hauses noch erhebliche Verbindlichkeiten auszugleichen habe. Er werde ein privates Insolvenzverfahren durchführen müssen, sodass jedenfalls von deutlich unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen sei.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Mit Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 07.11.1989 wurde von der Tiroler Landesregierung auf der B 179 Fernpass-Straße ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge erlassen und wurde aufgrund des § 43 Abs 1 lit b und Abs 2 lit a der Straßenverkehrsordnung 1960 nachstehendes verordnet:
?§ 1
?Auf der B 179 Fernpass-Straße zwischen Straßenkilometer 0,00 in der Gemeinde Nassereith und Straßenkilometer 47,957 in der Stadtgemeinde Vils ist das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
§ 2
Vom Verbot nach § 1 sind ausgenommen:
a) Fahrten, die dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz des Straßendienstes oder dem Einsatz des öffentlichen Sicherheitsdienstes dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen des Bundesheeres;
b) Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, die in den Bezirken Imst, Innsbruck-Land, Innsbruck-Stadt, Landeck oder Reutte, in den Landkreisen Biberach, Garmisch-Partenkirchen, Lindau, Oberallgäu, Ostallgäu, Ravensburg, Unterallgäu oder Weilheim- Schongau, in den Städten Kaufbeuren, Kempten oder Memmingen, in der Gemeinde Samnaun oder in den Bezirks- und Talgemeinschaften Burggrafenamt oder Vinschgau ihren dauernden Standort haben;
c) Fahrten, die ausschließlich dem Zweck der Be- oder Entladung von Fahrzeugen in den in der lit. b genannten Gebieten dienen.
§ 3
Diese Verordnung tritt mit 1. Dezember 1989 in Kraft.?
Entgegen diesem verordneten Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge lenkte der Berufungswerber zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt trotz des bestehenden Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t im Sinne der oben genannten Verordnung sein Lastkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY bei km 46,600 der B 179. Dieser Umstand wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten, allerdings eingewendet, dass sich das entsprechende Fahrverbotschild unmittelbar vor der Einfahrt zum Grenztunnel befunden habe, die Kontrolle unmittelbar hinter dem Grenztunnel stattgefunden habe und er aufgrund der örtlichen Gegebenheiten keine Möglichkeit gehabt habe, die Straße zu verlassen oder aber zu wenden.
Amtsbekannt ist, dass das vom Berufungswerber verletzte Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t im Sinne der im Spruch dieses Erkenntnisses zitierten Verordnung der Tiroler Landesregierung gleich nach der Ausfahrt aus dem Grenztunnel Vils-Füssen bei Strkm 48,192 ordnungsgemäß kundgemacht ist und dem Berufungswerber hier eine ordnungsgemäße Abfahrt von der B 179 Richtung Vils möglich gewesen wäre. Die entsprechenden Verkehrszeichen sind an dieser Stelle so übersichtlich angeordnet, dass sie dem Berufungswerber jedenfalls auffallen mussten, noch dazu, wo dieser angab, bereits bei der Einfahrt in den Grenztunnel Vils-Füssen auf dieses Fahrverbot aufmerksam gemacht worden zu sein. Wenn nun der Berufungswerber bei Strkm 46,600 der B 179 im Bereich des Kontrollplatzes Musau, also etwa 1,5 km nach der Ausfahrt Vils, auf welcher der Berufungswerber wieder auf die Umleitungsschleife Richtung BRD gekommen wäre, angehalten wurde, hat dieser nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol die Übertretung des verordneten Fahrverbotes vorsätzlich begangen, zumal er unmittelbar nach der Ausfahrt aus dem Grenztunnel Füssen-Vils die Möglichkeit gehabt hätte, noch rechtzeitig von der B 179 abzufahren und somit die ihm nunmehr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu vermeiden.
Unter Berücksichtigung des dem Berufungswerber anzulastenden Unrechtsgehaltes der begangenen Übertretung dahingehend, dass durch dessen Vorgangsweise die Leichtigkeit und Sicherheit des erlaubten Fahrzeugverkehrs beeinträchtigt und die Umwelt durch mehrten Schadstoffausstoß und erhöhte Lärmbelastung im großen Maße geschädigt wird und des angenommenen Verschuldensgrades erweist sich die über diesen verhängte Strafe auch unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit, nicht vorliegender Erschwerungsgründe, aber auch des Umstandes, dass der Berufungswerber nach einer Zwangsversteigerung seines Hauses noch erhebliche Verbindlichkeiten auszugleichen und ein privates Insolvenzverfahren durchzuführen hat, als nicht überhöht, zumal der gesetzliche Strafrahmen nur zu etwa 30 Prozent ausgeschöpft wurde. Neben den durch die Erstinstanz angestellten Erwägungen haben im Hinblick darauf, dass durch die betreffende Verordnung höchstrangige Rechtsgüter, nämlich das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung, geschützt werden sollen, auch generalpräventive Erwägungen eine Bestrafung in dieser Höhe jedenfalls geboten, um anderen Fahrzeuglenkern das besonderer Gewicht der vom Berufungswerber übertretenen Schutznorm aufzuzeigen.
Die Einwendungen hinsichtlich einer bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung gehen ins Leere, zumal eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann ist, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 22.07.2003 wurde dem Berufungswerber am 29.07.2003, somit innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zugestellt, weshalb Verfolgungsverjährung nicht eintreten konnte.