Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Bettina Weißgatterer über die Berufung des Herrn H. M., T., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G. M., XY-Platz, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.11.2004, Zl VK-21855-2004, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das ist zu Spruchpunkt 1. Euro 44,00 und zu Spruchpunkt 2. Euro 22,00, zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.11.2004, Zl VK-21855-2004, wurde dem Berufungswerber spruchgemäß nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:
?Tatzeit: 06.05.2004 um 7.52 Uhr,
Tatort: Pettnau, Oberpettnau auf der B 171 bei km 98,8 in Fahrtrichtung Osten,
Fahrzeug: Personenkraftwagen XY
1. Sie haben zu einem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Tatort: auf der B 171 bei Strkm 98,8.
2. Sie haben ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenützer die Geschwindigkeit sichtbar deutlich verringern mussten, um einen Unfall zu vermeiden?.
Über den Berufungswerber wurde daher zu Spruchpunkt 1. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 220,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, und zu Spruchpunkt 2. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 110,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und führte in dieser aus wie folgt:
?In umseits bezeichneter Rechtssache wurde dem Beschuldigten H. M. das Straferkenntnis der BH Innsbruck vom 17.11.2004, GZ VK-21855-2004, am 19.11.2004 zugestellt. Der Beschuldigte erhebt binnen offener Frist Berufung und führt dazu aus wie folgt:
Die erstinstanzliche Behörde geht nicht nur von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, sondern es blieb das erstinstanzliche Verfahren auch mangelhaft, zumal seitens der Behörde insbesondere keine annähernd ausreichenden Beweisgrundlagen geschaffen und keine entsprechenden Feststellungen getroffen wurden.
Wie der Beschuldigte bereits mehrfach erklärte, sind die gegen ihn erhobenen Vorwürfe haltlos und keinesfalls zutreffend. Es liegen auch keine entsprechenden Grundlagen vor, die eine Bestrafung des Beschuldigten auch nur annähernd rechtfertigen könnten. Es zeigt sich im gegenständlichen Fall bedauerlicherweise wiederum, dass seitens der erstinstanzlichen Behörden Strafverfügungen und Straferkenntnisse erlassen werden, ohne dass man sich einigermaßen eingehend mit den dahinter stehenden Tatsachengrundlagen beschäftigt.
Jeder, der sich im Zuge verwaltungsbehördlicher oder gerichtlicher Verfahren mit Schätzungen von Zeugen auseinanderzusetzen hat, wird nachhaltig erfahren haben, wie hoch die Ungenauigkeit bei Schätzungen und wie groß der Anteil völlig unrichtiger Angaben (bewusst oder unbewusst) ist:
So fahren Fahrzeuge nach den Angaben von Parteien und Zeugen nicht selten mit 35- 40 km/h rückwärts, Fahrzeuglängen von Pkws betragen zwischen 2 und 10m, Stillstandszeiten an Kreuzungen betragen mehrere Minuten, normale Seitenabstände zum rechten Fahrbahnrand liegen häufig unter 5cm etc.
Dennoch basiert die Strafverfügung ausschließlich auf den (außerdienstlichen) Angaben des Anzeigenden, der vermeint, nähere Geschwindigkeits- und Abstandsschätzungen abgeben zu können, und zwar vom eigenen, sich in Bewegung befindlichen und vorausfahrenden Fahrzeug aus.
Zur mangelnden Verlässlichkeit von Wahrnehmungen (gerade auch im Hinblick auf Wahrnehmungen von Exekutivorganen) wurde bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.05.2000 (2000/11/0112) zitiert, in dem folgendes festgehalten wurde:
?Der Grund für die Aufhebung des Vorbescheides war, dass die Annahme, der Beschwerdeführer habe am 1. Juli 1997 zumindest einmal die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten, nicht schlüssig war; die Schätzung der Fahrgeschwindigkeit des Beschwerdeführers von einem nachfahrenden Dienstfahrzeug der Gendarmerie aus könne infolge der wechselnden Geschwindigkeiten im Schätzzeitraum diese Annahme nicht tragen.?
Mit anderen Worten hat der VwGH klargestellt, dass selbst bei einem nachfahrenden (bei einem vorausfahrenden wie im gegenständlichen Fall ist es wohl unstrittigerweise noch deutlich schwieriger) Dienstfahrzeug eine Geschwindigkeitsschätzung in keiner Weise eine ausreichende Entscheidungsgrundlage darstellt, geschweige denn, dass es einem Fahrzeuglenker wie dem Anzeigenden möglich wäre, zudem noch verlässlich im gleichen Atemzug Abstände, Geschwindigkeitsdifferenzen und Personen in einem anderen Fahrzeug zu beobachten.
Zum Vorwurf der Übertretung des § 18 Abs 1 StVO:
Wie bereits erwähnt widerspricht es den Tatsachen, dass der Beschuldigte einen unzureichenden Abstand zum Vorderfahrzeug eingehalten hätte. Der Sicherheitsabstand des Beschuldigten betrug zumindest 25m, sodass von einem zu knappen Abstand keine Rede sein kann. Faktum ist, dass sich der erforderliche Sicherheitsabstand (gerechnet mit einer Sekunde) bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h, die vom Beschuldigten auch eingehalten wurde, auf rund 17m beläuft. Dieser Abstand wurde vom Beschuldigten mit Sicherheit nicht annähernd unterschritten.
Dass sich der Abstand zwischen den Fahrzeugen letztlich bei gleichzeitigem Ausscheren auf den linken Fahrstreifen notwendigerweise etwas reduzierte, bedarf schon deshalb keiner weiteren Erläuterung, zumal der Beschuldigte das vor ihm sehr langsam und nicht annähernd 60km/h fahrende Fahrzeug überholte.
Zum Vorwurf der Übertretung des § 16 Abs 1 lit a StVO:
Es überdies völlig unzutreffend, dass durch das Überholmanöver des Beschuldigten ein anderer, im vorliegenden Fall ein entgegenkommender Straßenbenützer gefährdet worden wäre. Der Beschuldigte erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass er wie jeder andere ein verständliches Interesse an seiner eigenen Gesundheit hat und schon deshalb ein Fahrmanöver, wie ihm dies vorgeworfen wurde, stets unterlässt.
Zutreffend mag sein, dass das entgegenkommende Fahrzeug im zeitlichen Zusammenhang mit dem Überholen des Klägers seine Geschwindigkeit möglicherweise etwas verringerte. Ein dahingehender Zusammenhang, dass das entgegenkommende Fahrzeug aufgrund des Überholens des Klägers sein Geschwindigkeit verringerte oder diese gar verringern musste, besteht indes nicht.
Tatsache ist, dass auch ohne eine allfällige Geschwindigkeitsreduzierung des entgegenkommenden Fahrzeuges der Überholvorgang ohne jede Gefahr für einen anderen Straßenbenützer abgeschlossen worden wäre.
Wie der Beschuldigte bereits in seinem Einspruch vom 17.08.2004 darlegte, war der Grund für die mögliche Reduzierung der Geschwindigkeit des entgegenkommenden Fahrzeuges der, dass die Insassen dieses Fahrzeuges offensichtlich den dort neben der Straße befindlichen Reitstall näher beobachten wollte (es befindet sich dort eine Art Koppel mit Pferden). Nicht anders ist es zu erklären, dass die beiden Insassen in ihrem Fahrzeug in Richtung des Reitstalles deuteten.
Es wird wohl auch unstrittig sein, dass dann, wenn die Insassen des entgegenkommenden Fahrzeuges in irgendeiner Weise die Situation als gefährlich eingeschätzt hätten, deren Blick nicht auf den Reitstall, sondern vielmehr auf den Gegenverkehr gerichtet gewesen wäre. Dies war jedoch - wie erwähnt - nicht der Fall.
Wie allerdings der Anzeigende (siehe Bericht vom 31.08.2004) anzugeben imstande sein will, dass die Insassen des entgegenkommenden Fahrzeuges nicht zum dortigen Pferdestall geschaut hätten, ist nicht zu erklären.
Geht man nämlich vom unstrittigen Sachverhalt aus, dass der Beschuldigte den Anzeigenden überholte, hätte dieser infolge des überholenden Fahrzeuges auf die Insassen des entgegenkommenden Fahrzeuges überhaupt keine Sicht gehabt, zumal der Blick auf dieses Fahrzeug vom Fahrzeug des Beschuldigten verdeckt gewesen wäre.
Eine Sichtmöglichkeit des Anzeigenden hätte sohin zwangsläufig nur dann bestanden, wenn das entgegenkommende Fahrzeug in einem ganz erheblichen Abstand gewesen wäre, weil logischerweise nur dann für den Anzeigenden keine Sichtbeeinträchtigung durch das Fahrzeug des Beschuldigten bestanden hätte. Diesfalls kann aber keine Rede davon sein, dass das Überholen für irgendjemanden gefährlich gewesen wäre. Zu beiden Vorwürfen ist festzuhalten, dass es gänzlich unrichtig ist, dass der Anzeigende mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h unterwegs gewesen wäre, vielmehr ist der Anzeigende ohne ersichtlichen Grund mit sehr geringer Geschwindigkeit erfahren. Diese Geschwindigkeit belief sich - wie vom Beschuldigten bereits angegeben - auf etwa 30km/h, höchstens aber 40km/h. Tatsache ist, dass der Beschuldigte eine Geschwindigkeit von 60km/h einhielt und letztlich unter Einhaltung dieser Geschwindigkeit auf das vor ihm fahrende Fahrzeug aufschloss, Schon daraus ergibt sich zwingend, dass dieses vordere Fahrzeug keineswegs mit 60km/h, sondern mit einer deutlich geringeren Geschwindigkeit unterwegs war.
Wenn der Anzeigende unrichtigerweise behauptet, er hätte die Geschwindigkeit von 60km/h konstant eingehalten, müsste er offensichtlich während des gesamten Zeitraumes, das einschließlich des Hinterherfahrens sicherlich eine geraume Zeit in Anspruch genommen hat, seine Geschwindigkeit anhand seines Tachos im Auge behalten haben. Dass er dennoch gleichzeitig den Sicherheitsabstand des Beschuldigten, dessen Geschwindigkeit sowie die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen seinem Fahrzeug und dem des Beschuldigten und letztlich sogar das Verhalten der Insassen des entgegenkommenden Fahrzeuges beobachten hätte können, ist mit Sicherheit auszuschließen.
Dies gilt umso mehr, als nach der Wahrnehmung des Beschuldigten der Lenker des vor ihm fahrenden Fahrzeuges ständig auch seinen Kopf nach rechts drehte, offensichtlich deshalb, weil sich in diesem Fahrzeug noch eine weitere Person befand, mit der er ein Gespräch führte.
Beweis: vorliegender Einspruch des Beschuldigten vom 17.08.2004 Einvernahme des Beschuldigten H. M., XY, T. vorbehaltlich weiterer Beweise
Der Sachverhalt, den die Behörde erster Instanz angenommen hat, ist unrichtig und gründet sich auf ein Verfahren, das mangelhaft geblieben ist.
Bereits in der Stellungnahme vom 01.10.2004 wurden neben der Einstellung des Verfahrens die Einvernahme des Anzeigenden sowie die Einvernahme des Beschuldigten beantragt. Ferner wurde der Antrag gestellt, den entgegenkommenden Fahrzeuglenker auszuforschen, damit auch dessen Vernehmung durchgeführt werden kann.
Seitens der Behörde erster Instanz wurden keine wie immer gearteten Schritte in diese Richtung unternommen. Es widerspricht einem rechtsstaatlichen und fairen Verfahren, keine näheren Erhebungen durchzuführen und lediglich den Angaben des Anzeigenden Glauben zu schenken, und zwar wohl deshalb, weil es sich bei diesem um ein Exekutivorgan handelt (wenngleich nicht im Dienst).
Abgesehen davon, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Vergehen nicht begangen hat, liegt keine ausreichende Beweisgrundlage vor, anhand derer man dem Beschuldigten die Vorwürfe anlasten könnte, sodass unrichtiger- und unzulässigerweise über den Beschuldigten eine Strafe verhängt wurde.
Beweis: wie vor
Es wird daher gestellt der Antrag die Berufungsbehörde möge der Berufung des Beschuldigten Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis vom 17,11.2004 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einstellen?.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat in der gegenständlichen Angelegenheit erwogen wie folgt:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den gesamten erstinstanzlichen Akt sowie aufgrund der Durchführung einer öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung vom 09.02.2005, bei welchem der Berufungswerber selbst und der Zeuge RI D. K. einvernommen wurden und die Skizze des Berufungswerbers angefertigt wurde.
Der Berufung kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:
Zu Spruchpunkt 1. § 18 Abs 1 StVO:
Nach § 18 Abs 1 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.
Der Zeuge RI D. K. gab bei der Verhandlung am 09.02.2005 nachvollziehbar und überzeugend zu Protokoll, dass der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug einige Sekunden lang hinter dem Fahrzeug des Zeugen herfuhr und dabei so knapp auffuhr, dass der Zeuge K. die Scheinwerfer des Fahrzeuges des Berufungswerbers im Rückspiegel nicht mehr sehen konnte.
Glaubwürdig und nachvollziehbar gab der Zeuge weiters an, dass er mit seinem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca 60 km/h unterwegs war, wobei der Berufungswerber aufgrund des Überholvorganges mit ca 20 bis 30 km/h schneller als der Zeuge selbst sodann den Überholvorgang durchführte.
Bei einer eingehaltenen Geschwindigkeit von 60 km/h ist daher ein Reaktionsweg von 18m erforderlich, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Hintereinanderfahren iSd § 18 Abs 1 StVO die Einhaltung eines dem Reaktionsweg entsprechenden Sicherheitsabstandes genügt.
Für die Berufungsbehörde steht nach der glaubhaften Schilderung des Vorfalles seitens des Zeugen K. fest, dass der Berufungswerber einige Sekunden lang hinter dem Fahrzeug des Zeugen K. herfuhr und konnte der Zeuge K. dabei nicht einmal mehr die Scheinwerfer des Fahrzeuges des Berufungswerbers sehen, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass ein zu kurzer Abstand seitens des Berufungswerbers eingehalten wurde und ein rechtzeitiges Anhalten hinter dem Fahrzeug des Zeugen nicht mehr möglich gewesen wäre.
Zu Spruchpunkt 2. § 16 Abs 1 lit a StVO:
Auch hier wird den Ausführungen des Zeugen K. gefolgt, welche bei der Verhandlung am 09.02.2005 zu Protokoll gab, dass der Berufungswerber die gesamte Überholstrecke überblicken konnte und für den Berufungswerber das entgegenkommende Fahrzeug sichtbar war, weshalb er den Überholvorgang abbrechen hätte können. Auch gab der Zeuge weiter zu Protokoll, dass das entgegenkommende Fahrzeug deutlich sichtbar abbremsen musste, um einen Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers zu vermeiden.
Grundsätzlich darf der Lenker eines Fahrzeuges nur dann überholen, wenn er in der Lage ist, die Überholstrecke zu überblicken und sich von der Möglichkeit eines gefahrlosen Überholens überzeugt hat. Er hat den Versuch eines Überholmanövers abzubrechen und sich wieder hinter das vor ihm fahrende Fahrzeug einzuordnen, sobald er auf der Überholstrecke ein Hindernis oder sonst die Möglichkeit einer Gefährdung erkennt. Unter diesem Gesichtspunkt und unter dem Gesichtspunkt, dass dem Berufungswerber beim Überholen Gegenverkehr entgegenkam, war das gegenständliche Überholmanöver verboten, da insbesondere das entgegenkommende Fahrzeug sowohl gefährdet als auch behindert wurde. Eine Behinderung liegt schon dann vor, wenn ein entgegenkommender Fahrzeuglenker zum Bremsen oder Ablenken genötigt wird.
Grundsätzlich wäre das Überholmanöver zu unterlassen gewesen, insofern die Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung eines anderen Verkehrsteilnehmers gegeben ist.
Zusammengefasst steht für die Berufungsbehörde daher fest, dass der Berufungswerber trotz des entgegenkommenden Fahrzeuglenkers den Überholvorgang nicht nur begonnen, sondern durchgeführt hat. Der Berufungswerber hat daher die jeweiligen Tatbestände sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht begangen.
Hinzuweisen ist noch darauf, dass sich bei der Verhandlung am 09.02.2005 herausstellte, dass der Berufungswerber angab, in Fahrtrichtung Westen (damit gemeint in Fahrtrichtung Telfs) unterwegs gewesen zu sein, der Zeuge RI K. hingegen, was auch aus der Anzeige so hervorgeht, von der Fahrtrichtung Osten (damit gemeint in Fahrtrichtung Innsbruck) ausging bzw dies auch bei der Verhandlung am 09.02.2005 so bestätigte. Der Zeuge gab bei der ergänzenden Befragung an, dass er sich 100-prozentig sicher ist, dass sich der Vorfall in Fahrtrichtung Osten zugetragen hat, da er selbst in Unterpettnau wohnt und die Kinder am vorfallsgegenständlichen Vormittag nach Telfs in die Schule gebracht hat.
Dem Zeugen RI K. ist hier als geschultem Aufsichtsorgan Glauben zu schenken, dass er die richtige Fahrtrichtung anzeigte und auch angab und der Vorfall somit im Ortsteil Oberpettnau auf der B 171 bei km 98,8 in Fahrtrichtung Osten stattfand. Nach Meinung der Berufungsbehörde handelt es sich beim geschilderten Vorfall des Berufungswerbers um einen anderen Überholvorgang. Der Berufungswerber konnte auch keine entsprechenden Nachweise betreffend seinem Aufenthalt am Vormittag des 06.05.2004 vorlegen, weshalb es sich um ein anderes Verkehrsmanöver des Berufungswerbers handeln musste und die Einwendungen des Berufungswerbers daher ins Leer gehen.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Zu den Einkommensverhältnissen ist anzugeben, dass von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca Euro 1.800,00 und einem Schuldenstand des Berufungswerbers von ca Euro 72.670,00 auszugehen war, wobei der Berufungswerber für zwei Kinder im Alter von 13 und 16 Jahren sorgepflichtig ist. Mildernd war kein Umstand zu werten. Der Strafrahmen des § 99 Abs 3 lit a StVO beläuft sich auf eine Strafe bis zu Euro 726,00, sodass die Bestrafung ohnehin im unteren Bereich angesetzt wurde. Die Geldstrafe ist daher tat- und schuldangemessen.
Die Voraussetzungen des § 20 VStG liegen bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des zur Last gelegten Verhaltens nicht vor. Für die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG fand sich kein Raum, zumal nicht davon gesprochen werden kann, dass das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig im Sinne dieser Gesetzesbestimmung gewesen wäre und die Folgen der Übertretung unbedeutend waren.
Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.