Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn P T, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft Dr. W, Dr. K, in W, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 2.7.2004, Zl. A3-St 315/2003-5, wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe im Sinne des § 9 VStG als für die Einhaltung des Lebensmittelgesetzes in der Filiale G, G, bestellter verantwortlicher Beauftragter der B A (Zustimmungserklärung vom 1.1.2003) zu verantworten, dass am 18.9.2003 in obgenannter Filiale die verpackte Ware Salami Pralinen in Verkehr gebracht, dh verkauft wurde, auf deren Verpackung das Mindesthaltbarkeitsdatum durch Überkleben der ursprünglichen Etikette verlängert wurde. Wegen Verletzung des § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz, BGBl Nr. 86/1975 idgF in Verbindung mit § 9 Abs 1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl Nr. 72/1993 idgF wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von ? 100,00 (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, des Weiteren wurden gemäß § 45 Abs 2 LMG ? 54,08 als Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten vorgeschrieben. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der in Wiederholung des Vorbringens im Verfahren erster Instanz im Wesentlichen nochmals vorgebracht wurde, dass das verfahrensgegenständliche Produkt zum Anlieferzeitpunkt eine Mindesthaltbarkeitsdauer von rund 2 Monaten aufweise. Nach einer entsprechenden Umverpackung aus den angelieferten Großgebinden würde bei der erforderlichen Etikettierung nur eine 7-tägige Mindesthaltbarkeitsfrist aufgedruckt. Die Änderung des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der gegenständlichen Packung stelle daher grundsätzlich keine Verlängerung der Mindesthaltbarkeitsfrist im vorgeworfenen Sinne dar, weil die deklarierte Frist unter Berücksichtigung der auf dem Transportgebinde deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist objektiv zu kurz bemessen ist. Da es somit an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes mangle und dem Berufungswerber ein subjektives Fehlverhalten nicht zur Last gelegt werden könnte, werde daher der Antrag gestellt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und in Stattgebung der Berufung, allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Nach Durchführung ergänzender Erhebungen wurde zufolge des zitierten Berufungsvorbringens am 21.2.2005 eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Berufungswerber als Partei gehört wurde und an der auch ein Vertreter der belangten Behörde teilnahm. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde erster Instanz, insbesonders jedoch des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens der Verhandlung vom 21.2.2005 werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Der Berufungswerber ist mit Rechtswirksamkeit vom 1.1.2003 zum verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Feinkostleiter der B-Filiale in G, G, bestellt worden. Zu seinem sachlichen Aufgabenbereich gehört ua. die Einhaltung der Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes bzw der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung. In der genannten Filiale wurden am 18.9.2003 in verpackter Form Salami Pralinen auf der Vitrine in der Feinkostabteilung zum Verkauf angeboten, wobei auf einer Verpackungseinheit die Mindesthaltbarkeitsfrist dieses Produktes mit 17.9.2003 angegeben war. Nach einer Konsumentenbeschwerde wurde die genannte Verpackung von Mitarbeitern des Berufungswerbers neu etikettiert und am 18.9.2003 mit einer neuen Mindesthaltbarkeitsfrist bis 25.9.2003 ausgewiesen und in der Folge wiederum zum Verkauf feil gehalten. Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab, wurden Salami-Pralinen vom französischen Produzenten J C in Großgebinden a 1 kg übe die Fa. H W bzw F bereits seit Jahren an Filialen der Fa. B geliefert. Seitens des Produzenten wird eine Mindesthaltbarkeitsfrist von 60 Tagen garantiert. Innerhalb der B-Filiale des Berufungswerbers erfolgt jeweils eine Umverpackung in kleinere Verkaufseinheiten a 20-25 dag. Während sich auf der angelieferten Ware des französischen Produzenten Angaben über Produktionsdatum und auch die erwähnte 60-Tage-Mindesthaltbarkeitsfrist befinden, welche vom Berufungswerber seinen Angaben zufolge jeweils bei Eintreffen der Ware entsprechend überprüft und daraufhin die weiteren Veranlassungen getroffen werden, wird der Text hinsichtlich der Etiketten für die angeführten kleineren Verkaufseinheiten in der Filiale selbst gedruckt. Dabei bedient man sich eines über die Firmenzentrale gesteuerten Computerprogramms. Für die in der Filiale zum Verkauf bereit gehaltenen Verkaufseinheiten bzw Gebinde wird üblicherweise - nach Angabe des Berufungswerbers bei allen Arten von Frischwaren üblich - eine Mindesthaltbarkeitsfrist von grundsätzlich 7 Tagen vorgesehen bzw. etikettiert. In rechtlicher Hinsicht ist nunmehr auszuführen: Gemäß § 9 Abs 1 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) ist eine Verlängerung der Mindesthaltbarkeitsfrist bzw Verbrauchsfrist nicht zulässig. Da dem Berufungswerber eine ungesetzliche Verlängerung dieser Frist zur Last gelegt wurde, hatte die erkennende Behörde zu prüfen, inwieweit in objektiver Hinsicht die auf der Verpackungseinheit, welche am 18.9.2004 in der Feinkostabteilung des Berufungswerbers zum Verkauf feilgebotenen Waren aufscheinende Mindesthaltbarkeitsfrist, bezogen auf das zum Verkauf feilgehaltene Produkt zu lange bemessen war und solcherart unzulässigerweise verlängert wurde. Auf eine Anfrage an das Institut für Lebensmitteluntersuchung (jetzt AGES) hin, ob und allenfalls ab welchem Zeitpunkt für Salami Pralinen der untersuchten Art von einer Mindesthaltbarkeitsfrist von rund 2 Monaten ausgegangen werden kann, teilte die genannte amtliche Prüfanstalt mit, dass eine solche Aussage im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erhoben werden muss, zumal die Haltbarkeit von vielen verschiedenen Faktoren, wie Ausgangsmaterial, Herstellungsverfahren, Verpackungsmaterial, Verpackungsart, Betriebshygiene und anderem abhängt. Der Berufungswerber hat im Zuge der Berufungsverhandlung keine näheren Hinweise auf eine derartige Beurteilung abgeben können und sich auf die vorgelegte Artikelinfo (Beilage C) bezogen, der zufolge eine Haltbarkeitsfrist von 60 Tagen seitens des Produzenten garantiert wird. Des Weiteren hat der Berufungswerber durch Vorlage entsprechender Lagerstandsentwicklungen (Beilagen A und B) nachgewiesen, dass sowohl am 30.8.2003 als auch am 10.9.2003 Salami-Pralinen in die unter seinem Verantwortungsbereich stehende Filiale geliefert wurden und am 18.9.2003 bereits wiederum eine weitere Lieferung der erwähnten Produkte erfolgt ist, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Lebensmitteln um gut gehende Produkte handelt. Exakte Feststellungen, wann die gelieferten Produkte jeweils im Detail produziert wurden, waren auch bei Einschaltung der Firmenleitung der Fa. B in W nicht möglich. Zufolge der an Deutlichkeit in verfahrensrelevanter Hinsicht nichts zu wünschen übrig lassenden Ausführungen im Kommentar zum Lebensmittelrecht Barfuß, Smolka, Onder, LMG-Durchführungsverordnungen, Manz-Verlag Wien, 2. Auflage sind die im § 9 angesprochenen Fristen weder nach dem Wortlaut noch begrifflich gleichbedeutend mit den Kennzeichnungselementen nach § 4 Z 5 (Mindesthaltbarkeitsdatum) und § 5 (Verbrauchsdatum). Primär ist für die zitierte gesetzliche Bestimmung demnach nicht die Kennzeichnung, sondern die Frist, während deren Dauer die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält. Die der Haltbarkeit tatsächlich entsprechende Frist ist - losgelöst und unabhängig vom deklarierten Datum - auf Grund zahlreicher Einzelumstände (Hygiene, Lagerbedingungen, Art der Ware) von der Sache her objektiv vorgegeben, manchmal auch normiert. Die auf Grund objektiver Umstände sachlich und unverrückbar vorgegebene Mindesthaltbarkeits- bzw Verbrauchsfrist kann nicht verlängert werden. Wurde die deklarierte Frist ursprünglich zu kurz bemessen, dann ist auch eine spätere Richtigstellung keine Verlängerung der Frist. Die allein zutreffende Frist ist - wie dargelegt - von vorneherein fachlich unverrückbar vorgegeben. Letztere Ausführungen treffen auf den Anlassfall insoferne zu, als eine ab Produktion der zum Verkauf feilgebotenen verpackten Ware garantierte 60-tägige Mindesthaltbarkeitsfrist, firmenseits auf (zunächst) 7 Tage als Frischware - somit offensichtlich objektiv zu kurz - bemessen wurde, um später in einer, wie im Anlassfall gleichsam vor den Augen des Konsumenten als eher unklug zu bezeichnenden Vorgangsweise verlängert zu werden, dies allerdings offenkundig durchaus im Rahmen der grundsätzlich für ein derartiges Produkt als zulässig anzusehenden, vorgegebenen Mindesthaltbarkeitsfrist von 60 Tagen. Das Beweisergebnis des im Rahmen der Verhandlung vom 21. Februar 2005 durchgeführten Ermittlungsverfahrens bietet somit keine ausreichenden und sicheren Anhaltspunkte für Schlussfolgerungen, wonach mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit angenommen werden kann, dass der Berufungswerber die ihm im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat. Wenngleich im Anlassfall auch keine Feststellungen mehr getroffen werden konnten, wann die am 18.9.2003 zum Verkauf feilgehaltene, verpackte Warenprobe erzeugt wurde, um solcherart die mehrfach erwähnte Mindesthaltbarkeitsfrist von grundsätzlich 60 Tagen verifizieren zu können, erscheint es angesichts der Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers in Verbindung mit dem von ihm vorgelegten Liefer- bzw Bestellnachweisen, nur schwer vorstellbar, dass es sich ausgerechnet beim beanstandeten Produkt vom 18.9.2003 um ein Lebensmittel gehandelt hätte, welches zum angeführten Zeitpunkt eine bereits in objektiver Hinsicht abgelaufene Mindesthaltbarkeitsfrist aufgewiesen hat. Das Umverpacken oder Neuverpacken, welches im gegenständlichen Fall offenbar Stein des Anstoßes war, wäre im gegebenen Zusammenhang nämlich nur dann rechtswidrig gewesen, wenn damit die Deklaration einer unzutreffenden Frist verbunden wird, welche an sich nicht erweisbar war. Da somit ein für den Vorwurf im Sinne des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses zur Verwirklichung des objektiven Tatbestandes erforderliche - unzulässige - Verlängerung der Mindesthaltbarkeitsfrist für die Salami-Pralinen seitens des Berufungswerbers nicht erwiesen werden konnte, war das Strafverfahren nach Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.