TE UVS Tirol 2005/03/08 2004/19/063-2

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Veröffentlicht am 08.03.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch das Mitglied Dr. Karl Trenkwalder über die Berufung des Herrn Dr. W. O., wohnhaft in I., XY-Straße, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. E. S., I., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 24.3.2004, Zl S-20.840/03, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm. § 24 VStG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die zu Punkt 1) verhängte Geldstrafe auf Euro 50,00, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 64 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (Punkt 1) mit Euro 5,00 neu festgesetzt, der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens (Punkt 2) wird mit Euro 10,00 bestimmt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber die Begehung der nachstehend wiedergegebenen Verwaltungsübertretungen angelastet:

 

?Sie haben wie am 10.10.2003 um 13.17 Uhr festgestellt wurde, als Lenker des KKWs XY in Innsbruck, auf dem Südtiroler Platz von der Einfahrt des Hauses Südtiroler Platz Nr 4 kommend

1)

die Sperrlinie überfahren, weiters

2)

befuhren Sie den Südtiroler Platz in nördliche Richtung bis zur Kreuzung mit der Brixner Straße und dort bogen Sie nach rechts ab, trotz des gut sichtbar angebrachten Gebotszeichens ?vorgeschriebene Fahrtrichtung? (nach links) ? Ausnahme gibt es hier keine.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1) § 9 Abs 1 StVO, 2) § 52 lit b Z 15 StVO?

 

Über den Berufungswerber wurde daher gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO zu Spruchpunkt 1) eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 70,00 (Ersatzarrest 34 Stunden) und zu Spruchpunkt 2) eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 (Ersatzarrest 1 Tag) verhängt sowie ein Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz festgesetzt.

 

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung hat der Berufungswerber ausgeführt, er sei Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Er besitze keine Bewilligung für die Verwendung von Blaulicht. Bei einer von ihm operierten Patientin sei eine postoperative Nachblutung festgestellt worden, weshalb er angerufen worden sei und sich schnellstmöglich an Ort und Stelle begeben habe, da nur er aufgrund der Kenntnis der durchgeführten Operation habe beurteilen können, was zu geschehen habe. Daher sei es notwendig gewesen, augenblicklich die Ordination zu verlassen.

 

Der Berufungswerber hat in der Berufung (Seite 6) wörtlich ua ausgeführt:

 

?Der Beschuldigte verwirklichte die in der Strafverfügung angezogenen Verwaltungsübertretungen daher als einziges ihm zur Verfügung stehenden Mittel, um eine für seine Patientin unmittelbar drohende Gefahr abzuwehren (VwSlg 11.470 A/1984).

Bereits in der Entscheidung VwSlg 6496 A/1964 judizierte der Verwaltungsgerichtshof, dass das Leben des in Gefahr befindlichen Menschen zweifellos ein höherwertiges Gut als das durch § 7 Abs 2 StVO geschützte ist. Das muss analog auch für den gegenständlichen Fall (§§ 9 und 52 StVO) gelten.?

 

Mit diesem Vorbringen hat der Berufungswerber ausdrücklich eingestanden, dass er die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen hat.

Soweit sich der Berufungswerber auf das Vorliegen eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG berufen hat, ist auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.6.2002, Zl 99/03/0270, hinzuweisen. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem wie folgt ausgeführt:

 

?Der Beschwerdeführer ? ein praktischer Arzt ? beruft sich im Zusammenhang mit Übertretungen der StVO 1960 auf das Vorliegen eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG, weil er wegen eines dringenden ärztlichen Einsatzes zu einer näher bezeichneten Person gerufen worden sei. Gegenständlich ist zur fraglichen Zeit der öffentliche Rettungsdienst für den Notfall zur Verfügung gestanden. Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass er als ?behandelnder Arzt?, zu dem eine ?Vertrauensbasis? bestehe, die Situation des Patienten besser kenne und die persönliche Betreuung durch ihn einem ? wenn auch gut ausgestatteten ? ?anonymen Rettungswagen? vorzuziehen sei, ist zu entgegnen, dass es gerade die Aufgabe des Rettungsdienstes ist, in akuten lebensbedrohlichen Fällen erste Hilfe zu leisten und mit der hiefür vorgesehenen Ausstattung, unter Verwendung des Einsatzfahrzeuges, den Patienten gegebenenfalls der weiteren Versorgung in einer Klinik zuzuführen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, er könne als behandelnder Arzt den Gesundheitszustand des Patienten am besten beurteilen, ist zu entgegnen, dass von jedem ausgebildeten Arzt die zweckentsprechende Behandlung von Patienten erwartet werden kann.?

 

Umgelegt auf das gegenständliche Verfahren bedeutet das, dass nicht nur ein Krankenwagen, sondern ein Notarztwagen zur Verfügung gestanden wäre. Für den Bereich I. ? dies ist amtsbekannt ? besteht jedenfalls ein funktionierendes Notarztsystem. Dazu kommt, dass ein Notarztwagen mit Blaulicht ausgestattet ist und daher rascher an den Patienten gelangen kann. Die Berufungsbehörde gelangte daher zur Auffassung, dass die im herangezogenen Erkenntnis dargelegten Gründe auch auf den gegenständlichen Fall anzuwenden sind und gelangte daher zur Überzeugung, dass der vom Berufungswerber geltend gemachte Notstand nicht vorliegt.

 

Es ist daher erwiesen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht hat.

 

Zur Strafbemessung:

Der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung liegt in der Nichtbeachtung einer Norm im Interesse einer möglichst sicheren Verkehrsabwicklung, das Verschulden war in Form des Vorsatzes gegeben, wie sich aus der Rechtfertigung des Berufungswerbers ergeben hat (bewusste Übertretung zum Zwecke des Aufsuchens einer Patientin).

 

Im Hinblick auf die vom Berufungswerber angeführten Gründe wurde in diesem besonderen Fall die vorsätzliche Begehungsweise nicht als erschwerend gewertet. Mildernde Umstände waren bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen, der Berufungswerber scheint verwaltungsstrafvorgemerkt auf.

 

Die Berufungsbehörde hat beiden Übertretungen den gleichen Unrechtsgehalt beigemessen, sodass die zu Punkt 1) verhängte Geldstrafe entsprechend herabgesetzt werden konnte. In der nunmehr festgesetzten Höhe entsprechen die verhängten Geldstrafen dem Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretungen und dem Verschulden wie auch wirtschaftlich allenfalls ungünstigen Verhältnissen des Berufungswerbers. Eine Anwendung des § 21 VStG kam deshalb nicht in Betracht, weil dafür erforderlich wäre, dass die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Dies war im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.

 

Von der Einholung des beantragten Sachbefundes bzw. Sachverständigengutachtens zur Frage, ob nur der Berufungswerber die gegenständliche ärztliche Versorgung habe durchführen können, wurde im Hinblick auf die dargelegte rechtliche Lage Abstand genommen. Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Schlagworte
Berufungswerber, ausgeführt, er, sei, Facharzt, für, Orthopädie. Er, besitze, keine, Bewilligung, für, die, Verwendung, von, Blaulicht. Bei, einer, von, ihm, operierten, Patientin, sei, eine, postoperative, Nachblutung, festgestellt, worden, weshalb, er, angerufen, worden, sei, sich, schnellstmöglich, an, Ort, und, Stelle, begeben, habe. Soweit, sich, Berufungswerber, auf, Vorliegen, eines, Notstandes, berufen, hat, ist, auf, die, Entscheidung, des, Verwaltungsgerichtshofes, vom, 25.6.2002, Zl.99/03/0270, hinzuweisen. Für, den, Bereich, Innsbruck, besteht, funktionierendes, Norarztsystem Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19.3.2005, 2005/02/0155 die Behandlung der VwGH-Beschwerde abgelehnt.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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