TE UVS Steiermark 2005/03/15 43.19-27/2004

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Veröffentlicht am 15.03.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Eva Schermann über die Berufung der O R & M GmbH, vertreten durch O, O, K, H, Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Deutschlandsberg vom 22.09.2004, GZ.: 4.1-38/03, wie folgt entschieden: Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Aufträge 4.), 5.),

6.)

und 7.) des bekämpften Bescheides behoben werden und Auftrag

3.)

wie folgt ergänzt wird: Das Ergebnis der Untersuchung ist der Behörde vorzulegen. Rechtsgrundlagen § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) § 83 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO)

Text

Der Bezirkshauptmann von Deutschlandsberg hat mit dem bekämpften Bescheid gemäß § 83 GewO 1994 iVm § 93 Abs 2 ASchG über Antrag der Firma O R & M GmbH, W, L, vom 27.08.2004 hinsichtlich der Stilllegung der S Tankstelle auf Grundstück der KG der U, OG D (D, F) insgesamt elf Auflassungsvorkehrungen getroffen. Unter den Punkten 4.) bis 7.) wurde wie folgt aufgetragen: 1.) Die unterirdischen Lagerbehälter samt mineralölführenden Leitungen sind durch eine Fachfirma zu entgasen, zu reinigen und zu entfernen. Eine diesbezügliche Bescheinigung ist der Behörde vorzulegen. 2.) Die Zapfsäulen sowie der Füllschacht sind samt den mineralölführenden Leitungen und Einbauten zu entfernen. 3.) Das Erdreich im Bereich der Lagerbehälter, der Zapfsäulen, der mineralölführenden Leitungen, des Füllschachtes und der Tankentlüftung ist durch eine befugte Fachperson oder Fachanstalt untersuchen zu lassen. Hiebei sind die Technischen Grundlagen für Methoden der Erkundung, Bewertung und Sanierung von mit flüssigen Kohlenwasserstoffen (Mineralöl) belasteten Böden des Umweltbundesamtes (1997) anzuwenden. 4.) Ölkontaminiertes Erdreich ist insbesonders im Bereich der unter 3 aufgezählten Stellen zu entfernen, soferne die Grenzwerte für Kohlenwasserstoffe (gesamt) von 250 mg/kg TS und 0,5 mg/l im Eluat überschritten werden. Das ausgehobene verunreinigte Erdreich ist einem befugten Abfallsammler und Entsorger zu übergeben. Die ordnungsgemäße Entsorgung ist durch Vorlage des Begleitscheins zu bestätigen. 5.)

Nach dem Aushub ist eine diesbezügliche schlüssig begründete Bescheinigung einer befugten Fachperson oder Fachanstalt der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vorzulegen, dass das am Standort verbleibende Erdreich nicht kontaminiert ist. 6.) In der Bescheinigung ist der gemessene Kohlenwasserstoffgehalt (gesamt) in mg/kg TS und in mg/l im Eluat anzuführen sowie eine Beschreibung der Probenahme (Ort, Tiefe, etc.) nach ÖNORM B 4400 inklusive einer planlichen Darstellung der örtlichen Gegebenheiten anzuschließen. 7.) Sollte im Zuge des Aushubs Grundwasser angetroffen werden, ist umgehend die Bewilligungsbehörde und die nach § 31 Abs 2 WRG angeführten Stellen zu verständigen. Begründend stützt sich dieser Bescheid auf die örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung vom 22.09.2004 betreffend die Feststellung von Auflassungsvorkehrungen; eine Begründung für die konkret aufgetragenen Auflassungsvorkehrungen fehlt. Die O R & M GmbH hat rechtsfreundlich vertreten gegen die Auflassungsvorkehrungen 4.) bis 7.) rechtzeitig das Rechtmittel der Berufung erhoben und im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass diese Auflassungsvorkehrungen im § 83 der Gewerbeordnung keine rechtliche Deckung fänden. Gegenstand des Verfahrens nach § 83 GewO sei nur die durch die Auflassung einer Anlage bedingten Gefährdung der gewerberechtlichen Schutzgüter; allenfalls bereits beim Betrieb der Anlage entstandene Einwirkungen seien damit in diesem Verfahren nicht gegenständlich und können demgemäß auch durch Vorkehrung nach dieser Bestimmung nicht geregelt werden. Die bekämpften Vorkehrungen beträfen Kohlenwasserstoffverunreinigungen und damit keinen durch die Anlagenauflassung sondern allenfalls durch den Anlagebetrieb verursachten Zustand. Die Berufungswerberin sei sich ihrer Verpflichtung aus § 31 Wasserrechtsgesetz bewusst und werde von einer drohenden oder bereits eingetretenen Gewässerverunreinigung aus eigenen die erforderlichen Vorkehrungen treffen und diesbezüglich Meldung nach § 31 Abs 2 WRG erstatten. Es wurde beantragt, Auflassungsvorkehrungen Punkt 4.) bis 7.) ersatzlos zu beheben. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark wurde als zuständige Berufungsbehörde der im Verfahren vor der Behörde erster Instanz beigezogene technische Amtssachverständige, welcher auch die nunmehr bekämpften Auflassungsvorkehrungen zur Vorschreibung vorgeschlagen hat, eingeladen, auszuführen, ob der Zweck dieser Vorkehrungen darin liege, einen durch den Betrieb der Betriebsanlage, bereits vor der Auflassung bereits eingetretene Einwirkung auf die Umwelt nachträglich rückgängig zu machen. In der Stellungnahme vom 19.01.2005 führte der Amtssachverständige wie folgt aus: Zur gegenständlichen Anfrage kann aus maschinentechnischer Sicht Folgendes mitgeteilt werden: Im Zuge der Ortsverhandlung zur Auflassung der gegenständlichen Tankstellenanlage wurden die Auflagen, gegen welche nunmehr das Rechtsmittel der Berufung erhoben wurde, einvernehmlich mit dem Vertreter der Konsensinhaberin festgelegt. Auf Grund dieses erzielten Konsenses wurde auf eine weitere Begründung der Auflagen verzichtet. Es kann auch festgehalten werden, dass es sich bei diesen Auflagen um den österreichweit angewandten Stand der Technik für die Auflassung von Tankstellen handelt. Die vorgeschriebenen Maßnahmen dienen dazu, die von dem durch die Auflassung geschaffenen Zustand ausgehenden Einwirkungen auf die Umwelt zu beschränken. Dazu kann noch erklärend ausgeführt werden, dass es sich bei der Kontamination von Böden nicht um Einwirkungen auf die Umwelt handelt, welche mit dem Austreten einer grundwassergefährdenden Flüssigkeit abgeschlossen sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass einmal kontaminierte Böden durch Wassereinwirkung und Verteilung weitere Kontaminationen zur Folge haben. Sollten weitere Detailinformationen zu erforderlichen Auflassungsvorkehrungen von Tankstellen hinsichtlich der Beseitigung von Bodenkontaminationen erforderlich sein, wird empfohlen die Stellungnahme eines geologischen Amtssachverständigen einzuholen (zB Mag. K). Die Berufungswerberin hat, im Sinne der Wahrung des Parteiengehörs dazu eingeladen, in ihrer Stellungnahme vom 10.02.2005 verfahrenswesentlich ausgeführt, dass der Amtssachverständige die rechtlich relevante Fragestellung verkenne. Es gehe nicht darum, ob der nach der Auflassung bestehende Zustand mit Einwirkungen verbunden sei, sondern darum, ob der Auflassungsvorgang selbst für derartige Einwirkungen kausal sei. Unterscheide sich ein kontaminierter Untergrund vor und nach dem Auflassungsvorgang nicht, so können insoweit im Grunde des § 83 GewO keine Auflassungsvorkehrungen vorgeschrieben werden. Die Berufungswerberin verwies auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, welche deckungsgleich mit dem gegenständlichen Sachverhalt seien. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 idgF hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall - Zurückverweisung wegen Mangelhaftigkeit- sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67 d Abs 1 AVG unterbleiben, da ein diesbezüglicher Antrag nicht gestellt wurde und der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark eine Durchführung auch nicht für erforderlich hält. Gemäß § 83 Abs 1 GewO 1994 idgF hat der Inhaber einer Anlage im Sinne des § 74 Abs 2, beabsichtigt er die Auflassung seiner Anlage oder eines Teiles seiner Anlage, die notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung einer von deren Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlage oder von dem in Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlagenteil ausgehenden Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteiligen Einwirkung im Sinne des § 74 Abs 2 zu treffen. Gemäß Abs 2 des § 83 leg cit hat der Anlageninhaber den Beginn der Auflassung und seine Vorkehrungen anlässlich der Auflassung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde (Genehmigungsbehörde) vorher anzuzeigen. Gemäß § 83 Abs 3 GewO hat die Genehmigungsbehörde dem Anlageninhaber die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen, reichen die von ihm gemäß Abs 2 angezeigten Vorkehrungen nicht aus um den Schutz, der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen zu gewährleisten oder hat der jeweilige Inhaber der in Auflassung begriffenen Anlage oder der Anlage, mit dem in Auflassung begriffenen Anlagenteil (auflassender Anlageninhaber) die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht, oder nur unvollständig getroffen. Bei Vorkehrungen im Sinn des § 83 Abs 1 und 3 GewO handelt es sich nur um jene Maßnahmen, die zur Vermeidung einer von der in Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlage oder von dem in Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlagenteil ausgehenden Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteiligen Einwirkung im Sinne des § 74 Abs 2 notwendig sind. Aufgetragene Vorkehrungen nach § 83 GewO haben dem Zweck zu dienen, die von dem durch die Auflassung geschaffenen Zustand einer Betriebsanlage ausgehenden Einwirkungen auf die Umwelt (im weitesten Sinne) soweit zu beschränken, dass der Schutz der im § 74 Abs 2 umschriebene Interessen gewährleistet ist. Das so zu umschreibende Wesen einer Vorkehrung nach § 83 verbietet es eine solche mit dem Zweck vorzuschreiben, eine durch den Betrieb der Betriebsanlage bereits vor der Auflassung eingetretene Einwirkung auf die Umwelt nachträglich wieder rückgängig zu machen. Die Stellungnahme des maschinentechnischen Amtssachverständigen vom 19.01.2005 kann sinngebend nur so verstanden werden, dass, bedingt durch die konkreten Auflassungsarbeiten der möglicherweise bereits kontaminierte Boden durch Wassereinwirkung und -verteilung bei der Durchführung von Arbeiten weiter kontaminiert wird. Dadurch führt der Amtssachverständige aber aus, dass eine Kontamination des Erdreiches bereits durch den Betrieb der nunmehr zur Auflassung angezeigten Anlage bzw Anlagenteile möglicherweise vorliegt und diese nicht durch die Auflassung als solche bedingt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem vergleichbaren Fall ausgeführt, dass ausgehend vom zulässigen Zweck der Vorkehrung im Sinn des § 83 GewO 1994 von dem die Beseitigung einer, wenn auch einst vom Betrieb der nunmehr aufgelassenen Betriebsanlage verursachte - Deponierung gefährlicher Stoffe im Untergrund und der von einer solchen ausgehenden Gefahr nicht mehr erfasst ist - die dem Berufungswerber im bekämpften Bescheid aufgetragenen Maßnahmen gehen daher über die Grenzen der nach § 83 GewO 1994 zulässigerweise aufzutragenden Vorkehrungen hinaus. Die Bestimmung des § 83 GewO beinhaltet lediglich eine eingeschränkte Ermächtigung für gewerbebehördliche Vorschreibungen, die die Beseitigung oder Sanierung von nicht aus der Auflassung sondern aus dem vorangegangenen Betrieb der Betriebsanlage resultierenden Kontaminationen nicht umfasst (siehe VwGH vom 21.03.2002, Zahl: 2001/07/0179). Ob, gegebenenfalls welche Vorkehrungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Auflassung der Betriebsanlage nach dem wasserrechtlichen Regime zu ergreifen sind, ist von der zuständigen Wasserrechtsbehörde zu prüfen und gegebenenfalls zu treffen. Eine Zuständigkeit der Gewerbebehörde ergibt sich selbst aus der Bestimmung des § 356 b Abs 3 GewO 1994 nicht, da kein Tatbestand gemäß § 356 b Abs 1 Z 1 bis 5 leg cit vorliegt. Es war daher im Sinne des Berufungsvorbringens zu entscheiden, wobei Auflagenpunkt 3.) um die Vorlage des Untersuchungsergebnisses zu ergänzen war, da andernfalls dieser Auflagenpunkt seinen Sinn verfehlen würde.

Schlagworte
Betriebsanlage Auflassung Vorkehrungen Umfang Tankstelle Kontaminierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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