Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des Dr. C. B., wohnhaft in Z., XY-Weg, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.01.2005, Zl 3-405/00-P-9, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid, mit welchem der vom Berufungswerber eingebrachte Antrag auf Feststellung der Befangenheit eines Sachbearbeiters zurückgewiesen wurde, behoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der vom Berufungswerber eingebrachte Antrag auf Feststellung der Befangenheit eines Sachbearbeiters vom 22.11.2004 gemäß § 7 Abs 1 AVG zurückgewiesen.
In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes der Partei vom Gesetz (AVG) kein Recht auf Ablehnung eines Verwaltungsorganes, demzufolge über einen diesbezüglichen Antrag bescheidförmig abgesprochen werden müsste, eingeräumt sei (vgl 93/02/0008). Daraus würde sich ergeben, dass über einen Ablehnungsantrag nicht mit Bescheid zu entscheiden sei. Ein solcher Antrag sei jedenfalls kein selbständiger bzw verfahrenseinleitender Antrag im Sinn der §§ 10 und 14 GG. Vielmehr handle es sich dabei um einen verfahrensrechtlichen Rechtsbehelf in einem - bereits von einer anderen Partei ? eingeleiteten Verfahren. Es ergebe sich somit, dass die Vorgangsweise der Behörde rechtswidrig erfolgt sei. Zudem sei die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe zu Unrecht ausgesprochen worden. Schließlich sei die Höhe nicht begründet und nicht nachvollziehbar.
Aus dem Umstand, dass es sich bei einem Ablehnungsantrag über keinen Antrag handelt, über welchen mit Bescheid abzusprechen ist, könne nicht abgeleitet werden, dass ein solcher Antrag unzulässig wäre. Ablehnungsanträge seien jedenfalls in Bezug auf Sachverständige und Richter des VwGH anerkannt. Aus einem Verwaltungsorgan, das nicht gewillt sei, sich trotz entsprechender Gründe im Sinn des § 7 Abs 1 Z 4 AVG der Amtsausübung zu enthalten, könne eine Partei nicht ? ohne objektive Prüfung dieser Frage ? ausgesetzt sein. Schon aus rechtsstaatlichen Prinzipien, welche ein faires und objektives Verfahrens garantieren sollen, folge, dass ein Ablehnungsantrag auch gegenüber einem Verwaltungsorgan als zulässig angesehen werden müsse. Jedenfalls sei ein Ablehnungsantrag einer Partei aber als Anregung im Sinn des § 7 AVG umzudeuten und nicht zurückzuweisen.
Die von der Behörde angeführten Zitate seien veraltert. Bemerkenswert erscheine, dass die Behörde nicht auf § 7, sondern auf § 47 BDG Bezug nehmen, also nicht auf die anzuwendenden Verfahrensvorschriften, welche gemäß § 47 BDG unberührt bleiben würden, sondern auf ihre disziplinäre Verantwortlichkeit verweigert. Verfehlt sei auch der Schluss der Behörde, dass im Hinblick auf die Ablehnung von Verwaltungsorganen kein ?subjektives Recht? bestehe. Wie bereits dargelegt, handle es sich bei einem Ablehnungsantrag (bzw einer entsprechenden umzudeutenden Anregung) um einen verfahrensrechtlichen Rechtsbehelf. Auch wenn darüber nicht formell mit Bescheid abzusprechen sein möge, so müsse sich die Behörde mit dieser Frage auseinander setzen und dies auch ? überprüfbar ? begründen. Die Frage nach einem subjektiven Recht stelle sich bei formellen Rechtsbehelfen (Rechtswahrungsmitteln), welche rein das Verfahren betreffen, gar nicht, zumal sich dieses ? in der Rechtsprechung des EGMR und der EuGH kritisiere (wodurch die Forderung nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit gestützt werde) ? Beurteilungskriterium auf materielle Rechte beziehe.
Dass ein Befangenheitsantrag (bzw eine solche Anregung) nicht als unzulässig zurückzuweisen sei, zeige sich schon darin, dass sich die Behörde mit den entsprechenden Bedenken einer Partei auseinander setzen müsse. Das Wesen einer zur Amtsenthaltung verpflichtenden Befangenheit liege in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche Motive. Entscheidend sei ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass habe, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Verwaltungsorganes zu zweifeln. Werden Bedenken in diese Richtung geäußert, so müsse sich die Behörde in ihrem Bescheid mit dieser Frage auseinandersetzen und ihre Entscheidung begründen. Diese Begründung müsse überprüfbar sein, zumal sich auch die Berufungsbehörde mit der Befangenheit des entscheidenden Organwalters befassen müsse (vgl VwGH 92/18/0534). Wäre der entsprechende Antrag (bzw die Anregung) einer Partei aber zurückzuweisen, so wäre die ohne Begründung erfolgende subjektive Einschätzung des Organwalters nicht überprüfbar, wodurch die Verfahrensgarantie des § 7 AVG ihres Sinns und ihrer Funktion beraubt würde. Insgesamt ergebe sich sohin, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig und zu beheben sei.
Abschließend wurde in diesem Antrag die Behebung des Bescheides sowie die Behebung des Ausspruches über die Gebührenpflicht, in eventu dessen Herabsetzung beantragt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:
Bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ist ein Gewerbeverfahren betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung, Aufbereitungsanlage für Aushub- und Abbruchmaterial, anhängig. Antragsteller ist die P. und Co Kalkwerke Z. GmbH und Co KG. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden vom Berufungswerber rechtzeitig Einwendungen erhoben und erfolgte der gegenständliche Antrag auf Feststellung der Befangenheit eines Sachbearbeiters im Rahmen dieses Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens.
Gemäß § 7 Abs 1 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihrer Vertretung zu veranlassen,
1. in Sachen, an denen sie selbst, ihr Ehegatte, ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender Linie, ein Geschwisterkind oder eine Person, die noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, beteiligt sind;
2. in Sachen ihrer Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekinder, ihres Mündels oder Pflegebefohlenen;
3. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;
4. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
5. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben.
Nach Abs 2 dieser Bestimmung hat bei Gefahr in Verzug, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen.
Ein subjektives Recht auf Ablehnung eines vermeintlich befangenen Organs steht den Parteien und Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens somit nicht zu. Liegt ein Befangenheits- oder Ablehnungsgrund vor, so ist das Verwaltungsorgan von sich aus zur Enthaltung von der Amtshandlung verpflichtet, es wäre denn, dass Abs 2 Platz greift.
Wird jedoch seitens einer Partei Befangenheit geltend gemacht, die nicht von vorne herein auszuschließen ist, so hat sich die belangte Behörde damit im angefochtenen Bescheid die Hauptsache betreffend auseinander zu setzen.
Da in den Verfahrensvorschriften eine Ablehnung von Verwaltungsorganen durch Parteien und Beteiligte nicht vorgesehen ist, ist es auch entbehrlich, über einen Ablehnungsantrag eine gesonderte Entscheidung zu treffen (vgl VwGH 85/07/0087). Eine bescheidmäßige Erledigung seines Antrages hat der Berufungswerber nicht begehrt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.