TE UVS Steiermark 2005/03/31 42.3-2/2005

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Veröffentlicht am 31.03.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des R A, vertreten durch G A und M A, beide wohnhaft in W, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 15. Februar 2005, GZ.: 11.1 947/2004, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber gemäß § 24 Abs 4 Führerscheingesetz (FSG) aufgetragen, sich ärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu überbringen. Dies wurde ihm für die Lenkberechtigung der Klasse AL und B innerhalb einer Frist von zwei Monaten aufgetragen. Welche Befunde zu erbringen wären, ist dem Spruch nicht zu entnehmen, jedoch geht aus der Begründung hervor, dass eine verkehrspsychologische Stellungnahme (nur Persönlichkeitstest) benötigt werde. Weiters wurde dies damit begründet, dass der Berufungswerber durch eine auffallend unbesonnene Fahrweise im Bereich der W Innenstadt in Erscheinung getreten sei (er habe im Bereich der Tempo 30-Zone mit einem Bekannten rasante Runden gedreht) und habe die zuständige Amtsärztin eine vorläufige Beurteilung mit nachfolgendem Inhalt abgegeben: Die Unreife und verzögerte Persönlichkeitsentwicklung sei bereits im März 2004 festgestellt worden (ebenfalls Verkehrsdelikt, damals Lenken eines illegalen Motorfahrrades); in der Folge dieser Auffälligkeiten - und deren Folgen - sei es allerdings zu keinem weiteren Reifungsprozess gekommen; es liege bei einfacher charakterlicher instabiler Grundstruktur auch eine erhöhte Verführbarkeit sowie riskantes, unüberlegtes Handeln vor. Festgestellt wurde noch, dass der Berufungswerber die Notwendigkeit der Überprüfung einsehe. In der rechtzeitig eingebrachten Berufung gaben die Eltern des Berufungswerbers an, dass sie zum Schluss gekommen seien, dass der Berufungswerber charakterlich gefestigter erscheint und einsichtig zu seinem früheren Fehlverhalten im Straßenverkehr sei. Er habe auch durch seine Fahrten zur Arbeitsstelle in G bzw nach H in die Berufsschule gezeigt, dass er in dem Zeitraum nie straffällig geworden sei. Die rasanten Runden seien wohl zum Teil auf die monatelange Arbeitslosigkeit und der daraus resultierenden Perspektivlosigkeit zurückzuführen, wobei dies jedoch das Verhalten nicht entschuldigen solle. Ab dem 1. März 2005 habe der Berufungswerber eine Beschäftigung und werde dies zu seiner weiteren positiven Entwicklung beitragen. Es wird daher ersucht, von einem Persönlichkeitstest abzusehen. Gemäß § 24 Abs 4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 leg cit einzuholen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 leg cit einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, so ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt dazu Nachfolgendes fest. Der Berufungswerber wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 15. November 2004, GZ.: 15.1 7180/2004, rechtskräftig gemäß § 52a Z 10a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) bestraft, da er am 30. Oktober 2004, von 23.08 Uhr bis 23.09 Uhr, in W, auf verschiedenen Straßenzügen den PKW lenkte und hiebei die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erheblich überschritten hat. Hiefür wurde der Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO zu einer Geldstrafe von ? 40,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 40 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft. Zudem habe er die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht rechtzeitig angezeigt, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs 2 StVO begangen. Aus der Anzeige der Stadtpolizei W vom 4. November 2004 geht hervor, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren im Dienstfahrzeug mittels einem nicht geeichten Tachometer festgestellt wurde. Geistige Reifungsmängel (Unreife und verzögerte Persönlichkeitsentwicklung laut Stellungnahme der Amtsärztin) bilden ein Element der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und ist der begründete Verdacht der damit zusammenhängenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gemäß § 17 Abs 1 FSG-GV 1997 für die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle und damit für die Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 Abs 2 FSG erforderlich. Die belangte Behörde stützt sich jedoch hiebei ausschließlich auf die Verwaltungsübertretung gemäß § 52a Z 10a StVO vom 30. Oktober 2004 im Stadtgebiet von W, wo die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erheblich überschritten wurde. Hiebei übersieht sie, dass in concreto keine Bestrafung nach § 99 Abs 1 lit c StVO vorliegt, sondern eine nach § 99 Abs 3 lit a leg cit. Aus der Anzeige der Stadtpolizei W vom 4. November 2004 geht zwar hervor, dass ein wiederholtes starkes Beschleunigen und das Unterlassen der Anzeige der Fahrtrichtungsänderung vorlag, jedoch dürfte bei einer Tatzeit von nur einer Minute und dem weiteren Wohlverhalten des Berufungswerbers unter Bedachtnahme auf die positiv gewordenen Lebensumstände (Eingehen einer Beschäftigung) der Schluss gerechtfertigt sein, dass im Ergebnis keine so gravierenden Verstöße gegen die Verkehrssicherheit vorliegen, dass mit einer derartigen Anordnung vorgegangen werden müsste. In der amtsärztlichen Stellungnahme vom 22. Dezember 2004 ist zwar von Unreife und die verzögerte Persönlichkeitsentwicklung und bei einfacher charakterlicher instabiler Grundstruktur auch eine erhöhte Verführbarkeit sowie riskantes unüberlegtes Handeln die Rede, jedoch begründet dies noch nicht den Verdacht auf eine außerhalb der Norm gelegene Unreife, insbesondere im Hinblick auf das bisherige Wohlverhalten und den positiv geänderten Lebensumständen. Auf die Schwere des dem Berufungswerber vorgeworfenen Deliktes wird überhaupt nicht in detaillierter Weise eingegangen und ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark aufgrund der vorgelegten Akten keinesfalls der Schluss zulässig, dass es sich bei den begangenen Delikten (§ 52a Z 10a StVO und § 11 Abs 2 StVO) um solche gravierende Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften handelt, die eine verkehrspsychologische Stellungnahme notwendig nach sich ziehen. Ausdrücklich wird festgestellt, dass kein Entziehungstatbestand auf § 7 Abs 3 Z 4 FSG dem Berufungswerber nachgewiesen werden konnte, eine Tat im Sinne des § 99 Abs 1 lit c StVO nicht vorlag, keine aus anderen Gründen relativ schwerwiegende Verstöße gegen die Verkehrssicherheit begangen wurden (VwGH 24.09.2003, 2002/11/0231), wobei eine bloße Vielzahl von Verstößen ohne Darlegung ihrer Schwere noch keine mangelnde Verkehrsanpassung begründet (VwGH 24.04.2001, 2000/11/0231), noch ein begründeter Verdacht auf eine außerhalb der Norm gelegenen Unreife besteht (VwGH 29.04.2003, 2001/11/0400). Auf Grundlage der von der belangten Behörde übernommenen Sachverhaltsdarstellung kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestanden hätten, der Berufungswerber ermangle es wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, wodurch dem Berufungsantrag von einem Persönlichkeitstest abzusehen vollinhaltlich Folge gegeben werden konnte.

Schlagworte
Anordnung verkehrspsychologische Untersuchung Verkehrsanpassung Wohlverhalten Reife
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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