Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn R. F., XY-Straße, L., vom 22.02.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.02.2005, Zl 2.2-1703/04, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 124,00, zu bezahlen.
Spruchabänderung:
Die übertretene Verwaltungsvorschrift hinsichtlich Spruchpunkt I. lautet:
?§ 367 Z 25 GewO iVm Auflagepunkt I. 1. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.12.2003, Zl 2.1-203/99(III)-13?
Im bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn F. Folgendes zur Last gelegt und er dafür bestraft:
?I. Sie haben es als Inhaber der Gewerbeberechtigung zum Betrieb einer Tankstelle im Standort L.,XY-Straße, zu verantworten, dass die unter Spruchpunkt I., 1. zum Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Lärmbelästigungen angeführte Auflage des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.12.2003, ZI 2.1-203/99(111)-13, mit welchem verschiedene Änderungen in der Betriebsweise der Tankstelle gewerbebehördlich genehmigt wurden, jedenfalls zu nachstehenden Zeiten nicht eingehalten wurde und entgegen dieser Auflage die Zugangstüre zum Shop-Gebäude auch nach 22.00 Uhr noch offen gehalten wurde:
1. 19.08.2004, um 22.05 Uhr,
2. 20.08.2004, um 23.00 Uhr,
3. 20.08.2004, um 00.30 Uhr,
4. 30.08.2004, um 02.15 Uhr,
5. 30.08.2004, um 23.15 Uhr,
6. 31.08.2004, um 22.35 Uhr.
II. Weiters haben Sie es als Inhaber der Gewerbeberechtigung zum Betrieb einer Tankstelle im Standort L., XY-Straße, zu verantworten, dass diese Tankstelle jedenfalls am 19.08.2004 um 22.05 Uhr entgegen der im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.12.2003, ZI 2.1-203/99(111)-13, festgelegten Betriebsweise betrieben wurde, indem vor dem Shop-Gebäude trotz ausdrücklichem Verbot im Genehmigungsbescheid ein Stehtisch sowie ein weiterer Tisch aufgestellt waren und dort zum Zeitpunkt der Kontrolle Getränke an 6 Personen verabreicht wurden und diese genehmigungslos vorgenommene Änderung genehmigungspflichtig gewesen wäre, da das Aufstellen dieser Tische und das Verabreichen von alkoholischen Getränken im Freien nach 22.00 Uhr zweifellos geeignet ist, Nachbarn durch Lärm unzumutbar zu belästigen.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Zu I.: § 367 Z 25 iVm § 359 GewO 1994
Zu II.: § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 GewO 1994
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende
Strafen verhängt:
Zu I.: Gemäß § 367 iVm § 359 GewO 1994
Zu II.: Gemäß § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 GewO 1994
Geldstrafe von
Zu I. Ziffer 1 bis 6, jeweils Euro 70,00, Euro 420,00
Zu II. Euro 200,00
Euro 620,00
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe trifft an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von:
Zu I., Ziffer 1 bis 6, jeweils 12 Stunden, 72 Stunden
Zu II. 48 Stunden
120 Stunden (5 Tage)
Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 vH der verhängten Strafe, das sind Euro 62,00 zu bezahlen.
Die zu bezahlende Gesamtsumme beträgt daher: Euro 682,00?
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr F. vorbringt, dass es keine Beweise für die ihm vorgeworfenen Übertretungen gebe. Seine geforderten Zeugenaussagen seien nicht vorgenommen worden und auch die angeblich angetroffenen Kunden wären nicht vernommen worden. Er bestreite die angegebenen Zeiten. Die Shop-Türe sei nur zum Verlassen und Betreten geöffnet gewesen. Er habe keinerlei Tisch, Stühle bzw Bank vor dem Shop für Kunden zur Verfügung gestellt. Dem Untersuchungsauftrag der Bezirkshauptmannschaft Landeck an die Gendarmerie Landeck sei eine Nachbarschaftsbeschwerde zugrunde gelegen, weshalb auch diese zum Strafakt gehöre und er bestehe daher auf Einsicht sowie Vernehmung des Beschwerdeführers. Er bestreite auch das ihm vorgeworfene vorsätzliche Verhalten.
Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates von 04.03.2005 wurde dem Berufungswerber mitgeteilt, dass aus seinem Rechtsmittel nicht klar hervor geht, auf welche Personen er seine Rüge bezieht, dass Zeugeneinvernahmen nicht erfolgt seien. Er wurde diesbezüglich um Konkretisierung ersucht; weiters wurde mitgeteilt, dass die Personalien der am 19.08.2004 um 22.05 Uhr vor dem Tankstellengeschäft angetroffenen Personen nicht amtsbekannt sind. Sollte er deren Einvernahme wünschen, wären Namen und ladungsfähige Adressen dieser Personen bekannt zu geben. Herr F. wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung diesem Auftrag zu entsprechen. Weiters wurde ihm mitgeteilt, dass die Möglichkeit besteht, die Aufnahme weiterer Beweise zu beantragen und auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zu verzichten. Sollte innerhalb der gesetzten Frist kein entsprechender Antrag erfolgen, so werde davon ausgegangen, dass die Aufnahme zusätzlicher Beweise nicht gewünscht und auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich verzichtet wird.
Herr F. hat auf dieses Schreiben innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung nicht geantwortet.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Im Betriebsanlagenänderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.12.2003, Zl 2.1-203/99(III)-13, wurde die Änderung der Betriebsweise des Shop-Gebäudes der Tankstelle in L., XY-Straße, ua in der Weise genehmigt, dass das Geschäft der Tankstelle rund um die Uhr offen gehalten werden soll. In diesem Geschäft wird daher rund um die Uhr eine verantwortliche Person anwesend sein; im Geschäft wird ein Stehtisch für ca 2 bis 3 Personen aufgestellt. Für die Kunden steht ein Kaffeeautomat zur Verfügung, im Sommer soll auch warmer Fleischkäse angeboten werden. Ansonsten werden lediglich eingepackte Lebensmittel verkauft. Es werden antialkoholische und alkoholische Getränke angeboten. Vor dem Shop-Gebäude werden keinerlei Speisen oder Getränken verabreicht. Für die Kunden steht außerhalb der Tankstelle eine WC-Anlage zur Verfügung.
In Spruchpunkt I. 1. wurde im Interesse des Nachbarschutzes die Auflage vorgeschrieben, dass die Zugangstür zum Shop-Gebäude mit einem automatischen Türschließer zu versehen ist. Diese Tür ist ab 22.00 Uhr ? außer zum Betreten und verlassen des Shops ? geschlossen zu halten.
Aufgrund dieser geänderter Betriebsbeschreibung dürfen vor dem Shop-Gebäude keinerlei Speisen oder Getränke verabreicht werden. Wenn der Berufungswerber im Zuge des Verfahrens angeführt hat, dass Kunden die im Geschäft befindlichen Getränke erwerben können und er keinen Einfluss darauf habe, wo diese die selbigen öffnen, da dies in deren Ermessen liege, so ist zu klären, was unter einem Verabreichungsplatz zu verstehen ist. Ein solcher liegt nicht nur dann vor, wenn dort das Getränk dem Kunden zum Konsum übergeben wird, sondern es handelt sich bei einem Verabreichungsplatz um Einrichtungen der Betriebsanlage (zB Tisch, Stuhl), an welchem Personen die Einnahme von in der Betriebsanlage erworbenen Lebensmitteln ermöglicht wird und die von ihrem Bestimmungszweck an sich für so etwas vorgesehen sind. Die Eigenschaft als Verabreichungsplatz geht nicht schon dann verloren, wenn Personen dort auch andere als in der Betriebsanlage erworbene Lebensmittel konsumieren. Auch wenn nur während der Reinigung des Geschäftsbodens der im Geschäft befindliche Stehtisch vor die Tür gestellt worden wäre, handelt es sich dabei um einen Verabreichungsplatz, weil er die oben angeführten Eigenschaften erfüllt. In so einem Fall hätte der Betreiber der Betriebsanlage dafür Sorge tragen müssen, dass dieser Stehtisch während der Zeit der Reinigung des Bodes von niemandem zur Einnahme von Speisen oder Getränken genutzt werden kann. Alles andere stellt eine Verabreichung von Speisen und Getränken vor dem Shop-Gebäude dar, was der Beschreibung der Betriebsweise im Betriebsanlagenänderungsbescheid vom 09.12.2003 widerspricht und demnach unzulässig ist.
Die Auflage in Spruchpunkt I. 1. ist so eindeutig gefasst, dass diese keiner weiteren Erläuterung bedarf.
Die Erstbehörde hat in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses detailliert nachvollziehbar aufgezeigt, warum sie davon ausgeht, dass zu den angeführten Zeiten die Zugangstür zum Shop-Gebäude auch nach 22.00 Uhr offen gehalten wurde, ohne dass dies zum Betreten oder Verlassen des Shops gedient hätte sowie dass am 19.08.2004 um 22.05 Uhr eine Verabreichung von Getränken vor dem Shop-Gebäude stattgefunden hat. Diese Daten beruhen auf den Angaben der Meldung des Gendarmeriepostens L. vom 07.10.2004 sowie auf den Angaben der als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten. Deren Angaben und vorgelegten schriftlichen Aufzeichnungen sind so eindeutig, dass auch die Berufungsbehörde keinen Zweifel an der Richtigkeit der angezeigten Tatsachen hat.
Im Gegensatz zum Vorwurf in der Berufung liegen sehr wohl Beweise vor, die die vorgeworfenen Übertretungen zweifelsfrei belegen.
Weitere Zeugenaussagen bzw. die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnten unterbleiben, da der Rechtsmittelwerber die allgemein gehaltene Rüge der unterbliebenen Zeugeneinvernahmen nicht konkretisierte und schlüssig auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtete.
Von der genehmigten Betriebsweise bzw den vorgeschriebenen Bescheidauflagen darf unabhängig davon, ob eine Nachbarschaftsbeschwerde vorliegt oder nicht, nicht abgewichen werden. Die Beischaffung einer solchen zum Akt ist deshalb entbehrlich, zumal die zur Last gelegten Übertretungen von den mit der Überprüfung beauftragten Gendarmeriebeamten wahrgenommen wurden und nicht auf die Anzeige von Nachbarn zurückzuführen sind.
Wenn Herr F. den ihm zur Last gelegten Vorsatz in Abrede stellt, so ist darauf hinzuweisen, dass er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 17.08.2004 darauf hingewiesen wurde, dass der Behörde mitgeteilt wurde, dass in letzter Zeit vor dem Shop-Gebäude in den Abend- bzw Nachtstunden wiederholt ein Tisch zur Bewirtung von Tankstellenkunden aufgestellt wurde. Er wurde in diesem Zusammenhang in Bezugnahme auf den Genehmigungsbescheid vom 09.12.2003 darauf aufmerksam gemacht, dass dies nicht gedeckt und unzulässig ist; für den Fall des Zuwiderhandelns müsse er mit der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens und der Verhängung einer empfindlichen Geldstrafe rechnen. Mit Schreiben vom selben Tag wurde der Gendarmerieposten Landeck beauftragt, gegenständliche Betriebsanlage auf das Aufstellen eines Stehtisches vor dem Shop-Gebäude und das Schließen der Zugangstüre zum Shop-Gebäude ab 22.00 Uhr zu überprüfen. Die ersten angezeigten Sachverhalte fanden am 19.08.2004 statt. Herr F. hat somit in Kenntnis des Verbotes und trotz Androhung verwaltungsstrafrechtlicher Konsequenzen dem Betriebsanlagenänderungsbescheid vom 09.12.2003 zuwider gehandelt. Er hat damit zumindest in Kauf genommen, Verwaltungsübertretungen zu begehen. Dies ist als bedingter Vorsatz zu werten, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen im bekämpften Straferkenntnis zu Recht bestehen. Den Ausführungen der Erstbehörde zum Unrechtsgehalt ist nichts mehr hinzuzufügen.
§ 367 GewO sieht einen Strafrahmen bis zu Euro 2.180,00 und § 366 GewO einen solchen bis zu Euro 3.600,00 vor. Die Erstbehörde hat somit den Strafrahmen zu Spruchpunkt I. zu ca je 3,21 Prozent und zu Spruchpunkt II. zu ca 5,55 Prozent ausgeschöpft. In Anbetracht des bedeutenden Unrechtsgehaltes der Übertretungen und der hohen Schuldform kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass diese Ausschöpfung der Strafrahmen im untersten Bereich als überhöht anzusehen wären. Eine Herabsetzung der Strafhöhen konnte nicht vorgenommen werden, da der Rechtsmittelwerber dazu angehalten werden soll, in Hinkunft die Betriebsanlage entsprechend der erteilten Bewilligung zu betreiben.
Da die Berufungsbehörde keinen Zweifel am Zutreffen der vorgeworfenen Tatsachen hegte und eine Herabsetzung der Strafhöhe nicht in Betracht gezogen werden konnte, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, welcher für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 Prozent der verhängten Strafe zu bemessen ist. Daraus ergibt sich der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahrens in der Höhe von Euro 124,00.