TE UVS Tirol 2005/04/06 2005/16/0474-2

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Veröffentlicht am 06.04.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung des Herrn G. G., B., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 01.02.2005, Zahl SG-7-2005/2, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6.4.2005 wie folgt:

 

Hinsichtlich Punkt 1. wird der Berufung nur teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf Euro 100,00, die Ersatzarreststrafe auf 1 Tag, herabgesetzt. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 10,00 neu festgesetzt.

 

Hinsichtlich Punkt 2. wird der Berufung nur teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf Euro 400,00, die Ersatzarreststrafe auf 4 Tage, herabgesetzt. Die Verfahrenskosten erster Instanz betragen Euro 40,00.

 

Hinsichtlich Punkt 2. wird der Spruch wie folgt abgeändert:

Sie haben weiters in dieser Nacht nach erfolgter Betriebsanlagenänderung durch Einbau einer Karaokeanlage diese betrieben, obwohl die von ihnen diesbezüglich beantragte Betriebsanlagenänderung (Ihr Ansuchen vom 1.11.2004, Abhaltung von Karaokewettbewerben und Livemusikabenden Donnerstag bis Samstag von 19.00 Uhr bis 24.00 Uhr) von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Reutte noch nicht genehmigt wurde. Diese Änderung war geeignet zu größeren Lärmbelästigungen der nächsten Nachbarn im selben Haus zu führen und im Sinne des § 81 GewO 1994 genehmigungspflichtig.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:

 

?1. Sie haben in der Nacht vom 15.01. auf 16.01.2005 Ihren Gastgewerbebetrieb ?Pizzeria M. L.? in H. bis 04.30 Uhr morgens offen gehalten, obwohl Sie das Lokal laut Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes nur bis 02.00 Uhr offen halten dürfen.

 

2. Sie haben weiters in dieser Nacht Ihre Karaokeanlage betrieben, obwohl die von Ihnen diesbezüglich beantragte Betriebsanlagenänderung (Ihr Ansuchen vom 01.11.2004, Abhaltung von Karaokewettbewerben und Livemusikabenden Donnerstag bis Samstag von 19.00 Uhr bis 24.00 Uhr) von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Reutte noch nicht genehmigt wurde.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. § 368 Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 43/2004 (kurz: GewO) iVm § 1 Abs 1 Sperrzeitenverordnung, LGBl Nr 46/1995, zuletzt geändert durch LGBl Nr 39/2000

zu 2. § 366 Abs 1 Z 3 GewO?

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde zu 1. nach § 368 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,00 (Ersatzarrest von 2 Tagen) verhängt, zu 2. nach § 366 Abs 1 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 (Ersatzarrest von 6 Tagen).

 

Die Übertretung zu Punkt 1. bestreitet der Berufungswerber mit dem Hinweis auf die sogenannte ?Fasnachtsregelung?, wonach für die Fasnachtszeit die Sperrzeit nicht gelten bzw nicht kontrolliert würde. Die Übertretung zu Punkt 2. rechtfertigt der Berufungswerber, dass nur eine Beschwerde der Nachbarsleute vorliege, die seit Bestehen des Pachtvertrages ihm Steine in den Weg legen würden. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafen zu Punkt 1. auf Euro 50,00, zu Punkt 2. auf Euro 75,00. Hinsichtlich Punkt 1. beantragte der Berufungswerber die Einvernahme des Zeugen C.C. in V.

 

In der mündlichen Verhandlung hat der Gewerbereferent der Bezirkshauptmannschaft Reutte bestritten, dass es einen eigenen Fasnachtsbrauch in Reutte gebe. Er habe dem Berufungswerber lediglich gesagt, dass, wenn es zu geringfügigen Überschreitungen käme, man das im Fasching nicht so tragisch nehme. Damit sei aber nicht signalisiert worden, dass im Fasching überhaupt keine Sperrzeit herrsche. Überdies sei der Berufungswerber darüber aufgeklärt worden, dass es an sich ein Privileg sei, dass er überhaupt keine Betriebszeitenbeschränkung in seinem alten Betriebsanlagenbescheid habe und dass es bei Nachbarschaftsproblemen durchaus zu einem nachträglichen Vorschreiben einer früheren Sperrzeit (Betriebszeit) kommen könne. Auf Grund des eigenen Vorbringen des Berufungswerbers und der Einvernahme des Mag. K. G. stehen die unter Punkt 1 und 2 geschilderten Übertretungen fest.

 

Nach § 1 Abs 1 der Sperrzeitenverordnung 1995 haben Gastgewerbebetriebe, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, spätestens um 02.00 Uhr zu schließen. Abweichende Regelungen werden getroffen für die Betriebsart ?Branntweinschenke?, für die Betriebsart ?Eisdiele? und für die Betriebsart Bar oder Diskothek. Die Tiroler Sperrzeitenverordnung enthält nach § 4 Sonderregelungen für bestimmte Tage.

 

?§ 4

(1) Am 24. Dezember (Heiliger Abend) sind Gastgewerbebetriebe spätestens um 16.00 Uhr zu schließen. Dies gilt nicht für Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart ?Rasthaus? an Autobahnen sowie für Gastgewerbebetriebe, die regelmäßig Gäste beherbergen.

(2) Für die Nächte vom 31. Dezember zum 1. Jänner (Silvesternacht) und vom Faschingssamstag bis zum Morgen des Aschermittwoch wird von der Festsetzung einer Sperrzeit abgesehen.

(3) Für die Dauer der Innsbrucker Frühjahrsmesse, der Innsbrucker Herbstmesse und der Fachmesse für Fremdenverkehr und Gastronomie (FAFGA) dürfen Gastgewerbebetriebe, die ihren Standort in der Landeshauptstadt Innsbruck haben, um eine Stunde länger, als sich aus den §§ 1 und 3 ergibt, offen gehalten werden. Dies gilt nicht für Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart ?Bar? oder ?Diskothek?.

(4) Die Abs 2 und 3 gelten nicht für Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart ?Branntweinschenke?.

 

Die sogenannte ?Fasnachtsregelung?, auf die sich der Berufungswerber offenbar laut Gewohnheitsrecht beruft, ist in der Tiroler Sperrzeitenverordnung daher nur von Faschingssamstag, den 05.02.2005 bis Aschermittwoch, den 09.02.2005 morgens, gestattet. Die Nacht vom 15.01. auf 16.01.2005 fiel daher keineswegs unter die erlaubte Fasnachtszeit laut der Sperrzeitenverordnung. Hiezu bedarf es auch nicht der Einvernahme des beantragten Zeugen, da Rechtsfragen nicht Gegenstand des Beweisverfahrens sind.  Davon abgesehen gibt es im Verwaltungsrecht kein ?Gewohnheitsrecht?, auf das man sich berufen könnte. Als Verschuldensgrad wird abweichend von der Erstbehörde Fahrlässigkeit angenommen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist nicht gering, da die Sperrzeitenverordnung die ärgsten Lärmbelästigungen für die Nachbarn verhindern soll. Als erschwerend ist eine Vormerkung zu werten. Als mildernd ist nichts zu werten.

 

Hinsichtlich Punkt 2 wird ebenfalls von einem erheblichen Unrechtsgehalt der Tat ausgegangen, da gerade in einem Haus mit gemischter Verwendung und schlechter Lärmdämmung auf die Einhaltung der Betriebsanlagengenehmigung geachtet werden muss. Karaokeanlagen sind grundsätzlich geeignet, zu Lärmbelästigungen zu führen, besonders in einem schlecht gedämmten Haus. Mildernd ist hier die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten. Unter Bedachtnahme auf die zur Verfügung stehenden Strafrahmen erscheinen die nunmehr verhängten Strafen ebenso geeignet, um den Berufungswerber von weiteren Übertretungen abzuhalten. In diesem Ausmaß war eine Reduzierung vorzunehmen. Der Ausspruch einer Ermahnung kam nicht in Frage.

Schlagworte
Karaokeanlagen, sind, grundsätzlich, geeignet, zu, Lärmbelästigungen, zu, führen, in, einem, schlecht, lärmgedämmten, Haus
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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