Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung des Herrn H. K., XY, M., vom 14.03.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 04.03.2005, Zl SG-278-2004-DAB, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 300,00, bei Uneinbringlichkeit zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 30,00 neu festgesetzt.
Im bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn H. K. zur Last gelegt, er betreibe seit zumindest Juni 2004 bis zumindest 03.08.2004 im Standort XY, F. (Fischerhütte am S. Stausee auf Gst XY, KG F.) das Gastgewerbe in vollem Umfang, in dem im oben angeführten Standort Speisen wie geräucherter Fisch, Zillertaler Krapfen, Speckbrot, Kaminwurzen, verabreicht sowie Bier, Schnaps, Kaffee und Tee ausgeschenkt werden, ohne im Besitz einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes im Standort F., XY, zu sein.
Er habe dadurch gegen § 366 Abs 1 Z 1 GewO verstoßen, weshalb gemäß dieser Bestimmung über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.500,00 (im Uneinbringlichkeitsfall sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 150,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung von Herrn K., in welcher dieser darum ersucht, ihm die Geldstrafe zu erlassen, da er erst vor kurzer Zeit die Fischerhütte von seinem Vater und seinem Bruder übernommen habe. Er sei der Ansicht gewesen, dass der Gewerbeschein seines Bruders innerhalb der Familie so lange als Übergangslösung Gültigkeit habe, bis er das Gewerbe auf seinen Namen überschreiben lassen könne. Diese Ansuchen habe er in Unwissenheit vernachlässigt, da er im Sommer sehr viel arbeiten musste, eine Familie gründete sowie den Ausbau einer kleinen Wohnung für seine Familie durchführte. Er ersuche deshalb um Nachsicht. Derzeit habe er bei der Gemeinde eine Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes (Sonderfläche Fischerhütte mit Buffet und Betriebsunterkunft) eingereicht. Er sei als behinderter unwissender jungen Mensch zu einem Anwalt geschickt worden, der ihn durch seine falsche Beratung in die momentane Lage gebracht habe. Weiters wolle er darauf hinweisen, dass die Einkünfte im Sommer (Juni bis Oktober) von der Fischerhütter am S. und sein geringer Verdienst im Winter bei der F. Bergbahn (als Behinderter sei es ihm nicht möglich, jede Arbeit auszuführen) für den Start seiner Familie voll benötigt würden. Er ersuche darum, ihm die Strafe zu erlassen, da er als unwissender, falsch beratener Bürger im guten Glauben gearbeitet habe und die Gewerbeordnung nicht übertreten habe wollen.
Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23.03.2005 wurde Herr K. aufgefordert, binnen zwei Wochen seine Berufung durch weitere Angaben zu konkretisieren, wobei Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen zu erstatten wären, weiters zur Art und dem Grad der angeführten Behinderung, zu den deklarierten Einkünften aus dem Gastgewerbebetrieb während des Tatzeitraumes und dazu, ob er nur die Strafe oder auch den Schuldspruch bekämpfe. Für den Fall, dass dazu nicht geantwortet werde, würde die Behörde annehmen, dass nur die Strafhöhe bekämpft wird und seine Einkommenssituation durchschnittlich ist.
Auf dieses Schreiben antwortete Herr K. mit Schreiben vom 04.04.2004, in welchem er im Wesentlichen die Argumente aus der Berufung wiederholte. Er schloss diesem Schreiben eine Reihe von Beilagen an, so eine Versicherungsbestätigung der SVA, mit den pflichtversicherten Zeiten zwischen 01.06.1998 und 31.07.2004 und der Bestätigung, dass keine Beiträge ausständig sind, den Lohnzettel der F. Almbahnen GmbH, wonach sich für den Zeitraum 01.01. bis 30.04.2004 steuerpflichtige Bezüge in der Höhe von Euro 4.513,63 und für den Zeitraum 19.12. bis 31.12.2004 solche in der Höhe von Euro 778,33 ergeben haben. Weiters legte Herr K. seinen Behindertenausweis vom Bundessozialamt vor, woraus sich ergibt, dass er mit 50 Prozent erwerbsgemindert ist. In der Einkommenssteuererklärung für 2004 hat Herr K. als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Euro 5.047,28 deklariert und als Einkünfte aus der Mostbuschenschank Euro 6.340,62. Herr K. hat keine Ausführungen dazu getätigt, dass er auch den Schuldspruch anfechten würde.
Der Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Aufgrund des Umstandes, dass die Berufung sich gegen die Höhe der Geldstrafe richtet und der Schuldspruch unangefochten blieb, ist dieser in Rechtskraft erwachsen und unterliegt nicht mehr der Kontrolle und allfälligen Änderung durch die Rechtsmittelbehörde.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 GewO ist dieses Bundesgesetz auf die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft nicht anzuwenden.
Nach Abs 4 Z 10 leg cit sind unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinn dieses Bundesgesetzes zu verstehen, die Verabreichung und das Ausschenken selbst erzeugter Produkte sowie von ortsüblichen, in Flaschen abgefüllten Getränken im Rahmen der Almbewirtschaftung. Diese Befugnis bezieht sich auf die in der modernen Tourismuswirtschaft üblich gewordene Bewirtung von Gästen bzw Wanderern auf Almen in Gebirgsregionen. Sie berechtigt zur Verabreichung und zum Ausschenken ?selbst erzeugter Produkte?, also von Speisen und Getränken, die in der betreffenden Almwirtschaft bzw im allenfalls dazu gehörenden landwirtschaftlichen Betrieb in Tallage erzeugt werden, wie zB Milch und Milchprodukte (saure Milch, Käse, etc), Tee, Kaffee, Suppen, Eiergerichte etc.
§ 2 Abs 4 Z 10 GewO berechtigt ferner zum Ausschenken von ortsüblichen, in Flaschen abgefüllten Getränken, also zB von Bier, Limonaden, Fruchtsäften; Diese Getränke müssen keine selbsterzeugten Produkte sein. Ortsüblich sind Getränke, die in der jeweiligen Region, in der eine Almwirtschaft gelegen ist, üblicherweise ausgeschenkt werden. Die Befugnis gemäß Abs 4 Ziff 10 gilt nur ?im Rahmen der Almbewirtschaftung?, also als Nebengewerbe zur in den Sommermonaten in den Gebirgsregionen üblichen Bewirtschaftung von Hochweiden in der Form des Haltens von Nutztieren (zB Kühe, Schafe, Pferde).
Unbestrittenermaßen betreibt der Berufungswerber im Bereich des S. Stausees keine Almwirtschaft. Somit kann er die oben angeführten Ausnahmen von der Gewerbeberechtigung für sich nicht in Anspruch nehmen. Ein Fischereibetrieb stellt keine Almwirtschaft dar. Er hätte somit eine Gastgewerbeberechtigung gebraucht. Wenn sich Herr K. von jemandem falsch beraten hat lassen, so ist es sein Risiko, wen er sich als Berater aussucht, auch wenn es ein Rechtsanwalt ist, von dem die angeblich falschen Auskünfte stammen. Hätte sich Herr K. an die Behörde gewandt, so hätte er die richtige Auskunft bekommen und für den Fall, dass die eine Falschauskunft gewesen wäre, hätte er sich in einem gerechtfertigen Rechtsirrtum befunden.
Aufgrund des Umstandes, dass Herr K. inzwischen alle behördlichen Verfahren laufen hat, dass das Gastgewerbe in der Fischerhütte rechtmäßig ausgeübt werden kann, er mit 50 Prozent erwerbsgemindert und somit am Arbeitsmarkt beschränkt vermittelbar ist und aufgrund seiner Familiengründung außergewöhnliche Ausgaben für den Hausstand zu tragen hat, geht die Berufungsbehörde davon aus, dass auch im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit eine Strafe in der Höhe von etwas weniger als 10 Prozent des gesetzlichen Strafrahmens ausreichen wird, Herrn K. in Zukunft zu einer solchen Sorgfalt zu veranlassen, dass er im Zuge der Ausübung des Gastgewerbes keine der einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung mehr verletzten wird. Ein völliges Absehen von der Strafe war nicht möglich, da nicht nur die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in Betracht gezogen werden können, sondern auch das Verschulden und der Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen sind. Als Schuldform ist Herrn K. Fahrlässigkeit zur Last zu legen, dies gilt auch für das Auswahlverschulden, wenn er sich eines untauglichen Beraters bedient hat. Der Unrechtsgehalt einer solchen Verwaltungsübertretung ist erheblich, da die gesetzlichen Bestimmungen, die die Ausübung eines Gewerbes an eine entsprechende behördliche Befugnis knüpfen, nicht zuletzt im Interesse des Kundenschutzes sicherstellen sollen, dass nur solche Personen eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, die die dafür erforderliche persönliche und fachliche Befähigung besitzen. Durch unbefugte Gewerbeausübung hat der Berufungswerber dem staatlichen Interesse, Personen, bei denen das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht bestätigt ist, von einer entsprechenden Tätigkeit auszuschließen, in massiver Weise zuwider gehandelt. Aus diesen Gründen konnte die Strafe nicht völlig nachgesehen werden, sie wurde im Vergleich zu dem von der Erstbehörde ausgesprochenen Strafausmaß jedoch ganz erheblich reduziert.