Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Sigmund Rosenkranz über die Berufung des Herrn A. K., vertreten durch Dr. H. T., Mag. M. K., Rechtsanwälte, XY gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 13.12.2004, Zahl 4c-VK-16952-2004, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
Sie sind am 04.09.2004, gegen 10.25 Uhr, mit dem von Ihnen gelenkten Omnibus, amtl. Kennzeichen XY im Gemeindegebiet von Wildschönau/Oberau, auf der L 3 Wildschönauerstraße, auf Höhe Engstelle bei der Totenkapelle (Pfarrkirche), mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden, bei dem ein anderes Fahrzeug beschädigt wurde.
Sie haben es unterlassen:
1)nach einem Verkehrsunfall sofort anzuhalten.
Dem Berufungswerber wurde demnach eine Verwaltungsübertretung nach §4 Abs1 lita StVO 1960 zur Last gelegt und wurde über ihn gemäß §99 Abs2 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 144,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verhängt.
Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass eine allfällige Berührung mit einem anderen Fahrzeug nicht wahrnehmbar gewesen sei, sodass der Beschuldigte von einer allfälligen Berührung keine Kenntnis gehabt habe, sodass ein strafbares Verhalten nicht vorzuwerfen ist.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, durch Einholung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachens sowie durch Einvernahme der Zeugen Dr. P. M. und B. K. sowie durch Einvernahme des Berufungswerbers.
Nachfolgender Sachverhalt steht auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:
Der Berufungswerber hat am 04.09.2004 gegen10.25 Uhr den Omnibus mit dem amtlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Wildschönau/Oberau, auf der L 3 Wildschönauerstraße auf Höhe der Engstelle bei der Totenkapelle (Pfarrkirche) gelenkt und hat beim Durchfahren dieser Engstelle das von Dr. P. M. gelenkte Fahrzeug, das am Ausgang der Engstelle stand, durch eine Streifung leicht beschädigt. Am vom Berufungswerber gelenkten Omnibus entstand eine Streifspur über die hintere Hälfte der Fahrzeugseite und wurde das Fahrzeug des Dr. P. M. im Bereich der Stoßstange und im Bereich oberhalb vor der Schlussleuchte links derart leicht beschädigt, dass die Stoßstange etwas zum Rad gedrückt und der Kotfänger heruntergerissen war. Dieser Schaden wurde zwischenzeitig repariert und hat Dr. P. M. hiefür keine Kosten zu tragen gehabt. Beim Durchfahren der Engstelle musste der Berufungswerber insbesondere auch darauf Acht geben, dass die abstehenden Seitenspiegel nicht irgendwo streifen und musste er ebenfalls auf ein hereinragendes Hauseck Obacht geben:
Der Verkehrsunfall war derart leicht, dass die Streifung weder zu hören noch zu spüren war.
Der Berufungswerber hat eine Streifung tatsächlich nicht wahrgenommen und ist zunächst mit dem Omnibus weitergefahren, wobei er diesen sodann in unmittelbarer Nähe des Gendarmeriepostens parkte, wo er sodann auch vom Zeugen Dr. M. und einem Gendarmen auf den Vorfall angesprochen wurde. Am Parkplatz hat man sodann die Streifspur am Omnibus wahrgenommen und einen Unfallbericht ausgefüllt.
Am gegenständlichen Tag herrschte relativ starkes Verkehrsaufkommen.
Diese Feststellungen konnten in Unbedenklicherweise auf Grund des erstinstanzlichen Aktes und darin insbesondere auf Grund der im Akt erliegenden Verkehrsunfallsanzeige samt Lichtbildern sowie dem Sachverständigengutachten des kraftfahrtechnischen Sachverständigen, letztlich auch den Aussagen der Zeugen Dr. M. und B. K. sowie des Berufungswerbers getroffen werden.
Insbesondere auf Grund des Sachverständigengutachtens war davon auszugehen, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine derart leichte Streifung handelte, dass diese vom Fahrer des Omnibusses weder durch Spüren noch durch Hören wahrgenommen werden konnte. Lediglich durch Beobachten wäre diese Streifung wahrzunehmen gewesen. Festzustellen war an Hand der Aussagen auch, dass es sich bei der gegenständlichen Stelle um eine schmale Durchfahrt handelt, bei der auch ein Häusereck in die Straße hereinragt und dass erhebliches Verkehrsaufkommen war.
Der Zeuge M. hat in seiner Einvernahme weiters dargetan, dass für ihn eine Reaktion, als er die Streifung wahrnahm, nicht möglich war und dass das Fahrzeug einfach an Ort und Stelle stehen blieb. Er hat auch nicht etwa ausgesagt, dass er die Hupe betätigt hätte.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Gemäß §4 Abs1 lita StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Gemäß §99 Abs2 lita StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von Euro 36,00 bis Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen, sofern der Lenker eines Fahrzeugs, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht den Bestimmungen des §4 Abs1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle verständigt.
Nach der Rechtsprechung bezieht sich die Bestimmung des §4 Abs1 StVO auf alle Personen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbare Bedingung für das Entstehen des Verkehrsunfalls ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ihr Tun oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft ist. Das Vorliegen eines Sachschadens ist Tatbestandsvoraussetzung für die Verletzung der Pflichten nach §4 StVO. Voraussetzung für die Anhalte und Meldepflicht der lita ist als objektives Tatbildmerkmal sohin der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl VwGH 23.05.2002, 2001/03/0417).
Nach den Feststellungen ergibt sich sohin, dass dem Berufungswerber zwar weder durch Spüren noch Hören, jedoch durch entsprechende Beobachtung der Rückspiegel die Möglichkeit einer Streifung hätte bemerken müssen.
In objektiver Hinsicht hat der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung sohin verwirklicht.
Nach § 19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Im Verfahren hat sich ergeben, dass die gegenständliche leichte Streifung nur durch permanentes Beobachten im Rückspiegel erkennbar geworden wäre. Zu Bedenken ist im gegenständlichen Fall, dass der Berufungswerber jedoch mit mehr als der Hälfte des Fahrzeuges bereits am stehenden Fahrzeug des Dr M. vorbeigefahren war, ohne dass die Gefahr einer Streifung bestanden hat. Die Aufmerksamkeit des Berufungswerbers war überdies durch den starken Verkehr und die Engstelle, bei der er beachten musste, nicht mit den beiden Außenspiegeln an irgendwelchen Wänden zu streifen und auch nicht ein in die Straße hereinragendes Hauseck zu berühren durchaus umfangreich beansprucht. Es kann somit als lediglich geringfügiges Verschulden angesehen werden, wenn der Berufungswerber die leichte Streifung nicht durch einen Blick in den Rückspiegel wahrgenommen hat. Die Folgen der Übertretung sind insofern unbedeutend, als der vom Berufungswerber verursachte leichte Schaden bereits ohne jeden Nachteil für Dr M. wieder gutgemacht wurde, womit der grundsätzliche Zweck des §4 StVO erfüllt ist. Die Schadensgutmachung erfolgte unverzüglich und freiwillig.
Zu bedenken war auch, dass der Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ein reumütiges Geständnis abgelegt hat. Zu Bedenken ist Weiters, dass der Berufungswerber nunmehr Pensionist ist.
Festgehalten werden darf nochmals, dass sich das geringfügige Verschulden ausschließlich aus der besonderen Verkehrslage und Situation, die überdies auch von den Zeugen Dr. M. und B. K. bestätigt wurde, bedingt ist. Da auch der Zeuge Dr. M. angab, dass der Berufungswerber mit dem Omnibus bereits großteils ohne Probleme an ihm vorbeigefahren sei und es an dieser Stelle sehr eng war und reges Verkehrsaufkommen herrschte war zu Gunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass seine Aufmerksamkeit insgesamt durch das Verkehrsgeschehen stark in Anspruch genommen war, sodass eine genauere Betrachtung im Rückspiegel, für die sich zunächst auch gar kein Grund ergeben hat, nur als geringfügiges Verschulden zu werten war.
Dennoch war jedoch eine Ermahnung auszusprechen.
Überdies ist noch festzuhalten, dass der Omnibus selbst nicht beschädigt wurde, sondern es sich bei den ersichtlichen Spuren lediglich um einen Lackabrieb des Fahrzeugs von Dr. M. gehandelt hat, der ohne weiteres wegpoliert werden konnte.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.