TE UVS Wien 2005/04/21 06/46/9479/2004

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.04.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Berufung des Herrn Rüdiger P gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 9.11.2004, Zl. MBA 18-S 5079/04, betreffend eine Übertretung des Maß- und Eichgesetzes, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens auferlegt.

Text

Mit dem angefochtenen Starferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe vom 31.12.2003 bis 2.7.2004 als Eigentümer der Liegenschaft Wien, R-gasse, den eichpflichtigen Wasserzähler, welcher am 30.6.1998 geeicht wurde, nicht innerhalb der Nacheichfrist von fünf Jahren, das wäre bis 30.12.2003 gewesen, zur Nacheichung gebracht.

Wegen der darin von der erstinstanzlichen Behörde erkannten Übertretung der §§ 63 Abs 1 iVm 7 Abs 1 und 2, 8 Abs 1 Punkt 3, und Abs 2, 14, 15 Punkt 5 und 16 Maß- und Eichgesetz (MEG) wurde über den Berufungswerber gemäß § 63 Abs 1 MEG eine Geldstrafe von 70,-- Euro (12 Stunden Ersatzarrest) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7,-- Euro vorgeschrieben. Das angefochtene Straferkenntnis basiert auf der Anzeige des Magistrats der Stadt Wien, MA 31 ? Wiener Wasserwerke, vom 14.6.2004. Darin wird ausgeführt, dass trotz mehrfacher Versuche und schriftlicher Aufforderung vom Wasserabnehmer der Liegenschaft Wien, R-gasse, Herrn Rüdiger P (Berufungswerber), der Zugang zum Wasserzähler, welcher ausgetauscht werden sollte, seit 28.11.2003 nicht ermöglicht wurde. Da der betroffene Wasserzähler am 30.6.1998 zuletzt geeicht worden sei, sei die mit fünf Jahren bemessene Eichfrist am 31.12.2003 abgelaufen und bestehe daher ein Straftatbestand nach dem Maß- und Eichgesetz. Der Anzeige ist der behördliche Schriftverkehr mit dem Berufungswerber beigelegt.

Aufgrund dieser Anzeige erließ die erstinstanzliche Behörde, nachdem der Berufungswerber entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung schließlich doch keine Rechtfertigung zu den gegen ihn mit AZR vom 13.6.2004 erhobenen Vorwürfen abgegeben hatte, das gegenständliche Straferkenntnis. Das Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber laut Rückschein am 15.11.2004 im Wege der Übernahme durch einen Ersatzempfänger zugestellt. Die dagegen eingebrachte Berufung ist mit 29.11.2004 (letzter Tag der mit zwei Wochen bemessenen Berufungsfrist) datiert und wurde laut handschriftlichem Vermerk über dem Eingangsstempel am 30.11.2004 ohne Kuvert im Einlauf vorgefunden. Da das Schriftstück weder persönlich abgegeben noch in den Einlaufkasten eingeworfen wurde (dies wäre laut der dem erkennenden Senat bekannten Behördenpraxis ausdrücklich vermerkt worden), liegt der Schluss nahe, dass die Berufung postalisch eingebracht wurde, das Kuvert jedoch bei der Behörde in Verlust geraten ist. Im Fall der solcherart wahrscheinlichen postalischen Einbringung war die Berufung jedenfalls als fristgerecht zu werten, da der Postweg in Wien mindestens einen Tag beträgt. Es wird somit von der Rechtzeitigkeit der Berufung ausgegangen.

In der Berufung, die sich noch gegen ein zweites Straferkenntnis zur GZ MBA 18 ? S 5040/04 richtet, ersucht der Rechtsmittelwerber um Gewährung einer Frist bis 15.12.2004, um seine Berufung ausführlich zu begründen. Im wesentlichen sei seine Rechtfertigung, dass ihm die ergangenen Aufforderungen nicht zugegangen wären. Es werde ein Zustellmangel eingewendet, da die Schriftstücke nicht von ihm, sondern von hiezu nicht befugten Personen übernommen worden und in der Folge verloren gegangen wären.

Die solcherart nur rudimentär begründete Berufung wurde selbst nach Zustellung eines Auftrages gemäß § 13 Abs 3 AVG nicht ergänzt. Sie war jedoch gemäß § 63 Abs 5 AVG im Lichte der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur (siehe etwa VwGH vom 30.1.1990, Zl. 88/18/0361) als ausreichend anzusehen, um das Rechtsmittel in der Sache in Behandlung zu nehmen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs 1 Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950 in der Fassung BGBl. I Nr. 85/2002, (MEG) sind Messgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird,

nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnitts A eichpflichtig. Gemäß § 7 Abs 2 MEG ist, wer ein Eichpflichtiges Gerät verwendet oder bereit hält, dafür verantwortlich, dass das Messgerät geeicht ist.

Gemäß § 8 Abs 1 MEG unterliegen der Eichpflicht die nachstehend genannten Messgeräte, wenn sie im amtlichen und rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet oder bereitgehalten werden. Unter Z 3 lit. b dieses Paragraphen sind Mengenmessgeräte für Flüssigkeiten angeführt.

Gemäß § 14 MEG sind die eichpflichtigen Geräte innerhalb bestimmter Fristen zur Nacheichung vorzulegen. Gemäß § 15 leg cit beträgt die Nacheichfrist bei Kalt-, Warm- und Heißwasserzählern fünf Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 16 leg cit mit dem der letzten Eichung folgenden Kalenderjahr. Gemäß § 63 Abs 1 MEG werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 10.900,-- Euro bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist. Gegen Straferkenntnisse oder Einstellungsverfügungen steht der Eichbehörde die Berufung zu. Vor dem Hintergrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen steht unbestritten und unzweifelhaft fest, dass der gegenständliche Wasserzähler ein eichpflichtiges Messgerät im Sinne der §§ 7 und 8 MEG war. Aufgrund des diesbezüglich gleichfalls unbestritten gebliebenen Akteninhalts wird zudem als erwiesen festgestellt, dass die Eichfrist mit 31.12.2003 abgelaufen ist und bis 2.7.2004 keine Nacheichung vorgenommen wurde.

Fraglich erscheint allenfalls, wer hinsichtlich des gegenständlichen Wasserzählers verpflichtet war, die Nacheichung vornehmen zu lassen. Gemäß § 7 Abs 2 MEG trifft diese Verpflichtung denjenigen, der das eichpflichtige Gerät, sprich den Wasserzähler verwendet oder bereit gehalten hat. In Betracht kommen hiefür theoretisch der Wasserversorger oder der Wasserabnehmer. Näheren Aufschluss, wer gegenständlich Verpflichteter im Sinne des MEG war, geben die Rechtsvorschriften des Wasserversorgungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 10/1960 idF zuletzt LGBl. für Wien Nr. 117/2001 (WVG).

Gemäß § 11 Abs 1 WVG wird das Wasser in Wien grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird. Wenn die Anbringung eines Wasserzählers unmöglich ist, hat die Behörde die bezogene Wassermenge zu schätzen.

Gemäß § 11 Abs 2 WVG bestimmt die Behörde (der Magistrat der Stadt Wien) die Anschlussgröße des Wasserzählers nach dem Wasserverbrauch; sie bestimmt weiters den Standort des Wasserzählers und veranlasst die erstmalige Einschaltung auf Kosten des Wasserabnehmers. Der Wasserzähler bleibt Eigentum der Stadt Wien und wird von ihr instandgehalten; er kann jederzeit ausgewechselt werden.

Gemäß § 27 WVG sind die mit Ausweiskarten versehenen behördlichen Organe berechtigt, in Handhabung dieses Gesetzes Grundstücke, Gebäude oder Teile von solchen (Wohnungen, Geschäftslokale, Betriebe, Kellerabteilungen u. dgl.) zu betreten. Die Verfügungsberechtigten haben diesen Organen den Zutritt zu allen Wasserversorgungsanlagen zu gestatten.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsvorschriften, insbesondere der gesetzlichen Klarstellung, dass der Wasserzähler von der Stadt Wien (Wasserversorger) bereitgestellt wird, in deren Eigentum verbleibt und von ihr instand zu halten ist, verbleibt kein Zweifel daran, dass nicht der Berufungswerber als Wasserabnehmer, sondern die Stadt Wien als Wasserversorger den eichpflichtigen Wasserzähler im Sinne von § 7 Abs 2 MEG im amtlichen bzw. im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet hat. Daher trifft die Stadt Wien auch die Eichpflicht nach den Vorschriften des Maß- und Eichgesetzes.

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der einschlägigen Literatur zum Maß- und Eichgesetz, wonach ? unabhängig von der Eigentümerstellung - bei Elektrizitäts-, Gas- oder Wasserzählern für die Erfüllung der Eichpflicht schon deshalb das Versorgungsunternehmen verantwortlich ist, weil von ihm die Anzeige des Messgeräts der Verrechnung zugrunde gelegt wird (siehe Twaroch, Freistetter, Leitner, Maß- und Eichrecht, Wien 2004, S 83).

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass gegenständlich allenfalls die Verantwortlichen der Stadt Wien, nicht jedoch der Berufungswerber wegen Missachtung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als Übertretungsnormen zitierten Vorschriften des Maß- und Eichgesetzes verwaltungsstrafrechtlich zu belangen gewesen wären. Da somit der Berufungswerber als Liegenschaftseigentümer und Wasserabnehmer zu Unrecht für die Missachtung der Vorschriften des Maß- und Eichgesetzes verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

In diesem Zusammenhang wird freilich nicht übersehen, dass sich der Berufungswerber laut Aktenlage der ? allenfalls sogar mehrfachen ? Übertretung des Wasserversorgungsgesetzes schuldig gemacht haben dürfte, indem er den Organen des Magistrats der Stadt Wien den Zugang zum Wasserzähler bzw. dessen Austausch nicht ermöglicht hat. Die ihm gegenständlich angelastete Übertretung des Maß- und Eichgesetzes hat er jedoch mit Sicherheit nicht zu verantworten.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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