TE UVS Tirol 2005/05/11 2004/20/223-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.05.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. A. S. über die Berufung des Herrn M. G., XY, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P. R. F., Mag. H. P. und Mag. M. S., XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23.11.2004, Zl VK-18329-2004, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe von Euro 218,00 auf Euro 120,00, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, herabgesetzt wird.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG beträgt dementsprechend der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens Euro 12,00.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber

Folgendes vorgeworfen:

 

Tatzeit: 17.05.2004 um 09.57 Uhr

Tatort: Gemeinde Schwaz, Bahnhofstraße 16

Fahrzeug: Lastkraftwagen, XY

 

1. Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl sie auch dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.?

 

Dadurch habe der Berufungswerber gegen § 4 Abs 5 StVO verstoßen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 218,00 unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wird zunächst geltend gemacht, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht dem Konkretisierungsgebot entspreche, da ihm nicht zu entnehmen sei, wer allenfalls einen Schaden davon getragen habe bzw wem gegenüber Name und Anschrift nicht nachgewiesen worden sei.

 

Weiters werden Begründungsmängel bezüglich des angefochtenen Straferkenntnisses geltend gemacht. Es würden sich in der Anzeige keine Erhebungen und keine Angaben dazu finden, dass das eingedrückte Rücklicht vom vom Berufungswerber gelenkten Lastkraftwagen stammen könne. Es sei auch bis zum heutigen Tag keine Schadenersatzforderung wegen dieses angeblichen Vorfalls an den Beschuldigten herangetragen worden.

 

In Bezug auf die Beweiswürdigung werde darauf verwiesen, dass es nach Angaben der Anzeigerin einen lauten Knall gegeben habe, jedoch die behauptete Beschädigung in einem eingedrückten Blinkerlicht bzw einem Kratzer am Blinklicht  bestehen solle, was widersprüchlich sei. Der Berufungswerber, dessen Angaben sehr wohl als schlüssig anzusehen seien, habe angegeben, dass er ein Anfahren an ein anderes geparktes Fahrzeug, sofern dies überhaupt stattgefunden habe, nicht bemerkt habe und erst durch einen Anruf der Gendarmerie darauf aufmerksam geworden sei.

 

Auch bei Einhaltung der gebotenen Aufmerksamkeit und Sorgfalt könne es vorkommen, dass bei einem Rückwärtsfahrmanöver mit einem Lkw eine Berührung mit einem geparkten Fahrzeug vorkomme. Aufgrund der Massenunterschiede bzw der teilweisen Unübersichtlichkeit könne es ebenfalls vorkommen, dass eine solche leichte Berührung zwischen Fahrzeugen für den Lkw Fahrer weder durch den Rückspiegel noch durch sonstige Umstände (Erschütterung, Geräusch) wahrnehmbar sei. Dies und nichts anderes habe auch der Berufungswerber vorgetragen. Dies könne nicht von vorne herein als reine Schutzbehauptung abgetan werden. Es hätte für den Berufungswerber überhaupt gar kein Grund bestanden Fahrerflucht zu begehen.

 

Der Berufungswerber habe auch nicht schuldhaft gehandelt.

 

Aufgrund dieser Berufung wurde zunächst ein Schriftverkehr mit Herbert Wiedemann, der in der Anzeige als Besitzer des beschädigten weißen Mazda 626 angeführt ist, gepflogen.

 

In der Folge wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am 11.04.2005 durchgeführt, wobei es zur Einvernahme des Berufungswerbers  gekommen ist. Schließlich wurde am 28.04.2005 an Ort und Stelle ein Lokalaugenschein durchgeführt, wobei es zu einer ergänzenden  Einvernahme des Berufungswerbers sowie zur Einvernahme der Zeugin M. E. gekommen ist. Schließlich wurde auch noch Einsicht genommen in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Akt der Berufungsbehörde.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der von der Erstbehörde angenommene und dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest.

 

Ergänzend ist auf Sachverhaltsebene Folgendes festzuhalten:

 

Das Firmengebäude, in welchem sich auch die Geschäftsräumlichkeiten der Firma Eisen O. befinden, weist eine West Ost Ausrichtung auf. Südlich davon ist der verfahrensgegenständliche Parkplatz gelegen. Die Zufahrt erfolgt von Westen von der Bahnhofstraße. Auf der Süd West Seite des Parkplatzes, unmittelbar rechts neben der Einfahrt sowie auf der Südseite des Parkplatzes befinden sich Markierungen für das Abstellen der Fahrzeuge. Die Markierungen verlaufen dabei im Wesentlichen in der Weise, dass Fahrzeuge im östlichen Bereich in West Ost Richtung und Fahrzeuge im südlichen Bereich in Nord Süd Richtung abzustellen sind. Im nördlichen Bereich des Parkplatzes befinden sich keine Markierungen, jedoch in der Mitte des Parkplatzes, wobei Markierungen für zwei Fahrzeugreihen erkennbar sind und die Markierungen in Nord Süd Richtung verlaufen.

 

Der Berufungswerber führte zum Tatzeitpunkt auf dem genannten Parkplatz im Nahebereich der Einfahrt ein Reversiermanöver mit dem Lkw der Marke Nissan Cabstar 110 durch. Dabei kam es zu einer Streifung mit dem am Parkplatz abgestellten Pkw der Marke Mazda 626 Kombi des Herbert Wiedemann. Dieser hatte sein Fahrzeug auf dem der Einfahrt nächstgelegensten markierten Parkplatz, ca 20 bis 25 Meter in südwestlicher Richtung vom Eingang des Fitnessstudios entfernt geparkt. Durch diese Streifung kam es zu einem Geräusch. Es kam auch zu einer Beschädigung im Bereich des Rücklichts des Mazda 626, wobei ein Teil der Celone abgesplittert ist. Der Berufungswerber setzte in der Folge  die Fahrt fort. Der am Fahrzeug des Herrn Wiedemann entstandene Schaden beträgt laut Angebot einer Madza Reparaturwerkstätte Euro 188,00 samt Mehrwertsteuer.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:

 

Dass es zum Tatzeitpunkt zwischen dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug und dem geparkten Fahrzeug des Herbert Wiedemann zu einem Unfall gekommen ist, stützt sich in erster Linie auf die glaubwürdigen Angaben der Zeugin M. E. Diese nahm den Unfall aus einer Entfernung von wenigen Metern wahr. Die beschrieb das Reversiermanöver und gab an, dass es zu einer Streifung bei einem geparkten Fahrzeug gekommen ist. Sie erklärte weiters, dass es auch zu einem Knall gekommen sei. Sie vermochte auch den Abstellort des geparkten Fahrzeuges genau anzugeben und erklärte, dass es im Bereich rechts hinten zur Streifung gekommen ist. Die Zeugin versicherte auch, dass sie sich die Kennzeichen der beiden Fahrzeuge im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall notiert hat. Als Begründung dafür führte sie überzeugend an, dass es ihr selbst zuletzt passiert sei, dass ihr Fahrzeug von einem unbekannten Fahrzeuglenker beschädigt worden sei.

 

Die Zeugin E. hinterließ einen guten und glaubwürdigen Eindruck und ergab sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sie den Berufungswerber wahrheitswidrig belasten würde oder dass ihr ein Irrtum unterlaufen wäre. Aus ihrer Schilderung ergibt sich zweifelsfrei, dass es zu einem Kontakt zwischen dem vom Berufungswerber gelenkten und dem am Parkplatz abgestellten Fahrzeug des Herbert Wiedemann gekommen ist. Auf Grund des von der Zeugin wahrgenommenen Anstoßgeräusches lässt sich ableiten, dass dieser Kontakt mit einer nicht nur geringen Heftigkeit erfolgte und auch ein Schadenseintritt damit verbunden war. Dass dieser Schadenseintritt (beim abgestellten Kombi) im Bereich der Beleuchtung rechts hinten erfolgte, lässt sich in unbedenklicher Weise mit der Schilderung der Zeugin E. in Einklang bringen.

 

Der Berufungswerber räumte selbst ein, zum Tatzeitpunkt am Tatort gewesen zu sein. Seitens des Berufungswerbers wurde im erstinstanzlichen Verfahren (siehe Schreiben vom 09.07.2004 na die Erstbehörde) die Verursachung eines Schadens gar nicht in Abrede gestellt. Viel mehr führte er an, dass er keine Kollision bemerkt habe und dass auch keine Schadensforderung vom Geschädigten an ihn herangetragen worden sei.

 

In einem weiteren Schreiben an die Erstbehörde vom November 2004 teilte der Berufungswerber der Berufungsbehörde mit, dass er zwischenzeitlich mit Herrn W. gesprochen habe und sich auch den Schaden bei seinem Auto angesehen habe. Es handle sich hiebei um einen leichten Kratzer im Blinkerglas. Der Schaden sei so gering, dass Herr Wiedemann bis heute von ihm keine Entschädigung verlangt habe. Auch wundere es ihn, dass es bei einem kleinen Kratzer einen lauten Knall gegeben habe solle. Er habe jedenfalls weder eine Erschütterung noch einen Knall bemerkt. Sobald Herr W. ihm eine Rechnung für die Reparatur schicke, werde die Vollkaskoversicherung bzw werde er diesen geringfügigen Schaden auf eigene Kosten ersetzen. Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass der Berufungswerber nach der Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten selbst keine Bedenken an der Verursachung des Schadens hegte und auch einen Schadenersatz zusagte.

 

Herbert W. bestätigte gegenüber der Berufungsbehörde, dass der Pkw mit dem Kennzeichen XY auf ihn zugelassen sei und zum Tatzeitpunkt im Tatortbereich abgestellt war. Er führte auch aus, dass es zu einer Beschädigung beim Rücklicht hinten rechts gekommen sie und dass vor dem Abstellen des Fahrzeuges auf dem Parkplatz diese Beschädigung nicht vorhanden gewesen sei. Den Schaden habe er noch nicht repariert. Er wäre ursprünglich mit Euro 100,00 Schadenersatz zufrieden gewesen. Das nunmehrige Angebot der Firma Mazda laute Euro 188,00 plus Mehrwertsteuer.

 

Die Berufungsbehörde hegt keine Bedenken an der Richtigkeit dieser Angaben.

 

Dass der am Fahrzeug des Herbert Wiedemann entstandene Schaden tatsächlich vom vom Berufungswerber gelenkten Lkw verursacht wurde, ist somit aufgrund der Angaben der M. E. und des H. W. als erwiesen anzusehen. Unter Bedachtnahme auf die vorliegenden Beweisergebnisse ergab sich ein klares Bild über die Sachverhaltslage, sodass eine weitere Beweisaufnahme (die Einholung eines kfz technischen Sachverständigengutachtens) unterbleiben konnte.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

§ 4 Abs 1 lit a und § 4 Abs 5 StVO normieren im Falle der ursächlichen Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die Anhalte bzw Meldepflicht. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen trafen den Berufungswerber diese beiden Pflichten. Unbestritten ist, dass er diesen Verpflichtungen nicht entsprochen hat. In Bezug auf das Verschulden ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darauf verweist, dass die hier in Rede stehenden Delikte in subjektiver Hinsicht das Wissen um einen Verkehrsunfall voraussetzen, wobei aber nicht nur das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern viel mehr genügt, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH vom 20.5.1992, Zl 91/03/0347). Das Höchstgericht hat in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, dass selbst dann, wenn der Verkehrsunfall weder akustisch noch als Stoßreaktion für den Schuldigen wahrnehmbar ist, den Beschuldigten ein Verschulden trifft, zumal der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine besondere Aufmerksamkeit, und zwar sogar durch einen Blick in den Rückspiegel oder nach hinten über die Schulter zuzuwenden hat. Im vorliegenden Fall lenkte der Berufungswerber einen Lkw auf einem Firmenparkplatz, wobei sich der Abstand zu einem abgestellten Fahrzeug verringerte und es schließlich zu einer Streifung mit dem Fahrzeug gekommen ist.

 

Der Berufungswerber wäre aufgrund der gegebenen Situation verpflichtet gewesen, das Geschehen sorgfältig zu beobachten und sich zu vergewissern, ob sein Verhalten nicht für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Der Berufungswerber hätte sich daher davon überzeugen müssen, ob sein Fahrmanöver nicht zu einer Beschädigung geführt hat oder ohne Folgen geblieben ist. Diese Verpflichtung wurde bereits durch die Wahl der engen Fahrlinie und die Gefahr bringende Annäherung an das geparkte Fahrzeug ausgelöst.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm angelastete Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen.

 

In Bezug auf die Strafhöhe ist darauf zu verweisen, dass der Unrechtsgehalt der angelasteten Übertretung nicht als unerheblich angesehen werden kann, zumal dem Interesse an einer raschen und komplikationslosen Ermittlung des Schadensverursachers zuwider gehandelt wurde, wobei jedoch der relativ geringfügige Schadensumfang zu berücksichtigen ist. In subjektiver Hinsicht liegt Fahrlässigkeit vor. Der Berufungswerber vermittelte glaubhaft den Eindruck, dass er seiner Meldeverpflichtung nachgekommen wäre, wenn er vom Schadenseintritt positive Kenntnis gehabt hätte.

 

Im Hinblick darauf sowie unter Bedachtnahme auf den Milderungsgrund der Unbescholtenheit erweist sich die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe als etwas überhöht. Die Berufungsbehörde sah sich daher zu einer Herabsetzung veranlasst. Die verhängte Geldstrafe steht auch mit den bekannt gegebenen Einkommens und Vermögensverhältnissen in Einklang.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Das, Höchstgericht, hat, ausgeführt, dass, selbst, dann, wenn, der, Verkehrstunfall, weder, akustisch, noch, als, Stoßreaktion, für, den Schuldigen, wahrnehmbar, ist, den, Beschuldigten, ein Verschulden, trifft, zumal, der, Lenker, eines, Fahrzeuges, den Geschehnissen, um, sein, Fahrzeug, besondere, Aufmerksamkeit, zuzuwenden, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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