Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vom 21 02 2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 10 02 2005, Zl 333-5403/1-2004, wegen Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO in der heutigen Verhandlung zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Tatvorwurf das Wort ?dadurch? und die Wortfolge ?, dass Sie mit einer Geschwindigkeit von 117 km/h gefahren sind? entfällt.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind 14 Euro, zu leisten.
Die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf legte dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis zur Last, am 12 09 2004 um 14 30 Uhr als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen *** auf der S 31 im Gemeindegebiet von Kalkgruben auf Höhe des Strkm 66,699 bei der Fahrt in Richtung Weppersdorf die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten zu haben, weil er mit einer Geschwindigkeit von 117 km/h gefahren sei. Wegen Verletzung des § 20 Abs 2 StVO wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von 70 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden) verhängt.
In seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er die Ladung des Polizeikommissariates für den 27 01 2005 wegen schwerer Grippe nicht habe befolgen können. Er ersuche daher, der Berufung nach neuerlicher Beweisaufnahme Folge zu geben. Im erstinstanzlichen Verfahren brachte der Berufungswerber vor, die Tat nicht begangen zu haben und richtete sich überdies gegen die Strafhöhe.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:
Der Berufungswerber lenkte am 12 09 2004 auf der Schnellstraße S 31 das Kraftfahrzeug Mazda MPV, silber lackiert, mit dem Kennzeichen *** in Fahrtrichtung Weppersdorf. Um 14 30 Uhr des 12 09 2004 fuhr er auf Höhe Strkm 66,699 der S 31 mit einer Geschwindigkeit von 116,85 km/h. Bei diesem Ort handelte es sich um eine Freilandstraße.
Diese Feststellungen beruhten auf den Angaben des Zeugen BI *** und der vorliegenden Urkunden, insbesondere des vom Radarmessgerät automatisch angefertigten Bildes, im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Berufungswerbers.
Der Berufungswerber gestand in seiner Stellungnahme vom 07 04 2005 selbst zu, dass er das auf dem Radarbild ersichtliche verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit selbst lenkte. Eine nähere konkrete Begründung, weshalb er die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hätte, gab der Berufungswerber zu keiner Zeit im Verfahren bekannt. Er stellte lediglich Fragen zur Geschwindigkeitsmessung in den Raum ohne darzulegen, weshalb die Beantwortung dieser Fragen seine Unschuld hätten beweisen können.
Zweifel an der Richtigkeit der von einem Radargeschwindigkeitsmessgerät automatisch durchgeführten Geschwindigkeitsmessung sind im Zuge des Verfahrens nicht hervorgekommen. Das verwendete Radarmessgerät wurde vom die Messung überwachenden Gendarmeriebeamten BI ***, der als Angehöriger der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland mit der Handhabung dieses Gerätes vertraut war, ordnungsgemäß etwa einen halben Meter neben dem Fahrbahnrand am Bankett aufgestellt, wobei die Messung des abfließenden Verkehrs vorgenommen wurde. Dass die Messung aufgrund eines Defektes des Radargerätes unrichtig gewesen wäre, war aus keinem Umstand ersichtlich. Am vom Messgerät im Zuge der Messung automatisch angefertigten Lichtbild war erkennbar, dass sich nur das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug im Messbereich befand. Ein weiteres Fahrzeug, welches eine Fehlmessung auslösen hätte können, war nicht vorhanden. Darüber hinaus war es im vorliegenden Fall technisch auch gar nicht möglich, dass die Anfertigung des Lichtbildes durch ein schneller als der Berufungswerber fahrendes überholendes Fahrzeug, welches auf dem Bild nicht mehr sichtbar wäre, ausgelöst worden wäre. Der Zeuge BI *** führte glaubhaft und schlüssig aus, dass in einem derartigen Fall vom Messgerät am angefertigten Bild eine Fehlmessung ausgewiesen werden würde. Zum Nachweis dafür legte er in der mündlichen Verhandlung am 23 05 2005 Bilder von Fehlmessungen vor. Auf diesen Bildern war zweifelsfrei erkennbar, dass vom Radargerät aufgrund der Fehlmessung, die infolge Passieren des Messbereiches durch zwei Fahrzeuge ausgelöst wird, statt einer gefahrenen Geschwindigkeit lediglich vier waagrechte Striche angezeigt werden. Dies war aber im hier vorliegenden Fall nicht gegeben. Vielmehr wurde am Bild als gemessene Geschwindigkeit der Wert ?123? ausgewiesen. Somit konnte erwiesen werden, dass im gegenständlichen Fall eine Fehlmessung nicht vorlag.
Aufgrund der vorliegenden Kopie des Eichscheines zum verwendeten Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät MU VR 6F (Eichschein-Nr 106) des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen vom 02 05 2003 konnte festgestellt werden, dass das verwendete Radarmessgerät zur Tatzeit ordnungsgemäß geeicht war (Eichung durchgeführt am 27 02 2003, gültig bis 31 12 2006).
Bei Feststellung der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit war allerdings die für das gegenständliche Radarmessgerät vorgesehene Messtoleranz von 5 % zu berücksichtigen. Somit ergab sich bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 123 km/h eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 116,85 km/h. Von einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 117 km/h war entgegen der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf nicht auszugehen, weil dies zwar eine mathematisch korrekte Rundung darstellt, aber im Ergebnis bedeuten würde, dass nicht die vorgesehene Messtoleranz von 5 %, sondern eine (wenn auch geringfügig) darunter liegende Messtoleranz von lediglich 4,87 % zur Anwendung gebracht würde, was aber eine nicht vorgesehene unzulässige Verringerung der Messtoleranz darstellt. Aus diesem Grund unzulässige Rundungen dürfen sich daher - auch wenn sie mathematisch korrekt - wären, mangels entsprechender Grundlage oder anders lautender sonstiger Beweismittel nicht zum Nachteil eines Beschuldigten auswirken. Besonders deutlich wird dies auch an den Angaben in der Anzeige, in der von einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 116 km/h ausgegangen wurde, und somit (korrekterweise) eine (Ab-)Rundung zugunsten des Berufungswerbers vorgenommen wurde.
Der Berufungswerber beteiligte sich trotz nachweislich zugestellter Ladung an der mündlichen Verhandlung nicht. Aufgrund der aufgenommenen Beweise war davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Tat beging, zumal er mit seinem bloßen unsubstantiierten Bestreiten keinerlei Umstände glaubhaft machen konnte, die seine Täterschaft ernsthaft in Zweifel hätten ziehen können.
§ 20 Abs 2 StVO, § 99 Abs 3 lit a StVO und § 5 Abs 1 VStG (jeweils in der zur Tatzeit am 12 09 2004 geltenden Fassung) lauten:
§ 20 StVO (BGBl Nr 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 92/1998):
?(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.?
§ 99 StVO (BGBl Nr 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 80/2002):
?(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,
a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Veralten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist,
b) [?].?
§ 5 VStG (BGBl Nr. 52/1991):
?(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.?
Den Feststellungen zufolge fuhr der Berufungswerber auf einer Freilandstraße entgegen § 20 Abs 2 StVO, wonach er auf einer solchen höchstens mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h hätte fahren dürfen, mit einer Geschwindigkeit von 116,85 km/h. Der objektive Tatbestand der Übertretung des § 20 Abs 2 StVO war somit gegeben.
Zum Verschulden ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG bereits fahrlässiges Verhalten zu einer Bestrafung hinreichend ist. Diese liegt vor, wenn der Täter die strafbare Handlung oder den Erfolg, wegen dessen das Gesetz die Tat als strafbar erklärt, zwar nicht gewollt aber auch nicht vermieden hat, obwohl er ihn vermeiden hätte können. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter nur vorgeworfen werden, wenn es ihm unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Der Maßstab für die objektive Sorgfaltspflicht ist ein objektiv-normativer. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat ein Täter nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch seines Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Es war also zu beurteilen, ob sich ein (Norm-) Fahrzeuglenker anders als der Berufungswerber verhalten hätte, und dieses Verhalten unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar war. Im vorliegenden Fall war nun kein Grund erkennbar, weshalb es dem Berufungswerber unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, die höchstzulässige Geschwindigkeit einzuhalten. Von einem durchschnittlichen mit den rechtlichen Werten verbundenen Fahrzeuglenker wäre ein derartiges Verhalten vielmehr unter den hier vorliegenden Umständen, die keinerlei Besonderheiten aufwiesen, zu erwarten gewesen. Ein solcher hätte unter Aufbietung der gebotenen Sorgfalt die höchstzulässige Geschwindigkeit eingehalten. Somit lag auch die subjektive Tatseite in Form der Fahrlässigkeit vor.
Die Spruchkorrektur war erforderlich, um den Feststellungen über die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit Rechnung zu tragen. Die Wortfolge im Tatvorwurf betreffend der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, die sich als unrichtig herausgestellt hatte, war ersatzlos zu entfernen, weil es sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um kein notwendiges Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 20 Abs 2 StVO handelt. Aus diesem Grund hatte die vorgenommene Reduktion allerdings auch keine Auswirkung auf die Kostenentscheidung. Es konnte nicht von einem teilweisen Obsiegen des Berufungswerbers gesprochen werden, weil die Tatverwirklichung nicht vom Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung abhängt. Bereits jede noch so geringe Überschreitung der höchst zulässigen Geschwindigkeit erfüllt das Tatbild des § 20 Abs 2 StVO. Die Feststellung einer geringeren tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit kann demnach nur einen Einfluss auf die Bemessung der Strafe haben und sich allenfalls in einer Strafherabsetzung, wobei diese dann bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen wäre, bemerkbar machen.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrunde liegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat konnte selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.
Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, kam weder hervor noch war dies auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen. Das Verschulden des Berufungswerbers konnte daher nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen, wobei diese vom Berufungswerber trotz nachweislicher Aufforderung nicht bekannt gegeben wurden. Bei der Strafbemessung wurde von der erstinstanzlichen Behörde von einem geschätzten durchschnittlichen Einkommen von 1300 Euro und keinem Vermögen ausgegangen. Diese Schätzung war nicht zu beanstanden und entsprach den gesetzlichen Vorgaben. Der Berufungswerber ist dieser Schätzung auch nicht entgegengetreten. Sorgepflichten konnten mangels Bekanntgabe nicht berücksichtigt werden.
Unter Bedachtnahme auf den bis zu ? 726,- reichenden gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers war die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers als angemessen anzusehen, zumal sich die verhängte Strafe ohnedies am untersten Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens befindet. Die Feststellungen zur (verringerten) tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit waren nicht geeignet, eine Strafherabsetzung herbeizuführen, weil diese äußerst geringfügige Reduktion um 0,25 km/h für die Strafbemessung keinen entscheidenden Einfluss hatte. Aufgrund dieser Reduktion ergaben sich keine Änderungen in der Qualifikation der für die Strafbemessung relevanten Umstände.
Die Strafe musste darüber hinaus geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland wäre aber das Erreichen dieser Ziele, insbesondere den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Taten abzuhalten und ihn zu sorgfältigeren Verhalten im Straßenverkehr anzuhalten, im Falle einer geringeren als der ausgesprochenen Strafe nicht gewährleistet gewesen.