Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn B. G., XY, und Herrn J. E., XY, vom 17.05.2005 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 04.05.2005, Zl 2.1 B-84/02-55, betreffend gewerbebehördlicher Genehmigung einer Betriebsanlagenänderung gemäß § 67h in Verbindung mit § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Mit dem bekämpften Bescheid erteilte die Bezirkshauptmannschaft Lienz der B. Bistro Betriebs GmbH gemäß § 81 GewO 1994 in Verbindung mit § 93 Abs 2 ASchG die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung für eine Änderung des genehmigten Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Buffet im M. Lebensmittelmarkt auf Gst 87/2, KG Lienz, in der Weise, dass der Gastgewerbebetrieb auch an Sonn und Feiertagen zwischen 07.00 Uhr und 17.00 Uhr offen gehalten werden kann. Werktags richten sich die Öffnungszeiten des Gastgewerbebetriebes weiterhin nach den gesetzlichen Öffnungszeiten des Lebensmittelmarktes. Die An und Ablieferungen dürfen unverändert nur an Werktagen in der Zeit von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr vorgenommen werden. Die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 10.12.2002, Zl 2.1 B-84/02-22, für verbindlich erklärte Regelung hinsichtlich der Schrankenöffnungszeiten des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 29.06.1992, Zl 209-374/7 (Auflage 7), wurde gemäß § 78 Abs 2 GewO in der Weise abgeändert, dass an Werktagen die Schranken eine halbe Stunde nach Geschäftsschluss abzusperren sind und erst wieder eine halbe Stunde vor Geschäftsbeginn geöffnet werden dürfen. An Sonn und Feiertagen dürfen die Schranken erst eine halbe Stunde vor Öffnung des Gastgewerbebetriebes geöffnet werden und sind die Schranken eine halbe Stunde nach Schließung des Gastgewerbebetriebes abzusperren. Die Zu und Abfahrten von Omnibussen des Gasthofes G. F. sind gestattet. Die Einwendungen der Nachbarn J. E. und B. G. wurden als unbegründet abgewiesen.
Dagegen richtet sich die fristgerechte gemeinsame Berufung von B. G. und J. E., in welcher diese im Wesentlichen vorbringen, dass die vorgenommenen Lärmmessungen subjektiv seien, die Behauptung falsch sei, dass die allgemeine Verkehrsbelastung auf der Beda Weber Gasse mit dem M. Markt samt B. nicht zusammenhängt, durch eingesperrte Kraftfahrzeuge am Parkplatz zu befürchten sei, dass dadurch die Schranken auch während der Nacht geöffnet bleiben und eine Erhöhung der Schadstoffemissionen zu erwarten sei. Die Lärmbelästigung werde auch an Sonn und Feiertagen stark steigen durch die verstärkte Nutzung und Fremdnutzung des M. Parkplatzes, das Zuschlagen von Autotüren, das Reversieren und die Zufahrt. In der Berufung wird auch die Befürchtung ausgedrückt, dass in weiterer Folge auch der Lebensmittelmarkt an Sonn und Feiertagen geöffnet halten könnte und wird das Fehlen einer Verkehrsberuhigung in der Beda Weber Gasse durch die Stadtgemeinde Lienz beklagt.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 67h Abs 1 AVG gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.
Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung ist nicht erfolgt.
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 131/2004, lauten wie folgt:
§ 74
(1)...
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
§ 75
(1) Unter einer Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen.
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
?
§ 359
....
(4) Das Recht der Berufung steht außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind. Das Berufungsrecht der Arbeitsinspektorate wird hierdurch nicht berührt.
...
Ebenfalls beachtlich sind nachstehende Bestimmungen des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1999, zuletzt
geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004:
§ 42
(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
...
J. E. erhob im erstinstanzlichen Verfahren Einwände gegen das gegenständliche Projekt aus lärmtechnischen Gründen. B. G. behauptete allgemein eine Gesundheitsgefährdung und unzumutbare Belästigung durch den Verkehr auf der Beda Weber Gasse, weil dieser durch die Betriebsanlagenänderung zunehmen würde.
Bei der Beda Weber Gasse handelt es sich um die nördlich des M. Marktes in Ost West Richtung verlaufende Gemeindestraße, von der aus die Zufahrt auf den M. Parkplatz erfolgt. Wenn von B. G. eine Beeinträchtigung durch den Verkehr auf der Gemeindestraße als Hinderungsgrund für die Betriebsanlagengenehmigung vorgebracht wird, so ist darauf hinzuweisen, dass im Betriebsanlagenverfahren die von der Betriebsanlage ausgehenden Emissionen hinsichtlich ihrer Einwirkung auf die Nachbarn zu prüfen sind. Beeinträchtigungen, die von außerhalb der Betriebsanlage ausgehen, so wie ein sich auf einer öffentlichen Straße ereignendes Verkehrsgeschehen, ist dieses selbst wenn es durch die Kunden der Betriebsanlage bewirkt würde nicht der Betriebsanlage zuzurechnen. Die Belästigungen durch den Straßenverkehr auf der Beda Weber Gasse können demgemäß nicht eine Genehmigung gegenständlichen Gastgewerbebetriebes hindern.
Unabhängig davon liegt eine Einwendung nur dann vor, wenn die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird.
Dem Vorbringen muss entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Im gewerbebehördlichen Verfahren muss der Nachbar dabei auf einen oder mehrere der in § 74 Abs 2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994, im Falle des § 74 Abs 2 Z 2 leg cit auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine in anderer Weise auftretende Einwirkung), Bezug nehmen. Es müssen qualifizierte Einwendungen erhoben werden. Ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse des Beteiligten abgestelltes Vorbringen stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechtes im Sinne des Rechtsbegriffes einer Einwendung dar (vgl VwGH 21.06.1993, Zl 92/04/0144 ua).
Zum in der Berufung erstmals erhobenen Einwand der Erhöhung der Schadstoffemissionen ist auf die Bestimmungen des § 42 Abs 1 und 2 AVG zu verweisen, worin klargestellt ist, dass im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bei Einhaltung der Kundmachungsvorschriften bzw persönlicher Ladung die Parteistellung nur durch die rechtzeitige Erhebung zulässiger Einwendungen erhalten werden kann. Das bedeutet, dass hinsichtlich von Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung erhoben wurden, Präklusion eingetreten ist und diesbezüglich keine Parteistellung mehr vorliegt. Auf die nunmehr erstmals erhobene Einwendung der Erhöhung der Schadstoffemissionen ist somit nicht mehr weiter einzugehen.
Wenn die Berufungswerber befürchten, dass zur Vermeidung von eingesperrten Kraftfahrzeugen am Parkplatz die Schranken auch während der Nacht geöffnet bleiben, so ist auf die geänderte Auflage
7. im angefochtenen Bescheid zu verweisen. Die Befürchtung von Nachbarn, die vorzuschreibenden Auflagen würden nicht eingehalten werden, macht diese nicht unzulässig bzw kann diese Befürchtung nicht zum Anlass einer Versagung der Betriebsanlagengenehmigung genommen werden (vgl ua VwSlg 10.976 A/1983; VwGH 30.09.1997, 95/04/0052).
In der Berufung werden die vorgenommenen Lärmmessungen als subjektiv bezeichnet, ohne diesen Vorwurf in irgendeiner Weise zu konkretisieren. Das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen ist schlüssig, logisch und nachvollziehbar, weshalb die Berufungsbehörde keinen Anlass sieht, an dessen Richtigkeit Zweifel zu hegen. Aus diesem ergibt sich, dass die vom Parkplatz ausgehende Lärmeinwirkung auf die Objekte der beiden Berufungswerber erheblich geringer sein wird als die von der Beda Weber Gasse ausgehende Lärmbelastung. Folglich kann durch die Sonntagsöffnung keine lärmtechnisch relevante Belästigung vom Parkplatz der Antragstellerin ausgehen. Die beantragte Betriebsanlagenänderung ist somit genehmigungsfähig, weshalb die Antragstellerin im Sinne des § 77 Abs 1 GewO einen Rechtsanspruch auf deren Genehmigung hat.