Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch die Herrn *** und ***, Rechtsanwälte in ***, vom 06 01 2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 14 12 2004, Zl 300-5513-2004, wegen Bestrafung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See legte dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis zur Last, am 30 04 2004 um 12 40 Uhr auf der Autobahn A4, Höhe Strkm 61,0, im Gemeindegebiet von Nickelsdorf, als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen *** (D) mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen das mautpflichtige Straßennetz benützt zu haben, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges höher war als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät; dadurch sei die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden. Wegen Verletzung des § 20 Abs 2 iVm § 9 Abs 2 iVm § 6 BStMG wurde gemäß § 20 Abs 2 BStMG über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) verhängt.
In seiner rechtzeitig gegen das Straferkenntnis eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass es sich um eine Fahrt im humanitären Einsatz gehandelt habe. Diese sei laut der Internetseite www.go-maut.at von der Maut befreit. Dass die Mautbefreiung für humanitäre Hilfstransporte nicht ohne weiteres bestehe, sondern erst nach Beantragung vor Fahrtbeginn, sei auf der Internetseite nicht erkennbar. Auf eventuell erforderliche Formalitäten sei er auf dieser Internetseite nicht hingewiesen worden. Es sei im Gegenteil der Eindruck vermittelt worden, dass solche nicht erforderlich seien. Den Berufungswerber treffe daher an der Verwirklichung der ihm vorgeworfenen Tat kein Verschulden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:
Vorweg wird zum Umfang dieser Entscheidung folgendes angemerkt:
Im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt finden sich mehrere
Berufungen:
* Berufung vom 04 10 2004, womit der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 16 09 2004, mit dem der Einspruch vom 09 07 2004 zurückgewiesen wurde, angefochten wird,
* Berufung vom 29 10 2004, womit der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 11 10 2004, mit dem der Antrag vom 04 10 2004 auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist abgewiesen wird, angefochten wird und
* Berufung vom 06 01 2005, die sich gegen das oben genannte Straferkenntnis richtet.
Mit Bescheid vom 17 11 2004 hob die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gemäß § 52 a VStG den (Zurückweisungs)Bescheid vom 16 09 2004 auf. Der Bescheid vom 17 11 2004 erwuchs in Rechtskraft. Ungeachtet dessen, ob diese Vorgangsweise rechtlich korrekt war, war in weiterer Folge von der Rechtskraft des Bescheides vom 17 11 2004 auszugehen. Dies bedeutet, dass der Zurückweisungsbescheid nicht mehr existierte und das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen war.
Nachdem die infolge Rechtskraft des Bescheides vom 17 11 2004 umgestaltete Rechtslage dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht wurde, zog er mit Schriftsatz vom 09 06 2005 die Berufungen gegen den Zurückweisungsbescheid sowie gegen den Bescheid, womit sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, zurück. Im gegenständlichen Verfahren war daher nur noch über die Berufung gegen das Straferkenntnis zu entscheiden. Für die Behandlung der im Schriftsatz vom 29 10 2004 auch enthaltenen Dienstaufsichtsbeschwerde war der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland nicht zuständig. Mit dieser Beschwerde werden sich die dafür zuständigen Stellen des Landes Burgenland auseinanderzusetzen haben.
Was nun die Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis betrifft, so stand zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber zur Tatzeit am oben näher beschriebenen Ort die grundsätzlich nach dem BStMG zu entrichtende fahrleistungsabhängige Maut nicht in der vorgesehenen Höhe entrichtete. Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland schenkte allerdings dem Vorbringen des Berufungswerbers Glauben, dass die von ihm durchgeführte Fahrt im Rahmen eines humanitären Hilfstransportes erfolgte. Die diesbezüglichen Angaben des Berufungswerbers erwiesen sich als glaubwürdig. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde ein Schreiben des ?Missionswerk Friedensstimme (der Vereinigung der Evangeliums-Christen-Baptisten e V)? vorgelegt, worin bestätigt wurde, dass das "Missionswerk" ein gemeinnütziger christlicher Verein ist, der Notleidenden im Ostblock und in Katastrophengebieten mit humanitärer Hilfe unterstützt. Alle Fahrten mit Hilfsgütern, so auch die gegenständliche vom Berufungswerber durchgeführte Fahrt, dienen ausschließlich diesen Zwecken. Als Nachweis für die Richtigkeit dieser Ausführungen legte das "Missionswerk Friedensstimme" ihrerseits auch die Kopie der Anlage 1 zum Bescheid für 2002 über Körperschaftssteuer und Feststellungen gemäß § 47 Abs 2 KStG sowie eine Kopie des Bescheides über die Kraftfahrzeugsteuer vor, die jeweils vom zuständigen deutschen Finanzamt ausgestellt wurden. Aus diesen Bescheiden war ersichtlich, dass Steuerbefreiungen gewährt wurden, weil die Körperschaft "Missionswerk Friedensstimme" kirchlichen und mildtätigen Zwecken dient. Aufgrund dieser vorliegenden, glaubwürdigen und in sich widerspruchsfreien Beweismitteln ging der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland bei der Entscheidungsfindung davon aus, dass die Angaben des Berufungswerbers, er habe zur fraglichen Zeit einen humanitären Hilfstransport durchgeführt, der Richtigkeit entsprachen. Lediglich der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auch bereits die erstinstanzliche Behörde diesem Vorbringen des Berufungswerbers Glauben schenkt
e und nicht etwa von einer Schutzbehauptung ausging.
Gemäß § 5 Abs 2 BStMG kann die Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) für Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten oder in Notstandsfällen Fahrzeuge von der Mautpflicht ausnehmen. Die Regelung erfolgt anlassbezogen in der Mautordnung. Dies bedeutet, dass für Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten, anders als in den Fällen des § 5 Abs 1 BStMG, in denen eine gesetzliche normierte Ausnahme vorliegt, zur Ausnahme von der Maupflicht ein behördlicher Schritt erforderlich ist und diese nicht von vornherein aufgrund gesetzlicher Bestimmung gegeben ist.
Nun erweist sich allerdings, dass die Bestimmung des § 5 Abs 2 BStMG hinsichtlich des darin enthaltenen Ermessens nicht näher bestimmt ist. Kriterien, unter welchen Voraussetzungen Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten von der Mautpflicht ausgenommen werden können, sind im § 5 Abs 2 BStMG nicht enthalten. Eine nähere Regelung wird laut dieser Bestimmung ?anlassbezogen? der Mautordnung vorbehalten. Welche Kriterien für diese in der Mautordnung zu treffenden Regelungen zu beachten sind, und wie das Wort ?anlassbezogen? in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, erscheint nicht gänzlich klar, zumal auch in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1139 dB, XXI GP) zum BStMG dazu keine näheren Ausführungen vorhanden sind. Die Bestimmung des § 5 Abs 2 BStMG erweist sich somit im Hinblick auf Art 18 B-VG nicht unbedenklich.
Gemäß § 1 Abs 2 VStG ist im Verwaltungsstrafverfahren das zur Tatzeit geltende Recht anzuwenden, es sei denn, das Recht zur Zeit der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wäre für einen Beschuldigten günstiger.
Zur Tatzeit 30 04 2004 stand die Mautordnung in der Version 3 in Geltung. Im Teil B (Kraftfahrzeuge mehr als 3,5 Tonnen hzG - fahrleistungsabhängige Maut) Punkt 3.3.2 dieser Mautordnung, der nähere Bestimmungen zu § 5 Abs 2 BStMG enthält, wird festgelegt, dass Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten aufgrund von Notstandsfällen, die von Kraftfahrzeugen durchgeführt werden, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, von der ASFINAG gemäß § 5 Abs 2 BStMG anlassbezogen von der Entrichtung der Maut durch Ergänzung dieser Bestimmung ausgenommen werden kann. Im Weiteren sind in diesem Punkt nähere Bestimmungen zur Vorgangsweise im Verfahren zur Erlangung der Ausnahmegenehmigung enthalten. Ausführungen, unter welchen inhaltlichen Voraussetzungen die Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann, enthält dieser Punkt nicht.
Bei der aufgrund des BStMG erlassenen Mautordnung handelt es sich nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um eine Durchführungsverordnung, die von einem beliehenen Unternehmen (hier: die ASFINAG) zu erlassen ist. Da sich Durchführungsverordnungen auf ein Gesetz zu stützen haben, erscheint die oben wieder gegebene Anordnung als äußerst bedenklich, weil in der Mautordnung lediglich Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten aufgrund von Notstandsfällen ausgenommen werden können, während § 5 Abs 2 BStMG vorsieht, dass Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten oder in Notstandsfällen ausgenommen werden können. Die Mautordnung, Version 3, enthielt somit gegenüber § 5 Abs 2 BStMG eine (wohl nicht zulässige) Einschränkung der Möglichkeit eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auch erwähnt, dass die genannten Bestimmungen auch legistisch missglückt erscheinen, weil nach § 5 BStMG näher bestimmte Fahrzeuge (statt wohl richtig: Fahrten mit bestimmten Fahrzeugen) von der Entrichtung der Maut ausgenommen werden, obwohl gemäß § 4 BStMG Mautschuldner der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer sind, nicht aber das Fahrzeug (wohl auch deshalb, weil ein Fahrzeug nie Träger von Rechten und Pflichten sein kann).
Im Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz stand die Mautordnung Version 7 in Geltung. In dieser Mautordnung waren die von der Ausnahmeregelung betroffenen in § 5 Abs 2 BStMG angeführten Fahrten im Teil B Punkt 3.3.2 ordnungsgemäß wiedergegeben. Nähere inhaltliche Kriterien für die Ausnahmegewährung enthielt aber auch diese Mautordnung nicht, sondern legte ebenfalls wie die Version 3 nur fest, dass zur Erlangung der Ausnahmegenehmigung bestimmte Verfahrensschritte einzuhalten waren.
Trotz dieser grundsätzlichen Bedenken gegen die hier relevanten Bestimmungen des BStMG und der Mautordnung wurde allerdings davon Abstand genommen, eine Beurteilung im Sinne des § 1 Abs 2 VStG vorzunehmen oder diesen Bedenken Rechnung tragenden Anträge an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, weil - wie zu zeigen sein wird - das Verwaltungsstrafverfahren jedenfalls zur Einstellung zu bringen wäre.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland ist sich dessen bewusst, dass die nun im Weiteren gewählte Vorgangsweise nicht vollständig den von der Rechtslehre aufgestellten dogmatischen Prüfungsvoraussetzungen entspricht. Dennoch war die gewählte Vorgangsweise geboten, um zusätzliche Verfahren, die für den Berufungswerber keinen Zugewinn an Rechtsschutz gebracht hätten, hintanzuhalten. Grundsätzlich ist das Verschulden an der Begehung einer Tat immer erst dann zu prüfen, wenn der objektive Tatbestand als gegeben erachtet wird. Trotz der oben angeführten Bedenken wird allerdings nun im Weiteren als Arbeitsprämisse die Erfüllung des objektiven Tatbestands unterstellt.
Geht man nun von der Erfüllung des objektiven Tatbestands der hier fraglichen Übertretung aus, so erlangt das Vorbringen des Berufungswerbers Relevanz, dass seine Rechtsunkenntnis, eine Ausnahmegenehmigung benötigt zu haben, unverschuldet gewesen sei und demnach sein Verschulden an der Übertretung nicht vorliege.
Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Rechtsunkenntnis nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist. Dies bedeutet nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Unkenntnis eines Gesetzes oder eine irrige Auslegung des Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemanden die Verwaltungsvorschriften trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. In der Unterlassung von diesbezüglichen Erkundigungen liegt mindestens fahrlässiges Verhalten (siehe die zahlreichen Judikaturhinweise in Walter / Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band II, 2 Aufl, E166 zu § 5 VStG). Dies gilt auch für nichtösterreichische Staatsbürger und auch dann, wenn diese beabsichtigen in Österreich ein Kraftfahrzeug zu lenken. Es ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Sache eines Fremden, sich schon vor der Einreise nach Österreich auf geeignete Weise über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen. Diese trifft die Verpflichtung, sich über Rechtsvorschriften, die bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten sind, ausreichend zu unterrichten. Das gilt auch für Vorschriften über die Mautpflicht auf bestimmten österreichischen Straßen.
Im vorliegenden Fall versuchte der Berufungswerber, sich über die Homepage www.go-maut.at Kenntnis über die für ihn maßgeblichen Vorschriften des BStMG zu verschaffen. Bei dieser Homepage handelt es sich um Informationsseiten und Zurverfügungstellung eines Internetportals, welche von der Europpass, einem mit der Abwicklung der Mautangelegenheiten von der ASFINAG beauftragten Unternehmens, betrieben wird. Der Berufungswerber benutzte die auf dieser Internetseite vorgesehene Suchmaske und suchte nach dem Begriff ?humanitär?. Dabei erhielt er folgende Auskunft:
?1. Gibt es Fahrzeuge, die von der Bemautung freigestellt sind?
Ja, von der Bemautung freigestellt sind unter anderen:
-
Fahrzeuge mit Blaulicht
-
Heereskraftfahrzeuge
-
Fahrzeuge im humanitären Einsatz?
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland teilt nun die Ansicht des Berufungswerbers nicht, dass es ausreichend wäre, lediglich durch zur Zuhilfenahme einer Suchfunktion im Internet sich Kenntnis über maßgebliche Rechtsvorschriften zu verschaffen. Es wird aber vom UVS Burgenland durchaus anerkannt, dass die Informationsgewinnung durch Nutzung des Internets im täglichen Leben einen immer größer werden Stellenwert einnimmt. Allerdings darf sich ein Rechtssuchender im Hinblick auf in die zahlreichen zum Teil auch nutzlosen und dubiosen Internetseiten enthaltenen Informationen nicht auf jede beliebige Information oder auf jeden beliebigen Informanten verlassen.
Im vorliegenden Fall war allerdings zu berücksichtigen, dass die fragliche Internetseite von einer Stelle betrieben wurde, die mit der Vollziehung des BStMG und der Mautordnung ganz maßgeblich und in hohem Umfang beauftragt worden ist. Wenngleich sowohl die ASFINAG als auch die mit ihr in Zusammenhang und Verbindung stehenden Unternehmen juristische Personen des Privatrechts und keine Behörden sind, so ist doch ersichtlich, dass die ASFINAG, die sich weiterer Unternehmen bediente, im Rahmen der Vollziehung des BStMG als sog. beliehenes Unternehmen anzusehen ist. Es ist daher im vorliegenden Fall die ASFINAG und jene Unternehmen, denen sie sich beim Vollzug des BStMG bedient, einer Behörde, die mit bestimmten Gesetzesvollzugsaufgaben betraut ist, gleich zu halten, zumal die ASFINAG als für die Vollziehung beliehenes Unternehmen die Vollziehung der sonst von einer Behörde im Rahmen des BStMG zu besorgenden behördlichen Aufgaben übernommen hat. Es war weiters zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall die Suche des Berufungswerbers über die Suchfunktion mit einem durchaus plausiblen Schlagwort erfolgreich war, und ihm über die Internetseite die Auskunft gegeben wurde, dass Fahrzeuge im humanitären Einsatz von der Bemautung freigestellt seien. Nähere Auskünfte auf eine dafür erforderliche Antragstellung waren auf dieser Seite nicht enthalten. Dies musste aufgrund der Eintragungen auf dieser Internetseite auch nicht ohne Weiteres vermutet werden, weil in der Aufzählung auch Fahrten mit Fahrzeugen mit Blaulicht und Heereskraftfahrzeugen angeführt waren, die aber gemäß § 5 Abs 1 BStMG bereits von Gesetzes wegen (ohne eine Ausnahmegenehmigung zu benötigen) von der Mautpflicht ausgenommen sind. Dass Fahrzeuge mit Blaulicht und Heereskraftfahrzeuge für die Freistellung von der Maut keine separate Genehmigung benötigen, lag für einen durchschnittlichen mit den rechtlichen Werten verbundenen rechtsuchenden Kraftfahrzeuglenker nahe. Daher lag auch der Schluss nahe, dass auch Fahrzeuge im humanitären Einsatz keiner separ
aten Genehmigung bedürfen würden.
Im Hinblick auf § 5 Abs 2 VStG war nun zu prüfen, ob durch die oben geschilderte Vorgangsweise fahrlässige Unkenntnis der Rechtslage vorlag. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter eine Handlung oder den verpönten Erfolg zwar nicht gewollt, aber auch nicht vermieden hat, obwohl er ihn vermeiden hätte können. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter nur vorgeworfen werden, wenn es ihm unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Der Maßstab für die objektiven Sorgfaltspflicht ist ein objektiv-normativer. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch seines Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Es war also zu beurteilen, ob sich ein (Norm-)Kraftfahrzeug-lenker, der beabsichtigt mautpflichtige Strecken zu benützen, anders als der Berufungswerber verhalten hätte, und dieses Verhalten unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar war.
Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland wäre auch ein durchschnittlicher und sorgfältiger Kraftfahrzeuglenker, der sich über die von einer mit der Vollziehung des BStMG betrauten Stelle eingerichteten Homepage über Ausnahmen von der Mautpflicht vertraut machen möchte, aufgrund der erteilten Informationen wohl davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von der Mautpflicht, ohne eine weitere Ausnahmegenehmigung einholen zu müssen, vorliege, weshalb gerade im hier vorliegenden Fall nach Prüfung aller einzelnen Umstände davon ausgegangen werden musste, dass auch ein durchschnittlicher, dem Verkehrskreis des Berufungswerbers angehörender Mensch keine darüber hinaus gehenden Erkundigungen mehr eingeholt hätte. Hätte nun ein einsichtiger und besonnener Mensch jenes Verkehrskreises, dem der Berufungswerber angehört, an seiner Stelle sich nicht anders als der Berufungswerber verhalten, so war ein solches Verhalten auch dem Berufungswerber nicht als objektiv sorgfaltswidrig vorzuwerfen.
Ist aber davon auszugehen, dass der Berufungswerber einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis erlag, so kam ihm der entsprechende Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs 2 VStG zugute.
Eine Bestrafung des Berufungswerbers hatte somit jedenfalls, auch wenn man die Tatbegehung in objektiver Hinsicht unterstellt, zu unterbleiben. Daher war es auch nicht unzulässig - wenn auch der Dogmatik der Strafrechtslehre nicht einwandfrei entsprechend - wenn ausnahmsweise vor der detaillierten Überprüfung des Vorliegens des objektiven Tatbestands die Überprüfung des Vorhandenseins der subjektiven Tatseite stattfand, zumal für den Berufungswerber wohl allein entscheidend ist, ob er letztlich bestraft wird oder nicht, nicht aber aus welchem Grund die Bestrafung nicht erfolgt.
Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war, war die vorliegende Entscheidung gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.