TE UVS Tirol 2005/08/02 2005/12/1639-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Hermann Riedler über die Berufung von Herrn M. B., W., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B. W., XY-Straße, I., vom 9.6.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.5.2005, Zahl VK-3043-2005, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Tatort durch die Wortfolge ?in Fahrtrichtung Kufstein? ergänzt wird und der letzte Satz ?Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,48 Sekunden festgestellt.? zu entfallen hat.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 22,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.5.2005, Zahl VK-3043-2005, wurde Herrn M. B. folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 23.3.2005 um 11.12 Uhr

Tatort: Gemeinde Terfens, auf der Inntalautobahn A 12, auf Höhe

Strkm 53,473

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,48 Sekunden festgestellt.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 18 Abs 1 StVO verletzt, weshalb über diesen gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 110,00, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, verhängt wurde. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde mit 10 Prozent der Strafe, das sind Euro 11,00, bemessen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom rechtsfreundlich vertretenen M. B. fristgerecht Berufung eingebracht und der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Begründend wurde ausgeführt wie folgt:

 

?Die Anfechtung des Straferkenntnisses erfolgt sowohl wegen materieller als auch formeller Rechtswidrigkeit.

 

Schon in der Stellungnahme des Beschuldigten vom 24.05.2005, auf die im bekämpften Straferkenntnis nicht eingegangen wurde und hier beigeschlossen ist, zeigt der Beschuldigte zutreffend auf, dass jenes Messsystem, das dem Strafvorwurf zugrunde liegt, keine Feststellung der relevanten Zeit-, Abstands- und Geschwindigkeitsdaten in einer für den Beschuldigten nachvollziehbaren Weise zuläßt.

 

Schließlich geht der Beschuldigte davon aus, dass das Meßsystem trotz grundsätzlicher Eichpflicht diesen Erfordernissen nicht entsprach, obwohl die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes für derartige Messungen, die Einsetzung geeichter Meßsysteme erfordert hätte.

 

Nach dem Strafvorwurf sind die Ansatzpunkte der konkreten Messung am Vorder- und Täterfahrzeug weder bekannt noch nachvollziehbar und läßt sich auch nicht rekonstruieren, an welchem Punkt innerhalb des Messintervalls der die Messung vornehmende Beamte die erste bzw die zweite Messung vorgenommen hat.

 

Es ist zu berücksichtigen, dass nach den Lichtbildern eine Reihe von Fahrzeugen die linke Fahrbahnspur der Autobahn einnahmen und in dieser Situation der Abstand zwischen den Fahrzeugen niemals eine Konstante darstellt.

 

Wenn im Strafvorwurf behauptet wird, das Fahrzeug des Beschuldigten auf eine Strecke von ca 500 m beobachtet zu haben, ist darauf zu entgegnen, dass auf eine solche Entfernung das Identifizieren eines einzelnen Fahrzeuges nahezu unmöglich ist; insbesondere dann, wenn es durch andere Fahrzeuge, wie beim gegebenen Sachverhalt, und hier sogar durch einen Lieferwagen, abgedeckt ist.

 

Der Vorwurf eines mangelnden Sicherheitsabstandes auf eine Entfernung von ca 150 m zum Beobachtungszeitpunkt (oberstes Foto der dokumentierten Serie) gründet sich auf eine Abstandsmessung, welche händisch auf einem Videobildschirm mittels Einziehung in ein Raster erfolgt.

 

Gerade das manuelle Einpassen in ein solches Raster führt zwangsläufig zu groben Ungenauigkeiten.

In Beurteilung des zweiten Fotos der Serie läßt sich anhand jenes Schattens, der vom PKW des Beschuldigten geworfen wird, auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand schließen.

So misst der Schatten des PKW des Beschuldigten bei fast senkrecht einfallender Bestrahlung ca 2 mm, während der Abstand zum Schatten des davor fahrenden Lieferwagens ca 12 mm beträgt.

 

Bei einer angenommenen Fahrzeuglänge von ca 5 m läßt sich auf einen 6-fachen Abstand und damit eine Entfernung von ca 30 m zum vorderen Fahrzeug schließen, was einem ausreichenden Sicherheitsabstand entspricht.

In Beurteilung des Verhaltens des Beschuldigten lässt sich wiederum auf dessen Eingabe vom 24.05.2005 verweisen, deren Vorbringen hier wiederum inhaltlich übernommen wird, wonach der Beschuldigte als geschulter Flugzeugpilot über eine überdurchschnittliche Reaktionsfähigkeit verfügt.?

 

Der Stellungnahme des Berufungswerbers vom 24.5.2005 lässt sich Folgendes entnehmen:

?Wie soeben telefonisch besprochen übermittle ich Ihnen in der Beilage folgende Unterlagen:

 

1.

Mitteilung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld

2.

Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe für 5 Kinder

3.

Beschluss des BG Innsbruck über Unterhaltsleistung für ein weiteres Kind

 4. Rezeptgebührenbefreiung

 

Bei der bisherigen Straffreiheit möchte ich noch einmal darauf verweisen, dass das einzige Straferkenntnis aus einer mangelhaften Zustellung resultierte, bei der eine Anzeige für ein altes Fahrzeug, das von mir seit Jahren nicht mehr selbst benützt wird (XY), trotz Nachsendeauftrages an die alte Adresse zugestellt wurde. Ich konnte daher den eigentlichen Fahrzeuglenker nicht bekannt geben. Ansonsten achte ich - gerade wegen der zahlreichen Kinder - besonders penibel auf die Einhaltung der Verkehrsvorschriften.

 

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme nehme ich wie folgt Stellung :

 

1. Auf den übermittelten Fotos ist zu erkennen, dass eine ganze Reihe von Fahrzeugen auf der linken Spur der Autobahn fuhr. Insbesondere befand sich vor dem weißen Lieferwagen, auf den sich die Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes bezog, ein weiteres helles Fahrzeug. Es ist außerdem deutlich zu erkennen, dass die Fahrzeuge auf der rechten Spur mit fast gleicher Geschwindigkeit fuhren, da sich der weiße Lieferwagen zwischen dem ersten und zweiten Foto in einem zeitlichen Abstand von 4 Sekunden noch immer knapp hinter dem dunklen Kombi auf der rechten Spur befand. Dass sich in so einer Situation der Abstand zwischen den Fahrzeugen innerhalb der Kolonne immer wieder ändert, ist nachvollziehbar,

 

2. Die Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Tirol behauptet, mein Fahrzeug auf einer Strecke von ca 500 m beobachtet zu haben. Von einem fixen Beobachtungspunkt (wie in diesem Fall offensichtlich einer Brücke) ist eine solche Entfernung mit freiem Auge kaum überschaubar. Das Identifizieren eines einzelnen Fahrzeuges auf eine Entfernung von 500 m ist unmöglich, insbesondere, wenn mein beobachtetes Fahrzeug - wie angegeben - ständig hinter einem wesentlich größeren Lieferwagen fuhr. Erst aus relativ steilen Winkel von oben - und somit in entsprechend geringer Entfernung - ist das zweite Fahrzeug überhaupt zu erkennen, wenn nicht zufällig ein Teil des Fahrzeuges wegen des Kurvenabschnittes sichtbar ist. Denkbar ist nun die Verwendung von optischen Hilfsgeräten (Teleobjektiv), die eine Vergrößerung liefern. Wie aus dem ersten Videoausschnitt von 11:12:56:22 erkennbar, befand sich die Zoomeinstellung der Kamera jedoch eher im Normalbereich, sodass die einzelnen Fahrzeuge nicht einmal in einer Entfernung von ca 150 m erkennbar sind. Dass ich demnach auf einer Strecke von 500m hinter einem PKW ohne den vorgeschrieben Abstand einzuhalten herfuhr, kann unmöglich so festgestellt worden sein.

 

3. Die mir vorgeworfenen Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes wurde in einer Entfernung von etwa 150m vom Beobachtungspunkt um 11:12:56:22 gemessen (oberstes Foto). In dieser Entfernung sind die beiden betroffenen Fahrzeuge fast nicht auseinander zu halten. Die Abstandsmessung erfolgt meines Wissens nicht vollautomatisch, sondern händisch auf dem Videobildschirm, in dem ein Raster über die Fahrzeuge gelegt wird. Das manuelle Einpassen dieses Rasters führt -- besonders bei einer solchen Entfernung, bei der die Details der Fahrzeuge schlecht erkennbar sind - zwangsläufig zu einer Ungenauigkeit. Ob weitere Messungen gemacht worden sind und welcher Abstand dort gemessen wurde, geht aus den Unterlagen nicht hervor.

 

4. Auf dem zweiten Foto von 11:13:00:22 sind die Autos ausreichend klar voneinander zu unterscheiden. Der Schatten meines PKW der fast senkrecht einfallenden Sonne misst 2mm, während der Abstand zum Schatten des davor fahrenden Lieferwagens 12mm beträgt. Bei meiner Fahrzeuglänge von etwa 5m entspricht dieser 6fache Abstand einer Entfernung von etwa 30m, so dass zumindest an dieser Stelle der Sicherheitsabstand wesentlich mehr als 16m betrug.

 

5. Der gemessene Abstand betrug laut Auswertung 18,7m. Warum davon ein Abzug von 3,6m vorgenommen wird, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Bei 18.7m würde der Abstand in Sekunden jedoch bereits 0,57 sec betragen und liegt damit über der strafbaren Grenze von 0,55 sec.

 

6. Aus den Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos für Tirol geht nicht hervor, welches Messverfahren verwendet wurde, so dass auch nicht festgestellt werden kann, ob das Messverfahren bei diesem Gerät überhaupt geeignet ist, verlässliche Abstandsmessungen durchzuführen. Mangels entsprechender Erläuterung kann auch nicht überprüft werden, ob der oder die die Messung vornehmenden Beamten ausreichend geschult sind und das Messverfahren korrekt angewendet haben.

 

7. Der § 18 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 verlangt beim hintereinander Fahren dass der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Ein fixer Zeitabstand wird ausdrücklich nicht vorgeschrieben. In der Rechtsprechung wird eine Grenze von 0,55 Sekunden genannt (VwgH 2001/03/0297 vom 18.11.2003), die nicht mehr unterschritten werden sollte. Dieser Wert wurde von mir so unwesentlich unterschritten, dass meine jahrelange besondere Ausbildung für verkürzte Reaktionszeiten mit zu berücksichtigen ist (siehe dazu auch Punkt 2 meines Einspruches vom 18.04.05).?

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Sachverhalt:

M. B., geb XY, XY-Gasse, W., lenkte am 23.3.2005 um 11.12 Uhr den Personenkraftwagen, Kennzeichen XY, auf der Inntalautobahn A 12 in der Gemeinde Terfens auf Höhe Strkm 53,473 in Fahrtrichtung Kufstein, wobei er zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand einhielt, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,48 Sekunden festgestellt. Bei einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 119 km/h wurde von ihm zum vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich ein Abstand von 16 m eingehalten, was einem errechneten zeitlichen Abstand zum Vorderfahrzeug von 0,48 Sekunden entspricht. Die Abstandsmessung wurde mit einem geeichten Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät VKS 3.0 in Verbindung mit zwei Videokameras und einem Videorekorder durchgeführt. Der Abstandsmessvorgang erfolgte dergestalt, dass der Zeuge AI W. Ö. das Videoband angesehen und dabei eine Übertretung der Abstandsvorschriften festgestellt hat, dieses wurde dann anhand der Videoaufzeichnung ausgemessen. Die Abstandmessung erfolgte dergestalt, dass zunächst die Vorderachsen der hintereinander fahrenden Fahrzeuge bei einem weit entfernten Punkt ausgemessen wurden. Als Ergebnis ergab sich sodann ein Abstand von 18,7 m, wovon ein Abzug von 3,6 m ? dieser Wert entspricht ungefähr einer Fahrzeuglänge ? erfolgte. Dieser Abzug hatte deshalb zu erfolgen, da ansonsten von der Vorderachse des hinteren Fahrzeuges bis zur Vorderachse des voran fahrenden Fahrzeuges gemessen würde. Als Resultat verblieb ein vorwerfbarer Wert von aufgerundet 16 m. In einer Weg-Zeit-Berechnung wurde eine eingehaltene Geschwindigkeit durch den Berufungswerber von 123 km/h errechnet, eine Toleranz von 4 km/h abgezogen und blieb ein Wert von 119 km/h bestehen. Das für die Geschwindigkeitsmessung maßgebliche Videobild wurde von einer an erhöhter Stelle über der Fahrbahn positionierten Kamera (Brücke) aufgenommen. Dabei stand eine Beobachtungsstrecke von mindestens 500 m zur Verfügung, um den Berufungswe

rber zu erfassen und in weiterer Folge zu beobachten, wie dieser sich hinsichtlich des erforderlichen Sicherheitsabstandes verhält. Das Kraftfahrzeug des Berufungswerbers war auch hinter dem auf den Fotos ersichtlichen Kleinbus für den Meldungsleger einwandfrei erfassbar. Aufgrund des nicht eingehaltenen Sicherheitsabstandes wurde dieses in der Folge auf der Messstrecke von 250 m eingemessen. Die Vornahme eines Fahrstreifenwechsels im Zuge dieser Abstandsmessung fand nicht statt. Da das Fahrzeug des Berufungswerbers und das vor ihm fahrende Fahrzeug über eine längere Strecke beobachtet wurden, war auch auszuschließen, dass das vordere Fahrzeug etwa langsamer geworden wäre.

 

Diese Feststellungen ergeben sich insbesondere aus der Anzeige der Verkehrsabteilung Tirol vom 28.3.2005, Zahl A1/21854/01/2005, der Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos für Verkehrsabteilung, vom 29.4.2005, Zahl A1/21854/1/05-Öf., samt beigeschlossenen Videoausdrucken sowie der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers, AI W. Ö., dem Eichschein für das verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät VKS 3.0 und der technischen Beschreibung dieses Messgerätes.

 

Insbesondere der Zeuge AI W. Ö. hat klar verständlich wieder gegeben, wie die Abstandsmessung seinerzeit vorgenommen wurde. Dabei hat er detailliert und nachvollziehbar beschrieben, wie es zu einer Anzeige kommt und wie die Abstandsmessung technisch funktioniert. Er hat auch nachvollziehbar aufgeklärt, wie es zum Abzug von 3,6 m vom zunächst gemessenen Messwert von 18,7 m gekommen ist und wie sich die Geschwindigkeit von 119 km/h errechnet hat.

 

Für die Behörde hat sich keine Veranlassung ergeben, die Richtigkeit dieser Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Zunächst ist es einem Organ der Straßenaufsicht zuzubilligen, dass es verwaltungsstrafrechtlich relevante Sachverhalte richtig und vollständig wahrzunehmen und wiederzugeben vermag. Es wäre auch unerfindlich, welche Umstände den Meldungsleger veranlasst haben sollten, den Berufungswerber in derart konkreter Weise falsch zu beschuldigen, zumal er im Falle einer bewusst urnichtigen Anzeigenerstattung mit massiven disziplinären und auch strafrechtlichen Folgen rechnen müsste.

 

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Nach § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 726,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Weiters beachtlich sind nachstehende Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

?§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

....

 

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.?

 

Dass der Berufungswerber Lenker des Fahrzeuges war, blieb im durchgeführten Verfahren, vor allem aufgrund der erteilten Auskunft am 22.4.2005, unbestritten. Im Übrigen ergibt sich aus den im erstinstanzlichen Akt erliegenden Fotos aus der Videoauswertung eindeutig, dass der Berufungswerber nicht einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten, dass ihm das jederzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs 1 StVO ist von einem KFZ-Lenker jedenfalls ein Sicherheitsabstand einzuhalten, der etwa der Länge des Reaktionsweges (Sekundenweges) entspricht, das sind in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in Kilometern (VwGH vom 21.9.1984, Zahl 84/02/0198, vom 18.12.1997, Zahl 96/11/0035; ua).

 

Bei der im gegenständlichen Fall eingehaltenen Geschwindigkeit von 119 km/h wäre sohin jedenfalls ein Abstand in Metern von 35,7 (3/10 von 119) einzuhalten gewesen. Festgestelltermaßen hat der Berufungswerber aber nur einen Abstand von 16 m eingehalten. Dass dieser Sicherheitsabstand jedenfalls als zu gering im Sinne des § 18 Abs 1 StVO anzusehen, ändert auch der Umstand nichts, dass der Berufungswerber als ausgebildeter Linienpilot über eine bessere Reaktionsfähigkeit als der durchschnittliche Fahrzeuglenker verfügt.

 

Die relevanten Zeit-, Abstands- und Geschwindigkeitsdaten wurden im durchgeführten Verwaltungsverfahren nachvollziehbar erörtert und stützen sich die Messerergebnisse überdies auf geeichtes Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät VKS 3.0 und auf ein zugelassenes Abstandmessgerät mit geeichter Software.

 

Im Übrigen ist auch bereits aus dem im erstinstanzlichen Akt erliegenden Fotos klar erkennbar, dass der durch die Rechtsprechung geforderte Abstand von 3/10 der eingehaltenen Geschwindigkeit tatsächlich nicht eingehalten wurde.

Nach § 5 Abs 1 Bodenmarkierungsverordnung, BGBl 1995/848 idF BGBl II 2002/370 sind Leitlinien unterbrochene Längsmarkierungen in weißer Farbe. Auf Autobahnen und Autostraßen hat die Breite der Leitlinien mindestens 15 cm, die Länge des Striches 6 m sowie die Länge der Unterbrechung 12 m zu betragen. Aus den im Akt erliegenden mittleren Foto (Zeit 23.3.2005, 11:13:00:22) ist klar erkennbar, dass das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug nicht einmal über die Länge von einem Leitliniestreifen sowie einem Abstand zum nächsten Leitlinienstreifen entfernt war. Demnach ergibt bereits eine rein optische Auswertung, dass nicht einmal ein Abstand von 18 m durch den Berufungswerber zum vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten worden ist. Im Zusammenhang mit der durch ein geeichtes Gerät vorgenommenen Abstandsmessung erweist sich somit eindeutig, dass der Berufungswerber eine Übertretung des § 18 StVO zu vertreten hat. Auf die vom Berufungswerber vorgebrachte Argumentation hinsichtlich unterschiedlicher Schatten seines und des Vorderfahrzeuges war sohin nicht näher einzugehen.

 

Was die innere Tatseite anbelangt, ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der der Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechend Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua).

 

Die Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens ist der Berufungswerber nicht gelungen und hat diese daher die ihr zur Last gelegte Übertretung zumindest fahrlässig zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung:

Der Unrechtsgehalt der betreffenden Übertretung ist durchaus erheblich, als die Vorschriften über den einzuhaltenden Abstand zur Unfallsvermeidung von wesentlicher Bedeutung sind. Wenn ? wie im vorliegenden Fall ? ein derart geringer Abstand eingehalten wird, dass nicht einmal dem Reaktionsweg entsprochen wird, ist ein rechtzeitiges und unfallvermeidendes Anhalten bei einem plötzlichen Abbremsen des vorher fahrenden Fahrzeuges nicht möglich. Gerade auf Autobahnen ist auf Grund der hohen Geschwindigkeiten und damit im Zusammenhang stehend der gravierenden Auswirkungen eines Auffahrunfalls die Einhaltung des ausreichenden Abstandes jedenfalls von Bedeutung.

 

Im Hinblick auf die Strafbemessung ist auszuführen, dass die heranzuziehende Strafnorm einen möglichen Strafrahmen bis zu Euro 726,00 vorsieht. Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungskriterien und unter Berücksichtigung des im konkreten Fall zur Verfügung stehenden Strafrahmens erweist sich die verhängte Geldstrafe selbst unter Zugrundelegung ungünstiger Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers, des angenommenen Verschuldensgrades und unter Berücksichtigung bisheriger Unbescholtenheit als keinesfalls unangemessen hoch, sondern ist diese vielmehr angemessen und geboten, um die Berufungswerber  von weiteren Übertretungen dieser Art abzuhalten. Die Strafe bewegt sich im Bereich von 15 Prozent des zur Verfügung stehenden Strafrahmens und ist sie insbesondere auch aus generalpräventiven Gründen im Interesse eines geordneten Verkehrs auf den Autobahnen und der Unfallsvermeidung notwendig.

 

Der Kostenspruch stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG.

 

Die Berechtigung zur Modifizierung des Spruches hinsichtlich der begangenen Tat hat sich aus § 66 Abs 4 AVG ergeben und war insbesondere auch deshalb vorzunehmen, als § 18 StVO nicht die Einhaltung eines 2-Sekundenabstandes vorschreibt und nach der Rechtsprechung weder ein ziffernmäßig bestimmter Abstand zwischen den Fahrzeugen noch eine bestimmte von den Fahrzeugen eingehaltene Geschwindigkeit zu den Tatbestandsmerkmalen der Übertretung gehört (vgl VwGH vom 4.7.1997, Zahl 97/03/0028).

Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden.

Schlagworte
nicht, einen, solchen, Abstand, eingehalten, dass, ein, rechtzeitiges, Anhalten, möglich, gewesen, wäre, Videoband, Judikatur, des, Verwaltungsgerichtshofes
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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