TE UVS Steiermark 2005/08/04 30.14-60/2004

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn E S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 17.06.2004, GZ: 15.1 3044/2004, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Strafbescheid wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.03.2004, in der Zeit von 15.50 Uhr bis 16.22 Uhr als Lenker des PKW in B, K, gegenüber dem Haus Nr., das Fahrzeug auf der dort befindlichen Einbahn mit zwei Fahrstreifen zum Halten so aufgestellt, dass der Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren gehindert worden sei (Punkt 1.). Weiters habe er das Fahrzeug außerhalb eines Parkplatzes nicht am Rande der Fahrbahn zum Halten aufgestellt, obwohl sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergeben habe. Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften der § 23 Abs 1 StVO (Punkt 1.) und § 23 Abs 2 StVO (Punkt 2.) verhängte die belangte Behörde pro Delikt eine Geldstrafe von ? 70,00 (pro Delikt 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Berufungswerber der Betrag von insgesamt ? 14,00 vorgeschrieben. In der fristgerecht erhobenen Berufung verwies E S - er ist Gendarmeriebeamter in Ruhe - auf seine Einspruchsangaben im erstinstanzlichen Verfahren. Es sei richtig, dass er zu der in der Strafverfügung angeführten Zeit das angeführte KFZ am bezeichneten Ort abgestellt habe. Als er wieder zum Fahrzeug gekommen sei, habe er an der Windschutzscheibe ein BOM vorgefunden. An diesem sei die Rubrik K angekreuzt gewesen, welche besage, dass er das Fahrzeug außerhalb der zum Abstellen eines Fahrzeuges vorgesehenen Bodenmarkierung abgestellt habe. Da es sich beim Tatort um eine Einbahnstraße handle und an der linken Fahrbahnseite keine Bodenmarkierungen zum Abstellen von Fahrzeugen vorhanden seien, habe er sich sogleich in das nahe liegende Wachzimmer begeben, wo er den Beanstander persönlich kontaktieren habe können. Auf seine Rechtfertigung hin, dass sich auf dem Straßenzug keine Bodenmarkierungen für das Abstellen der Fahrzeuge befänden, habe ihm AI P erklärt, dass am gesamten K das Abstellen von Fahrzeugen durch Bodenmarkierungen geregelt sei und dies somit auch an der besagten Stelle seine Gültigkeit habe. Auf seinen Hinweis, dass keine Übertretung für eine Anzeige vorliege, habe ihm der persönlich bekannte Polizeibeamte wörtlich erklärt: Dann werden wir für die Anzeige schon etwas finden. Als er die Strafverfügung von der BH Bruck/Mur erhalten habe, habe er feststellen müssen, dass er nun sogar wegen zwei Übertretungen zur Anzeige gebracht worden sei. Und dies, obwohl beim BOM, das am KFZ hinterlegt worden sei, nur eine Übertretung (Punkt K) angekreuzt gewesen sei. Auch der hinzugekommene Tatbestand entspreche nicht den Tatsachen. Wie aus der im Akt befindlichen, nicht maßstabsgetreuen Skizze und dem von ihm angefertigten Situationsfoto zu entnehmen sei, handle es sich beim Tatort um eine zweispurige Einbahnstraße, die von den links davon liegenden Parkplätzen baulich durch eine Grünfläche und Kettenabsperrung getrennt sei und bei welcher vom links abgestellten KFZ eine Fahrbahnbreite von 6,80 Meter frei bleibe. An der rechten Fahrbahnseite dieser Einbahnstraße sei das Halten und Parken ohnehin nicht möglich, da dort die Zu- und Abfahrt für Parkplätze gegeben sei. Nach seiner Ansicht dürfe er daher laut § 24 Abs 3 lit e StVO 1960 ein KFZ dort zum Parken abstellen. Er habe bei der Stadtgemeinde B als Straßenerhalter bzgl. einer Verordnung nachgefragt, die im dortigen Bereiche das Halten oder Parken verbiete. Eine entsprechende Verordnung bestehe aber nicht. Somit habe sein Verhalten zur damaligen Zeit kein strafbares Verhalten dargestellt. Auch sei durch sein abgestelltes KFZ der Verkehr nicht behindert worden. Ein Vorbeifahren eines anderen Fahrzeuglenkers sei jederzeit ohne Zick-Zack-Fahren möglich gewesen. Der Berufungswerber beantragte einen Lokalaugenschein, um vor Ort die Situation aufklären zu können. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung, die im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung - der maßgebliche Sachverhalt ist zweifelsfrei der Aktenlage und dem vorhandenen Lichtbildmaterial zu entnehmen - ohne mündliche Verhandlung getroffen werden kann, von folgender Sach- und Rechtslage ausgegangen. Die Fahrbahnbreite der zweispurigen Einbahnstraße am K in B beträgt insgesamt 8,4 m. In Fahrtrichtung wird die Fahrbahn auf der rechten Seite auf Höhe des Hauses K Nr. 4 durch eine Kurzparkzone, auf der linken Fahrbahnseite durch eine Grünfläche begrenzt, die mit Randsteinen und einer Absperrung gesichert ist. Der Berufungswerber stellte sein etwa 1,7 m breites Fahrzeug am zweiten Fahrstreifen der Einbahn am linken Fahrbahnrand parallel zur bestehenden Grünfläche ab. Damit blieb erheblich mehr als ein Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei. Durch dieses Abstellen des PKW hat der Berufungswerber keine der beiden ihm vorgehaltenen Vorschriften der StVO übertreten. Dies aus nachstehenden Gründen: Nach § 23 Abs 1 StVO hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, dass kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird. Der Begriff gehindert bedeutet in der Regel das Unmöglichmachen eines Verkehrsvorganges und ist daher als stärker anzunehmen, als der Begriff des Behinderns, welches meist nur die Erschwerung eines Verkehrsvorganges bezeichnet. Das Wort hindern setzt somit eine fahrtechnische oder rechtliche Unmöglichkeit des Vorbei- bzw. Wegfahrens voraus. Keine dieser beiden Voraussetzungen liegt hier vor. Lenker anderer Fahrzeuge konnten am ersten Fahrstreifen der Einbahn ohne weiteres am abgestellten Fahrzeug vorbeifahren (fahrtechnische Möglichkeit). Die beiden Fahrstreifen der Einbahn sind nur durch eine Leitlinie voneinander getrennt (rechtliche Möglichkeit). Das Erzwingen von Fahrstreifenwechseln durch ein Halten kann - im Gegensatz zur erstinstanzlichen Auffassung - nur dann zu einer Übertretung nach § 23 Abs 1 StVO führen, wenn hiebei eine Sperrlinie, eine Sperrfläche, Schutzinsel usw. überfahren werden müsste (rechtliche Unmöglichkeit). Nach § 23 Abs 2 erster Satz StVO ist ein Fahrzeug außerhalb von Parkplätzen, sofern sich aus den Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen. Der Berufungswerber beruft sich zu Recht auf § 24 Abs 3 lit. e StVO, wonach das Parken auf der linken Seite von Einbahnstraßen nur dann verboten ist, wenn nicht - wie hier - mindestens ein Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleibt. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug unmittelbar am linken Fahrbahnrand und parallel dazu abgestellt. Der große Abstand zum rechten Fahrbahnrand von mehreren Metern ist nicht nach § 23 Abs 2 StVO zu bestrafen, da dasselbe Verhalten nicht nach einer Bestimmung (§ 24 Abs 3 lit. e StVO) ausdrücklich erlaubt, und nach einer anderen Bestimmung (§ 23 Abs 2 StVO) ausdrücklich verboten sein kann. Wenn es der Behörde an der uneingeschränkten Flüssigkeit des Verkehrs auf beiden Fahrspuren der Einbahnstraße gelegen ist, muss sie - und auch hier liegt der Berufungswerber im Ergebnis richtig - ein entsprechendes Halte- und Parkverbot auf der linken Fahrbahnseite der Einbahnstraße verordnen. Es war daher der Strafbescheid in beiden Punkten zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

Schlagworte
Einbahnstraße Linksparken Verkehrsbehinderung Fahrstreifenwechsel Fahrstreifen Leitlinie Abstand Spezialität Verkehrsflüssigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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