TE UVS Tirol 2005/08/12 2005/25/0911-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung der Frau A. T., vertreten durch die Rechtsanwälte B. und H. OEG, XY-Platz, K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 16.03.2005, Zl SG-66-2004, nach Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlungen wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin Folgendes zur Last gelegt:

 

?Sie haben zumindest während des Zeitraumes vom 25. Oktober 2003 bis 29. Juni 2004 gemeinsam bzw im Auftrag Ihres Lebensgefährten A. B. in einer Werkstätte beim landwirtschaftlichen Betrieb ?Sonnhof? in R., XY-Weg, über Kundenbestellungen regelmäßig für diverse Begräbnisse Grabgestecke und Kränze angefertigt, wobei das hiefür notwendige Material laufend von Lieferfirmen zugestellt worden war, diese Gebinde zu den Aufbahrungshallen bzw Friedhöfen der Gemeinden R., K. und O. geliefert und für deren Herstellung und Lieferung jeweils ein Entgelt des in G., XY, ansässigen Handelsgewerbetreibenden J. P. erhalten, somit gewerbsmäßig (selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag zu erzielen) agiert, dh das reglementierte Gewerbe des Blumenbinders (Floristen) ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 5 Abs 1 und § 94 Z 24 der Gewerbeordnung 1994?

 

Nach § 366 Abs 1 GewO 1994 wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00, Ersatzarrest von 120 Stunden, verhängt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in welcher Frau T. durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass im Spruch unzulässigerweise ein Alternativschuldvorwurf erhoben worden wäre, da ihr vorgehalten werde, gemeinsam bzw im Auftrag ihres Lebensgefährten diverse Grabgestecke und Kränze angefertigt zu haben. Wenn die Beschuldigte im Auftrag ihres Lebensgefährten gehandelt hätte, wäre sie nicht als unmittelbare Täterin sondern allenfalls als Beitragstäterin anzusehen, was ihr jedoch nicht vorgehalten wurde. Die Annahme, dass das notwendige Material für die Grabgestecke und Kränze laufend von Lieferfirmen zugestellt worden sei, sei verfehlt. Im Beweisverfahren hätten sich keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Das Material für die Herstellung der Kränze und Gestecke stamme vom landwirtschaftlichen Betrieb des Herrn B.; allenfalls zugekaufte Materialien seien wertmäßig jedenfalls unter 25 Prozent. Eine Selbständigkeit der Tätigkeit von Frau T. liege deshalb nicht vor, da sie die Herstellung nicht auf eigene Rechnung und Gefahr tätige. Im Parallelverfahren gegen A. B. sei davon ausgegangen worden, dass er das Entgelt für die Herstellung der Produkte erhalte. Beweisergebnisse dafür, dass die Berufungswerberin die Waren selbst geliefert und das Entgelt selbst erhalten habe, gebe es keine. Im Parallelverfahren gegen A. B. sei gegen diesen der gleiche Vorwurf erhoben worden. Wenn er nun zur gleichen Zeit die gleiche Ware geliefert und hierüber das Entgelt erhalten habe, sei es ausgeschlossen, dass dasselbe auch A. T. gleichzeitig als unmittelbare Täterin getan hat. Es könne ja nicht davon ausgegangen werden, dass J. P. zweimal ein Entgelt für die gleiche Ware entrichtet hat. Für einen gewissen Zeitraum sei bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, zumal das Tatbild erstmals am 29.06.2004 vorgeworfen wurde. Das Verhalten von Frau T. sei durch die Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 2 GewO gedeckt. Hinsichtlich der Abgrenzung der Be- und/oder Verarbeitung zur Urproduktion sei auch auf eine

n Erlass des Bundesministers für Finanzen zum Einkommenssteuerrecht verwiesen. Dort seien genau jene Waren der landwirtschaftlichen Urproduktion zugerechnet, die von der Berufungswerberin verwendet und auf dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb tatsächlich erzeugt wurden. Hinsichtlich der Schuldform fehlten Feststellungen. Auch die Höhe der Geldstrafe sei angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Berufungswerberin rechtswidrig. Es werde die Einvernahme diverser Zeugen und die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt; danach möge das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Beweis wurde aufgenommen in zwei mündlichen Berufungsverhandlungen durch die Einvernahme der Zeugen A. V., K. W., L. D. und J. P. sowie die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol. Daraus ergibt sich zusammengefasst folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

A. T. ist die Lebensgefährtin des Landwirtes A. B., des Bauern des ?XY-Hofes? in R. A. T. war im Tatzeitraum als Küchengehilfin beschäftigt. Diese hat auch einmal bei Frau K. in deren Blumengeschäft in K. gearbeitet. Sie konnte mangels Vorliegen der Voraussetzungen das Gewerbe der Blumenbinderin nicht erlangen. Am Hof des A. B. befand sich eine kleine Werkstätte, in welcher Frau T. Kränze und Gestecke anfertigte. Die Aufträge dafür bekam sie entweder direkt von den Kunden oder von J. P. aus G. J. P. betreibt die Firma U. L. und hat sechs Gewerbeberechtigungen, darunter auch das Handelsgewerbe. J. P. hat nicht das Gewerbe des Blumenbinders. In dem Fall, dass der Auftrag des Kunden an J. P. ergangen ist, hat dieser am ?XY-Hof? bei A. T. bzw A. B. angerufen und den Auftrag erteilt, den entsprechenden Kranz oder das Gesteck herzustellen. Die Zweige für die Kränze bzw Gestecke und das Bindematerial wurden von der Berufungswerberin gestellt. Die Frischblumen bestellte J. P. bei der Firma A. Blumenhandel in S., XY. Bei diesem Unternehmen wurden im Zeitraum vom 13.02.2004 bis 29.06.2004 in unregelmäßigen Abständen Frischblumen zum Bruttopreis von Euro 1.987,00 bezogen. Die Rechnungen wurden auf den Namen ?L.-G.? ausgestellt. Bei der Firma S. Blumenhof, XY-Weg, S., bestellte A. T. auf den Namen der Firma L. Trockenware. Die Rechnung vom 01.06.2004 weist dabei einen Gesamtbetrag von Euro 404,18 und die Rechnung vom 14.06.2004 eine Gesamtsumme von Euro 24,91 auf. Die auf den Namen der Firma L. bestellten Waren wurden direkt zum ?XY-Hof? nach R. geliefert. Die bei der Berufungswerberin befindliche Schleifendruckmaschine, die von dieser verwendet wurde, befindet sich im Eigentum des J. P.; dazu zählt nicht nur die eigentliche Druckmaschine sondern auch die EDV. Die Lieferung der Kränze bzw Gestecke zu den jeweiligen Friedhöfen erfolgte durch A. T. bzw A. B. Die Rechnungserstellung erfolgte dann von der Firma U. L. an die Besteller der Kränze bzw Gestecke. Die Kunden zahlten auf das Firmenkonto der Firma U. L. die entsprechen

den Beträge ein. Die Bezahlung war so vereinbart, dass J. P. 80 Prozent des Nettopreises, der von den Kunden zu bezahlen war, an A. B. weitergeleitet hätte. Auf Grund des Umstandes, dass J. P. bereits seit Ende des Jahres 2003 bekannt war, dass Anzeigen gegen A. B. und A. T. vorliegen, ist es bislang zu keiner Weiterleitung irgendeines Geldes an A. B. oder die Berufungswerberin gekommen. Der Grund dafür war, dass der Ausgang des Verfahrens gegen A. T. und gegen A. B. abgewartet werden sollte. Folglich gibt es diesbezüglich auch keine Buchhaltungsunterlagen bei J. P. Im Zeitraum zwischen 25.10.2003 und 29.06.2004 wurden am ?XY-Hof? auf die beschriebene Weise ca 10 bis 15 Kränze hergestellt. Wenn ein Kunde direkt bei T./B. bestellt hat, so wurde dort vom Kunden ein Lieferschein unterschrieben, der dann von dort an J. P. gefaxt wurde, der dann an den Auftraggeber die Rechnung erstellte. Es konnte nicht festgestellt werden, dass im Zuge des Landwirtschaftsbetriebes ?XY-Hof? in R. ein Gartenbau erfolgte bzw dass dort ein Gewächshaus zur Zucht von Blumen vorhanden war.

Nach § 1 Abs 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteile im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll. Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

 

Der Wortlaut ?Rechnung und Gefahr? ist in seinem Zusammenhalt zu verstehen und umschreibt das Selbständigkeitsmerkmal der Tragung des unternehmerischen Risikos, das immer auch ein Tätigkeit sein des Gewerbetreibenden auf eigene Rechnung miterfasst.

 

Im vorliegenden Verfahren konnte nicht nachgewiesen werden, dass es zu irgendeiner Bezahlung an A. T. seitens des J. P. gekommen ist. Die vereinbarten, jedoch auf Grund der anhängigen Verfahren zurückgehaltenen Zahlungen hätten auch nicht an A. T., sondern an A. B. durchgeführt werden sollen. Sämtliche festgestellten Rechnungslegungen erfolgten auf den Namen der Firma L.-G. des J. P.

 

Die Berufungsbehörde vertritt jedoch die Ansicht, dass das Handelsgewerbe des J. P. nicht ausreichend ist, um Bestellungen für das Blumenbindergewerbe entgegen zu nehmen. Die Berufungswerberin hat nicht die fachlichen Voraussetzungen für das Blumenbindergewerbe. Bei der gewählten Vorgangsweise handelt es sich ganz offenkundig um eine Konstruktion, um den Umstand der fehlenden Gewerbeberechtigung der A. T. zu umgehen, sodass diese über das Dreiecksverhältnis zu J. P. als Blumenbinderin tätig sein kann. Die Einstellung dieses Verwaltungsstrafverfahrens hatte deswegen zu erfolgen, da die Entgeltlichkeit und damit die Gewerbsmäßigkeit nicht bewiesen werden konnte. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass die gewählte Vorgangsweise gesetzeskonform ist. Auch hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass die zugekauften Materialien weit mehr als 25 Prozent betrugen, was Voraussetzung für eine Anwendung des § 2 Abs 1 Z 2 iVm Abs 4 Z 1 GewO 1994 wäre.

Schlagworte
Berufungsbehörde, vertritt, die, Ansicht, das, Handelsgewerbe, nicht, ausreichend, ist, um, Bestellungen, für, das, Blumenbindergewerbe, entgegen zu nehmen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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