Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Frau E H, F, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. N S, H , F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 09.11.2004, GZ.: 15.1 1739/2004, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG eingestellt.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt: Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 09.11.2004 war über Frau E H als gewerberechtliche Geschäftsführerin und somit § 370 GewO 1994 Verantwortliche der Firma H in F, S, wegen Übertretung des § 112 Abs 3 GewO 1994 gemäß § 368 leg cit eine Geldstrafe von ? 80,-- im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden, verhängt worden, da am 25.04.2004 am genannten Standort im Lokal G zwischen 00.15 Uhr und 01.00 Uhr durch das Fenster des Gastgewerbebetriebes Speisen und Getränke in den Bereich des Gehsteiges bzw. Gastgarten vor dem Lokal verabreicht wurden, obwohl die Gastgärten, die sich auf öffentlichen Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, nur in der Zeit von 08.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden dürfen. Dieses Straferkenntnis wird im Wesentlichen damit begründet, die Übertretung sei durch die Anzeige des Gendarmeriepostens F erwiesen, das Gewerbereferat habe im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens darauf hingewiesen, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 05.11.1991, sei die gewerbebehördliche Genehmigung für den verfahrensgegenständlichen Gastgewerbebetrieb erteilt wurden, wobei auch der Gassenverkauf durch das dafür vorgesehene Fenster bewilligt worden ist, ebenfalls ein Stehpult auf öffentlichen Grund neben dem Gehsteig. Weiters enthalte dieser Bescheid auch eine Betriebsbeschreibung eines eigenen, vorhandenen Gastgartens, weshalb für den Straßenverkauf wie für den Gastgarten die in § 112 Abs 3 GewO 1994 festgesetzte Sperrstunde gelte. Gegen dieses Straferkenntnis hat Frau E H durch ihren bevollmächtigten Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, bei der Fläche vor dem Lokal handelte es sich zwar um eine öffentliche Fläche, an welche der Gastgarten angrenze, durch den Verkauf von Speisen und Getränken durch das Verkaufsfenster auf die Straße könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, die Offenhaltezeiten für diesen Anlagenteil wären die gleichen wie jene für den Gastgarten, in einem solchen Fall liege auch nicht eine Verabreichung von Speisen und Getränken auf der Straße, sondern eine solche auf die Straße vor, weshalb die im Betrieb eines Gastgartens betreffenden gesetzlichen Bestimmungen nicht heranzuziehen wären. Eine dazu zusätzlich eingeholte Stellungnahme der zuständigen Gewerbebehörde enthält eine fotographische Darstellung der Situation, aus welcher sich die Beschreibung in der Berufung ergibt, es besteht beim genannten Gastgewerbelokal ein Verkaufsfenster auf die Straße, dieser Bereich auf der Straße, auf jenen hinaus Speisen und Getränke verabreicht werden können, steht in keinem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum um das Gebäudeeck anschließenden Gastgarten, jener Bereich auf der öffentlichen Straße, auf welchen hinaus die Verabreichung von Speisen und Getränken erfolgt, ist somit nicht als Teil eines bestehenden Gastgewerbebetriebes zu bezeichnen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 zweiter Fall VStG auf Grund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war trotz eines diesbezüglichen Antrages aus folgenden Gründen nicht erforderlich: Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, dass ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen. Gemäß § 112 Abs 3 GewO 1994 in der bis 31.12.2005 geltenden Fassung - diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 09.06.2005, G 4/05-6, aufgehoben - dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 08.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Eine Verletzung dieser Bestimmungen bedeutet gemäß § 368 GewO 1994 eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu ? 1.090,-- zu bestrafen ist. Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit einer grammatikalischen Interpretation des § 112 Abs 3 GewO 1994 im Sinne der EB-GR Nov 1992, dass ein Verkauf durch ein Verkaufsfenster auf die Straße nicht jenen Bestimmungen zuzuordnen ist, die den Betrieb des Gastgartens, somit entsprechende zusätzliche Betriebsflächen eines Gastgewerbebetriebes betreffend, regeln, (vgl. auch VwGH 26.06.2002, 99/04/0150). Da die Berufungswerberin somit jene Übertretung, wegen welcher sie bestraft worden ist, nicht begangen hat und eine Abänderung des Bescheidspruches eventuell im Sinne der Nichteinhaltung von nicht ausschließlich den Gastgartenbereich betreffenden Offenhaltensbestimmungen durch die Berufungsbehörde nicht zulässig ist, da es sich hiebei um eine Auswechslung der Tat handelte (vgl. VwGH 15.03.1979, 3055/78), war im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.