Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn J. L., D-96528 Schalkau, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 04.08.2005, Zl VI-322-2005, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe unter Anwendung des § 20 VStG von Euro 300,-- auf Euro 200,-- herabgesetzt wird.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG beträgt dementsprechend der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz Euro 20,--.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber
Folgendes vorgeworfen:
?Tatzeit: 02.04.2005 um 11.02 Uhr
Tatort: Gemeinde Ampass, auf der A12, bei km 71,500
Fahrzeug: Lastkraftwagen, XY
1. Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort ein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges höher war als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.
Anzahl der anhand des Kontrollbildes ermittelten Achsen: 4
Eingestellte Achszahl: 2.?
Dadurch habe er gegen § 20 Abs 2 iVm §§ 6 und 7 Abs 1 BStMG verstoßen und wurde über ihn gemäß § 20 Abs 2 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,-- verhängt.
Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser macht der Berufungswerber vor allem geltend, dass sich die Erstbehörde mit seinen Einwendungen im Einspruch nicht auseinander gesetzt habe. Er habe das Fahrzeug am 26.03.2005 im Schlepp wegen Kupplungsschadens von Italien kommend nach Kufstein-Süd gebracht, wobei das Mautgerät ordentlich eingestellt gewesen sei.
Am 30.03.2005 vormittags habe er das Fahrzeug wieder abgeholt als Komplettzug. Die Kupplungsreparatur hätte mit der Go-Box nichts zu tun gehabt. Er sei davon ausgegangen, dass die Go-Box noch genau so eingestellt sei wie immer und habe er seine Fahrt angetreten. Es sei nie notwendig gewesen, die Go-Box zu überprüfen, da er der einzige Fahrer auf dem Fahrzeug gewesen sei und nie ohne Sattelauflieger gefahren sei. Er sehe hier kein gravierendes oder fahrlässiges Verhalten. Er sehe auch das Strafmaß als viel zu hoch an. Er sei damals bereit gewesen, die Differenz von zwei Achsen auf vier Achsen zu ersetzen.
Weitere Ausführungen betreffen die Zustellung der Schreiben der Post. Er komme alle zwei, drei Wochen aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit nach Hause und finde Schreiben im Briefkasten vor, wobei er ersuche, dies bei der etwaigen Nichteinhaltung von Fristen zu berücksichtigen.
Die gegenständliche Berufung erweist sich als rechtzeitig. Die objektive Tatseite ist im gegenständlichen Fall unstrittig. Strittig ist vielmehr das Verschulden des Berufungswerbers bezüglich des Umstandes, dass am 02.04.2005 die Abbuchung der Lkw-Maut auf der Grundlage von zwei anstelle von vier Achsen erfolgt ist. Unter Punkt 8. der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs sind die Pflichten der Kraftfahrzeuglenker angeführt. Unter 8.2. ist die ordnungsgemäße Bedienung der Go-Box näher erläutert, wobei unter
8.2.2. die Deklarierung und Einstellung der Kategorie (ausgenommen bei Omnibussen sowie bei Wohnmobilen) wie folgt näher erläutert ist:
?Bei der Ausgabe der Go-Box wird eine Basis-Kategorie entsprechend der vorhandenen Achsanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftfahrzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 Mautordnung, Teil B, zu überprüfen.
Sollte ein Anhänger bzw. Sattelanhänger mitgeführt werden, muss der Kraftfahrzeuglenker die Kategorie des Kraftfahrzeuges vorschriftsmäßig umstellen. Durch länger als 2-Sekunden dauerndes Drücken der Bedientaste wird die Kategorie um eine Kategorie angehoben (und beginnt nach der Kategorie 4 wieder bei der Grundkategorie). Nach der Umstellung informiert die jeweilige Leuchtanzeige (Kategorie 2 bis 4) durch Blinken über die aktuell eingestellte Kategorie.?
Unter Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung finden sich näher angeführte Verpflichtungen betreffend die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Go-Box. Demnach hat sich vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes der Nutzer über die Funktionstüchtigkeit der Go-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als 2 Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Blinken sowohl die Leuchtanzeige ?Statusabfrage? als auch die Leuchtanzeige ?Achsenzahl? einmal kurz grün, bedeutet dies, dass die Funktionstüchtigkeit gegen ist. Darüber hinaus finden sich nähere Erläuterungen bei zweimaligem kurzen grün blinken, viermaligen kurzen rot blinken sowie für den Fall, dass die Leuchtanzeigen nicht blinken.
Auch in der von der EUROPPASS Lkw-Mautsystem GmbH für das Go-Mautsystem für Lkw und Bus herausgegebenen Informationsbroschüre ist die Durchführung der Statusabfrage näher erläutert und ist dort etwa auch festgehalten, dass das korrekte Einstellen der Achsen im Verantwortungsbereich des Lenkers und des Zulassungsbesitzers liegt.
Aus der Rechtfertigung des Berufungswerbers ergibt sich, dass er die nach der Mautordnung vorgeschriebene Statusabfrage und Überprüfung der richtigen Einstellung der Kategorie vor Durchführung der gegenständlichen Fahrt nicht vorgenommen hat. Insofern ergibt sich ein Verschulden an der Nichteinhaltung der gegenständlichen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes.
Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.
Die Maut ist nach § 7 Abs 1 BStMG durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.
Im § 19 Abs 2 BStMG ist normiert, dass der Lenker anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 leg cit mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern ist. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.
Gemäß § 20 Abs 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 leg cit geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von Euro 400,00 bis Euro 4.000,00 zu bestrafen. Nach Abs 3 werden Taten gemäß Abs 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.
Auf der Grundlage dieser Bestimmungen hat die Erstbehörde dem Berufungswerber zu Recht eine Übertretung nach § 20 Abs 2 iVm §§ 6 und 7 Abs 1 BStMG vorgeworfen.
In Bezug auf die Strafhöhe ist festzuhalten, dass die Erstbehörde ohnedies bereits unter Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) die vom Gesetzgeber vorgegebene Mindeststrafe von Euro 400,-- unterschritten hat. Die Berufungsbehörde geht zugunsten des Berufungswerbers davon aus, dass bei ihm ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen, dies im Hinblick darauf, dass nach seinen Angaben das Unternehmen seines ehemaligen Dienstgebers in Konkurs gegangen sei, zwischenzeitlich arbeitslos gewesen und er erst nunmehr eine neue Beschäftigung angetreten habe, ohne bisher einen Lohn erhalten zu haben. Auch treffe ihn eine Unterhaltspflicht für seinen Sohn in Höhe von Euro 238,--.
Dazu sei ergänzend ausgeführt, dass eine Überprüfung durch die Berufungsbehörde ergeben hat, dass die Go-Box bis zum 26.03.2005 tatsächlich auf Basis der Kategorie vier Achsen eingestellt war. Dies spricht für die Rechtfertigung des Berufungswerbers, wenngleich ? wie bereits zuvor ausgeführt ? ein (nicht nur geringes) Verschulden von Seiten des Berufungswerbers im Hinblick auf die mangelnde Statusüberprüfung vorliegt.
Vor diesem Hintergrund sah sich die Berufungsbehörde veranlasst, eine weitere Herabsetzung vorzunehmen, sodass die nunmehrige Geldstrafe im Bereich des untersten möglichen Rahmens liegt.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.