Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung des Herrn Dkfm N. S., Leibnitz, vertreten durch die S. und H. Rechtsanwälte-Partnerschaft, XY-Gasse, G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 21.06.2005, Zl NS-3-2004, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.09.2005, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung hinsichtlich Punkt 1. teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe von Euro 500,00 auf Euro 200,00, der Ersatzarrest auf 24 Stunden, herabgesetzt.
Die Verfahrenskosten erster Instanz werden mit Euro 20,00 gemäß § 64 Abs 2 VStG neu bestimmt.
Hinsichtlich Punkt 2. wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG erwachsen hier Berufungskosten in der Höhe von Euro 200,00.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber folgende Übertretungen zur Last gelegt:
?1. Es wird ihnen als § 9-Verantwortlicher der Firma W.- und A. L. GmbH aufgrund der Meldung des Baubezirksamtes Lienz, Fachbereich Straßenbau, vom 08.06.2004 zur Last gelegt, bei Strkm 106,8 der B100, ca 14 m vom Fahrbahnrand entfernt, eine Werbetafel in der Größe von 500 x 250 cm, auf welcher ein Auto der Firma H. mit weiteren Werbeschriften abgebildet war, im Freigelände außerhalb des Ortsgebietes zumindest bis 16.08.2004 widerrechtlich aufgestellt zu haben, obwohl Werbungen und Ankündigungen außerhalb von Ortsgebieten an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten sind und
2. die unter Punkt 1. beschriebene Werbeeinrichtung außerhalb einer geschlossenen Ortschaft im angegebenen Standort aufgestellt zu haben, obwohl die Aufstellung solcher Werbeeinrichtungen außerhalb einer geschlossenen Ortschaft einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedurft hätte.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.
§ 84 Abs 2 iVm § 99 Abs 3 lit j Straßenverkehrsordnung (StVO)
2.
§ 15 Abs 1 iVm § 45 Abs 2 lit b Tiroler Naturschutzgesetz 2005 idF LGBl Nr 26/2005 (TNSchG)?
Wegen dieser Übertretungen wurde zu 1. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00, Ersatzarrest von 100 Stunden, nach § 99 Abs 3 lit j StVO, zu 2. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.000,00, Ersatzarrest von 200 Stunden, nach § 45 Abs 2 lit b TNatSchG verhängt.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wurde ausgeführt, dass für den Tatort die Bezirksverwaltungsbehörde des Sitzes der Werbefirma zuständig wäre, nicht aber die Bezirkshauptmannschaft Lienz. Es sei unzulässig, anhängige Verfahren als Erschwerungsgrund zu werten. Die Relation der beiden Strafen in Bezug auf die unterschiedlichen Strafrahmen wäre nicht gerechtfertigt. Der Einschreiter habe die Werbetafel nicht selbst aufgestellt, dies werde von den Dienstnehmern der Firma L. vorgenommen. Letztere würden immer wieder belehrt.
Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde anberaumt.
Am 13.09.2005 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der rechtsfreundliche Vertreter des Berufungswerbers erschienen ist. Beweis wurde aufgenommen durch die Verlesung des erstinstanzlichen Aktes, weiters galt als verlesen das Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10.03.2005, Zl 2005/16/0253-2, weiters galt als verlesen die Verhandlungsschrift vom 08.03.2005, Zl 2005/16/0253-2 sowie die im Zuge dieser Verhandlung gelegte Urkunde nach § 9 VStG betreffend Dkfm N. S.
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ergibt sich, dass der von der Erstbehörde unter Punkt 1. und unter Punkt 2. angewiesene Sachverhalt als erwiesen fest steht. Dass das Werbeplakat am 13.12.2002 angebracht, ergibt sich insbesondere anhand des Schreibens des Baubezirksamtes Lienz vom 18.12.2002 samt der in Ablichtung beigefügten Lichtbilder iVm mit der naturkundlichen Stellungnahme des DI J. T., in welcher angeführt ist, dass sich die gegenständliche Werbeeinrichtung auf Höhe von km 106,185 in Fahrtrichtung Lienz rechtsseitig der B100, Drautalstraße, auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche, außerhalb einer geschlossenen Ortschaft befindet. Im Sinne des Tatbildes der StVO ist davon auszugehen, dass die Tafel (Ortsende) vor dem Tatort gelegen ist. Dies ergibt sich auch aus der Einsichtnahme in den TIRIS-Ausdruck im erstinstanzlichen Akt, in dem der informierte Vertreter des Baubezirksamtes die Ortstafel eingetragen hat. Aus diesem Ausdruck und aus dem Foto ergibt sich zusammen mit den Ausführungen der Naturschutzbehörde vom 30.8.2004,Zl U-13.751/2, dass die Werbetafel außerhalb einer geschlossenen Ortschaft im Sinn des Tiroler Naturschutzgesetzes aufgestellt wurde.
Aus dem Akt 2005/167/0253 ergibt sich, dass Dkfm S. der verantwortliche Beauftragte hinsichtlich der Aufstellung von Werbetafeln durch die Firma L. A. GesmbH ist und zwar seit 03.07.2000. Aus den übermittelten Vorstrafenausdrucken ist ersichtlich, dass hinsichtlich Dkfm S. jedenfalls zwei Vormerkungen nach § 84 Abs 2 StVO vorliegen und zumindest eine Vormerkung nach § 4 Abs 1 Steiermärkische Naturschutzgesetz.
Die Ansicht des Berufungswerbers, die Bezirkshauptmannschaft Lienz wäre im Sinn des § 27 VStG unzuständig, wird nicht geteilt. Bei der Aufstellung einer Werbeeinrichtung entgegen § 84 Abs 2 StVO und auch entgegen § 15 Abs 1 iVm § 43 Abs 2a TNatSchG 1997 handelt es sich um ein Begehungsdelikt, durch das der Tatort am Aufstellungsort begründet wird. Die vom Berufungswerber ins Treffen geführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich hingegen auf das Arbeitnehmerschutzgesetz und auf gewisse Unterlassungsdelikte nach dem Lebensmittelrecht. Ebenso ist die Übertretung nach § 15 Abs 1 TNatSchG ein Begehungsdelikt, da es sich hier um die Aufstellung einer unerlaubten Werbeeinrichtung handelt. An sich spricht schon der Wortlaut der Bestimmungen gegen die ?Firmensitztheorie? bezüglich des Tatortes. Abgesehen davon würde dem Zweck des Gesetzgebers, einen effektiven Schutz gegen die unerlaubte Aufstellung von Werbeeinrichtungen zu ermöglichen, zuwider gehandelt, da bei Zugrundelegung der ?Firmensitztheorie? sämtliche ausländische Firmen, die Werbeeinrichtungen ohne Bewilligungen aufstellen, straflos blieben. Dies wäre zweifellos nicht im Sinn des Gesetzgebers der StVO und des TNatSchG.
Angesichts der Vormerkungen und des jetzigen Strafverfahrens kann nicht von einem lückenlosen Kontrollsystem bezüglich der Anweisungen für die Anbringung von Werbeeinrichtungen ausgegangen werden. Ansonsten dürfte es nicht zu Anzeigen nach der StVO und dem TNatSchG bzw dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz kommen. Als Verschuldensgrad ist daher Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist nicht unerheblich, da durch die Bestimmung der StVO zum einen eine Ablenkung der Lenker, durch die Bestimmung des TNatSchG eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verhindert werden soll. Als mildernd ist nichts zu werten. Als erschwerend sind die erwähnten Vormerkungen zu werten. Angesichts des geringeren Strafrahmens nach der StVO erscheint die nunmehr gewählte Geldstrafe im Sinn des § 19 VStG angemessen. Es wird davon ausgegangen, dass die Einkommensverhältnisse des Dkfm S. für diese Geldstrafe jedenfalls ausreichen.
Hinsichtlich der Übertretung des Naturschutzgesetzes wurde der Strafrahmen mit 10 Prozent ausgeschöpft. Diese Geldstrafe ist angemessen. Auch hier wird davon ausgegangen, dass ausreichende Einkommensverhältnisse vorliegen.