Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung des Herrn J. U., XY, K., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B. H., XY-Straße, I., vom 27.10.2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 10.10.2003, Zl VK-12624-2003, betreffend Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Spruchpunkte 1., 2. und 3. (Einsatz des Lenkers über die zulässige Tageslenkzeit hinaus) zu einem fortgesetzten Delikt zusammengefasst werden, wofür gemäß § 28 Abs 1a Z 4 AZG eine Geldstrafe von Euro 1.200,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wird, die Spruchpunkte 4., 5. und 6. (Nichtgewährung der vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechung) zu einem fortgesetzten Delikt zusammengefasst werden, wofür gemäß § 28 Abs 1a Z 6 AZG eine Geldstrafe von Euro 450,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 108 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wird und die Spruchpunkte 7., 8. und 9. (Nichtgewährung der vorgeschriebenen ununterbrochenen Ruhezeit) zu einem fortgesetzten Delikt zusammengefasst werden, wofür gemäß § 28 Abs 1a Z 2 AZG eine Geldstrafe von Euro 1.200,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wird.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 285,00 neu festgesetzt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt und er dafür bestraft:
?Sie haben in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftführer und somit als nach außen hin zur Vertretung befugtes Organ gemäß § 9 VStG der U. GmbH, mit Sitz in K., XY, nicht ausreichend dafür Vorsorge getroffen, dass die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), BGBl Nr 461/1969 idgF eingehalten wurden. Bei einer am 20.02.03 um 14.00 Uhr durch das Landesgendarmeriekommando für Tirol auf der A13 bei km 36,500 im Gemeindegebiet von Gries am Brenner in Fahrtrichtung Norden durchgeführten Kontrolle wurde festgestellt, dass der Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit den Kennzeichen XY (A)/XY (A), das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, Herr A. B. (Arbeitnehmer im Güterbeförderungsbetrieb obgenannter GmbH), im internationalen (innergemeinschaftlichen) Straßenverkehr zu folgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten herangezogen wurde:
1) Am 14.02.03 von 11.29 Uhr bis 15.02.03, 18.10 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 17 Stunden und 4 Minuten.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 6 Abs 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf.)
2) Am 16.02.03 von 18.27 Uhr bis 18.02.03, 13.18 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 19 Stunden und 58 Minuten.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 6 Abs 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf.)
3) Am 19.02.03 in der Zeit von 09.41 Uhr bis 20.02.03, 13.45 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 16 Stunden und 8 Minuten.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 6 Abs 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf.)
4) Am 15.02.03 in der Zeit von 09.41 Uhr bis 15.02.03, 16.12 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht erfüllt. Die Gesamtdauer betrug 0:17 Stunden. Das ist eine Verkürzung von 0:28 Stunden.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 7 Abs 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)
5) Am 17.02.03 in der Zeit von 15.12 Uhr bis 18.02.03, 00.42 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht erfüllt. Die Gesamtdauer betrug 0:19 Stunden. Das ist eine Verkürzung von 0:26 Stunden.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 7 Abs 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)
6) Am 19.02.03 in der Zeit von 15:07 Uhr bis 19.02.03, 21:29 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht erfüllt. Die Gesamtdauer betrug 0:28 Stunden. Das ist eine Verkürzung von 0:17 Stunden.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 7 Abs 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)
7) Am 14.02.03 in der Zeit von 11.29 Uhr bis 15.02.2003, 18.10 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 5 Stunden 12 Minuten.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden einen ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)
8) Am 16.02.03 in der Zeit von 18.27 Uhr bis 18.02.2003, 13.18 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 6 Stunden.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden einen ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)
9) Am 19.02.03 in der Zeit von 09.41 Uhr bis 20.02.2003, 13.45 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 2 Stunden und 42 Minuten.
(Dies stellt eine Übertretung des Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden einen ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)
Dadurch haben Sie folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
zu 1), 2) und 3) § 28 Abs 1a Z 4 Arbeitszeitgesetz iVm Art 6 Abs 1
EG-VO
zu 4), 5) und 6) § 28 Abs 1a Z 6 Arbeitszeitgesetz iVm Art 7 Abs 1 und 2 EG-VO 820/1985
zu 7), 8) und 9) § 28 Abs 1a Z 2 Arbeitszeitgesetz iVm Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/1985
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro, falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von, Freiheitsstrafe von, Gemäß
zu 1) Euro 500,00, 120 Stunden, § 28 Abs 1a Z 4 AZG
zu 2) Euro 500,00, 120 Stunden, § 28 Abs 1a Z 4 AZG
zu 3) Euro 500,00, 120 Stunden, § 28 Abs 1a Z 4 AZG
zu 4) Euro 150,00, 36 Stunden, § 28 Abs 1a Z 6 AZG
zu 5) Euro 150,00, 36 Stunden, § 28 Abs 1a Z 6 AZG
zu 6) Euro 150,00, 36 Stunden, § 28 Abs 1a Z 6 AZG
zu 7) Euro 400,00, 96 Stunden, § 28 Abs 1a Z 2 AZG
zu 8) Euro 400,00, 96 Stunden, § 28 Abs 1a Z 2 AZG
zu 9) Euro 600,00, 144 Stunden, § 28 Abs 1a Z 2 AZG
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
zu 1) Euro 50,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 2) Euro 50,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 3) Euro 50,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 4) Euro 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 5) Euro 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 6) Euro 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 7) Euro 40,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 8) Euro 40,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
zu 9) Euro 60,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,00 angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
Euro 3.685,00?
Gegen dieses Straferkenntnis hat Herr U. durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht und zulässig Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass anzunehmen ist, dass die angeblichen Überschreitungen mittels ADAS festgestellt worden sind. Dabei handle es sich um ein automationsunterstütztes Datenauswertungssystem und nicht um eine gutachterliche Auswertung. Es sei bekannt, dass die automatisierte Auswertung immer wieder zu falschen Ergebnissen führe. Deshalb werde deren Richtigkeit bestritten und eine gutachterliche Auswertung beantragt. Dies sei umso mehr notwendig, als die Übertretungen ? falls sie begangen worden sein sollten ? nur in geringem Ausmaß angezeigt worden seien. Im Betrieb des Beschuldigten gebe es ein umfangreiches Schulungs- und Kontrollsystem mit entsprechenden Sanktionen. Auch der Fahrer A. B. habe dieses Schulungsprogramm durchlaufen und die entsprechenden Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorschriften gekannt. Schulungen fänden laufend statt. Der Beschuldigte sei seinen gesetzlichen Pflichten dadurch nachgekommen, dass er sämtliche Fahrer schule, kontrolliere und betriebsintern laufend fortbilde. Die Kontrolle erfolge auf die Weise, dass die Fahrer nach Möglichkeit vor Beginn des Wochenendes die Schaublätter an der Geschäftsstelle abzugeben haben. Dort erfolge dann die Prüfung durch einen dafür ausgebildeten Mitarbeiter. Bei Verstößen gegen die einschlägigen Vorschriften gebe es ein Sanktionssystem:
Ermahnung beim ersten Vergehen
Entzug des eigenen Fahrzeuges beim zweiten Vergehen reduzierter Einsatz im Wechselbetrieb bei weiterem Vergehen und Kündigung bzw Entlassung bei weiterem Vergehen.
Wenn ein Fahrer mehr als sechs Monate unbeanstandet blieb, beginnt der Sanktionenkatalog wiederum mit Ermahnung. Somit könne vom Vorliegen eines effizienten Kontrollsystemes gesprochen werden. Die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethode des Beschuldigten sei so gestaltet, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften geben. Die Aufträge würden so disponiert, dass der Fahrer bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und gehöriger Disziplin gegenüber dem Arbeitgeber keine Übertretung der Lenk- und Ruhezeiten begehen müsse, um die Fahrten ordnungsgemäß zu erledigen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass Herr B. aus geringfügiger Nachlässigkeit die Ruhezeitbestimmungen nicht eingehalten haben dürfte, welche wiederum auf seine Unbesonnenheit zurückzuführen sein dürfte. Der Beschuldigte führe eine ausführliche und vollständige Dispo-Liste, aus der zweifelsfrei hervor gehe, dass Herr B. von Seiten des Arbeitgebers keinesfalls veranlasst wurde, die vorgeschriebenen Ruhe- und Lenkzeiten zu missachten. Überdies werde mangelhafte Bescheidbegründung gerügt und Mangelhaftigkeit der Strafbemessung. Dabei hätte die Behörde auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten eingehen müssen und den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entsprechend würdigen müssen. Es werde deshalb Bescheidbehebung und Einstellung des Verfahrens beantragt, in eventu Herabsetzung der Strafhöhen auf die Mindeststrafen.
Diese Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 09.12.2003, Zahl uvs-2003/25/146-3, als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob Herr U. Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. In der Beschwerde wird behauptet, dass die Behörde mit der Verhängung der gegenständlichen Strafen nebeneinander der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche. Dieser habe in seinem Erkenntnis vom 29.04.2002, Zl 2000/03/0103, ausgesprochen, dass bei in engem zeitlichen Konnex stehenden und ineinander greifenden Transporten ein einheitlicher Gesamtplan zu Grunde liege. Dies rechtfertige die Annahme eines ?Gesamtkonzeptes? im Sinn eines jeweils fortgesetzten Deliktes. Folglich sei die Kumulation mehrerer Strafen im Sinn des § 22 VStG unzulässig. Sämtliche Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz seien auf einer Tour innerhalb von 6 Tagen erfolgt. Aufgrund der vorliegenden Tachografenschaublätter hätte die Behörde erkennen müssen, dass es sich bei der Tour um ein Gesamtkonzept im Sinn eines fortgesetzten Deliktes handelt. Ausgehend davon hätten die Tatbestände der Nichteinhaltung der Tageslenkzeit (Punkte 1., 2. und 3.), der Nichteinhaltung der Lenkzeitunterbrechung (Punkte 4., 5. und 6.) sowie die Nichteinhaltung der Tageslenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten (Punkte 7., 8. und 9.) nicht für jeden Tag gesondert gestraft werden dürfen. Folglich sei der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Die Bestimmungen des § 28 Abs 1a Z 4 AZG in Verbindung mit Art 6 Abs 1 EG-VO 3820/1985 sowie jene nach § 28 Abs 1a Z 2 AZG in Verbindung mit Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/1985 zielten beide darauf ab, die Verkehrsfähigkeit des Lenkers zu erhalten und dadurch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Lenkers selbst, zu gewährleisten. Beide Bestimmungen bezögen sich somit auf dasselbe Rechtsgut, nämlich die Sicherheit im Straßenverkehr. Da nach § 22 VStG das Kumulationsprinzip gelte und eine Ausnahme davon nur in den Fällen der unechten bzw scheinbaren Idealkonkurrenz bestehe, wäre im Gegenstandsfall Konsumtion vorgelegen. Dies sei deshalb der Fall, da der Unwert eines Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Deli kt mit erfasst werde, wie dies insbesondere im Fall der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist, und die Verwirklichung des einen Tatbestandes zwingend die Verwirklichung des anderen nach sich ziehe. Der Einsatz des Lenkers am 14./15.02.2003 um 7 Stunden und 4 Minuten über die zulässige Tageslenkzeit hinaus habe zwingend auch eine Nichtgewährung der täglichen Ruhezeit in diesem Zeitraum mit sich ziehen müssen. Es sei faktisch nicht möglich, die Tageslenkzeit im angeführten Ausmaß zu überschreiten ohne zugleich auch die Ruhezeit zu unterschreiten. Dasselbe gelte für den Einsatz vom 16. bis 18.02.2003. Die Kumulation im Sinn des § 22 VStG sei deshalb nicht zulässig gewesen und habe gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.06.2005, Zahl 2004/11/0028, wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und der Bund verpflichtet, dem Beschwerdeführer die Aufwendungen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu im Wesentlichen erwogen, dass das fortgesetzte Delikt dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Reihe von Einzelhandlungen des Beschuldigten, die zufolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände, des engen zeitlichen Zusammenhanges und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Beschuldigten (hier:
Unterlassung einer wirksamen Kontrolle des Lenkers im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften) zu einer Einheit zusammentreten, eine einzige strafbare Handlung bilden (vgl zB VwGH vom 30.03.1982, Zl 81/11/0087, und vom 18.12.1997, Zl 97/11/0003). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen dann, wenn Rechtsvorschriften, die dem Schutz von Arbeitnehmern dienen, in Ansehung mehrerer Arbeitnehmer verletzt werden, mehrere Übertretungen vor. Liegen zwischen Tathandlungen gleicher Art in Ansehung desselben Arbeitnehmers nicht mehr als zwei Wochen (enger zeitlicher Zusammenhang), so kann jedenfalls von einem fortgesetzten Delikt ausgegangen werden. Zu einem fortgesetzten Delikt können nur einzelne Verstöße gegen eine bestimmte Rechtsvorschrift unter den oben genannten Voraussetzungen zusammengefasst werden, nicht aber auch Verstöße gegen verschiedene Vorschriften (vgl VwGH vom 24.02.1998, Zl 97/11/0188). Die zitierte Judikatur, die zu Übertretungen der im AZG geregelten Arbeitszeitvorschriften ergangen ist, kann auf die hier in Rede stehenden Übertretungen der EG-VO 3820/85 übertragen werden. Vor dem Hintergrund der dargelegten Judikatur hätte die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (Zl VK-12624-2003) in den Punkten 1., 2. und 3. (Einsatz des Lenkers über die zulässige Tageslenkzeit hinaus), in den P
unkten 4., 5. und 6. (Nichtgewährung der vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechung) sowie in den Punkten 7., 8. und 9. (Nichtgewährung der vorgeschriebenen ununterbrochenen Ruhezeit) zur Last gelegten ? jeweils in engem zeitlichen Zusammenhang stehenden ? Übertretungen zu je einem fortgesetzten Delikt zusammenfassen müssen. Die belangte Behörde hätte daher bei rechtmäßiger Anwendung des § 22 Abs 1 VStG nur drei (und nicht neun) Strafen über den Beschwerdeführer verhängen dürfen. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Da die belangte Behörde an den Spruch des Verwaltungsgerichtshofes gebunden ist, war der Berufung insofern Folge zu geben, als die Übertretungen gegen dieselben Vorschriften zu einem fortgesetzten Delikt zusammenzufassen waren.
Bei der Bemessung der Höhe der nunmehr drei Strafen war davon auszugehen, dass die Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung wesentlich größer ist im Vergleich zu einer einzelnen Bestrafung jeder Übertretung, weil dieselbe Übertretung mehrmals begangen wurde bzw sich über einen längeren Zeitraum erstreckt hat. Im Jahre 2003 sind gegen J. U. beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol 8 Berufungsverfahren wegen Verwaltungsübertretungen anhängig gewesen und die mit Bescheid abgeschlossen wurden. 5 davon haben Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz betroffen und zwar das Verfahren uvs-2003/22/004 (Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Zahl VK-2791-2001, Vorfall vom 03.08.2001), uvs-2003/22/005 (Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Zahl VK-3434-2001, Vorfall vom 11.09.2001), uvs-2003/22/006 (Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Zahl VK-3358-2002, Vorfall vom 02.12.2001), uvs-2003/25/146 (Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Zahl VK-12624-2003, Vorfälle vom 14.02.2003 bis 19.02.2003) sowie uvs-2003/26/150 (Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Zahl VK-13705-2003, Vorfall vom 17.06.2003 - die Schuldsprüche wurden bestätigt). In Anbetracht dieser Umstände erscheinen die Höhen der nunmehr ausgesprochenen drei Strafen angemessen.