Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1994 §367 Z25;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Peter Kunz, Dr. Georg Schima, Dr. Eberhard Wallentin und Dr. Thomas Wallentin, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Mai 2001, Zl. UVS- 04/G/35/7840/2000/6, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die Strafe und den Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, drei näher bezeichnete Auflagen eines Betriebsanlagenbescheides nicht eingehalten zu haben und hiedurch § 367 Z. 25 GewO 1994 i.V.m. den zitierten Auflagen des Betriebsanlagenbescheides verletzt zu haben. Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen in der Höhe von 1.) S 20.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage), 2.) S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) und 3.) S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) verhängt.
In der Begründung heißt es hinsichtlich der Strafbemessung im Wesentlichen, die Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlage, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollten. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten sei daher im gegenständlichen Fall selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen keinesfalls als gering anzusehen, zumal die gegenständliche Türe im Brandfall auf Grund ihrer Fixierung in Offenstellung mittels Kartonagen nicht selbsttätig geschlossen hätte, sodass die Bildung von Brandabschnitten nicht gewährleistet und dadurch eine flächenmäßige Ausbreitung eines Brandes begünstigt gewesen wäre, und im Brandfall auch die Flucht der Kunden infolge des auf ca. 0,6 m eingeengten Fluchtganges sowie der auf ca. 1,2 m eingeengten Bereiche des Hauptverkehrsweges nicht gewährleistet und das Leben oder die Gesundheit dieser Personen gefährdet gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf gesetzeskonforme Ermessungsausübung gemäß § 19 VStG verletzt".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Dem gemäß obliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, in die Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1980, Slg. Nr. 10.077/A).
In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, die Fixierung der Türe in Offenstellung sowie "die noch dazu minimale Einengung des Verkehrsraumbereiches" bewirkten zwar durchaus eine Gefährdung von Kunden im Notfall. Diese minimale Gefährdung rechtfertige jedoch keinesfalls die verhängten Geldstrafen. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht, dass gerade weil die Türen mit einem der ÖNORM B 3850 entsprechenden Selbstschließer ausgestattet seien diese, wenn kurzfristig Waren benötigt würden, während des Transportes der unverzüglich benötigten Waren vom Lagerraum in den Verkaufsraum offen gehalten werden müssten, um so einen raschen Durchgang zu gewährleisten. Auch habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er habe sämtliche Mitarbeiter der gegenständlichen Filiale ausdrücklich darüber instruiert, dass die im rechtskräftigen Bescheid angeführten brandhemmenden Türen zur Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden nur ausnahmsweise und allenfalls kurzfristig zwecks Durchführung unbedingt erforderlicher Arbeiten - und zwar ausschließlich während An- und Ablieferungsvorgängen - unter Beaufsichtigung offen gehalten werden dürften. Die regelmäßigen Überprüfungen des Beschwerdeführers, ob seine ausdrücklichen Anweisungen auch eingehalten würden, hätten keinerlei Beanstandungen ergeben. Er habe Beweise angeboten und zwar seine Einvernahme als Beschuldigter sowie einen Lokalaugenschein.
Entscheidend für die Beurteilung des Unrechtsgehaltes der Tat im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG ist (neben den "sonstigen nachteiligen Folgen") nicht die (abstrakte) Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsgutes (diese findet ihren Ausdruck bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens), sondern das Ausmaß, in dem diese Rechtsgut durch die in Rede stehende Tat konkret beeinträchtigt wurde. Die im § 19 Abs. 1 VStG geforderte Beurteilung erfordert daher entsprechende konkrete Sachverhaltsfeststellungen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0102).
Die belangte Behörde hat es nun unterlassen, diese konkreten Sachverhaltsfeststellungen, bezogen auf das Vorbringen des Beschwerdeführers über das nur kurzfristige Offenhalten (ausschließlich während An- und Ablieferungsvorgängen) sowie die bloß "minimale Einengung des Verkehrsraumbereiches", zu treffen.
Derart bedarf der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung und sind Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Infolge dessen ist - auf dem Boden des Beschwerdepunktes - der angefochtene Bescheid hinsichtlich seines Ausspruches über die Strafe und den Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Es wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben hat.
Wien, am 24. Oktober 2001
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001040137.X00Im RIS seit
12.12.2001