Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Berufung des Herrn Wieslaw K gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat M, vom 4.1.2005, Zl. S 52201/MG/04, betreffend eine Übertretung des § 52 Z 15 StVO, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung durch Bescheidverkündung am 18.10.2005 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der letzte Halbsatz in der Tatumschreibung im Spruch richtig lautet: ?weil die Fahrt linksabbiegend fortgesetzt wurde". Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 9,80 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, auferlegt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 23.1.2004 um 18.00 Uhr in Wien, P-straße, linksabbiegend in die W-gasse, Richtung F-straße, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen W-16 das vor der Kreuzung sichtbar aufgestellte Gebotszeichen ?Vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus" nicht beachtet, wie die Fahrt linkseinbiegend fortgesetzt wurde. Dadurch habe der Berufungswerber die Rechtsvorschrift des § 52 Z 15 StVO verletzt, weswegen über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von 49,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe von 25 Stunden verhängt und dem Berufungswerber ein Verfahrenskostenbeitrag von 4,90 Euro vorgeschrieben wurde.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird der auf den Angaben des Straßenaufsichtsorgans R basierende Sachverhalt nicht bestritten, sondern bloß die rechtliche Beurteilung
durch die Behörde bekämpft. Nach der Rechtsauffassung des Berufungswerbers gilt das an der Tatörtlichkeit mit Gebotszeichen gemäß § 52 Z 15 StVO kundgemachte Geradeausfahrgebot nur für den rechten Fahrstreifen, nicht jedoch für den als Busspur eingerichteten und gekennzeichneten linken Fahrstreifen, den er als Taxilenker zur Tatzeit berechtigterweise benutzt habe. Aufgrund dieses Vorbringens hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 18.3.2005 die Tatörtlichkeit besichtigt und Fotos davon angefertigt. Diese Fotos zeigen, dass in Übereinstimmung mit der Aktenlage an der Tatörtlichkeit deutlich sichtbar das Gebotszeichen ?vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus" mit der Zusatztafel ?ausgenommen Linienbusse u. Straßendienstfzge" angebracht ist. Cirka 30 Meter vor diesem Gebotszeichen wird mit Hinweiszeichen gemäß § 53 Z 25 StVO (?Fahrstreifen nur für Omnibusse") angezeigt, dass der linke Fahrstreifen in der P-straße in Fahrtrichtung stadteinwärts Fahrzeugen des Kraftfahrlinienverkehrs, Taxi- und Krankentransportfahrzeugen und bei Arbeitsfahrten auch Fahrzeugen des Straßendienstes und der Müllabafuhr vorbehalten ist.
Zur Erörterung dieser Beweisergebnisse wurde am 18.10.2005 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, welcher der Berufungswerber trotz fristgerecht und ordnungsgemäß zugestellter Ladung ? zunächst ohne Angabe von Gründen ? ferngeblieben ist. Die Durchführung der Verhandlung sowie die Verkündung des Berufungsbescheides erfolgten somit gemäß § 51f Abs 2 VStG in Abwesenheit des Berufungswerbers.
Erst am 20.10.2005, also zwei Tage nach Verkündung des Berufungsbescheides langte per Telefax ein Schreiben des Berufungswerbers ein, in welchem er sich für sein unentschuldigtes Fernbleiben von der Verhandlung entschuldigt und familiäre Probleme in Polen als Grund für seine Säumnis ins Treffen führt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Sachverhaltsfeststellungen:
Es ist im gesamten Verfahren unbestritten geblieben und wird daher als erwiesen festgestellt, dass der Berufungswerber am 23.1.2004 um 18.00 Uhr in Wien, P-straße, als Lenker des Taxifahrzeuges mit dem Kennzeichen W-16 auf dem linken Fahrstreifen (Busspur) unterwegs war und nach links in die W-gasse abgebogen ist, obwohl an dieser Örtlichkeit ein Gebotszeichen gemäß § 52 Z 15 StVO samt Zusatztafel (Geradeausfahrgebot ausgenommen Linienbusse und Straßendienstfahrzeuge) aufgestellt war. Dass dieses Gebotszeichen von den Lenkern herannahender Fahrzeuge nicht leicht und rechtzeitig erkannt werden könnte, wurde im gesamten Verfahren nicht vorgebracht und war auch aufgrund der Ergebnisse des Lokalaugenscheins nicht anzunehmen.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 52 Z 15 StVO zeigt das blaue runde Zeichen mit weißem Pfeil an, dass Lenker von Fahrzeugen nur in der durch den Pfeil angegebenen Fahrtrichtung fahren dürfen.
Das Hinweiszeichen gemäß § 53 Z 25 StVO (?Fahrstreifen nur für Omnibusse") zeigt einen den Fahrzeugen des Kraftfahrlinienverkehrs, Taxi- und Krankentransportfahrzeugen und bei Arbeitsfahrten auch Fahrzeugen des Straßendienstes und der Müllabfuhr vorbehaltenen Fahrstreifen an.
Wie bereits die erstinstanzliche Behörde treffend festgestellt hat, werden durch die in den Vorschriften des § 53 Z 25 iVm § 53 Z 24 StVO verankerte Berechtigung für Taxilenker, Busspuren benützen zu dürfen, sonstige Verbote (z.B. Fahrverbote, Richtungspfeile, Sperrflächen etc.) nicht aufgehoben und sind Taxilenker verpflichtet, sich ? unbeschadet ihres Busspurbenützungsprivilegs - an diese Vorschriften zu halten. Das in § 53 Z 25 iVm § 53 Z 24 StVO verankerte Recht von Taxilenkern, Busspuren benützen zu dürfen, bedeutet somit im Ergebnis keineswegs eine Gleichstellung von Taxifahrzeugen mit Fahrzeugen des Kraftfahrlinienverkehrs in allen übrigen Belangen der Straßenverkehrsordnung. Sind daher von einem Ge- oder Verbot nach der StVO explizit nur Linienbusse ausgenommen, so bedeutet dies keineswegs, dass auch Taxilenker die betreffenden Ge- oder Verbote nicht beachten müssten. Auf den gegenständlichen Fall übertragen bedeutet dies, dass Taxilenker die in der P-straße eingerichtete Busspur zwar benützen dürfen, in Höhe W-gasse aber aufgrund des dort verordneten Geradeausfahrgebots, das nur eine Ausnahme für Linienbusse und Straßendienstfahrzeugen, nicht jedoch für Taxifahrzeuge vorsieht, verpflichtet sind, die nach links in die W-gasse führende Busspur zu verlassen und die Fahrt auf dem rechten Fahrstreifen in Fahrtrichtung geradeaus fortzusetzen. Das gegenständlich unbestritten gebliebene Verhalten des Berufungswerbers, der ausdrücklich eingestanden hat, zur Tatzeit auf der Busspur verbleibend nach links in die W-gasse eingebogen zu sein, erweist sich somit als vorschriftswidrig, sodass der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als verwirklicht festzustellen war. Zur subjektiven Tatseite hat der Berufungswerber vorgebracht, dass fast alle Taxilenker an der Tatörtlichkeit links abbiegen würden
und es - abgesehen vom gegenständlichen Fall - nie zu Beanstandungen komme. Außerdem hätten mehrere Juristen von ARBÖ, ÖAMTC, Taxiinnung und Verkehrsamt seiner
Rechtsauffassung zugestimmt.
Dass es an der Tatörtlichkeit häufig zu Übertretungen des § 52 Z 15 StVO durch Taxilenker gekommen ist, die bislang nicht mit Anzeigen quittiert bzw. verwaltungsstrafrechtlich geahndet wurden, mag zutreffen, doch kann der Berufungswerber daraus nichts für seinen Standpunkt gewinnen. Ungeahndet gebliebenes vorschriftswidriges Verhalten anderer Verehrsteilnehmer vermag nämlich das eigene vorschriftswidrige Verhalten nicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen, zumal der österreichischen Rechtsordnung - von gesetzlich geregelten Sonderfällen abgesehen - ein Rechtsanspruch auf die Bestrafung anderer Personen fremd ist.
Dass der Berufungswerber selbst eine Rechtsauskunft bei der zuständigen Behörde (etwa beim Verkehrsamt Wien) eingeholt hätte, wie dies im Berufungsschriftsatz anklingt, war aufgrund der Aktenlage nicht anzunehmen. Die Bundespolizeidirektion Wien hat auf das bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Vorbringen des Berufungswerbers, von Juristen des Verkehrsamtes Wien die Auskunft erhalten zu haben, als Taxilenker an der Tatörtlichkeit links abbiegen zu dürfen, Rücksprache mit allen vier Juristen des Verkehrsamtes gehalten, die allesamt eine solche Auskunftserteilung dementiert haben. In seiner zu diesen Ermittlungen verfassten Stellungnahme (siehe Blatt 25 des erstinstanzlichen Aktes) hat der Berufungswerber denn auch zugestanden, nicht selbst mit Mitarbeitern des Verkehrsamtes Wien gesprochen zu haben, sondern bloß über die Taxiinnung von einer solchen Auskunft gehört zu haben.
Indem der Berufungswerber somit bloß von Autofahrerclubs sowie von der Taxiinnung, nicht jedoch direkt von einer für die Vollziehung
der StVO zuständigen Behörde Rechtsauskünfte eingeholt hat, kann er sich nicht auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass der Berufungswerber als Berufskraftfahrer verpflichtet war, sich besonders eingehend mit den Rechtsvorschriften der StVO auseinanderzusetzen. Insgesamt ist es somit dem Berufungswerber nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft darzulegen, sodass gemäß § 5 Abs 1 VStG - es liegt gegenständlich ein von dieser Rechtsvorschrift erfasstes sog. Ungehorsamsdelikt vor - von fahrlässigem und daher schuldhaftem Verhalten des Berufungswerbers auszugehen und das
angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage zu bestätigen war. Im letzten Halbsatz des Spruches war in Anwendung des § 66 Abs 4 AVG ein sinnstörender Schreibfehler (?weil" statt ?wie") zu korrigieren.
Strafbemessung:
Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 sind Verwaltungsübertretungen der gegenständlichen Art mit Geldstrafe bis zu 726,-- Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu ahnden.
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Eine Herabsetzung oder gar ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat, durch die das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit sowie an der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs selbst bei Ausbleiben sonstiger nachteiliger Folgen potentiell beeinträchtigt wurde, war zwar nicht als schwerwiegend, umgekehrt jedoch auch nicht als nachgerade atypisch geringfügig einzustufen.
Aufgrund der Ausführungen des Berufungswerbers wird hinsichtlich der subjektiven Tatseite davon ausgegangen, dass er zwar von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens überzeugt war, ihm jedoch ein Rechtsirrtum unterlaufen ist, der gerade einem Berufsfahrer (Taxilenker) bei der von ihm zu verlangenden und ihm auch zumutbaren Sorgfalt nicht hätte unterlaufen dürfen. Dass das vom Berufungswerber missachtete Gebotszeichen nur schwer wahrnehmbar gewesen wäre und die Einhaltung der vom Berufungswerber übertretenen Vorschrift daher eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus anderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch war dies aufgrund der Tatumstände anzunehmen. Es konnte daher auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als atypisch geringfügig angesehen werden.
Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam dem Berufungswerber nicht mehr zu Gute (siehe den Vormerkungsauszug auf Blatt 28 des erstisntanzlichen Aktes). Sonstige Milderungsgründe sind ebenso wenig hervorgekommen wie allfällige erschwerende Umstände. Unter Bedachtnahme auf die dargelegten Strafbemessungskriterien und den gesetzlichen Strafsatz, der ohnedies nur zu einem ganz geringen Bruchteil ausgeschöpft worden ist, erweist sich die erstinstanzlich verhängte und ohnedies sehr milde bemessene Strafe selbst nach Würdigung des Berufungsvorbringens und unter Berücksichtigung ungünstiger Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse durchaus als angemessen, sodass eine Herabsetzung der Strafe durch die Berufungsbehörde nicht in Betracht kam.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 64 VStG.