TE UVS Steiermark 2005/10/28 20.3-25/2005

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Veröffentlicht am 28.10.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des D H, vertreten durch Dr. K K und Mag. W B, Rechtsanwälte in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wie folgt entschieden: Gemäß §§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Abs 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), § 177 Abs 1 Z 1 Strafprozessordnung (StPO), Art. IV Abs 2 und Abs 6 Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 684/1988, §§ 2 und 4 Waffengebrauchsgesetz (WaffGG) und Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) wird die Beschwerde über die Festnahme in G, K, das Anlegen der Handfesseln und über die behauptete Nichtbekanntgabe des Grundes und des Zweckes der Festnahme am 27. März 2005 um ca 04.00 Uhr durch Organe der Bundespolizeidirektion G als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl 2003/334, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesministerin für Inneres) die Kosten des Verfahrens in der Höhe von ? 547,10 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I. 1. In der Beschwerde vom 6. Mai 2005 wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in der Nacht vom 26. auf den 27. März 2005 im Haus K an einer Party teilgenommen habe. Gegen 04.00 früh sei es auf Grund von Anrainerbeschwerden zu einem Polizeieinsatz gekommen, wobei Sicherheitswachebeamte in das Haus eingedrungen seien. Der Beschwerdeführer sei von Sicherheitswachebeamten aus einer Gruppe der Partygäste rausgezerrt worden und - obwohl der Beschwerdeführer nicht gewalttätig gewesen sei - mittels Einsatztechniken gewaltsam mit dem Gesicht nach unten zu Boden gebracht worden. Es seien ihm Handfesseln angelegt worden und sei er in der Folge vor das Haus K in der Art und Weise verbracht worden, dass er sich auf den davor befindlichen Gehsteig mit dem Gesicht nach unten zu den bereits dort abgelegten Personen gebracht worden sei. Dem Beschwerdeführer sei keine Mitteilung über die Grundlage des polizeilichen Einschreitens gemacht worden und wäre dies erst nach Verbringung in die Amtsräumlichkeiten der Bundespolizeidirektion G durchgeführt worden. Als Grund für die vorläufige Festnahme wurde Widerstand gegen die Staatsgewalt genannt. Es wurde der Antrag gestellt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat für das Bundesland Steiermark feststellen wolle, dass a) das gewaltsame Zubodenbringen im Haus K und das anschließende Anlegen der Handfesseln rechtswidrig war und sohin in die Rechte des BF keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, eingegriffen wurde, b) die Nichtbekanntgabe des Grundes und des Zweckes der Festnahme des BF anlässlich der Amtshandlung rechtswidrig war, c) das Zubodenbringen des gefesselten BF auf dem Gehsteig vor dem Haus K unmenschlich und erniedrigend war, sohin rechtswidrig, und wurde ein Kostenantrag gestellt. 2. Die Bundespolizeidirektion G erstattete am 23. Mai 2005 eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen ausführt, dass es in der Nacht vom 26. auf den 27.März 2005 in G, K, im sogenannten Punker-Haus zu mehreren Polizeieinsätzen gekommen sei, da sich Anrainer durch die Live-Musik in ihrer Ruhe gestört gefühlt hätten. Am 27. März 2005 um ca 03.50 Uhr musste die Amtshandlung unterbrochen werden, da den einschreitenden Beamten Gegenstände, unter anderem auch eine Axt, entgegen geschleudert wurden. Es seien daher mehrere Streifenwagen an den Einsatzort beordert worden. Unter ihnen habe sich auch die Streife Sektor 2 mit dem Beamten RI V W und RI W S befunden. Als ein festgenommener Partygast aus dem Haus gebracht werden sollte, seien die Beamten vom Beschwerdeführer angegriffen und beschimpft worden. Der Beschwerdeführer habe sich aktiv an der Verhinderung des Abtransportes des Festgenommenen zum Arrestantenwagen beteiligt, wobei er den Sicherheitswachebeamten einige Schritte nachgelaufen sei und versuchte, sie durch Fußtritte von hinten zu treffen. Der Beschwerdeführer habe sogenannte Springerstiefel getragen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit als gefährliches Mittel zum Zweck anzusehen seien, das heißt, dass beim Treffen schwerere Verletzungen in Kauf zu nehmen seien. Der Beschwerdeführer wäre in der Folge von RI S und RI V W mittels Einsatztechnik (beidseitiger Armstreckhebel) zu Boden gebracht worden und wurden ihm gemäß §§ 2 in Verbindung mit 4 WaffGG die Handfesseln am Rücken angelegt. Zugleich sei die Festnahme mit kurzer Begründung (Festgenommen wegen Widerstandes) ausgesprochen worden. Daraufhin sei der Beschwerdeführer ebenfalls am Boden vor dem Haus K abgelegt worden. Der Einsatz körperlicher Gewalt sei auf Grund des Angriffes des Beschwerdeführers und seines anhaltenden Widerstandes erforderlich gewesen, ebenso das Anlegen der Handfesseln. Eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung habe der Beschwerdeführer nicht erfahren. Vielmehr sei darauf geachtet worden, ihn den Blicken unbeteiligter Personen so rasch wie möglich zu entziehen. Zum ehestmöglichen Zeitpunkt sei er ins Polizeianhaltezentrum G verbracht worden. Zudem wurde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. II. 1. Nach Durchführung der Verhandlungen am 11. Juli 2005, 3. August 2005 und 15. September 2005, wobei der Beschwerdeführer, als auch die Beschwerdeführer L K, M K, Z K, J J R, P L W, die Zeugen S H, P O,

E G, RI V W, RI W S, BI G S, RI H K, RI T M, M M, RI S L, Insp. A K, RI W N, RI H F und GI W M einvernommen wurden, als auch unter Heranziehung des Inhaltes des eingeholten Gerichtsaktes des Landesgerichtes für Strafsachen G, wird nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt: In der Nacht vom

26. auf den 27. März 2005 fand im Haus K, G, eine Party mit ca 50 Teilnehmern statt, bei welcher zunächst eine Band spielte, später Musik aus einer Musikanlage geboten wurde. Da die Musik so laut war, beschwerten sich im Laufe der Nacht immer wieder Anrainer, sodass es zu mehreren Einsätzen durch die Polizei kam. Als am 27. März 2005 um ca 03.50 Uhr neuerlich eine Streife einschreiten wollte, wurde sie beim Betreten des Hauses mit verschiedenen Gegenständen beworfen. Neben anderen Gegenständen wurde auch ein Beil mit Holzgriff gegen die einschreitenden Beamten von unbekannter Person geworfen. Es wurde daher Verstärkung angefordert und wurden von der Einsatzzentrale mehrere Streifen zur Unterstützung in die K beordert. Die Streifen K, K und Sektor 2, letztere mit RI W und RI S, betraten gemeinsam das Haus K, wobei sie von Herumstehenden lautstark beschimpft wurden. Es gab Festnahmen und wurden die Personen vor das Haus K gebracht, wo sie auf den Gehsteig mit dem Gesicht nach unten abgelegt wurden. Im Zuge einer weiteren Festnahme, die von RI W S durchgeführt wurde, konnte RI V W außerhalb des Hauses K beobachten, wie der Beschwerdeführer H rückwärts sich RI S näherte und versuchte, diesen durch Fußtritte von hinten zu treffen. Der Beschwerdeführer

H hatte zu dem Zeitpunkt sogenannte Springerstiefel getragen. Im Übrigen beschimpfte er die einschreitenden Beamten mit zahlreichen Kraftausdrücken. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mittels beidseitigem Armstreckhebel zu Boden gebracht und ihm die Handfesseln am Rücken angelegt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer der Grund der Festnahme von RI V W, nämlich Widerstand gegen die Staatsgewalt, mitgeteilt. Sodann wurde der Beschwerdeführer am Gehsteig vor dem Haus K neben den bereits dort liegenden Personen mit dem Gesicht nach unten abgelegt. Der Platz war von der Straße her kaum einsehbar, da am Straßenrand der K mehrere Streifenwagen standen. Der Beschwerdeführer und die anderen Festgenommenen, die dort abgelegt wurden, sind von einer anderen Streifenbesatzung bewacht worden. Nach ca 15 Minuten wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit anderen Festgenommenen in einem Arrestantenwagen zum Polizeianhaltezentrum gebracht, wo ihm sofort nach Eintreten in das Wachzimmer die Handfesseln abgenommen wurden. Der Beschwerdeführer wurde über seine Rechte belehrt und wurde ihm das Informationsblatt für Festgenommene ausgehändigt. Die Einvernahme des Beschwerdeführers erfolgte nach einer ärztlichen Untersuchung um ca 20.50 Uhr, wobei zuvor um ca 12.30 Uhr ein Alkomattest (0,53 mg/l Atemluft) durchgeführt wurde. Der Beschwerdeführer wurde nach Verständigung der Staatsanwaltschaft um ca 22.25 Uhr auf Grund der dortigen Erklärung, dass kein Haftantrag gestellt werde, am 28. März 2005 um 00.20 Uhr aus der Haft entlassen. 2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Aussage des Zeugen RI V W und RI W S. Insbesondere hat der Zeuge RI V W einen äußerst glaubwürdigen, kompetenten und für solche Einsatzfälle bestens geschulten Eindruck gemacht. Seine Darstellung vom Geschehen, als auch die vom Zeugen RI W S sind nachvollziehbar. Im Gegensatz dazu ist die Darstellung des Beschwerdeführers völlig unglaubwürdig. Er gab an, dass er ganz allgemein gefragt habe - ohne einen Polizisten direkt anzureden - wohin ein Festgenommener gebracht werde und wie er heiße. Da er keine Antwort erhielt, seien drei bis vier Polizeibeamte zu ihm gekommen und hätten ihm, ohne etwas zu sagen, die Handfesseln am Rücken angelegt. Dass der Beschwerdeführer zu dem Zeitpunkt Springerstiefel getragen hat, wird von ihm selbst nicht in Abrede gestellt. Es wäre sicherlich für RI V W und RI W S keine Veranlassung gewesen, beim Beschwerdeführer, falls dieser nur die Frage geäußert hätte, wohin der Festgenommene gebracht würde, mit einer Festnahme vorzugehen. Dies umso mehr, da sich zu dem Zeitpunkt ein tumultartiger Ablauf der Geschehnisse ereignete und die beiden einschreitenden Beamten ihren anderen Kollegen Assistenz leisten hätten können. Zudem ist es dem Zeugen RI V W durchaus zumutbar, festzustellen, ob der Beschwerdeführer durch Fußtritte den Zeugen RI W S von hinten attackieren wollte, da er in seiner Nähe war. Die Zeugenaussage des P O kann nur sehr eingeschränkt zur Wahrheitsfindung beitragen. Der Zeuge O folgte dem Beschwerdeführer H aus dem Haus und sah, wie dieser und seine weibliche Begleiterin mit dem Polizisten sprachen. Er habe nur Wortfetzen verstanden und das Wort Verhaftung. Nachdem ca 20 Sekunden gesprochen wurde, hätten sich drei Polizisten auf den Beschwerdeführer gestürzt und ihn zu Boden gebracht. Er wisse jedoch nicht mehr, in welcher Art und Weise dies geschehen sei, sondern sah nur, dass der Beschwerdeführer brutal am Boden aufschlug. In weiterer Folge gab er an, dass der Beschwerdeführer ca 2-3 Meter von der Stelle weggebracht wurde und vor dem Haus K abgelegt wurde. Er wisse auch nicht mehr, ob der Beschwerdeführer zu dem Zeitpunkt Handfesseln gehabt habe oder nicht. Auch habe er insgesamt keinen Widerstand der festgenommenen Personen beobachtet und keine Schimpfwörter gehört. Auch habe er nicht gesehen, dass Gegenstände auf die einschreitenden Beamten geworfen wurden. Seiner Meinung nach waren die Polizisten die Aggressoren und haben den Tumult verursacht. Aus der Zeugenaussage ergibt sich offensichtlich, dass der Zeuge eine äußerst voreingenommene Wahrnehmung vom Geschehen hatte und sich mit den Partyteilnehmern, als auch den Festgenommenen solidarisierte. Auch die Tatsache, dass der Zeuge keine Schimpfwörter wahrnahm und auch das übrige Geschehen - nämlich dass Gegenstände gegen die Polizisten geworfen wurden - nicht beobachten konnte, lässt auf eine äußerst subjektive Sichtweise schließen. Im Übrigen hat der erkennende Senat auch keine Veranlassung anzunehmen, dass der Zeuge RI V W dem Beschwerdeführer nicht sofort den Grund der Festnahme mitgeteilt hat. Diese Vorgangsweise wird bei jeder Festnahme gepflogen, sodass keine Veranlassung besteht anzunehmen, dass der Grund nicht auch im gegebenen Fall ausgesprochen wurde. Der erkennende Senat hat keine Veranlassung anzunehmen, dass dieser Routinevorgang, welcher bei jeder Festnahme erfolgt, in concreto nicht eingehalten wurde. Die Darstellung des Beschwerdeführers selbst ist auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass dieser zu dem Zeitpunkt schwer betrunken war (Atemalkohol der Luft ca 8,5 Stunden später: 0,53 mg/l). Dies deckt sich auch mit der Aussage einer weiteren Partyteilnehmerin, nämlich der Zeugin M M, die angab, dass sie ebenfalls in der Nähe des Beschwerdeführers war, als er aus dem Haus ging, um nach Hause zu fahren. Sie sah, dass der Beschwerdeführer sich mit einem Polizisten unterhalten wollte, jedoch war der Beschwerdeführer so betrunken, dass eine Unterhaltung kaum möglich war. In weiterer Folge sah sie, dass der Beschwerdeführer am Boden lag und ein Polizist mit seinem Fuß auf ihn draufstieg. Hiebei ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer mittels Einsatztechnik (beidseitiger Armstreckhebel) zu Boden gebracht wurde und es durchaus notwendig war, den Beschwerdeführer für das kurzzeitige Stillhalten, um die Handfesseln am Rücken anzulegen, auch mit dem Fuß zu fixieren. Die Glaubwürdigkeit der Aussage des Beschwerdeführers ist auch im Hinblick auf seine Aussage vor dem Landesgericht für Strafsachen G am 3. Mai 2005 zu sehen, wo er ausführte, dass es vielleicht so ausgeschaut, dass ich jemanden treten wollte, das stimmt aber nicht (Seite 3 des Vernehmungsprotokolls, erster Absatz). Insgesamt ist die Verantwortung des Beschwerdeführers unter dem Aspekt seiner schweren Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Amtshandlung zu sehen und bestehen offensichtlich Erinnerungslücken, insbesondere gegenüber der von ihm manifestierten Aggressionshandlungen. Zuletzt wird noch bemerkt, dass die Darstellung des Beschwerdeführers in dem Beschwerdeschriftsatz wesentlich von der Schilderung in der Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark abweicht. In der Beschwerde wird ausgeführt, im Haus K festgenommen und aus einer Gruppe von Partygästen herausgezerrt worden zu sein. Bei der Einvernahme des Beschwerdeführers, als auch allen Zeugen des Vorfalles wird angegeben, der Beschwerdeführer sei vor dem Haus K festgenommen worden und habe sich nicht in einer Gruppe von Partygästen befunden. Von der Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die Verbringung des Beschwerdeführers in waagrechte Position über die genannten Zeiträume gesundheitsgefährdend, sohin unmenschlich, war (Seite 14 der Verhandlungsschrift vom 3. August 2005), konnte abgesehen werden. Dies deshalb, da nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Gesundheitsgefahr bei liegenden Personen, die nicht am Boden fixiert sind, das heißt sich frei bewegen konnten, ausgeht. Im Übrigen war dies auf eine Zeitspanne von ca 15 Minuten und unter Beobachtung zumindest zweier Polizisten. III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 10. Mai 2005 ein (Postaufgabestempel: 6. Mai 2005), wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von den Organen der belangten Behörde vorgenommenen Handlungen im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurden. Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sind auch dann der Behörde zuzurechnen, wenn die Behördenorgane im Dienste der Strafjustiz einschreiten und es sich nicht um Angelegenheiten der Gerichtspolizei im engeren Sinne handelt. Das Einschreiten der Sicherheitsorgane erfolgte in concreto ohne Vorliegen eines richterlichen Befehles. Der damit verbundene Eingriff in subjektive Rechte erfolgte auf Grund der Willensbildung der Verwaltungsorgane und ist daher, obwohl das Einschreiten im Dienste der Strafjustiz erfolgte, der Verwaltung zuzurechnen (VwGH 06.10.1999, 99/01/0120 u.a.). 2. Gemäß Art. 1 Abs 1 B-VG vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit hat jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit). Gemäß Abs 2 darf niemand aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art. 2 Abs 1 Z 2 darf die persönliche Freiheit einem Menschen unter anderem entzogen werden, wenn er einer bestimmten mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig ist, zum Zwecke der Beendigung des Angriffes oder zur sofortige Feststellung des Sachverhaltes, sofern der Verdacht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat oder dadurch entsteht, dass er einen bestimmten Gegenstand inne hat. Die Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, da er versuchte, einen Polizisten bei einer Amtshandlung von hinten mittels Fußtritten zu attackieren. Widerstand gegen die Staatsgewalt ist gemäß § 269 Abs 1 StGB eine gerichtlich zu ahndende Handlung. Die Festnahme war das einzige Mittel, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Auf Grund des hohen Aggressionsgrades des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage am Tatort blieb den Sicherheitswachebeamten gar keine andere Möglichkeit, als den Beschwerdeführer festzunehmen und ihn so rasch wie möglich wegzubringen. Die Festnahme war daher im Sinne der oben zitierten Bestimmungen gerechtfertigt und somit rechtmäßig. Gemäß Art. 4 Abs 6 PersFrG ist der Festgenommene ehestens, wo möglich bei der Festnahme, über die Gründe seiner Festnahme zu verständigen. Wie oben ausgeführt, hat RI V W dem Beschwerdeführer gleichzeitig mit dem Anlegen der Handfesseln mitgeteilt, dass er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt festgenommen worden sei. Eine Belehrung über seine Rechte nach der StPO erfolgte nach der Abnahme der Handfesseln im Polizeianhaltezentrum durch Übergabe des Informationsblattes für Festgenommene. Die Anwendung des § 30 Sicherheitspolizeigesetz - wie die belangte Behörde ausführt - ist jedoch beim Einschreiten der Sicherheitsexekutive im Dienste der Strafjustiz ausgeschlossen, weil nicht der Sicherheitsverwaltung zugehörig (§ 2 Abs 2 SPG). Gemäß § 2 WaffGG dürfen Organe der Polizei in Ausübung des Dienstes von Dienstwaffen unter anderem zur Überwindung eines auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes oder zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme Gebrauch machen. Gemäß § 4 WaffGG ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährlichere oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Aus dieser Bestimmung haben die Gerichtshöfe des öffentliches Rechtes abgeleitet, dass in jenen Fällen, in welchen das Waffengebrauchsgesetz den Waffengebrauch implizit zulässt, das in § 2 WaffGG bezeichnete Ziel auch durch Anwendung von Körperkraft und das Anlegen von Handfesseln verfolgt werden darf. Vorauszuschicken ist, dass das Waffengebrauchsgesetz auch die als weniger gefährliche Maßregeln eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse ableitet, die als Mittel der Wirkung eines auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes oder zur Erzwingung einer Festnahme gerichtet sind. Diese unterscheiden sich vom Waffengebrauch selbst nicht und sind somit denselben Einschränkungen, wie die Waffenverwendung unterworfen, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig sind und Maß haltend vor sich gehen, dann aber, das heißt unter diesen Voraussetzungen, wieder Waffengebrauch an sich nicht gegen Art. 3 MRK verstößt (VfGH 27.02.1990, B-976/89). Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass der Beschwerdeführer einen Angriff (Fußtritte) gegen RI W S durchführte und somit für RI V W zweifellos Gefahr im Verzug vorlag, um das Leben und die Gesundheit des Beamten zu schützen. Dass der Beschwerdeführer nicht vorher aufgefordert wurde, den Angriff zu unterlassen, sondern gleich mit Körperkraft zu Boden geworfen wurde, kann in keiner Weise als Außerachtlassen der Anwendung eines gelinderen Mittels angesehen werden. Vielmehr muss diese Vorgangsweise als unbedingt notwendig und Maß haltend angesehen werden. Daran ändert auch nicht die Tatsache, dass der Beschwerdeführer vorerst durch die Anwendung beidseitiger Armstreckhebel zu Boden gebracht wurde, dort kurzzeitig zwecks Anlegung der Handfesseln fixiert und sodann zum Ablageort gebracht wurde. Somit war die Anwendung von Körperkraft mit dem Zweck, den Beschwerdeführer daran zu hindern, dass er weitere Angriffe auf RI

W S durchführt und damit weitere rechtmäßige Amtshandlungen vereitelt, sowie das Anlegen von Handfesseln zur Sicherung der Festnahme gerechtfertigt und somit im Sinne der §§ 2 und 4 WaffGG rechtmäßig. Zu untersuchen war schließlich die Frage, ob die Ablage des Beschwerdeführers auf dem Gehsteig in Bauchlage mit durch Handfesseln fixierten Armen am Rücken eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellt. Die Notwendigkeit einer Ablage des Beschwerdeführers ergab sich daraus, dass die vorhandenen Streifenbesatzungen optimal eingesetzt werden mussten, um der Eskalation des Geschehens Herr zu werden. Dies bedeutete, dass für die Bewachung der Festgenommenen nur wenige Beamte zur Verfügung standen, wobei diese nicht nur ein Flüchten der Festgenommenen zu verhindern hatten, sondern sie auch von Partygästen, die sich in großer Zahl vor dem Haus versammelt hatten, abschirmen mussten. Dies bedeutete jedoch, dass die Festgenommenen so festzuhalten waren, dass sie weder leicht flüchten, noch ihre Aggression gegen die Sicherheitswachebeamten wieder aufnehmen konnten. Dazu erweist sich ein Liegen in Bauchlage mit fixierten Armen zweifellos als taugliches Mittel. Der Beschwerdeführer hat unter Hinweis auf den Bericht des Menschenrechtsbeirates Einsatz polizeilicher Zwangsgewalt - Risikominimierung in Problemsituationen und die Dienstvorschrift des Bundesministeriums für Inneres betreffend Anwendung einsatzbezogener Körperkraft versucht nachzuweisen, dass seine Fixierung in Bauchlage überbordend, da gesundheitsgefährdend, gewesen sei. Dazu ist festzustellen, dass sowohl der Bericht, als auch die Dienstvorschrift von einer Fixierung am Boden in Bauchlage ausgehen. Eine Fixierung am Boden hat jedoch beim Beschwerdeführer nicht stattgefunden, er lag vielmehr freiliegend, wie die anderen Festgenommenen auch, in Bauchlage auf dem Boden, sodass, wie jeder Mensch, der in Bauchlage liegt und schläft, bestätigen kann, auch die Gefahr einer Beeinträchtigung der Atmung und somit der Versorgung seines Körpers mit Sauerstoff nicht bestand. Der Beschwerdeführer hat auch selbst gar nicht behauptet, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt Atembeschwerden gehabt hätte. Das Festhalten des Beschwerdeführers in dieser Lage war auch nicht entwürdigend. Der Ablageort wurde von Polizeibeamten abgeschirmt und war die Sicht auf die Straße durch abgestellte Streifenfahrzeuge der Polizei verstellt. Dazu kommt, dass erfahrungsgemäß um diese Zeit in der sonst stark befahrenen K kaum Verkehr ist. Die Ablage erfolgte auch nicht über Gebühr lange, sondern ca 15 Minuten und wurde sodann der Beschwerdeführer in einen Arrestantenwagen und in das Polizeianhaltezentrum verbracht. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Ablage des Beschwerdeführers in der vorliegenden Situation in Bauchlage am Gehsteig für etwa zehn bis 15 Minuten weder unverhältnismäßig, noch erniedrigend oder unmenschlich gewesen ist. Die Beschwerdeanträge erweisen sich somit als unbegründet und war die Beschwerde daher abzuweisen. 3. Als Kosten wurden gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 dem Bund ein Betrag von ? 547,10 zugesprochen. Dem Bund gebührt ? 51,50 als Vorlageaufwand, ?

220,30 als Schriftsatzaufwand und ? 275,30 als Verhandlungsaufwand.

Schlagworte
Bauchlage Gesundheitsgefahr Menschenwürde Sachverständigengutachten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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