TE UVS Tirol 2005/11/08 2005/20/2592-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn S. E., 6382 Kirchdorf, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 14.09.2005, Zlen VK-6075-2002, VK-3616-2005, VK-482-2003, VK-522-2003, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird insoweit präzisiert, als er zu lauten hat:

?Der Antrag auf Aufschub des Strafvollzuges wird abgewiesen.?

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Erstbehörde über einen mit Schreiben vom 12.09.2005 gestellten Antrag des Berufungswerbers auf Aufschub des Strafvollzuges in der Weise ab, dass dieser Antrag ?abgelehnt? wurde.

 

In der Begründung verwies die Erstbehörde darauf, dass mit den Strafverfügungen VK-6075-2002 vom 15.10.2002, VK-3616-2005 vom 24.05.2005, VK-482-2003 vom 22.01.2003 und VK-522-2003 vom 24.03.2003 über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt Euro 2.027,36 verhängt worden sei, wobei an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 288 Stunden trete. Zusätzlich würden für das Verfahren 1E1392/03i in Höhe von Euro 55,81 Exekutionskosten anfallen.

 

Am 04.03.2003 sei der Antrag auf Fahrnis- und Gehaltsexekution zur Hereinbringung von Euro 363,00 aus dem Verfahren VK-6075-2002 gestellt und am 05.03.2003 bewilligt worden. Am 10.04.2003 sei bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel ein Bericht über eine fruchtlose Pfändung am 01.04.2003 eingelangt. Daraufhin seit der Berufungswerber mit Schreiben vom 10.04.2003, Zl. VK-6075-2002, zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden binnen 14 Tagen aufgefordert worden. Im Zuge einer persönlichen Vorsprache am 17.04.2003 sei die Zahlung des ausständigen Betrages bis 15.07.2003 zugesagt worden. Mit Schreiben vom 14.05.2003, Zl. VK-482-2003, und Schreiben mit  gleichem Datum, Zl VK-522-2003, sei der Berufungswerber aufgefordert worden, die Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden bzw 12 Stunden binnen 14 Tagen anzutreten. Mit Schreiben ohne Datum (eingelangt bei der Erstbehörde am 09.07.2003) sei um Gewährung eines Aufschubes des gesamten noch ausständigen Strafbetrages in der Dauer von zwei Monaten  gebeten worden. Zu einem unbekannten Zeitpunkt danach hätte der Berufungswerber seinen Wohnsitz in Österreich aufgegeben und sei von Amts wegen abgemeldet worden. Laut Erhebungsbericht vom 23.07.2003 habe er sich wahrscheinlich in Südtirol aufgehalten. Am 08.04.2005 hätte der Berufungswerber wieder seinen Wohnsitz in Österreich angemeldet, den er am 01.06.2005 wieder abgemeldet habe. Erst am 01.08.2005 hätte er wiederum seinen Wohnsitz in 6382 Kirchdorf, XY-Straße, angemeldet. Es bestehe daher insbesondere aufgrund seines Wegzuges nach Gewährung eines Zahlungsaufschubes im Jahre 2003 die begründete Sorge, er würde sich erneut durch Flucht dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe entziehen. Es sei daher die Vorführung zum Strafantritt gemäß § 53b Abs 2 VStG veranlasst worden, wodurch ein Aufschub der Strafe gemäß § 53b Abs 3 VStG naturgemäß nicht in Frage komme.

 

Mit einem als Berufung zu wertenden Schreiben vom 27.09.2005 wendet sich der Berufungswerber gegen die Nichtgewährung des Strafaufschubes. Er ersuche, ihm einen Aufschub von vier Monaten zu gewähren. Es bestünde keine Fluchtgefahr, ansonsten hätte er  schon jetzt flüchten können. Er sei auch nicht geflohen, sondern habe in Italien gearbeitet. Er wisse, dass er selber dran schuld sei, dass es so weit gekommen sei. Er habe einfach nicht mehr daran gedacht. Wenn er jetzt ins Gefängnis müsste, würde er seine Arbeit und als nächstes das Besuchsrecht für seinen Sohn verlieren. Innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten hätte er alle Zahlungen erledigt.

 

In der Folge richtete die Berufungsbehörde nachfolgendes Schreiben vom 12.10.2005 an den Berufungswerber:

 

?Mit Bescheid vom 14.9.2005 wurde Ihr Antrag auf Aufschub des Vollzugs von Ersatzfreiheitsstrafen betreffend die Verwaltungsstrafverfahren mit den Aktenzahlen VK-6075-2002, VK-3616-2005, VK-482-2003 und VK-522-2003 abgelehnt.

 

Mit einem Schreiben vom 27.9.2005 beziehen Sie sich auf die oben genannten Aktenzahlen und die ?Absage für den Strafantritt?. In diesem Schreiben ist unter anderem davon die Rede, dass Sie Ihre Arbeit bzw auch das Besuchsrecht für Ihren Sohn verlieren würden. Sie würden deshalb um Zahlungs- und Haftaufschub um 4 Monate bitten.

 

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben werden Sie nunmehr aufgefordert, innerhalb einer Frist von 7 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens die für einen Strafaufschub maßgeblichen Umstände näher zu konkretisieren. Insbesondere werden Sie gebeten, das von Ihnen angeführte Arbeitsverhältnis unter Anführung des Dienstgebers (samt Anschrift), der geleisteten Wochenstundenanzahl, des Verdienstes, der Höhe etwaiger Pfändungen und der voraussichtlichen Dauer näher zu beschreiben. Weiters werden Sie um Mitteilung ersucht, inwieweit Sie Unterhaltsleistungen erbringen (unter Anführung des Empfängers/der Empfängerin samt Anschrift sowie der Höhe und der Zahlungstermine). Sie werden auch ersucht, die näheren Umstände der Ausübung des Besuchsrechtes gegenüber ihrem Sohn darzulegen.

 

Ergänzend werden Sie darauf hingewiesen, dass sich die aus den oben angeführten Verfahren ergebenden und zu vollziehenden Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt zusammensetzen:

 

1. VK-6075-2002:

Strafverfügung vom 15.10.2002

Strafbetrag Euro 363,00, Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden

 

2. VK-482-2003:

Strafverfügung vom 22.1.2003

Strafbetrag Euro 215,00, Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden

 

3. VK-522-2003:

Strafverfügung vom 24.3.2003

Strafbetrag Euro 35,00, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden

 

4. VK-3616-2005:

Strafverfügung vom 24.5.2002

Strafbetrag Euro 365,00, Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden

 

Demnach errechnet sich ein Strafbetrag (ohne Kosten) von Euro 978,00, wofür Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von insgesamt 288 Stunden verhängt wurde.

 

Sie werden auch um Mitteilung gebeten, weshalb Sie in Bezug auf das Verfahren VK-6075-2002 zunächst die Gewährung eines Aufschubes des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe begehrten (dieser wurde auch bis zum 15.7.2003 bewilligt) und offensichtlich in der Folge Ihren Wohnsitz unter Missachtung melderechtlicher Bestimmungen nach unbekannt (ins Ausland) verlegten, zumal Erhebungen der Gendarmerie laut Bericht vom 23.7.2003 ergaben, dass Sie seit 2.6.2003 von der Adresse XY-Straße in 6382 Kirchdorf abgemeldet waren (In einem weiteren Ersuchen um Strafaufschub, welches am 9.7.2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eingegangen ist, wurde Ihrerseits trotz der zuvor erfolgten Abmeldung und der offensichtlichen Verlegung des Wohnsitzes nach Südtirol noch immer die Wohnadresse XY-Straße in Kirchdorf angeführt).?

 

Im bezughabenden Antwortschreiben vom 24.10.2005 teilte der Berufungswerber mit, dass er seine Arbeit zwischenzeitlich leider verloren habe. Genau genommen habe er sie aufgelöst. Nunmehr möchte er sich in Deutschland selbständig machen. Er zahle für seinen Sohn Unterhalt. Die Zahlungen würden an das Jugendamt Zell am See gehen und zwar monatlich Euro 293,00. Ein Besuchsrecht habe er jedes 2. Wochenende von Samstag bis Sonntag. Wenn seine geschiedene Ehegattin erfahre, dass er in Haft müsse, dann streiche sie ihm sofort das Besuchsrecht.

 

Offensichtlich unter Bezugnahme auf die Verlegung des Wohnsitzes unter Missachtung melderechtlicher Vorschriften führte der Berufungswerber aus, dass er ?einen Antrag stellte, um es zu regeln?, ?dies aber dann vergessen? habe. Nunmehr begehre er einen Aufschub von sechs Monaten. Bis dahin würden diese Beträge dann beglichen werden. Oder man berechne den Gesamtbetrag neu und gewähre ihm eine Ratenzahlung.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel verhängte über den Berufungswerber wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes bzw des Führerscheingesetzes die im Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12.10.2005 näher angeführten Strafen.

 

Seitens des Bezirksgerichtes Kitzbühel wurde am 05.03.2003 zum Verfahren VK-6075-2002 der Antrag auf Fahrnis- und Gehaltsexekution zur Hereinbringung von Euro 363,00 bewilligt. Mit Schreiben vom 01.04.2003 wurde vom zuständigen Exekutionsgericht mitgeteilt, dass mangels pfändbarer Gegenstände eine  Pfändung nicht vollzogen werden konnte. Daraufhin erging an den Berufungswerber eine mit 10.04.2003 datierte Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafen (in der Dauer von 120 Stunden). Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Berufungswerbers wurde ein Aufschub des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe bis zum 15.07.2003 gewährt.

 

Mit einem am 09.07.2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eingelangten Schreiben (zu Zl VK-522-2003) ersuchte der Berufungswerber bezüglich der ?gesamten ausstehenden Geldstrafen noch um einen Aufschub von zwei Monaten?. In diesem Schreiben führte der Berufungswerber als Adresse XY-Straße, 6382 Kirchdorf/T. an.

 

In weiterer Folge teilte der Gendarmerieposten Erpfendorf mit, dass der Berufungswerber seit 02.06.2003 von der vorgenannten Adresse abgemeldet worden sei. Laut Auskunft seines ehemaligen Unterkunftgebers halte sich der Berufungswerber irgendwo in Südtirol auf. Der Berufungswerber verfüge derzeit laut ZMR über keinen Hauptwohnsitz in Österreich.

 

Anschließend veranlasste die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel hinsichtlich der vier gegenständlichen Verfahren die Vorführung zum Strafantritt, dies unter Hinweis darauf, dass Grund zur Annahme bestehe, dass sich der Berufungswerber durch Flucht dem Strafvollzug entziehen könnte.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

Gemäß § 54a Abs 1 VStG kann auf Antrag des Bestraften aus wichtigem Grund der Strafvollzug aufgeschoben werden, insbesondere wenn

1. durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe die Erwerbsmöglichkeit des Bestraften oder der notwendige Unterhalt der ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gefährdet würde oder

2. dringende Familienangelegenheiten zu ordnen sind.

 

Gemäß § 53b Abs 1 VStG ist ein Bestrafter auf freiem Fuß, der die Strafe nicht sofort antritt, aufzufordern, die Freiheitsstrafe binnen einer bestimmten angemessenen Frist anzutreten. Kommt der Bestrafte der Aufforderung zum Strafantritt nicht nach, so ist er gemäß § 52b Abs 2 VStG zwangsweise vorzuführen. Dies ist nach der genannten Bestimmung ohne vorherige Aufforderung sofort zu veranlassen, wenn die begründete Sorge besteht, dass er sich durch Flucht dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen werde. So lange eine solche Sorge nicht besteht, ist mit dem Vollzug bis zur Erledigung einer vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof in der Sache anhängigen Beschwerde zuzuwarten.

 

Gemäß § 54b Abs 2 VStG ist ? soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist ? die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu  vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darin ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

 

Weder der Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe noch der Vorführung zum Strafantritt kommt Bescheidcharakter zur. Die diesbezüglichen Anordnungen der Erstbehörde unterliegen daher keiner Prüfung im Rahmen des gegenständlichen Berufungsverfahrens. Verfahrensgegenstand ist vielmehr die Nichtgewährung eines Aufschubs des Strafvollzuges (des Vollzuges der mit den eingangs erwähnten Strafverfügungen festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen). Insofern ist für das gegenständliche Berufungsverfahren (allein) maßgeblich, inwieweit die im § 54a Abs 1 VStG näher angeführten Voraussetzungen vorliegen.

 

Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, kann von einer Beeinträchtigung der Erwerbsmöglichkeit des Bestraften durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe nicht gesprochen werden.

 

Zwar ist den Ausführungen des Berufungswerbers zu entnehmen, dass er für seinen Sohn eine monatliche Unterhaltsverpflichtung in Höhe von Euro 293,00 leistet. Seitens des Berufungswerbers wurde jedoch nicht behauptet, dass er im Falle des sofortigen Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von insgesamt 12 Tagen dieser Unhaltsverpflichtung nicht mehr nachkommen könnte.

 

Dass die Ordnung dringender Familienangelegenheiten dem sofortigen Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafen entgegen stehen würde, wurde vom Berufungswerber ebenfalls nicht behauptet. Die Inanspruchnahme des Besuchsrechts gegenüber dem mj. Sohn an jedem zweiten Wochenende kann nicht als Regelung von Familienangelegenheiten gesehen werden. Auch der Hinweis des Berufungswerbers, wonach er im Falle der Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafen mit einem Entzug des Besuchsrechtes zu rechnen hätte, vermag nicht zu überzeugen, zumal ? sofern keine einvernehmliche Regelung vorliegt ? das Besuchsrecht einer gerichtlichen Festlegung unterliegt.

 

Es mangelt daher an den Voraussetzungen für die Gewährung eines Strafaufschubes, dies unabhängig von der Tatsache, dass der Berufungswerber seit drei Jahren zur Bezahlung von Geldstrafen aufgefordert wurde und der Berufungswerber mehrfach in Aussicht stellte, in einigen Monaten Zahlungen leisten zu können, ohne dass er diese Zusagen eingehalten hätte. Auch sei ausgeführt, dass der Berufungswerber im Juli 2003 noch einen Aufschub von zwei Monaten begehrte, im Schreiben vom 12.09.2005 eine Bezahlung Ende Jänner 2006 in Aussicht stellte und nunmehr mit Schreiben  vom 24.10.2005 einen Aufschub von sechs Monaten beantragt.

 

Ergänzend sei erwähnt, dass im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 54b Abs 2 VStG (Aufforderung zum Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe wegen Uneinbringlichkeit) für die Anwendung des Abs 3 (Gewährung von Ratenzahlung) kein Raum bleibt, wenngleich über das im Schreiben an die Berufungsbehörde vom 24.10.2005 gestellte Ratenzahlungsgesuch formal durch die Erstbehörde abzusprechen sein wird.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Hinblick, dass, der Berufungswerber, derzeit, keiner, Erwerbstätigkeit, nachgeht, kann, von, einer, Beeinträchtigung, der, Erwerbsmöglichkeit, des, Bestraften, nicht, gesprochen, werden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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