TE UVS Steiermark 2005/11/09 20.3-34/2005

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.11.2005
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des Z K, vertreten durch Dr. K K und Mag. W B, Rechtsanwälte in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wie folgt entschieden: Gemäß §§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Abs 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), § 177 Abs 1 Z 1 Strafprozessordnung (StPO), Art. 4 Abs 2 und Abs 6 Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 684/1988, §§ 2 und 4 Waffengebrauchsgesetz (WaffGG) wird die Amtshandlung in G, K, am 27. März 2005 um ca 04.00 Uhr durch Organe der Bundespolizeidirektion G als rechtswidrig erklärt, indem der Beschwerdeführer einer unmenschlichen Behandlung gemäß Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) unterworfen wurde. Gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl 2003/334, hat der Bund (Bundesministerin für Inneres) dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens in der Höhe von ? 1.499,80 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I. 1. In der Beschwerde vom 6. Mai 2005 wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in der Nacht vom 26. auf den 27. März 2005 im Haus K an einer Party teilgenommen habe. Gegen 04.00 Uhr früh sei es auf Grund von Anrainerbeschwerden zu einem Polizeieinsatz gekommen, wobei Sicherheitswachebeamte in das Haus eingedrungen seien. Der Beschwerdeführer sei von Sicherheitswachebeamten aus einer Gruppe der Partygäste rausgezerrt worden und - obwohl der Beschwerdeführer nicht gewalttätig gewesen sei - mittels Einsatztechniken gewaltsam mit dem Gesicht nach unten zu Boden gebracht worden. Es seien ihm Handfesseln angelegt und sei er in der Folge vor das Haus K in der Art und Weise verbracht worden, dass er sich auf den davor befindlichen Gehsteig mit dem Gesicht nach unten zu den bereits dort abgelegten Personen gebracht worden sei. Dem Beschwerdeführer sei keine Mitteilung über die Grundlage des polizeilichen Einschreitens gemacht worden und wäre dies erst nach Verbringung in die Amtsräumlichkeiten der Bundespolizeidirektion G durchgeführt worden. Als Grund für die vorläufige Festnahme wurde Widerstand gegen die Staatsgewalt genannt. Es wurde der Antrag gestellt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat für das Bundesland Steiermark feststellen wolle, dass a) das gewaltsame Zubodenbringen im Haus K und das anschließende Anlegen der Handfesseln rechtswidrig war und sohin in die Rechte des BF keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, eingegriffen wurde, b) die Nichtbekanntgabe des Grundes und des Zweckes der Festnahme des BF anlässlich der Amtshandlung rechtswidrig war, c) das Zubodenbringen des gefesselten BF auf dem Gehsteig vor dem Haus K unmenschlich und erniedrigend war, sohin rechtswidrig, und wurde ein Kostenantrag gestellt. 2. Die Bundespolizeidirektion G erstattete am 23. Mai 2005 eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen ausführt, dass es in der Nacht vom 26. auf den 27.März 2005 in G, K, im sogenannten Punker-Haus zu mehreren Polizeieinsätzen gekommen sei, da sich Anrainer durch die Live-Musik in ihrer Ruhe gestört gefühlt hätten. Am 27. März 2005 um ca 03.50 Uhr musste die Amtshandlung unterbrochen werden, da den einschreitenden Beamten Gegenstände, unter anderem auch eine Axt, entgegen geschleudert wurden. Es seien daher mehrere Streifenwagen an den Einsatzort beordert worden. Im Laufe der Amtshandlung wurde der Beschwerdeführer mit kurzer Begründung festgenommen, da er Beamte, die einen Festgenommenen zum Arrestantenwagen brachten, beschimpfte und mit einer Bierdose als Wurfgeschoß bedrohte. Der Beschwerdeführer wollte die Festnahme verhindern, indem er sich heftig wehrte und sich loszureißen versuchte. Daraufhin sei der Beschwerdeführer in den bereits bereitgestellten Arrestantenwagen gesetzt und in das Polizeianhaltezentrum gebracht worden. Dort seien ihm nach ca einer halben Stunde die Handfesseln abgenommen worden. Der Einsatz körperlicher Gewalt sei auf Grund des Angriffes des Beschwerdeführers und seines anhaltenden Widerstandes erforderlich gewesen, ebenso das Anlegen der Handfesseln. Eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung habe der Beschwerdeführer nicht erfahren. Vielmehr sei darauf geachtet worden, ihn den Blicken unbeteiligter Personen so rasch wie möglich zu entziehen. Zum ehestmöglichen Zeitpunkt sei er ins Polizeianhaltezentrum G verbracht worden. Zudem wurde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. II. 1. Nach Durchführung der Verhandlungen am 11. Juli 2005, 3. August 2005 und 15. September 2005, wobei der Beschwerdeführer, als auch die Beschwerdeführer L K, M K, D H, J J R, P L W, die Zeugen S H, P O, E G, RI V W, RI W S, BI G S, RI H K, RI T M, M M, RI S L, Insp. A K, RI W N, RI H F und GI W M einvernommen wurden, als auch unter Heranziehung des Inhaltes des eingeholten Gerichtsaktes des Landesgerichtes für Strafsachen G wird nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt: In der Nacht vom 26. auf den 27. März 2005 fand im Haus K, G, eine Party mit ca 50 Teilnehmern statt, bei welcher zunächst eine Band spielte und später Musik aus einer Musikanlage geboten wurde. Da die Musik so laut war, beschwerten sich im Laufe der Nacht immer wieder Anrainer, sodass es zu mehreren Einsätzen durch die Polizei kam. Als am 27. März 2005 um ca 03.50 Uhr neuerlich eine Streife einschreiten wollte, wurde sie beim Betreten des Hauses mit verschiedenen Gegenständen beworfen. Neben anderen Gegenständen wurde auch ein Beil mit Holzgriff gegen die einschreitenden Beamten von einer unbekannten Person geworfen. Es wurde daher Verstärkung angefordert und wurden von der Einsatzzentrale mehrere Streifen zur Unterstützung in die K beordert. Die Streifen K, K und Sektor 2, letztere mit RI W und RI S, betraten gemeinsam das Haus K, wobei sie von Herumstehenden lautstark beschimpft wurden. Es gab Festnahmen und wurden die Personen vor das Haus K gebracht, wo sie auf den Gehsteig mit dem Gesicht nach unten abgelegt wurden. Der Beschwerdeführer hat an der Party nicht teilgenommen, sondern wohnt im Haus K. Um ca 03.30 Uhr suchte er den Beschwerdeführer R, der ebenfalls im K wohnt, und wurde ihm mitgeteilt, dass dieser festgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer begab sich vor das Haus K und konnte ca ein bis zwei Meter davon entfernt den Beschwerdeführer R wahrnehmen, wobei beidseitig Polizisten bei ihm standen. Als die Arrestantenwägen am Vorfallsort eintrafen, drängte sich der Beschwerdeführer in den Vordergrund und stand mit einer Bierdose vor dem Haus K, wobei er Beschimpfungen und Drohungen ausstieß. Unter anderem äußerte er:

Ihr verschissenen Nazi-Schweine, kommts her, ich hau euch nieder. Ich ramm jedem Einzelnen von euch ein Messer in den Bauch. Ich brich an jeden von euch die Nase. Auf Grund dessen versuchte RI V W den Beschwerdeführer vom Eingangsbereich hinauszuziehen. Es erfolgte die Festnahme in der Art und Weise, dass der Beschwerdeführer mit einer Halsklammer in Verbindung mit einem Hüftwurf zu Boden gebracht wurde und dort fixiert werden konnte. Der Beschwerdeführer hat sich hiebei gewehrt. Bei dieser Festnahme hat sich der Beschwerdeführer die Nase verletzt (siehe Beilage ./A und ./B). Sodann wurde der Beschwerdeführer von RI V W und RI W S zum Ablageort vor dem Haus K gebracht. Hiebei hat der Beschwerdeführer sich nicht mehr gewehrt und legte sich freiwillig auf den Boden. Dort drehte er seinen Kopf zur Seite und erhielt von einem Sicherheitswacheorgan einen Faustschlag auf das rechte Auge, wobei ihm mitgeteilt wurde, dass er ruhig sein soll. Im Zuge der Festnahme wurde dem Beschwerdeführer der Grund der Festnahme von RI V W mitgeteilt. Nach ca einer Minute wurde der Beschwerdeführer in den bereits eingetroffenen Arrestantenwagen gesetzt und in das Polizeianhaltezentrum G gebracht, wo ihm ca eine halbe Stunde nach Eintreffen die Handfesseln abgenommen wurden. Der Beschwerdeführer wurde über seine Rechte belehrt und wurde ihm das Informationsblatt für Festgenommene ausgehändigt. Die Einvernahme des Beschwerdeführers erfolgte nach einer ärztlichen Untersuchung um 21.30 Uhr. Bei der ärztlichen Untersuchung um 13.05 Uhr wurde Folgendes festgestellt: Im Bereich des linken Ellbogens finden sich eine ca. erbsgroße Excoriation und eine Rötung. Weiter findet sich eine Rötung im Bereich beider Handgelenke von den Handschellen. Im Bereich des Nasenrückens findet sich eine ca. 1/2 x 2 cm große oberflächliche Rissquetschwunde. Das rechte Auge ist gerötet und es werden Schmerzen bei Bewegung angegeben, jedoch keine Doppelbilder bzw. Visuseinschränkung. Weiters findet sich unter dem rechten Auge eine oberflächliche Excoriation. Ansonsten sind keine sichtbaren äußeren Verletzungen feststellbar. Auch wurde um 12.38 Uhr ein Alkotest durchgeführt, der als Ergebnis 0,42 mg/l Atemluft ergab. Der Beschwerdeführer wurde nach Verständigung der Staatsanwaltschaft um ca 22.25 Uhr auf Grund der dortigen Erklärung, dass kein Haftantrag gestellt werde, am 28. März 2005 um 00.40 Uhr aus der Haft entlassen. 2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Aussagen der Zeugen RI V W, RI W S, RI H F, GI W M und teilweise die des Beschwerdeführers. Insbesondere hat der Zeuge RI V W einen äußerst glaubwürdigen, kompetenten und für solche Einsatzfälle bestens geschulten Eindruck gemacht. Seine Darstellung vom Geschehen ist nachvollziehbar. Soweit es um die Festnahme geht, wird hiebei der Wahrnehmung von RI W S mehr Glauben geschenkt als die des Beschwerdeführers. Es ist einem Sicherheitswacheorgan durchaus zuzumuten, den Handlungsablauf einer Festnahme wiederzugeben. Somit geht hervor, dass der Beschwerdeführer Drohungen, wie Ihr verschissenen Nazi-Schweine, kommts her, ich hau euch nieder. Ich ramm jedem Einzelnen von euch ein Messer in den Bauch. Ich brich an jeden von euch die Nase gegenüber den Einsatzorganen geäußert hat. Dass sodann der Beschwerdeführer - der sich gegen die Festnahme gewehrt hat - mittels Halsklammer in Verbindung mit einem Hüftwurf zu Boden gebracht wurde und sich hiebei die Nase verletzte (siehe Beilage ./A und ./B) ist durchaus im Bereich des Möglichen. RI V W gab auch an, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verhaftung keine Verletzung am Auge hatte und kann auch mit 100%iger Sicherheit ausschließen, dass die Verletzung am Auge des Beschwerdeführers von seiner Einsatztechnik im Rahmen der Festnahme herrührte. Auch die Aussagen von GI W M und RI H F sind nachvollziehbar, wenn sie angaben, dass sie ausschließen können, dass keine andere Person (gemeint: Partyteilnehmer) einen der Festgenommenen, die am Boden abgelagert waren, geschlagen oder getreten hätte. Im Übrigen hat der erkennende Senat auch keine Veranlassung anzunehmen, dass der Zeuge RI V W dem Beschwerdeführer nicht sofort den Grund der Festnahme mitgeteilt hat. Diese Vorgangsweise wird bei jeder Festnahme gepflogen, sodass keine Veranlassung besteht anzunehmen, dass der Grund nicht auch im gegebenen Fall ausgesprochen wurde. Der erkennende Senat hat keine Veranlassung anzunehmen, dass dieser Routinevorgang, welcher bei jeder Festnahme erfolgt, in concreto nicht eingehalten wurde. Im Gegensatz dazu ist die Aussage des Beschwerdeführers, er habe keine Drohungen gegenüber den einschreitenden Beamten gemacht und sei, als er einen Polizisten nach dem Grund der Festnahme des Beschwerdeführers R gefragt habe, festgenommen worden, unglaubwürdig. Es wäre sicherlich für RI V W und RI W S keine Veranlassung gewesen, beim Beschwerdeführer, falls dieser nur die Frage geäußert hätte, wohin ein Festgenommener gebracht wird, mit einer Festnahme vorzugehen. Dies umso mehr, da sich zu dem Zeitpunkt ein tumultartiger Ablauf der Geschehnisse ereignete und die beiden einschreitenden Beamten ihren anderen Kollegen Assistenz leisten hätten können. Zudem ist es RI V W und RI W S durchaus zumutbar festzustellen, ob die oben angeführte Drohung, als auch andere Drohungen vom Beschwerdeführer geäußert wurden. Es ist auch ohne Belang, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Festnahme ein Messer mitgehabt hat oder nicht. Vielmehr ist auch die Aussage des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt seiner starken Alkoholisierung zu sehen (ca 8,5 Stunden nach dem Vorfall hatte der Beschwerdeführer noch 0,41 mg/l Atemluft) und erscheinen wohl die von ihm getätigten Drohungen in einem anderen Licht. Die Aussage der Zeugen P O, S H und E G sind, soweit sie die Festnahme betreffen, nicht glaubwürdig. Alle drei Zeugen gaben an, dass sie die Drohung des Beschwerdeführers nicht vernommen haben. Alle drei Zeugen gaben an, nicht wahrgenommen zu haben, dass der Beschwerdeführer die Polizisten beschimpft hätte. Dies steht sogar mit der Aussage des Beschwerdeführers im Widerspruch, der bei seiner Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion G am 27. März 2005 um 21.30 Uhr angab, dass er gestänkert und geschimpft habe, jedoch wisse er nicht mehr seine Worte, da er total angesoffen war. Auch bei seiner Einvernahme vor dem Landesgericht für Strafsachen G am 3. Mai 2005 gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht mehr sagen könne, was er geäußert habe, da er wohl zu stark alkoholisiert war und er könne auch nicht ausschließen, dass er den Beamten gedroht habe, sie mit einem Messer in den Bauch zu rammen und ihnen die Nasen einzuschlagen. Aus den Zeugenaussagen der drei Partyteilnehmer ergibt sich offensichtlich, dass diese Zeugen eine äußerst voreingenommene Wahrnehmung vom Geschehen hatten und sich mit den Partyteilnehmern, als auch den Festgenommenen solidarisierten. Tatsache ist jedoch auch, dass der Beschwerdeführer laut polizeiärztlichem Verletzungsbefund vom 27. März 2005 am rechten Auge gerötet war und am rechten Auge eine oberflächliche Excoriation aufwies. Dies wird auch durch die vorgelegten Lichtbilder (Beilage ./A und ./B), die unmittelbar nach der Freilassung aus der Haft vom Beschwerdeführer gemacht wurden, bestätigt. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark steht daher unzweifelhaft fest, dass der Beschwerdeführer diese Verletzung nach dem Anlegen der Handfesseln und der Verbringung zum Ablageort durch die Handlung eines Sicherheitswacheorganes erlitten hat. Dies ergibt sich insbesondere aus der glaubwürdigen Aussage von RI V W der angab, dass die Verletzung am Auge des Beschwerdeführers sicherlich nicht von seiner Einsatztechnik im Rahmen der Festnahme herrührte und ihm auch zu dem Zeitpunkt keine derartige Verletzung beim Beschwerdeführer aufgefallen ist. Sieht man die Verletzungen auf den Lichtbildern (Beilage ./A und ./B), so ist wohl davon auszugehen, dass dem Zeugen RI V W diese aufgefallen wären. Auch der Beschwerdeführer selbst gibt hier durchaus glaubwürdig an, dass er, als er bereits mit Handfesseln fixiert gewesen und abgelagert war, das Gesicht Richtung Boden und den Kopf zur Seite gedreht hatte, einen Faustschlag auf das rechte Auge erlitten habe. Ihm wurde hiebei gesagt, dass er ruhig sein solle. Dass die Verletzung von jemand anderem als einem Sicherheitswacheorgan stamme, wird auch durch die Aussagen von RI H F und GI W M ausgeschlossen. Beide gaben übereinstimmend an, dass keine andere Person - gemeint waren die Partyteilnehmer - zu den abgelagerten Personen vordringen konnten und so eine derartige Verletzung verursachen hätte können. Dass der Beschwerdeführer sich selbst eine derartige Verletzung zugefügt hätte, ist wohl aus den Umständen (da mit Handfesseln fixiert) auszuschließen und wird selbst von der belangten Behörde nicht behauptet. Von der Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die Verbringung des Beschwerdeführers in waagrechte Position über die genannten Zeiträume gesundheitsgefährdend, sohin unmenschlich, war (Seite 14 der Verhandlungsschrift vom 3. August 2005), konnte abgesehen werden. Dies deshalb, da nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Gesundheitsgefahr bei liegenden Personen, die nicht am Boden fixiert sind, das heißt sich frei bewegen konnten, ausgeht. Im Übrigen war dies auf eine Zeitspanne von ca einer Minute und unter Beobachtung zumindest zweier Polizisten.

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 10. Mai 2005 ein (Postaufgabestempel: 6. Mai 2005), wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von den Organen der belangten Behörde vorgenommenen Handlungen im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurden. Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sind auch dann der Behörde zuzurechnen, wenn die Behördenorgane im Dienste der Strafjustiz einschreiten und es sich nicht um Angelegenheiten der Gerichtspolizei im engeren Sinne handelt. Das Einschreiten der Sicherheitsorgane erfolgte in concreto ohne Vorliegen eines richterlichen Befehles. Der damit verbundene Eingriff in subjektive Rechte erfolgte auf Grund der Willensbildung der Verwaltungsorgane und ist daher, obwohl das Einschreiten im Dienste der Strafjustiz erfolgte, der Verwaltung zuzurechnen (VwGH 06.10.1999, 99/01/0120 u.a.). 2. Gemäß Art. 1 Abs 1 Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit hat Jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit). Gemäß Abs 2 darf niemand aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art. 2 Abs 1 Z 2 darf die persönliche Freiheit einem Menschen unter anderem entzogen werden, wenn er einer bestimmten mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig ist, zum Zwecke der Beendigung des Angriffes oder zur sofortige Feststellung des Sachverhaltes, sofern der Verdacht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat oder dadurch entsteht, dass er einen bestimmten Gegenstand inne hat. Die Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, da er eine gefährliche Drohung äußerte und sich sodann bei der Festnahme wehrte. Gefährliche Drohung, als auch Widerstand gegen die Staatsgewalt ist eine gerichtlich zu ahndende Handlung. Die Festnahme war das einzige Mittel, um den Beschwerdeführer von seinem weiteren Vorhaben abzubringen. Auf Grund des Aggressionsgrades des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage am Tatort blieb den Sicherheitswachebeamten gar keine andere Möglichkeit, als den Beschwerdeführer festzunehmen und ihn so rasch wie möglich wegzubringen. Die Festnahme war daher im Sinne der oben zitierten Bestimmungen gerechtfertigt und somit rechtmäßig. Gemäß Art. 4 Abs 6 PersFrG ist der Festgenommene ehestens, wo möglich bei der Festnahme, über die Gründe seiner Festnahme zu verständigen. Wie oben ausgeführt, hat RI W dem Beschwerdeführer gleichzeitig mit dem Anlegen der Handfesseln mitgeteilt, dass er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt festgenommen worden sei. Eine Belehrung über seine Rechte nach der StPO erfolgte nach der Abnahme der Handfesseln im Polizeianhaltezentrum durch Übergabe des Informationsblattes für Festgenommene. Die Anwendung des § 30 Sicherheitspolizeigesetz - wie die belangte Behörde ausführt - ist jedoch beim Einschreiten der Sicherheitsexekutive im Dienste der Strafjustiz ausgeschlossen, weil nicht der Sicherheitsverwaltung zugehörig (§ 2 Abs 2 SPG). Gemäß § 2 WaffGG dürfen Organe der Polizei in Ausübung des Dienstes von Dienstwaffen unter anderem zur Überwindung eines auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes oder zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme Gebrauch machen. Gemäß § 4 WaffGG ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährlichere oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Aus dieser Bestimmung haben die Gerichtshöfe des öffentliches Rechtes abgeleitet, dass in jenen Fällen, in welchen das Waffengebrauchsgesetz den Waffengebrauch implizit zulässt, das in § 2 WaffGG bezeichnete Ziel auch durch Anwendung von Körperkraft und das Anlegen von Handfesseln verfolgt werden darf. Vorauszuschicken ist, dass das Waffengebrauchsgesetz auch die als weniger gefährliche Maßregeln eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse ableitet, die als Mittel der Wirkung eines auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes oder zur Erzwingung einer Festnahme gerichtet sind. Diese unterscheiden sich vom Waffengebrauch selbst nicht und sind somit denselben Einschränkungen, wie die Waffenverwendung unterworfen, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig sind und Maß haltend vor sich gehen, dann aber, das heißt unter diesen Voraussetzungen, wieder Waffengebrauch an sich nicht gegen Art. 3 MRK verstößt (VfGH 27.02.1990, B-976/89). Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass der Beschwerdeführer gefährliche Drohungen und bei seiner Festnahme sich mit Händen und Füßen gegen die von RI W S und RI V W durchgeführte Amtshandlung wehrte, wobei zweifellos Gefahr im Verzug vorlag, um das Leben und die Gesundheit der Beamten zu schützen. Dass der Beschwerdeführer nicht vorher aufgefordert wurde, den Angriff zu unterlassen, sondern gleich mit Körperkraft zu Boden geworfen wurde, kann in keiner Weise als Außerachtlassen der Anwendung eines gelinderen Mittels angesehen werden. Vielmehr muss diese Vorgangsweise als unbedingt notwendig und Maß haltend angesehen werden. Daran ändert auch nicht die Tatsache, dass der Beschwerdeführer vorerst durch die Anwendung von Halsklammer und Hüftwurf zu Boden gebracht wurde, dort kurzzeitig zwecks Anlegung der Handfesseln fixiert und sodann zum Ablageort gebracht wurde. Somit war die Anwendung von Körperkraft mit dem Zweck, den Beschwerdeführer daran zu hindern, dass er weitere Angriffe auf die Sicherheitswachebeamten durchführt und damit weitere rechtmäßige Amtshandlungen vereitelt, sowie das Anlegen von Handfesseln zur Sicherung der Festnahme gerechtfertigt und somit im Sinne der §§ 2 und 4 WaffGG rechtmäßig. Zu untersuchen war schließlich die Frage, ob die Ablage des Beschwerdeführers auf dem Gehsteig in Bauchlage mit durch Handfesseln fixierten Armen am Rücken eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellt. Die Notwendigkeit einer Ablage des Beschwerdeführers ergab sich daraus, dass die vorhandenen Streifenbesatzungen optimal eingesetzt werden mussten, um der Eskalation des Geschehens Herr zu werden. Dies bedeutete, dass für die Bewachung der Festgenommenen nur wenige Beamte zur Verfügung standen, wobei diese nicht nur ein Flüchten der Festgenommenen zu verhindern hatten, sondern sie auch von Partygästen, die sich in großer Zahl vor dem Haus versammelt hatten, abschirmen mussten. Dies bedeutete jedoch, dass die Festgenommenen so festzuhalten waren, dass sie weder leicht flüchten, noch ihre Aggression gegen die Sicherheitswachebeamten wieder aufnehmen konnten. Dazu erweist sich ein Liegen in Bauchlage mit fixierten Armen zweifellos als taugliches Mittel. Der Beschwerdeführer hat unter Hinweis auf den Bericht des Menschenrechtsbeirates Einsatz polizeilicher Zwangsgewalt - Risikominimierung in Problemsituationen und die Dienstvorschrift des Bundesministeriums für Inneres betreffend Anwendung einsatzbezogener Körperkraft versucht nachzuweisen, dass seine Fixierung in Bauchlage überbordend, da gesundheitsgefährdend, gewesen sei. Dazu ist festzustellen, dass sowohl der Bericht, als auch die Dienstvorschrift von einer Fixierung am Boden in Bauchlage ausgehen. Eine Fixierung am Boden hat jedoch beim Beschwerdeführer nicht stattgefunden, er lag vielmehr freiliegend, wie die anderen Festgenommenen auch, in Bauchlage auf dem Boden, sodass, wie jeder Mensch, der in Bauchlage liegt und schläft, bestätigen kann, auch die Gefahr einer Beeinträchtigung der Atmung und somit der Versorgung seines Körpers mit Sauerstoff nicht bestand. Der Beschwerdeführer hat auch selbst gar nicht behauptet, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt Atembeschwerden gehabt hätte. Das Festhalten des Beschwerdeführers in dieser Lage war auch nicht entwürdigend. Der Ablageort wurde von Polizeibeamten abgeschirmt und war die Sicht auf die Straße durch abgestellte Streifenfahrzeuge der Polizei verstellt. Dazu kommt, dass erfahrungsgemäß um diese Zeit in der sonst stark befahrenen K kaum Verkehr ist. Die Ablage erfolgte auch nicht über Gebühr lange, sondern ca 15 Minuten und wurde sodann der Beschwerdeführer in einen Arrestantenwagen und in das Polizeianhaltezentrum verbracht. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Ablage des Beschwerdeführers in der vorliegenden Situation in Bauchlage am Gehsteig für etwa eine Minute weder unverhältnismäßig, noch erniedrigend oder unmenschlich gewesen ist. Gemäß Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Das Versetzen eines Faustschlages durch ein Sicherheitswacheorgan in das rechte Auge des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt, als dieser bereits mittels Handfesseln fixiert war und am Boden lag, stellt jedenfalls eine brutale und unmenschliche Behandlung eines Festgenommenen dar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer zu dem Zeitpunkt möglicherweise noch die Einsatzkräfte beschimpfte und in der näheren Umgebung noch chaotische Zustände herrschten. Eine derartige Misshandlung eines bereits Festgenommenen ist als brutal und unmenschlich zu qualifizieren, sodass sie das nötige Mindestmaß an Schwere erreicht, um eine Verletzung des Art. 3 EMRK nach sich zu ziehen (EGMR 25.04.1978, Tyrer, EUGRZ 1979, 162; 27.08.1992, Tomasi, ÖJZ 1993/137; VfSlg 11.687, VfSlg 12596, VfSlg 10250, 11687). Die Verabreichung des Faustschlages an den am Boden liegenden Festgenommenen war weder notwendig, noch Maß haltend und stellt eine gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person dar (VfSlg 10286, 11328, 12596). Im Hinblick darauf, dass laut höchstgerichtlicher Judikatur bei Feststellung eines rechtswidrigen Teilaktes der Amtshandlung die gesamte Amtshandlung mit Rechtswidrigkeit behaftet ist, war der Beschwerde stattzugeben. 3. Als Kosten wurden gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 dem Beschwerdeführer ein Betrag von ? 1.499,80 zugesprochen. Dem Beschwerdeführer gebührt ?

660,80 als Schriftsatzaufwand, ? 826,00 als Verhandlungsaufwand und ? 13,00 als Stempelgebührenersatz.

Schlagworte
Menschenrechtskonvention Faustschlag Bauchlage unmenschliche Behandlung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten