TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/24 2000/04/0141

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Veröffentlicht am 24.10.2001
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §118 Abs1 Z3;
GewO 1994 §124 Z8;
GewO 1994 §142 Abs2;
GewO 1994 §143 Z1;
GewO 1994 §50 Abs1 Z11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 24, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 28. Februar 2000, Zl. E 015/02/1999.015/004, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 28. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 15. August 1998 selbständig, regelmäßig (von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr) und in Gewinnerzielungsabsicht das Gastgewerbe gemäß § 142 Abs. 1 Z. 3 und 4 GewO 1994 ausgeübt, indem er gegen Entgelt alkoholische (0,5 l Bier um S 20,--) und nichtalkoholische (0,2 l Limonade um S 10,--; 0,2 l Soda um S 7,00) Getränke in unverschlossenen Gefäßen an Besucher des Gelegenheitsmarktes in L. ausgeschenkt habe, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 142 Abs. 1 Z. 3 und 4 GewO 1994 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in den ihm "nach der Gewerbeordnung zustehenden Rechten und Nebenrechten als Konditor" verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, er sei als Konditor gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 berechtigt, nichtalkoholische Getränke und Bier auszuschenken, er benötige hiefür keine eigene Gewerbeberechtigung. Eine Einschränkung auf den Ausschank "in verschlossenen Gefäßen" finde nur in den dem Verkauf gewidmeten Räumen statt. Im Zusammenhang mit § 50 Z. 11 GewO 1994, wonach Gewerbetreibende berechtigt wären, vorübergehend aus Anlass einzelner besonderer Gelegenheiten Speisen zu verabreichen und Getränke auszuschenken, ergebe sich, dass der Beschwerdeführer als Konditor im vorliegenden Fall jedenfalls berechtigt gewesen sei, nichtalkoholische Getränke und Bier auszuschenken und zwar sowohl in verschlossenen wie auch in unverschlossenen Gefäßen. Im Übrigen sei das Merkmal der "Regelmäßigkeit" nicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer lediglich am 15. August 1998, als er den Gelegenheitsmarkt L. besucht habe, nichtalkoholische Getränke und Bier ausgeschenkt habe. Schließlich habe der Beschwerdeführer bereits vor der belangten Behörde vorgebracht, dass ihm sein Rechtsstandpunkt sowohl vom Amt der NÖ Landesregierung wie auch vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten bestätigt worden sei. Selbst wenn sein Rechtsstandpunkt auf einem Rechtsirrtum beruhen sollte, träfe den Beschwerdeführer daher kein Verschulden.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 142 Abs. 1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z. 8) für

1.

die Beherbergung von Gästen;

2.

die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen;

              3.              den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen;

              4.              den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

Unter Verabreichung (Abs. 1 Z. 2) und unter Ausschank (Abs. 1 Z. 3 und 4) ist gemäß § 142 Abs. 2 GewO 1994 jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

Gemäß § 143 Z. 1 GewO 1994 ist kein gebundenes Gewerbe gemäß § 124 Z. 8 die Verabreichung von Speisen, der Ausschank von Getränken und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen durch Erzeugungs- und Handelsgewerbetreibende in dem in den §§ 117, 118, 119, 159 und 284 Abs. 3 bezeichneten Umfang.

Gemäß § 118 Abs. 1 GewO 1994 stehen den Konditoren (§ 94 Z. 30) auch folgende Rechte zu:

1.

die Herstellung von Gebäck und Weißbrot;

2.

die Zubereitung von kalten Imbissen, wie belegten Brötchen, Salaten, garnierten Eiern und Schinkenrollen;

              3.              die Verabreichung ihrer Erzeugnisse einschließlich der in

Z. 1 und Z. 2 genannten Produkte und der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen in den dem Verkauf gewidmeten Räumen.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kommt ihm als Konditor das Recht, seine Erzeugnisse im Sinne des § 142 Abs. 2 GewO 1994 "zu verabreichen" und nichtalkoholische Getränke und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen "auszuschenken", nicht generell zu, sondern gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 nur "in den dem Verkauf gewidmeten Räumen". Nur in diesem Umfang räumt § 143 Z. 1 GewO 1994 u.a. für Konditoren eine Ausnahme vom Erfordernis einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z. 8) ein. Außerhalb von dem Verkauf gewidmeten Räumen bedürfen auch Konditoren sowohl für die Verabreichung der genannten Erzeugnisse als auch für den Ausschank der erwähnten Getränke einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 124 Z. 8 GewO 1994.

Ein Recht der Konditoren, nichtalkoholische Getränke und Bier außerhalb von dem Verkauf gewidmeten Räumen auszuschenken, wird - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - auch durch § 50 Abs. 1 Z. 11 GewO 1994 nicht begründet. Nach dieser Bestimmung dürfen Gewerbetreibende im Rahmen ihres Gewerbes vorübergehend aus Anlass einzelner besonderer Gelegenheiten (Volksfeste, Wohltätigkeitsveranstaltungen, Ausstellungen, Märkte, Sportveranstaltungen, größere Baustellen u.dgl.) "außerhalb der Betriebsräume und allfälligen sonstigen Betriebsflächen des Standortes ihres Gastgewerbes Speisen verabreichen und Getränke ausschenken". Der Beschwerdeführer übersieht also bei seiner Argumentation, dass sich diese Bestimmung - entgegen der Verheißung des Einleitungssatzes - nicht auf Gewerbetreibende schlechthin bezieht und daher auch nicht Gewerbetreibende schlechthin berechtigt, aus Anlass besonderer Gelegenheiten Speisen zu verabreichen und Getränke auszuschenken. Vielmehr bezieht sich diese Bestimmung ausschließlich auf Gastgewerbetreibende und berechtigt daher lediglich diese, ihr Gastgewerbe außerhalb der Betriebsräume und der sonstigen Betriebsflächen des Standortes bei Veranstaltungen und ähnlichen auszuüben (vgl. auch den Bericht des Wirtschaftsausschusses, 1308 BlgNR 20 GP 1). Für den Beschwerdeführer, der unbestrittenermaßen keine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z. 8 GewO 1994) besitzt, ist aus § 50 Abs. 1 Z. 11 GewO 1994 somit nichts zu gewinnen.

Soweit der Beschwerdeführer weiters geltend macht, es sei im vorliegenden Fall das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit nicht erfüllt, ist er auf § 1 Abs. 4 GewO 1994 zu verweisen, wonach selbst eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Ausgehend von einer derart auf den Einzelfall und die konkreten Begleitumstände abgestellten Beurteilung war es im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf den inkriminierten Zeitraum nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde das Merkmal der Regelmäßigkeit im Beschwerdefall als erfüllt erachtete.

Was schließlich das Vorbringen anlangt, der Beschwerdeführer sei einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die seinen Rechtsstandpunkt stützende Information des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten bzw. des Amtes der NÖ Landesregierung erst nach der Tat eingeholt. Diese Information könne daher für einen Rechtsirrtum des Beschwerdeführers im Tatzeitpunkt nicht ursächlich gewesen sein.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die seinen Rechtsstandpunkt stützende Information erst nach der ihm zur Last gelegten Tat erhalten zu haben. Schon aus diesem Grund ist sein Vorbringen nicht geeignet, aufzuzeigen, er sei bei Begehung der Tat einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000040141.X00

Im RIS seit

12.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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