TE UVS Steiermark 2005/11/23 30.16-31/2005

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Veröffentlicht am 23.11.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn S M, vertreten durch MMag. Dr. H G, Rechtsanwalt in G, G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 22.03.2005, Zl. III/S-25.336/04, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das Strafverfahren in allen Punkten gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er sei am 25.05.2004 als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen 1. um ca. 16.30 Uhr bzw. 16.35 Uhr in G, J in östl. Richtung 2. nicht so weit rechts gefahren, wie es unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, da er den J in östliche Richtung befuhr und handle es sich dabei um eine Sackgasse mit schmaler Fahrbahn und musste eine Dame zur Seite springen um nicht vom PKW erfasst zu werden. 3. Er sei nicht so weit rechts gefahren, wie es unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, da er den J in westliche Richtung befuhr und handle es sich dabei um eine Sackgasse mit schmaler Fahrbahn und musste eine Dame zur Seite springen um nicht vom PKW erfasst zu werden. 4. Er habe die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepasst, da er den J in östliche Richtung mit überhöhter Geschwindigkeit befuhr. 5. Er habe die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepasst, da er den J in westliche Richtung mit überhöhter Geschwindigkeit befahren habe. Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1.) § 7 Abs 1 StVO 2.) § 7 Abs 1 StVO 3.) § 20 Abs 1 StVO 4.) § 20 Abs 1 StVO Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO in allen Punkten eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils ?

110,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von je zwei Tagen verhängt. Ferner wurden gemäß § 64 VStG ? 44,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der eine Verwirklichung der ihm zur Last gelegten Tatbestände in subjektiver, wie auch objektiver Hinsicht ausdrücklich in Abrede gestellt wird. Die Zeugin P G habe die Situation offensichtlich falsch eingeschätzt, eine kritische Fahrsituation insbesonders aber auch eine Gefährdung der Zeugin habe niemals vorgelegen. Die Fahrlinie sei so gewählt worden, dass eine Gefährdung für die Zeugin oder andere Personen nie bestanden habe. Ausdrücklich bestritten werde, dass der Beschuldigte eine Fahrgeschwindigkeit von ca. 50 km/h eingehalten hätte. Der Beschuldigte habe aufgrund seiner Erfahrung eine geringe Fahrgeschwindigkeit eingehalten und eine äußerst rechte Fahrlinie. Im Übrigen habe auch die Zeugin beim Befahren des Weges in östliche Richtung nicht auf der Fahrbahn gestanden, sondern sei aus dem dort befindlichen Hause gekommen. Neben der Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten werde daher der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, in eventu das angefochtene Straferkenntnis nach Durchführung einer Berufungsverhandlung ersatzlos aufzuheben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unter Hinweis auf § 51e Abs 2 Z 1 VStG entfallen. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Verhaltens und der Tatbestände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anbelangt, sind entsprechende, das heißt im Bezug zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich (vgl. VwGH verst. Senat 13.06.1984, Slg. NF 11.466/A uva.). Der Spruch eines Straferkenntnisses muss also alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung umfassen, zumal es zu den selbstverständlichen Grundsätzen eines jeden Strafverfahrens gehört, dass die Tat so eindeutig umschrieben wird, dass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür eine Bestrafung erfolgt ist. Gemäß § 7 Abs 1 erster Satz StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, soferne sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Die Tatbeschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs 1 StVO erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (vgl. VwGH 22.11.1985, 85/18/0101). Diesem Erfordernis wird der Spruch zu den Punkten 2.) und 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses nicht gerecht, wobei schon an dieser Stelle grundsätzlich darauf hinzuweisen ist, dass es sich bei Spruchpunkt 1.) um keinen gesondert zu betrachtenden bzw. zu beurteilenden Schuldvorwurf an den Berufungswerber handelt, vielmehr ist Spruchpunkt 1.) lediglich als Einleitungssatz, beinhaltend die Tatzeit und die nähere Tatörtlichkeit der ihm im Folgenden in den Punkten 2.) bis 5.) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen anzusehen. Gerade auch angesichts der seitens der Berufungsbehörde aus Anlass des gegenständlichen Berufungsvorbringens durchgeführten ergänzenden Erhebungen bzw. deren Ergebnisse, wobei insbesonders die vorgelegte Lichtbilddokumentation anzuführen ist, ist festzuhalten, dass sich der schmale J in einem Ausbauzustand ohne Gehsteige befindet, weshalb der Hinweis im Tatvorwurf dass eine Dame zur Seite springen musste um nicht vom PKW erfasst zu werden zwar als Feststellung respektive Vorhalt gewertet werden kann, in welcher Form der Berufungswerber seine Fahrlinie gewählt hat. Diese Feststellungen bzw. Vorhalte für sich allein betrachtet reichen jedoch nicht aus, das spruchgemäße Erfordernis inwieweit dem Lenker ein Rechtsfahren überhaupt zumutbar und möglich war, zu kompensieren bzw. als überflüssig anzusehen. Eine hinreichende Tatbeschreibung der ihm in den Punkten 2.) und 3.) zur Last gelegten Verwaltungsübertretung des § 7 Abs 1 StVO im Sinne obiger Ausführungen liegt deshalb nicht vor. Dazu kommt des Weiteren, dass dem Berufungswerber an sich ein und derselbe Tatvorwurf in den Punkten 2.) und 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt wird, sieht man davon ab, dass ihm ein Verstoß gegen § 7 Abs 1 StVO einmal in östlicher Richtung und einmal in westlicher Richtung fahrend vorgehalten wurde. Der neben dem bereits zitierten Hinweis erfolgte Vorhalt, die Übertretung des § 7 Abs 1 StVO (auch) deshalb begangen zu haben, da es sich beim J um eine Sackgasse mit schmaler Fahrbahn handle, ist nicht geeignet, die erwähnten und auch seitens des Höchstgerichtes geforderten Hinweise, wie weit rechts der Berufungswerber tatsächlich gefahren ist und wie weit ihm dies zumutbar und möglich gewesen wäre zu ersetzen. Dazu kommt schließlich, dass der Aktenlage nach die Anzeigerin, die sich auf der rechten Fahrbahnhälfte befunden haben soll, ihre Position während der Fahrmanöver des Berufungswerbers offenkundig nicht verändert hat und deshalb wie vom Vertreter des Berufungswerbers ausgeführt, der Vorhalt zu Punkt 2.) aus fahrtechnischen Gründen an sich nicht verwirklicht worden sein kann. Alle aufgezeigten Umstände sprechen somit nach Ansicht der erkennenden Behörde unzweifelhaft dafür, dass mit den in den Spruchpunkten 2.) und 3.) erfolgten Vorhalten die Taten entgegen § 44a Z 1 VStG nicht so eindeutig umschrieben wurden, dass kein Zweifel mehr darüber bestehen kann, wofür die Bestrafung erfolgte. Da die mangelhafte Tatbildumschreibung im Hinblick auf den Wortlaut der Spruchpunkte 2.) und 3.), wie erwähnt, nicht den gesetzlichen Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entsprochen hat, musste im Hinblick darauf, dass eine Sanierung dieser Mängel durch die erkennende Behörde aufgrund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht mehr möglich ist, das Strafverfahren in diesen beiden Punkten zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen, gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt werden. Die zuvor getroffenen Ausführungen treffen im Ergebnis aber auch auf die, dem Berufungswerber in den Spruchpunkten 4.) und 5.) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs 1 StVO 1960 zu. Die belangte Behörde hat weder die gefahrene Geschwindigkeit angeführt, noch jene Umstände in irgendeiner Form konkretisiert, weshalb der Berufungswerber die an sich höchstzulässige Geschwindigkeit allenfalls nicht hätte fahren dürfen. Im Gegensatz zur Judikatur zu § 20 Abs 2 StVO hat der Verwaltungsgerichtshof zu den Erfordernissen des Tatvorwurfs eine Verwaltungsübertretung § 20 Abs 1 StVO betreffend unmissverständlich ausgesprochen, dass zur Beurteilung der Frage, ob ein Fahrzeuglenker eine im Sinne des Abs 1 des § 20 StVO unzulässige Geschwindigkeit eingehalten hat, diese Geschwindigkeit auch ziffernmäßig festgestellt und in den Spruch des Straferkenntnisses aufgenommen werden muss. Es genügt nicht, als erwiesen anzunehmen, der Lenker habe eine in Bezug auf die gegebenen Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse überhöhte Geschwindigkeit eingehalten (vgl. Pürstl-Somereder, StVO, 11. Auflage, § 20, E 18 samt Judikaturhinweisen; UVS Burgenland 29.11.2004, GZ: 002/1004160 ua.). Da der Vorhalt zu Punkt 4.) und

5.) sich im Ergebnis in der Wiedergabe der verba legalia erschöpft, damit der Spruch im Sinne obiger Ausführungen ebenfalls nicht den Konkretisierungserfordernissen des § 44a Z 1 VStG entspricht und mangels einer entsprechenden Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 32 Abs 2 VStG die Berufungsbehörde auch keine Möglichkeit einer Sanierung dieses Mangels mehr hat, war der Berufung auch in diesen Punkten Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben, sowie schließlich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, weshalb eine Erörterung des sonstigen Berufungsvorbringens entfallen konnte. Bezüglich der dem Berufungswerber in den Spruchpunkten 4.) und 5.) angelasteten Verwaltungsübertretungen ist der Ordnung halber ergänzend noch darauf hinzuweisen, dass zwei Strafverfahren denselben Tatort und dieselbe Tatzeit betreffend wegen Verletzung des § 52 lit. a Z 10a StVO (Vorwurf: ... die durch Verbotszeichen gemäß § 52 lit. a 10a StVO kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erheblich überschritten) durch die belangte Behörde am 25.02.2005 eingestellt wurden, wobei sich aus der Begründung des Einstellungsvermerkes ergibt, dass die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens nicht mit der für eine Entscheidung erforderlichen Gewissheit als erwiesen angenommen werden können. Gerade letzterer Umstand hätte daher (auch) eine spruchmäßige Feststellung in den Punkten 4.) und 5.) erforderlich gemacht, mit welcher als allenfalls als zu hoch erachteten Geschwindigkeit der Berufungswerber die Tatortstrecke befuhr oder/und aufgrund welcher konkret zu bezeichnenden Umstände auf den Anlassfall bezogen von einer überhöhten Geschwindigkeit auszugehen war. Diese Berufungsentscheidung konnte unter Hinweis auf § 51e Abs 1 Z 2 VStG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung getroffen werden.

Schlagworte
Rechtsfahrgebot Fahrgeschwindigkeit Tatbestandsmerkmal Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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