TE UVS Tirol 2005/11/30 2005/18/2886-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn L. M., D-München, vertreten durch die Rechtsanwälte F. und K., Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13.10.2005, Zl VK-4377-2005, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, somit Euro 29,00, zu bezahlen.

 

Gemäß § 52a Abs 1 VStG wird das mündlich verkündete Berufungserkenntnis insoferne abgeändert, als der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wie folgt berichtigt wird:

 

?Sie haben am 03.04.2005, um 16.14 Uhr auf der A 12 Inntalautobahn bei km 50.273 als Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen XY (D) unterlassen, vom nächsten vor Ihnen fahrenden Fahrzeug einen solchen Abstand einzuhalten, dass Ihnen das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre.?

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 03.04.2005, um 16.14 Uhr

Tatort: Vomp auf der A-12 Inntalautobahn, bei km 50.273

Fahrzeug: Personenkraftwagen, Kennzeichen XY

 

Sie haben als Lenker des angeführten KFZ zu einem vor Ihnen fahrenden am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,52 Sekunden festgestellt.?

 

Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs 1 StVO zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 145,00, 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben. In dieser Berufung wurde ausgeführt, dass das erstinstanzliche Verfahren mit wesentlichen Verfahrensmängeln behaftet sei. In der Stellungnahme vom 08.07.2005 sei bereits darauf hingewiesen worden, dass aus den vorliegenden Lichtbildern keine Abstandsverletzung abzuleiten sei. Die von der Polizei angefertigten Lichtbilder würden unterschiedliche Tatzeiten aufweisen. Weiters sei mehrmals darauf hingewiesen worden, dass die Abstandverletzung nicht dem Fahrzeug des Beschuldigten zugeordnet werden könne, weil sich insgesamt sechs Fahrzeuge am Lichtbild befinden würden. Die Frage, ob die Abstandsverletzung dem Fahrzeug des Beschuldigten zuzuordnen sei, könne nur durch ein kfz-technisches Sachverständigengutachten geklärt werden. Obwohl die Aufnahme eines Sachbefundes beantragt worden sei, habe die erkennende Behörde keinen eingeholt. Vielmehr habe sich die Behörde bei der Entscheidungsfindung lediglich auf die Aussagen des Meldungslegers gestützt. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes sei aber die Einholung des beantragten Sachbefundes unerlässlich und könne nur durch diesen Sachbefund endgültig geklärt werden, ob der Beschuldigte eine Abstandsverletzung zu verantworten hat oder nicht.

 

Überdies würden im bekämpften Bescheid jegliche Feststellungen in Bezug auf Straßenbeschaffenheit, Reifenzustand, Beschaffenheit der Bremsen des Fahrzeuges des Beschuldigten, Ladung und Sichtverhältnisse fehlen. Nur durch Feststellung dieser entscheidungswesentlichen Kriterien könne abschließend beurteilt werden, ob der Beschuldigte tatsächlich eine Abstandsverletzung zu verantworten habe.

 

Selbst wenn der Beschuldigte eine Abstandsverletzung zu verantworten hätte, so wäre von dieser keine Gefahr ausgegangen. Das Verschulden des Beschuldigten an einer allfälligen Verwaltungsübertretung wäre geringfügig und es würde im Anlassfall eine Ermahnung ausreichen.

 

Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Zeuge GI E. einvernommen und der erstinstanzliche Akt verlesen.

 

Der Berufung kam keine Berechtigung zu.

 

Aufgrund des Beweisverfahrens steht der aus dem Spruch des Berufungserkenntnisses ersichtliche Sachverhalt als erwiesen fest.

 

In der Anzeige, die sich im erstinstanzlichen Akt findet, ist ausgeführt, dass der Lenker (der Beschuldigte) am 03.04.2005 um

16.14 Uhr auf der A 12, Inntalautobahn bei Strkm. 50,273 zu einem vor ihm am gleichen Fahrsteifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Laut Anzeige ist mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,52 Sekunden festgestellt worden. Bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 125 km/h sei lediglich ein Abstand von 17 m eingehalten worden.

 

Aufgrund des vom Beschuldigten erhobenen Einspruches wurden von der (damaligen) Autobahngendarmerie Wiesing Lichtbilder betreffend die gegenständliche Verwaltungsübertretung eingeholt. Dabei handelt es sich insbesondere um das Lichtbild vom 03.04.2005, 16.14 Uhr und 14 Sekunden (erste Messung) sowie das Lichtbild vom 03.04.2005, 16.14 Uhr und 17 Sekunden (zweite Messung).

 

Weiters ist dabei anzuführen, dass bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 125 km/h (vorwerfbarer Wert 121 km/h) ein zeitlicher Abstand von lediglich 0,52 Sekunden, sowie eine wegmessige Entfernung von lediglich 17 m, aufscheinen.

 

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde vom Zeugen E., der die gegenständliche Messung durchgeführt hat, eine Stellungnahme zum gegenständlichen Vorfall abgegeben. Dabei führte der Zeuge aus, dass von der Übertretung ? eigentlicher Messbereich ? bereits mit Schreiben vom 26.07.2005 von der API Wiesing der Videoausdruck übersandt worden sei.

 

Mit diesem Schreiben seien weitere zwei Videoausdrucke mit Vergrößerung vorgelegt worden. Aus diesen sei klar ersichtlich, dass man eine Messung einwandfrei durchführen könne, zumal die Auswertung am Farbmonitor durchgeführt werde, aber mit den verfügbaren Geräten kein besserer schwarz-weiß Ausdruck vorgelegt werden könne (Beilage 1 und 2 ? die bereits angesprochenen Lichtbilder).

 

Zum Videoausdruck sei auszuführen, dass am letzten Wochenende im März 2005 die Umstellung der Winter ? auf die Sommerzeit erfolge. Dies erfolge automatisch über das Betriebssystem das heiße, am ersten Tag der Sommerzeit bei der Inbetriebnahme des Rechners müsse man nur mehr die Umstellung bestätigen und dann erfolge automatisch die Zeitumstellung um eine Stunde. Dies sei auch gemacht worden und auch im Programm des VKS 3.0 sei die Umstellung über den geeichten Kodierer durchgeführt worden. Es sei daher die richtige Uhrzeit am Videoausdruck bei den kleinen Fotos (erstes und zweites) eingestellt gewesen.

 

Beim untersten dritten (großen) Foto sei vergessen worden, die Uhrzeit händisch auf die Sommerzeit umzustellen, weshalb sich der Zeitunterschied um eine Stunde ergebe. Das dritte Foto diene lediglich zur Kennzeichenerkennung und es werde von den Beamten die Uhrzeit sowie das Datum händisch eingeblendet, damit bei einem nachträglichen Suchen eines Kraftfahrzeuges (Überprüfung ob Kennzeichen richtig abgelesen und angezeigt worden sei usw) dies erleichtert werde, da die Videokassette eine Aufnahmezeit von 5 Stunden haben würde.

 

Weiters werde angeführt, dass der Angezeigte auf der Beobachtungsstrecke von ca. 500 m auf dem zweiten Fahrstreifen - ohne Beeinträchtigung (zB Stau), unvermittelt auf die Überholspur wechselndes Fahrzeuge plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges usw. - hinter einem PKW hergefahren sei.

 

Der die Messung durchführende und diese Stellungnahme erstattende GI E. wurde anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen. Dabei gab der Zeuge Folgendes zu Protokoll:

 

?Mit werden meine Angaben im erstinstanzlichen Verfahren vom 28.09.2005 vollinhaltlich vorgehalten. Ich halte diese Angaben auch unter Wahrheitsverpflichtung aufrecht. Ich war selbst bei der Messung zugegen. Ich habe die Auswertung durchgeführt.

 

Auf Lichtbild 2 ist ganz unten die Nulllinie abgebildet. Im gegenständlichen Fall war es so, dass insgesamt drei Kameras auf der Brücke zur Verfügung gestanden sind.

 

Auf Vorhalt, dass sich auf den Lichtbildern mehrere Fahrzeuge abgebildet finden würden, gebe ich an, dass eindeutig ist, dass am Lichtbild 1 (erste Messung) das dritte Fahrzeug jenes des Beschuldigten ist und am Lichtbild 2 (zweite Messung) das zweite Fahrzeug das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug darstellt. Auf Lichtbild 2 sieht man auf dem rechten Fahrstreifen das erste Fahrzeug (auf Lichtbild 1) nicht mehr. Es gibt keinerlei Zweifel daran, dass tatsächlich das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug der Messung unterzogen worden ist.

 

Es ist so, dass das Fahrzeug des Beschuldigten sodann per Funk an die Kollegen durchgegeben worden ist und sodann die Anhaltung durchgeführt worden ist.

 

Ich war bei der Anhaltung nicht zugegen, sodass ich nicht sagen kann, ob bei der Anhaltung die Beschaffenheit des Fahrzeuges, insbesondere Reifenzustand, kontrolliert worden ist. Ich mache hin und wieder auch Anhaltungen.

 

Es ist so, dass das verwendete Gerät natürlich auch die Geschwindigkeit misst.?

 

Es ergibt sich nicht der geringste Hinweis dafür, dass die Angaben dieses Zeugen nicht der Richtigkeit entsprechen würden. Der Zeuge machte einen sicheren und vertrauenswürdigen Eindruck. Er hätte im Falle einer falschen Zeugenaussage mit einer gerichtlichen Bestrafung zu rechnen gehabt.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beträgt der einzuhaltende Mindestabstand jene Strecke, die innerhalb einer Sekunde bei der jeweils eingehaltenen Geschwindigkeit durchfahren wird. Im gegenständlichen Fall betrug die gemessene Geschwindigkeit abzüglich der Messfehlertoleranz 121 km/h, sodass ein Mindestabstand von 33,6 m einzuhalten gewesen wäre. Dass dieser Mindestabstand vom Beschuldigten bei weitem nicht eingehalten worden ist, ergibt sich selbst anhand der Lichtbilder 1 und 2 auch für einen Laien augenscheinlich. Insbesondere auf Lichtbild Nr. 2 ergibt sich, dass sich das vorausfahrende Fahrzeug mit dem Frontteil etwa auf Ende der abgebildeten Leitlinie befindet. Das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug befindet sich mit dem Frontteil etwa auf halber Höhe der Unterbrechung zwischen Leitlinie zwei und drei, die auf diesem Lichtbild abgebildet sind (Unterbrechung, Leitlinie, halbe Unterbrechung).

 

Nach § 5 Abs 1 der Bodemarkierungsverordnung beträgt auf Autobahnen die Länge einer jeweiligen Leitlinie (Strich) 6 m sowie die Länge der Unterbrechung 12 m (12 m plus 6 m ? etwa die Hälfte der Unterbrechung) abzüglich der mit etwa 4 m anzunehmenden Länge des Vorderfahrzeuges. Somit ergibt sich auch bei dieser groben Betrachtung, dass ein eingehaltener Abstand von 17 m, wie die Messung ergeben hat, eindeutig nachvollziehbar ist.

 

Dass die angeführte Messung dem Beschuldigten gelenkten Fahrzeug zuzuordnen ist, ergibt sich eindeutig aus den diesbezüglichen in jeder Weise nachvollziehbaren Ausführungen des die Messung durchführenden BI E. Insbesondere aufgrund dieser Ausführungen sowie der bereits angeführten Grobbetrachtung der Lichtbilder, wodurch absolut plausibel nachvollziehbar ist, dass der Abstand, wie gemessen, tatsächlich nur 17 m betragen hat, war die Aufnahme eines Sachverständigengutachtens unter Hinweis darauf, dass sich mehrere Fahrzeuge auf den Lichtbildern abgebildet finden würden, entbehrlich.

 

Auch war nach Ansicht der Berufungsbehörde kein Gutachten zur Beschaffenheit des vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeuges sowie auch die angebotene Einvernahme der die Anhaltung durchführenden Beamten zu diesem Beweisthema erforderlich, zumal dieses Beweisthema nicht wesentlich für den Tatbestand der hier zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass die einschlägige Strafbestimmung eine Geldstrafe bis zur Höhe von Euro 726,00 vorsieht. Aus dieser Sicht ist die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe nicht als überhöht zu betrachten. Diese entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat, wobei von fahrlässigem Verhalten ausgegangen wird. Auch der Umstand, dass die Erstbehörde die laut Akteninhalt bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten nicht eigens als Milderungsgrund berücksichtigt hat, führt aufgrund des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat nicht dazu, dass die Strafe als zu hoch angesehen werden müsste. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse wurden vom Beschuldigten trotz Aufforderung keine Angaben gemacht, sodass von durchschnittlichen Gegebenheiten ausgegangen wird.

 

Die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG kam nicht in Betracht, da im gegenständlichen Fall nicht davon gesprochen werden kann, dass das Verschulden des Beschuldigten geringfügig gewesen wäre, noch die Folgen der Übertretung unbedeutend.

Schlagworte
Dass, die, angeführte, Messung, zuzuordnen, ist, ergibt, sich, eindeutig, aus, Ausführungen, sowie, Grobbetrachtung, der Lichtbilder
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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