TE UVS Tirol 2005/12/02 2005/18/1829-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.12.2005
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des M. N., Innsbruck, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M. B., Silz, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 30.05.2005, Zl. S-3731/05, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und werden die Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 1., 2. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 05.02.2005 um 11.05 Uhr in Innsbruck, als Lenker des PKWs XY die Freiburger Brücke in Fahr Holzhammerstraße befahren und haben ein mit einer Geschwindigkeit von ca. 40-50 km/h fahrendes Fahrzeug überholt, obwohl

1) Sie nicht einwandfrei erkennen konnten, dass Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern, weiters

2) wollten Sie sich vor dem Fahrzeug einreihen und begannen das Fahrzeug schon auf den rechten Fahrstreifen zu lenken als Sie noch gar nicht mit der gesamten Fahrzeuglänge an dem Fahrzeug vorbei waren (Abstand zum überholten Fahrzeug höchstens 20-30 cm), nur durch eine Vollbremsung bzw durch das Ablenken des überholten Fahrzeuges zum rechten Fahrbahnrand konnte ein Zusammenstoß verhindert werden und

3) haben unmittelbar danach noch ein anderes Fahrzeug vorschriftwidrig auf der rechten Seite überholt.?

 

Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1. eine Übertretung nach § 16 Abs 1 lit c StVO, zu Punkt 2. eine Übertretung nach § 16 Abs 1 lit a StVO und zu Punkt 3. eine Übertretung nach § 15 Abs 1 StVO zur Last gelegt. Über den Beschuldigten wurde jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 250,00, jeweils 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben. Dabei wurde ausgeführt, dass die Sachverhaltsfeststellungen für eine verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung nicht ausreichen würden. Der Ort, wo der Beschuldigte überholt haben solle, sei nicht hinreichend konkretisiert. Die im Straferkenntnis angeführte Freiburger Brücke habe eine Länge von ca. 60 m und weise in jeder Fahrtrichtung zwei durch Bodenmarkierungen getrennte Fahrstreifen auf. Es werde nicht angeführt, wo sich der Überholvorgang konkret abgespielt habe. Die Skizze des Zeugen H., deutete darauf hin, dass sich der dem Beschuldigten vorgeworfene Überholvorgang noch vor der Brücke abgespielt habe. Sollte sich der Überholvorgang am Ende der Brücke abgespielt haben, so sei dies deshalb von Bedeutung, da südlich kurz nach der Brücke unter anderem eine dritte Fahrspur zum Linksabbiegen beginne und an einem dort fahrenden bzw. sich einordnenden Fahrzeug selbstverständlich rechts vorbeigefahren werden dürfe (Punkt 3. des Straferkenntnisses).

 

Von einer vorschriftswidrigen Rechtsüberüberholung sei in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch keine Rede gewesen. Es gebe keine Angaben, welcher Verkehr zum fraglichen Zeitpunkt geherrscht habe. Zum genannten Zeitpunkt habe auf der Freiburger Brücke jedenfalls in beiden Fahrtrichtungen zumindest aufgelockerter Kolonnenverkehr bestanden.

 

Eine nachvollziehbare Begründung, warum den Angaben des Zeugen H. Glauben geschenkt worden sei bzw diesen Angaben höhere Glaubwürdigkeit zugemessen worden sei, als der Verantwortung des Beschuldigten, fehle. Der Satz, der Zeuge habe einen glaubwürdigen und zuverlässigen Eindruck hinterlassen, sei bei der Beweiswürdigung, bei welcher Aussage gegen Aussage stehe zuwenig. Es werde auch in keiner Weise angeführt, welche Fahrzeuge der Beschuldigte überholt haben solle. Die Skizze des Anzeigers sei in keiner Weise nachvollziehbar. Der Beschuldigte habe noch nie ein Fahrzeug mit einem Abstand von 20 bis 30 cm überholt bzw sei noch nie bei einem Fahrzeug so knapp eingeschert. Es wäre jedenfalls anzugeben, weshalb man derartigen Entfernungsangaben bzw. Schätzungen des Anzeigers vorbehaltlos Glauben schenken könne. Es gebe durchaus Leute, die ein schlechtes Schätzvermögen hätten bzw auch zu maßlosen Übertreibungen neigen würden. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass nur eine Privatanzeige vorliege und jede Begründung für die Glaubwürdigkeit und Verlässigkeit des Zeugen fehle. Es würden hinreichende Entfernungsangaben, Abstände der Fahrzeuge, Beginn und Dauer eines allfälligen Überholmanövers und Angaben zu den anderen Fahrzeugen auf der Fahrbahn zu diesem Zeitpunkt fehlen. Es sei nicht einzusehen, warum der Beschuldigte ein anderes Fahrzeug auf der mehrspurigen Straße (bei Kolonnenverkehr) vorschriftswidrig auf der rechten Seite überholt haben solle.

 

Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurden der Beschuldigte sowie der Zeuge H. einvernommen. Darüber hinaus wurde der erstinstanzliche Akt verlesen.

 

Der Beschuldigte gab bei seiner Einvernahme an, dass er am 05.02.2005 gegen 11.05 Uhr als Lenker des KKWs mit dem Kennzeichen XY die Freiburger Brücke in Fahrtrichtung Süden befahren habe. Die Einzelheiten schienen ihm dabei nicht mehr erinnerlich. Ihm wäre auch nicht ausgefallen, dass er damals ein gefährliches Fahrmanöver an den Tag gelegt hätte.

 

Nach der Freiburger Brücke sei er richtungsbeibehaltend in Richtung Westbahnhof gefahren.

 

Der Zeuge H. gab bei seiner Einvernahme im Wesentlichen an, dass er am 05.02.2005 gegen 11.05 Uhr den PKW der Marke Ford mit dem Kennzeichen XY auf der Freiburger Brücke in südliche Richtung gelenkt habe. Er habe dabei den rechten Fahrstreifen verwendet. Auf der Freiburger Brücke sei ein Kraftfahrzeug der Marke Jeep Cherokee mit dem Kennzeichen XY auf dem linken Fahrstreifen an seinem Fahrzeug vorbeigefahren. Noch bevor das Vorbeifahren vollkommen beendet gewesen sei, sei der Lenker (der Beschuldigte) mit diesem Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gewechselt. Aufgrund dieses Umstandes habe der Zeuge stark gebremst und habe das Fahrzeug nach rechts verreißen müssen, um einen Unfall zu vermeiden. Grund für die Gefahrensituation sei nicht gewesen, dass der Lenker des Jeeps grundsätzlich auf dem rechten Fahrstreifen zuwenig Platz gehabt habe, um sein Fahrzeug einzuordnen, sondern sei gewesen, dass dieser aus Sicht des Zeugen zu früh damit begonnen habe, auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln.

 

Nachdem der Jeep vollständig auf dem rechten Fahrsteifen gewesen sei, sei er auf dem rechten Fahrsteifen an einem auf dem linken Fahrstreifen befindlichen Fahrzeug vorbeigefahren.

 

Befragt nach den damaligen Verkehrsverhältnissen gab der Zeuge an, dass schon starkes Verkehrsaufkommen geherrscht habe.

 

Es ergibt sich kein Grund dafür, an den Angaben dieses Zeugen zu zweifeln. Die Angaben diesen Zeugen führen jedoch zu Punkt 1. und zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu einer anderen rechtlichen Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes.

 

Nach § 16 Abs 1 lit c StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Nach § 16 Abs 1 lit a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere Entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten, oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Demgegenüber normiert § 11 Abs 1 StVO dass der Lenker eines Fahrzeuges, die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen nur wechseln darf, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Aus der Zeugenaussage ergibt sich eindeutig, dass grundsätzlich für den überholenden Jeep genügend Platz auf dem rechten Fahrsteifen vorhanden gewesen wäre, um das Fahrzeug wieder einzuordnen. Somit liegt der Tatbestand der dem Beschuldigten zu Punkt 1. angelasteten Verwaltungsübertretung nicht vor. Zu Punkt 2. ist anzuführen, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach § 11 Abs 1 StVO unter den anderen Straßenbenützern (die gefährdet oder behindert werden) auch der Lenker eines zu überholenden Fahrzeuges zu verstehen ist (VwGH 23.10.1986, Zl 86/02/0097). Da der Beschuldigte offenbar laut den Angaben des Zeugen zu früh mit dem Fahrstreifenwechsel begonnen hat, wäre der Tatbestand des § 11 Abs 1 StVO nicht aber der Tatbestand des § 16 Abs 1 lit a StVO gegeben gewesen. Der Berufungsbehörde war es im Sinne des § 66 Abs 4 AVG verwehrt, den Beschuldigten diesbezüglich eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs 1 StVO zur Last zu legen, zumal in diesem Falle nicht mehr in der Sache selbst entschieden worden wäre und ein unzulässiges Auswechseln der Tat erfolgt wäre.

 

Zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist auszuführen, dass vom Beschuldigten insbesondere in der Berufung vorgebracht worden sei, dass damals Kolonnenverkehr geherrscht habe. Auch der Zeuge bestätigte starkes Verkehrskommen, sodass sich nicht objektiven lässt, ob tatsächlich ein unzulässiges Rechtsüberholen vorliegt, oder aber ein zulässiges Rechtsvorbeifahren innerhalb von Fahrzeugreihen. Somit hatte diesbezüglich im Zweifel eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 3. zu erfolgen.

Schlagworte
Aus, Zeugenaussagen, ergibt, sich, eindeutig, dass, grundsätzlich, für, den, überholenden Jeep, genügend, Platz, auf, dem, rechten, Fahrstreifen, vorhanden, gewesen, wäre, das, Fahrzeug, wieder, einzuordnen, liegt, Tatbestand, nicht, vor
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten