TE UVS Steiermark 2005/12/06 463.18-1/2005

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Veröffentlicht am 06.12.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Peter Schurl, Dr. Harald Ortner und Mag. Eva Schermann über die Berufung von Herrn O B, vertreten durch Rechtsanwalt M. H B,L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11.03.2005, GZ.: FA13A-38.50 6-05/36, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit §§ 38 Abs 8 und 62 Abs 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden AWG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11.03.2005 wurde dem Berufungswerber gemäß § 62 Abs 2 und 3 AWG in Verbindung mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14.07.2004, GZ: FA13A-38.50 6-04/21, der Weiterbetrieb der Kompostanlage O B Grundstücknr. untersagt. Begründet wurde dieser Bescheid zusammengefasst damit, dass mit Bescheid vom 14.07.2004 insgesamt zehn Maßnahmepunkte zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes vorgeschrieben worden seien und die Überprüfung ergeben habe, dass unter anderem das vorgeschriebene Sanierungskonzept für einen ordnungsgemäßen Betrieb der gegenständlichen Anlage in keiner Weise umgesetzt worden sei. Seit Oktober 1995 wären Geruchsbelästigungen- und Beschwerdemeldungen aktenkundig und sei die Behörde trotz des Umstandes, dass der Betreiber seit September 2004 kein Ausgangsmaterial mehr übernommen habe, der Auffassung, dass nur durch eine Betriebsuntersagung keine Verletzung der Schutzziele des AWG erfolge. Gegen diesen Bescheid hat O B als Konsensinhaber der Kompostieranlage rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass der Bescheid sowohl in formeller, als auch in materieller Hinsicht rechtswidrig sei. Abgesehen davon, dass die Behörde ihre Entscheidungsbefugnis auf die Sachverständigen überwälzt habe und diesen auch die Beurteilung im vorliegenden Sachverhalt in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen überlassen habe, sei durch die Vorgangsweise das grundlegende Recht des Berufungswerbers auf Parteiengehör verletzt worden. Der Berufungswerber habe nämlich nicht die Möglichkeit gehabt, die einzelnen Einschätzungen der Sachverständigen zu widerlegen oder zu erklären. Auch habe die Behörde in der Begründung nicht ausgeführt, aus welchen Gründen die Untersagung des Weiterbetriebes auf § 62 Abs 2 und 3 AWG gestützt werden soll. Insbesondere sei nicht ausgeführt worden, aus welchen Gründen die belangte Behörde das Bestehen der Voraussetzungen für die Anwendung des § 62 Abs 3 AWG annehme. Es sei nicht begründet worden, weshalb mit einer Untersagung des Weiterbetriebes ohne Befristung vorgegangen werde und auch nicht ausgeführt, wieso eine gänzliche Untersagung des Weiterbetriebes anstelle einer im Gesetz vorgesehen, vorübergehenden oder teilweisen Einstellung ausgegangen werde. Weiters ergebe sich aus dem Bericht der Umweltinspektion vom 21.02.2005, dass die lagernden Materialien keine Verletzung der öffentlichen Interessen darstellen und keine Gefahr in Verzug bestehe. Es werde daher der Antrag gestellt, den in Berufung gezogenen Bescheid aufzuheben, in eventu, das Verfahren zur Überprüfung und Durchführung weiterer Ermittlungen und Gewährung des Parteiengehörs an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Da eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht beantragt worden ist und auch die erkennende Behörde sie nicht für erforderlich erachtet, konnte diese im Sinne des § 67 d Abs 1 AVG entfallen. Soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wird folgender Sachverhalt festgestellt: Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 03.10.2002, GZ: 3.4 B2-2002, wurde dem Berufungswerber die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostieranlage auf dem Grundstück , KG , zur Verarbeitung von aufbereitetem Biomüll mit einer maximalen Anlieferungsmenge von 1.691 Tonnen pro Jahr unter Vorschreibung von Auflagen, befristet bis 31.12.2012, erteilt. Erstmals bewilligt wurde diese Anlage mit Wasserrechtsbescheid vom 07.08.1995, wobei diese Bewilligung im Jahr 2000 für erloschen erklärt wurde. Seit Beginn des Bestehens der Anlage, nämlich seit 1995 kam es immer wieder zu Beschwerden über Geruchsbelästigungen. Am 27.03.2003 wurde die Anlage dahingehend überprüft, ob diese dem wasserrechtlichen Konsens entsprechend ausgeführt wurde. Dabei wurde festgestellt, dass die Auflagenpunkte 7 und 15 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 03.10.2002 nicht erfüllt waren. Mit Schreiben der BH Leibnitz vom 23.07.2003 wurde der gegenständliche Akt zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann als Abfallbehörde übermittelt. Aufgrund weiterer massiver Beschwerden von Anrainern wurde die abfalltechnische Amtssachverständige Dr. Angelika Stüger-Hopfgartner ersucht, eine örtliche Überprüfung der Kompostieranlage durchzuführen. Diese hat ergeben, dass wesentliche Auflagenpunkte gemäß dem Wasserrechtsbescheid vom 03.10.2002 nicht erfüllt wurden und die Anlage nicht fachmännisch betrieben werde. Aufgrund dieses Erhebungsergebnisses wurde der Berufungswerber mit Schreiben vom 23.04.2004 von der Abfallbehörde aufgefordert, bis längstens 04.06.2004 ein Sanierungskonzept unaufgefordert vorzulegen und der Auftrag erteilt, gemäß § 62 Abs 2 AWG bis spätestens 02.07.2004 einen gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Mit Eingabe vom 04.07.2004 legte der Berufungswerber ein Sanierungskonzept vor. Am 05.07.2004 wurde von der Abfallrechtsbehörde eine örtliche Überprüfung unter Beiziehung eines medizinischen, eines emissionstechnischen und eines abfallwirtschaftlichen Amtssachverständigen sowie eines Vertreters der Fachabteilung 17 C - Umweltkontrolle -  anberaumt. Diese Verhandlung hatte zusammengefasst das Ergebnis, dass die Anlage weder fachgerecht, noch konsensgemäß betrieben wird. Aufgrund dieses Verhandlungsergebnisses erging am 14.07.2004 ein Bescheid gemäß § 62 Abs 2 AWG, mit welchem folgende Maßnahmen für die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes angeordnet wurden:

1. Bis zur Sanierung der Kompostanlage darf zu kompostierendes Material, ausgenommen Strukturmaterial, nicht weiter angeliefert bzw. angenommen werden. Das bereits auf der Abfallbehandlungsanlage bestehende Kompostmaterial ist einer ordnungsgemäßen Kompostierung zuzuführen.

2. Der wasserrechtliche

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 3. Oktober 2002, GZ: 3.4 B2-2002, gilt als integrierender Bestandteil dieses Bescheides. Den 15 Auflagen des Wasserrechtsbescheides vom 3. Oktober 2002 ist umgehend, spätestens bis 30. September 2004 Rechnung zu tragen.

3. Der Behörde ist bis spätestens 31. August 2004 ein Sanierungskonzept für die Kompostanlage vorzulegen. Dieses Sanierungskonzept hat insbesondere genaue Angaben zu enthalten, wie sie in der Kompostverordnung festgelegt sind. Dies betrifft beispielsweise

die Prozessführung (Umsetzung im Zusammenhang mit der Temperatur und Feuchtigkeit).

Die Aufsetzung der Mieten,

das Verhältnis zwischen Strukturmaterial und Biomüll,

die Beimengung von Zusatzstoffen und dergleichen.

Des Weiteren hat das Sanierungskonzept auch

geeignete Maßnahmen darzustellen, die zu einer wesentlichen

Reduktion der Geruchsemissionen führen werden.

Im Sanierungskonzept ist ein Zeitplan einzuarbeiten, der sensible Tageszeiten berücksichtigt. Diese sind die frühen Morgenstunden vor 8.00 Uhr, die Mittagszeit in der Zeit zwischen 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr oder 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr sowie die Abendstunden nach 18.00 Uhr. Diese Zeitangaben beziehen sich ausschließlich auf die Werktage Montag bis Freitag. An Feiertagen und Wochenenden dürfen keine Kompostierprozesse durchgeführt werden.

4. Als Sofortmaßnahme zur Hintanhaltung der derzeit bestehenden Geruchsemissionen ist die Reinigung der mit Sickerwasser verunreinigten Flächen mit Nutzwasser vorzunehmen. Des weiteren ist die bestehende und bis an den Rand gefüllte Sammelgrube durch Verbringen des gesammelten Sickerwassers zur Kläranlage zumindest teilweise zu entleeren und nachweislich zu entsorgen. Der Nachweis ist der Behörde unaufgefordert bis spätestens 31. August 2004 zur Kenntnis zu bringen.

5. Der Einlaufbereich der Sickerwassergrube

ist glaublich derart zu adaptieren, dass eine Pfützenbildung vermieden wird. Diese bauliche Adaptierung hat bis spätestens 30. September 2004 zu erfolgen.

6.

Die Kompostiermieten sind mit Vlies bis zum Mietenfuß abzudecken.

7.

Die aufgebrachten Kompostmengen sind einer vollständigen Dokumentation zuzuführen, damit die Einhaltung der bewilligungsfreien Ausbringungsmenge für Fertigkompost für das Jahr 2003 und 2004

nachgewiesen werden kann.

 8. Die nachvollziehbare Anlagensanierung und eine ordnungsgemäße Betriebsführung hat aufgrund des Sanierungskonzeptes bis spätestens 30. September 2004 zu erfolgen.

 9. Bodenuntersuchungen der Flächen, auf denen der Fertigkompost aufgebracht werden soll, sind der Behörde vor Aufbringung des Fertigkompostes spätestens bis 31. Oktober 2004 unaufgefordert vorzulegen.

 10. Der Anlagenbetreiber wird verpflichtet, bis spätestens Ende 2005 einen Nachweis zur fachlichen Qualifikation (z.B. Absolvierung eines Ausbildungskurses für Betriebspersonal von Kompostanlagen) zur Betreibung einer Kompostieranlage zu erbringen. Begründet wurde dieser in Rechtskraft erwachsene Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Ortsverhandlung am 05.07.2004 eindeutig ergeben habe, dass die Auflagen des Wasserrechtsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 03.10.2002 nur mangelhaft oder überhaupt nicht erfüllt wurden, weshalb von einem konsenswidrigen Betrieb gemäß § 62 Abs 2 AWG auszugehen sei. Darüber hinaus habe die Amtssachverständige für Abfalltechnik und Stoffflusswirtschaft eindeutig festgestellt, dass das am 04.06.2004 der Behörde vorgelegte Sanierungskonzept nicht den Anforderungen eines ordentlichen Sanierungskonzeptes entspreche. Abschließend wurde der Betreiber der Kompostanlage mit diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Schließung drohe, falls den behördlichen Aufträgen nicht Rechnung getragen werde. In weiterer Folge wurde am 30.08.2004 ein Ortsaugenschein durch den emissions- und immissionstechnischen Sachverständigen DI Dr. Helmut Lothaller durchgeführt, welcher feststellte, dass die Missstände hinsichtlich Geruchsentwicklung noch vorhanden seien. Das Erhebungsergebnis wurde durch entsprechende Fotos dokumentiert. Am 30.08.2004 wurde vom Berufungswerber ein Sanierungskonzept sowie Lieferscheine der Sickerwasserentsorgung und der Gewerbemüllentsorgung sowie ein Aufbringungsverzeichnis vorgelegt. Mit Schreiben der Abfallrechtsbehörde vom 15.09.2004 wurde dieses Konzept den zuständigen Amtssachverständigen übermittelt und an diese die Anfrage gestellt, ob durch die nunmehr ergänzend vorliegenden Unterlagen den Bescheidaufträgen vom 14.07.2004 entsprochen wurde bzw. ob Gefahr in Verzug gegeben sei und ob allfällige weitere Behördenaufträge noch erforderlich sind. In den Schreiben der Umweltinspektion, der abfallwirtschaftstechnischen Sachverständigen und des emissionstechnischen Sachverständigen wurde ausgeführt, dass das Sanierungskonzept nicht umgesetzt wurde und auch weiterhin Auflagen und Anordnungen der Behörde nicht erfüllt wurden. Aufgrund der Stellungnahmen der Sachverständigen wurde die Umweltinspektion mit Schreiben der belangten Behörde vom 26.01.2005 unter Vorlage der Stellungnahmen der Amtssachverständigen der Auftrag erteilt, vor Ort zu erheben, welche Materialien unter Angabe der Örtlichkeiten, Menge sowie Beschaffenheit einer Beseitigung zuzuführen sind, da wegen der im Raum stehenden Betriebsschließung die Beseitigung allfälliger Materialien vor Ort behandelt werden muss. Am 15.02.2005 wurde die Kompostieranlage B von der Umweltinspektion überprüft und der belangten Behörde folgender Erhebungsbericht übermittelt: Auf der Kompostieranlage (Grundstück Nr.: KG ) befanden sich zum Zeitpunkt der Kontrolle inaktives offensichtlich fertig kompostiertes Rottegut (in einer Dreiecksmiete), abgesiebter Fertigkompost, verwertbare Siebreste und Strukturmaterial. Die einzelnen Fraktionen sind ordnungsgemäß mit Tafeln beschildert. Auf der Rottefläche ist in einer Miete ca. 800 cbm augenscheinlich verrottetes, inaktives Material aufgesetzt. Diese Miete ist großteils mit Kokoswolle und Kompostvlies abgedeckt und mit 2 Tafeln ( 2" und "3") gekennzeichnet, was darauf schließen lässt, dass die bei der örtlichen Überprüfung am 5.7.2004 vorgefundenen Chargen zusammengelegt wurden. Neues Ausgangsmaterial wurde offensichtlich nicht angeliefert. Anschließend an die Rottefläche befinden sich ca. 200 cbm verwertbare Siebreste. Im Norden auf befestigter Fläche ist abgesiebter Fertigkompost gelagert. Auf unbefestigtem Platz befindet sich Strukturmaterial (Kokoswolle im nördlichen, geringe Mengen Strauchschnitt im südlichen Teil des Grundstückes). Die Sickerwassersammelgrube ist bis ca. 50 cm vom Rand gefüllt. Eine Sanierung des Einlaufbereiches wie im Bescheid vom 14.07.2004 aufgetragen, wurde nicht durchgeführt. Da kein Ausgangsmaterial übernommen wurde, hat der Betreiber seit September 2004 keine Bearbeitungsschritte, bei welchen mit Emissionen zu rechnen ist, durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Kontrolle waren auf der Kompostieranlage keine Geruchsemissionen wahrzunehmen. Eine Rückfrage im Gemeindeamt S ergab, dass seit September 2004 keine Beschwerden über Geruchsbelästigung ausgehend von der ggst. Kompostieranlage bekannt sind. Das Erhebungsergebnis wird mit den beiliegenden Fotos dokumentiert." In weiterer Folge erging der in Berufung gezogene Bescheid, mit welchen der Weiterbetrieb der Anlage untersagt wurde. Ein Auftrag zur Beseitigung der derzeit lagernden Materialien erging nicht, Gefahr in Verzug wurde ebenfalls nicht festgestellt. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 38 Abs 8 AWG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen die Bescheide des Landeshauptmannes als zuständige Anlagenbehörde. Gemäß § 62 Abs 2 AWG hat die Behörde - unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens - den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern, wenn der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebes einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, besteht. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes erforderlichen geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen. Gemäß § 62 Abs 3 AWG hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik, geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben, wenn sich nach Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44 oder 52 AWG ergibt, dass die gemäß § 43 AWG wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, die Erstellung und die Durchführung eines Sanierungskonzeptes, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkung der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Umstellung des Betriebes. Gemäß § 62 Abs 4 AWG hat die Behörde bei Gefahr in Verzug die geeigneten Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Inhaber der Behandlungsanlage nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Diese Bestimmungen des § 62 Abs 2 bis 4 AWG regeln u. a. den behördlichen Auftrag zur Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes im Fall eines konsenswidrigen Betriebes einer Behandlungsanlage. Ein konsenswidriger Betrieb einer Behandlungsanlage liegt vor, wenn die nach den §§ 37, 52 oder 54 AWG genehmigungspflichtige Behandlungsanlage ohne den erforderlichen abfallrechtlichen Konsens betrieben wird oder der für eine nach den §§ 37, 52 oder 54 AWG genehmigungspflichtige Behandlungsanlage vorliegende abfallrechtliche Konsens nicht eingehalten wird. Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebes, so hat die Behörde den Inhaber der Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzlichen Frist nicht nach, so hat die Behörde die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung zu verfügen. Im gegenständlichen Fall sind im angefochtenen Bescheid als Rechtsgrundlage die Bestimmungen des § 62 Abs 2 und 3 AWG angeführt. Dazu ist auszuführen, dass eine Anwendung des § 62 Abs 3 AWG nicht in Betracht kommt, da diese Bestimmung davon ausgeht, dass die im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen eingehalten werden und trotzdem die im § 43 AWG angeführten Interessen nicht hinreichend geschützt sind. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall nicht Ausgangspunkt des behördlichen Handelns, sondern wird von der Erstbehörde ausdrücklich festgestellt, dass der dieser Anlage zugrunde liegende wasserrechtliche Bewilligungsbescheid nicht eingehalten wird. Es blieb daher zu prüfen, ob die Anwendung des § 62 Abs 2 AWG zu Recht erfolgte. Diesbezüglich ist festzustellen, dass ein konsenswidriger oder konsensloser Betrieb einer ortsfesten Abfallbehandlungsanlage die Abfallbehörde zu einem Vorgehen gemäß § 62 Abs 2 AWG berechtigt und verpflichtet. Insbesondere ist die Abfallbehörde verpflichtet, für die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zu sorgen, wobei die Maßnahmen, welche demonstrativ aufgezählt sind, erforderlich und geeignet sein müssen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Anlage betrieben wird. Davon ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht auszugehen. Im Überprüfungsbericht der Umweltinspektion vom 21.02.2005 ist nämlich ausgeführt, dass der Betreiber seit September 2004 kein Ausgangsmaterial übernommen hat und auch keine Bearbeitungsschritte, bei welchen mit Emissionen zu rechnen ist, durchgeführt hat. Daran hat sich in weiterer Folge auch nichts geändert. Wenn aber bei einer Kompostieranlage kein Material übernommen wird, kann nicht von einem "Betrieb" gesprochen werden. Schon aus diesem Grund war die Anwendung des § 62 Abs 2 AWG im gegenständlichen Fall nicht möglich und auch nicht erforderlich. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass bereits mit dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2004 unter Anordnung 1.) vorgeschrieben wurde, dass bis zur Sanierung der Kompostanlage zu kompostierendes Material, ausgenommen Strukturmaterial, nicht weiter angeliefert bzw. angenommen werden darf und dass bereits auf der Abfallbehandlungsanlage bestehendes Kompostmaterial einer ordnungsgemäßen Kompostierung zuzuführen ist. Bei dieser Anordnung handelt es sich ebenfalls um eine Betriebsuntersagung, da - wie bereits ausgeführt - eine Kompostieranlage ohne angeliefertes kompostierfähiges Material nicht betrieben werden kann. Der angefochtene Bescheid trifft somit eine Entscheidung in einer bereits entschiedenen Sache. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist ein Bescheid, der in einer schon entschiedenen Sache nochmals eine Sachentscheidung trifft, inhaltlich rechtswidrig (VwGH 21.10.1977, 1086/77, 06.07.1979, 964/79, 20.06.1985, 84/08/0099, 26.01.1987, 86/10/0003, 27.02.1990, 89/08/0200). Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Schlagworte
Kompostieranlage Betrieb Weiterbetrieb Untersagung Schließung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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