Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn R F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 22.03.2005, Zl. III/S-1.997/04, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 22.12.2003 um 09.15 Uhr als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen in G, den Gehsteig vor dem Haus S Nr. 6 mit dem Fahrzeug benützt, obwohl dies verboten ist. Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 8 Abs 4 StVO wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 50,00 (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich beim Tatort um keinen Gehsteig handle, da keine bauliche Trennung von der Fahrbahn vorliege und der minimale Höhenunterschied von maximal drei Zentimeter zwischen Fahrbahn und Tatort nicht als bauliche Trennung angesehen werden könne. Nach Durchführung eines Ortsaugenscheines legt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark der gegenständlichen Entscheidung, die gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung getroffen werden konnte, folgende Erwägungen zugrunde: Im Ortsgebiet von G verläuft die als Einbahn eingerichtete, zweispurige S in annähernd süd-nördlicher Richtung, ehe sie unmittelbar nach dem Objekt Nr. 6 in einem annähernd rechten Winkel in die L einmündet. Im hier maßgeblichen Teilabschnitt, vor dem Objekt Nr. 6, das gegenüber der Häuserfront der S zurückspringt befindet sich ein Parkplatz für Kunden des Gewerbebetriebes V. Auf der linken Seite der S - in Richtung Norden gesehen - ist entgegen der Fahrtrichtung des fließenden Verkehrs auf der Fahrbahn ein Geh- und Radweg verordnet und durch die entsprechenden Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. b Z 17a lit. b StVO kundgemacht. Der Gehweg verläuft ab dem südlichen Beginn der S auf einem ummittelbar vor der Häuserfront und parallel zur Fahrbahn verlaufenden ca. zehn Zentimeter baulich erhöhten Gehsteig, der ab dem Objekt Nr. 6 weiterhin parallel zur Fahrbahn verläuft und sohin in Richtung Norden gesehen, links den Kundenparkplatz begrenzt. Parallel zu diesem baulich erhöhten Gehweg verläuft unmittelbar anschließend ein gegenüber dem Niveau der Fahrbahn nur ca. drei Zentimeter baulich erhöhter Radweg, an den bis zum Objekt Nr. 4 wiederum eine Parkverbotszone - anfangs durch eine Zickzacklinie und anschließend durch die Vorschriftszeichen Parken verboten gekennzeichnet - anschließt. Auf Höhe des Objektes Nr. 6 verbreitert sich der Radweg von anfangs ca. zwei Meter auf ca. vier Meter - der annähernden Breite der südlich anschließenden Parkverbotszone - und endet im Bereich der rechtwinkeligen Einmündung der S in die L. Zwischen Ende der Parkverbotszone und Beginn der Verbreiterung des Radweges liegt die durch Bodenmarkierungen gekennzeichnete Zufahrt zum Kundenparkplatz. Am 22.10.2003 um 09.15 Uhr hatte der Berufungswerber das KFZ mit dem Kennzeichen mit dem linken Räderpaar auf dem Geh- und Radweg im Bereich des Radweges vor dem Haus S Nr. 6 abgestellt und diesen somit benützt. Beweiswürdigung
Diese Feststellungen waren aufgrund des im Wesentlichen unbestritten gebliebenen Inhaltes des vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, insbesondere den darin befindlichen fotografischen Aufnahmen und Skizzen vom Tatort, verbunden mit den Erhebungen vor Ort zu treffen. Rechtliche Beurteilung Gemäß § 8 Abs 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, ausgenommen den hier nicht maßgeblichen Fällen des Z 1 bis 3, verboten. Gemäß § 2 Abs 1 Z 10 StVO ist ein Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße. Da dem Berufungswerber die verbotene Benützung eines Gehsteiges - und nicht die ebenso verbotene Benützung eines Radweges bzw. eines Geh- und Radweges - zum Vorwurf gemacht wurde, ist entscheidend, ob der Tatortbereich als Gehsteig zu qualifizieren ist oder nicht. Jede Verneinung der Eigenschaft des Tatortes als Gehsteig führt zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, unabhängig davon ob dem Berufungswerber bei unverändertem Sachverhalt eine andere rechtliche Qualifikation des Tatortes angelastet werden kann. Wie bereits ausgeführt, wurde im Tatortbereich entgegen der Fahrtrichtung der Kraft-fahrzeuge ein Geh- und Radweg verordnet und durch die entsprechenden Gebotszeichen gemäß § 52 lit. b Z 17a lit. b StVO am Anfang und am Ende der S kundgemacht. Das Verkehrszeichen Geh- und Radweg Beginn verweist die Fußgänger unmissverständlich auf die - in Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen - linke ca. zehn Zentimeter erhöhte Seite und den Fahrradverkehr auf den daran anschließenden nur ca. drei Zentimeter erhöhten und sohin gegenüber dem Gehweg abgesenkten Bereich, indem bei diesem Zeichen der Fußgängerverkehr im Gegensatz zum Geh- und Radweg nach § 52 lit. b Z 17a lit. a StVO getrennt geführt wird. Bei einer solchen Trennung mit dem Verweis der Fußgänger nach links könnte ein rechts vom Radwegteil verlaufender Gehsteig, der vom Radwegteil baulich nicht abgegrenzt ist, nur durch eine eindeutige abgrenzende Bodenmarkierung in weißer Farbe errichtet werden. Eine kaum noch vorhandene grüne Markierung - die der Berufungswerber trotz der von ihm geschilderten Schneeverhältnisse erkannt haben will - ist für die Errichtung eines Gehsteiges neben dem Radwegteil völlig ungeeignet, zumal dieser Bereich im Norden keine Fortsetzung findet und vor allem rudimentär vorhandene Markierungen ihre Rechtswirksamkeit verlieren. Beim Tatortbereich handelt es sich sohin um keinen Gehsteig, sondern um den Radwegteil eines Geh- und Radweges. Durch die Qualifikation des Tatortes als Gehsteig ist der angefochtene Bescheid sohin mit Rechtswidrigkeit belastet. Es bleibt daher nur mehr zu prüfen, ob im Stadium dieses Verfahrens eine Sanierung des Spruchmangels rechtlich zulässig ist. Da weder die Einvernahme des Berufungswerbers vor dem Meldungsleger am 18.01.2004, noch der Bericht des Meldungslegers vom 10.03.2004, der als Ergänzung zur Anzeige vom 22.12.2003 zu qualifizieren ist, taugliche Verfolgungshandlungen darstellen und in der Strafverfügung vom 31.03.2004 dem Berufungswerber die Benützung eines Gehsteiges zur Last gelegt wurde, stellt erst die Einvernahme des Meldungslegers vor der belangten Behörde am 28.12.2004 eine taugliche Verfolgungshandlung dar. Im Hinblick auf die Tatzeit vom 22.12.2003 ist sohin Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG eingetreten und war der Berufungsbehörde eine Sanierung dieses Spruchmangels verwährt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf dem Berufungswerber nämlich nach Ablauf der Verjährungsfrist kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt werden; Änderungen der rechtlichen Qualifikation sind hingegen auch außerhalb dieser Frist zulässig. Zusammenfassend ist sohin festzustellen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat und eine Sanierung des Tatvorwurfes infolge eingetretener Verjährung nicht möglich ist, weshalb der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war.