TE UVS Steiermark 2005/12/23 30.15-22/2005

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Veröffentlicht am 23.12.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn A K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 09.05.2005, GZ: 15.1 333/2004, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

Tatzeit: 19.01.2004 09.45 Uhr

Tatort: auf der A bei StrKm 66,5 Gde. A

Betroffenes KFZ: Sattelkfz.

Ihre Funktion: Handelsrechtliche(r) Geschäftsführer(in) und daher

als gem. § 9 Abs 1 VStG Verantwortlicher

1. Übertretung

Sie haben als Verantwortlicher der Firma P K Gesellschaft m.b.H. in W, K, diese ist Beförderer von Gefahrgut, nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) eingehalten wurden. Mit der angeführten Beförderungseinheit wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort vom Lenker U S, ungereinigt leeres Tankfahrzeug, 3, letztes Ladegut: 1202 Diesel

u. 1203 Benzin befördert, obwohl kein Beförderungspapier gemäß Abschnitt 5.4.1 mitgeführt wurde. Wegen dieser Übertretung des § 13 Abs 1a Z 2 GGBG iVm Abs 1.4.2.2.1 lit. b ADR wurde über ihn eine Geldstrafe von ? 726,00 verhängt. In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung berief sich der Beschuldigte auf ein wirksames Kontrollsystem. Aus dem vorgelegten Fahrerhandbuch ergebe sich, dass es in der Verantwortung des Fahrers liege, die Vollständigkeit und Korrektheit der Begleitpapiere zu überprüfen. Die Mitarbeiter des Unternehmens seien auch entsprechend geschult. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Hiezu sind entsprechende, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, welcher im Übrigen wörtlich gleichlautend ist mit der als erste Verfolgungshandlung anzusehenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 02.01.2004, wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, dass der verfahrensgegenständliche Lenker zur angeführten Zeit am angeführten Ort kein Beförderungspapier gemäß Abschnitt 5.4.1 ADR mitgeführt habe. Aus den im erstinstanzlichen Akt enthaltenen Unterlagen, insbesondere dem Originalbeförderungspapier, welches der Anzeige vom 21.01.2004 angeschlossen ist, sowie den Aussagen des Lenkers und des Meldungslegers im erstinstanzlichen Verfahren ergibt sich jedoch, dass der Lenker zum Zeitpunkt der Anhaltung sehr wohl ein Beförderungspapier gemäß 5.4.1.1 ADR mitführte, in welchem alle relevanten Angaben (ua. UN-Nummern, Klassen und Mengen) in Maschinschrift eingetragen sind. Da der Lenker zum Zeitpunkt der Anhaltung mit einem leeren Tankfahrzeug auf der Rückfahrt war, hätte er lediglich händisch in der Rubrik verbleibende Restmengen dieses Formulars bei den einzelnen Stoffen den Vermerk 0 eintragen müssen. Diese fehlende Eintragung wurde auf Anweisung des Meldungslegers anlässlich der Kontrolle nachgeholt. Der Tatvorwurf, der Lenker S U habe zum Zeitpunkt der Anhaltung kein Beförderungspapier mitgeführt, entspricht somit offenkundig nicht den Tatsachen. Es hätte dem Berufungswerber daher richtigerweise zur Last gelegt werden müssen, dass der Lenker ein unvollständig ausgefülltes Beförderungspapier mit sich geführt hat, wobei die fehlenden Angaben bei der Umschreibung des Tatvorwurfes anzuführen wären. Aus der Sicht der Berufungsbehörde macht es nämlich im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm sehr wohl einen Unterschied, ob im gegenständlichen Beförderungspapier gar keine der gemäß 5.4.1.1.1 ADR geforderten Angaben enthalten waren bzw. sehr viele dieser Angaben fehlten oder wie im Gegenstandsfall nur ein Detail, nämlich der Vermerk Restmenge: 0. Durch diese mangelnde Konkretisierung des Tatvorwurfs wurde der Berufungswerber auch massiv in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. So hat der Berufungswerber in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Tatvorwurf vom 15.03.2004 ausgehend von der irrigen Annahme, der Lenker habe kein Beförderungspapier mitgeführt, ausgeführt, dies könne nicht den Tatsachen entsprechen, da die Lenker diese Unterlagen immer im Fahrzeug haben. Warum der Lenker dieses Papier bei der Kontrolle nicht vorzeigte oder ob dieses Beförderungspapier überblättert wurde entziehe sich seiner Kenntnis. Es sei ihm unerklärlich, warum der Fahrer das richtige Dokument bei der Kontrolle nicht vorgewiesen habe. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht somit aus den angeführten Gründen nicht den Erfordernissen des § 44a VStG. Diese strengen Anforderungen an das Konkretisierungsgebot bei Übertretungen des GGBG erscheint auch durch den Umstand gerechtfertigt, dass die Strafbestimmung des § 27 Abs 1 leg. cit. immerhin einen Strafrahmen von ? 726,00 bis ?

43.603,00 vorsieht. Angesichts eines derart hohen Strafrahmens ist besonders darauf Bedacht zu legen, dass für den Verdächtigen durch die Formulierung des Tatvorwurfs konkret ersichtlich ist, welcher Verstoß gegen die überaus detaillierten und umfangreichen Bestimmungen des ADR ihm zur Last gelegt wird. Da überdies hinsichtlich der fehlenden bzw. mangelhaften Umschreibung des Sachverhaltes bereits Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG eingetreten ist, war der Berufungsbehörde eine Verbesserung des Spruches verwehrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.01.1984, 83/02/0159, 22.02.1994, 91/07/009 uva.) darf dem Berufungswerber nämlich nach Ablauf der Verjährungsfrist kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt werden. Änderungen der rechtlichen Qualifikation sind hingegen auch außerhalb dieser Frist zulässig. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet werden.

Schlagworte
Beförderer Beförderungspapier Mängel Mitführungspflicht Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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