Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Maßnahmenbeschwerde der O. Catering GmbH, vd den Geschäftsführer R. K., dieser vd RAe W./B., XY-Straße, I., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
I.
Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 1 und § 67d AVG wird der Beschwerde der Firma O. Catering GmbH, vd GF R. K., dieser vd RAe W./B., XY-Straße, I., insofern Folge gegeben, als festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin durch Anordnung eines Sperrlagers in Bezug auf die verpackten Lebensmittel über den 27. September 2005 hinaus in ihren Rechten verletzt wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
II.
Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl 855 wird dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz der Aufwendungen Folge gegeben. Die belangte Behörde hat der obsiegenden Beschwerdeführerin Ersatz für
Schriftsatzaufwand Euro 660,80
Verhandlungsaufwand Euro 826,00
Eingabegebühr Euro 13,00
sohin insgesamt Euro 1.499,80
zu leisten. Dieser Betrag ist binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu Handen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin anzuweisen.
III.
Gemäß § 79a Abs 1 und 3 AVG wird der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin brachte mit Eingabe vom 18.10.200505 folgende Maßnahmenbeschwerde ein:
?Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird innerhalb offener Frist Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 BVG an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Tirol wegen Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten und von einfach gesetzlichen Rechten erhoben.
1) Sachverhaltsdarstellung
Anfang September 2005 häuften sich in O., insbesondere im Raum L., Erkrankungen, die, wenn auch nur kurzfristig, als Erscheinungsbild Erbrechen und Durchfall hatten. In O. wird diese Art der Krankheit als ?Bauchdiesel" bezeichnet und vom Norovirus hervorgerufen. Die Krankheit ist sehr ansteckend und wird auf fäkal-oralem Weg übertragen. Symptome klingen meist in der Regel nach 2 - 3 Tagen ab.
Da die Krankenstände im L.-Werk L. sehr hoch waren, erfolgte eine Meldung an die Behörde.
Da man zwar aufgrund des gehäuften Auftretens des Bauchdiesels auf eine Infektion durch den Norovirus schließen musste, war aber eine Salmonelleninfektion ausgehend von der Betriebsküche des L.-Werkes nicht auszuschließen.
Das Lebensmittelaufsichtsorgan A. B. hat daher am 7.9.2005 die Schließung der Betriebskantine angeordnet und mitgeteilt, dass diese aufgehoben werde, bis die von ihm gleichzeitig angeordneten Maßnahmen vollständig erfüllt bzw getroffen werden. Die Anordnungen des Amtsorganes sind in der Niederschrift vom 8.9.2005, Gzl LM-LZ-5-550/1805, festgehalten worden. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei hat diese Maßnahmen eingesehen, da er ja selbst sicher sein wollte, dass nicht die von ihm geführte Küche Ausgangspunkt der Erkrankung war. Gemäß Niederschrift vom 9.9.2005 ist der Betrieb um 15.30 Uhr wieder freigegeben worden, nachdem die Betriebsräumlichkeiten der O. Catering GmbH gereinigt und desinfiziert worden waren. Am gleichen Tag um 18.00 Uhr hat das Amtsorgan die von ihm getroffenen Anordnungen überprüft und den Betrieb um 19.00 Uhr freigegeben.
Am 12.9.2005 hat die Amtsärztin Frau Dr. R. D. vom Gesundheitsreferat L. die Aufnahme des Betriebes durch die O. Catering GmbH mit dem ursprünglichen Personal erlaubt, wenn alle Beschäftigten überwacht werden, dass keine Krankheitssymptome auftreten. Weiters hat sie effektive Händehygiene angeordnet. Mit Schreiben der Amtsärztin vom 12.9.2005 mit dem Briefpapier der BH L. wurde erstmals erwähnt, dass laut Information der AGES Graz alle offenen und bisher separierten Lebensmittel als Vorsichtsnahme vernichtet werden müssen. Eine gesetzliche Grundlage ist nicht angegeben.
Am 13.9.2005 um 12.45 Uhr kam es im Betrieb der Beschwerdeführerin zu einer weiteren Amtshandlung unter der Leitung des Lebensmittelaufsichtsorganes A. B. Als Gegenstand des Amtshandlung ist angeführt:
?Behördliche Vorsichtsmaßnahmen im Betrieb O. Catering GmbH und Betriebskantine L. Lienz nach Bekanntwerden des Verursachers (Noroviren) der Epidemie. Das Amtsorgan hat Maßnahmen getroffen, um eine mögliche Verbreitung bzw Ausweitung dieses Virus zu unterbinden.
1. Offene, separierte Lebensmittel werden gemäß § 39 LMG 75 freiwillig nach Probenziehung vernichtet.
2. Verschlossene, bis zu einer Frist von 30 Tagen lagerbare Lebensmittel kommen in ein Sperrlager und können erst nach Ablauf dieser Frist wieder von einem Lebensmittelaufsichtsorgan freigegeben werden.
3. Sämtliche Räumlichkeiten müssen nach dem Aussortieren der Lebensmittel gründlichst gereinigt und desinfiziert werden. Im Pkt. 4) wurden Hygieneanordnungen getroffen.
Sämtliche der Vernichtung zugeführten Lebensmittel sind in einem Protokoll zu erfassen. Das Tiefkühlhaus hat als Sperrlager für die tiefgekühlt zu lagernden Lebensmittel zu dienen.
Über den Inhalt des Tiefkühllagers ist ein Protokoll zu verfassen. Tiefkühlprodukte, gekühlt zu lagernde Produkte, verpackte Trockenprodukte und diverse Flaschenware, sind als solche zu kennzeichnen und müssen versperrbar eingerichtet werden; für alle diese Lebensmittel gelten die in Pkt 2) verfügten Maßnahmen (Sperrlager). Nach Durchführung aller Maßnahmen kann das Personal unter Einhaltung der angeordneten Vorsichtsmaßnahmen wieder den Betrieb aufnehmen.
Sämtliche Niederschriften mit Anordnungen hat das Amtsorgan auf amtlichem Papier des Amtes der Tiroler Landesregierung gemacht. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat die Vorsichtsmaßnahmen zur Kenntnis genommen. Herr K. hat die angeordneten Maßnahmen rechtlich prüfen lassen und hat der Vertreter der Beschwerdeführerin mit Datum 28.9.2005 ein Schreiben an die Lebensmittelaufsicht gerichtet und die Ansicht vertreten, dass Maßnahmen unter Hinweis auf angewendete Gesetze zu treffen sind, eine Beschlagnahme nur von einer Verwaltungsbehörde oder vom Gericht angeordnet werden können. Weiters wurde ersucht die Sperre der verpackten Lebensmittel unverzüglich aufzuheben.
Diesem Ersuchen ist man nicht nachgekommen, sondern hat nach Ablauf der 30 Tage ab dem 13.9.2005 dem Beschwerdeführer mit eingeschriebenem Brief mitgeteilt, dass er über die beschlagnahmte Ware wieder verfügen könne.
Beweis: Behördenakt der Lebensmittelaufsicht für den Bezirk Lienz, Gzl, LM-LZ-5-550/18-05
2) Beschwerdelegitimation
Die Vernichtung von Lebensmitteln, sowie die vorübergehende Sperre von Lebensmitteln, die als Beschlagnahme anzusehen ist, erfolgte mit der Amtshandlung vom 13.9.2005. Die 6-wöchige Beschwerdefrist ist daher gegeben.
Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, dass die Fa O. Catering GmbH mit ihrem Geschäftsführer R. K. durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in verfassungsgesetzlich gewährleisteten und einfach gesetzlichen Rechten verletzt wurde.
3)
Beschwerdegründe
1.
Jede Partei hat einen Anspruch auf ein ordentliches Verfahren, in welchem die gesetzlichen Grundlagen von Anordnungen und Entscheidungen zu nennen sind, die im Instanzenweg geprüft werden können. Aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmung die Sperre des Betriebes und die weiteren Anordnungen getroffen worden sind, ist nie angeführt. Im Falle einer Vernichtung von Lebensmitteln bzw einer Beschlagnahme, auch wenn sie nur befristet ist, hat das Amtsorgan je nach Zuständigkeit vom Gericht oder von der Verwaltungsbehörde unverzüglich einen förmlichen Beschlagnahmebeschluss bzw -bescheid einzuholen. Einen derartigen Bescheid gibt es nicht. Ein solcher ist auch nicht eingeholt worden. Einfachgesetzliche Vorschriften des LMG sind nicht eingehalten worden.
2. Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums
a) In der Niederschrift vom 13.9.2005 ist festgehalten, dass offene, separierte Lebensmittel gemäß § 39 LMG 75 freiwillig nach Probeziehung vernichtet werden.
b) Verschlossene, bis zu einer Frist von 30 Tagen lagerbare Lebensmittel haben in ein Sperrlager zu kommen und können erst nach Ablauf dieser Frist wieder von einem Lebensmittelaufsichtsorgan freigegeben werden.
2.1.1. Recht auf Erwerbsfreiheit
Die Fortführung bzw Wiedereröffnung des Betriebes war von der Erfüllung und Einhaltung aller Auflagen abhängig wie sie in den Niederschriften des Amtsorganes festgehalten worden sind. Soweit diese Auflagen gesetzlich erlaubt und vorgesehen sind, ist die Amtshandlung in Ordnung.
Das Amtsorgan kann unter der Voraussetzung der §§ 39 und 40 LMG die Vernichtung leicht verderblicher Lebensmittel anordnen oder dem Unternehmer freistellen dies selbst zu tun. Für andere Lebensmittel (offen oder verschlossen, verpackt oder unverpackt) trifft dies nicht zu
Werden gesetzwidrige Anordnungen getroffen und mit der Androhung verbunden, dass eine Betriebsperre nicht aufgehoben oder neuerlich verhängt wird, so ist dies ein klarer Fall von unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt. Die betroffene physische oder juristische Person muss mit der Folge des Verlustes von Eigentum und der Einschränkung seiner Gewerbeausübung rechnen.
Die Vorgangsweise des Amtsorganes hat in einigen Punkten nicht dem Gesetz entsprochen
Alle Maßnahmen und Verfügungen hat das Lebensmittelaufsichtsorgan A. B. getroffen, der als Leiter der Amtshandlung unterfertigt hat. Herr B. ist für den Landeshauptmann gemäß § 35 LMG tätig.
Gemäß § 40 Abs 1 LMG können Aufsichtsorgane Waren beschlagnahmen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie gesundheitsschädlich oder verdorben sind. Der Verdacht ist dann begründet, wenn die schlechte Eigenschaft des Lebensmittels durch ein Gutachten nachgewiesen wird. Die einfache Vermutung ist nicht ausreichend (Barfuß, Smolka, Onder, Manz Große Gesetzesausgabe LMR, 2. Auflage, Kommentar, § 40 Seite 4 oben).
§ 39 LMG bestimmt, dass bei Voraussetzung für die Beschlagnahme nach § 40 LMG zuerst eine Probe zu ziehen ist, und bei leicht verderblichen Lebensmitteln die Partei anstelle der Beschlagnahme die Vernichtung solcher Waren in Anwesenheit des Aufsichtsorganes wählen kann.
Das Lebensmittelaufsichtsorgan hat nicht zwischen leicht verderblichen und nicht verderblichen Lebensmitteln unterschieden, sondern die Beschlagnahme von allen offenen, separierten Lebensmitteln angeordnet, den Beschwerdeführer dann vor die Wahl gestellt, ob die Behörde die offenen separierten Lebensmitteln vernichtet oder ob er dies freiwillig macht. Der Beschwerdeführer hat in Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmung, mangels Aufklärung durch das Aufsichtsorgan, sich nicht gegen die Vernichtung wehren können und wurde schließlich festgehalten, die offenen, separierten Lebensmittel seien freiwillig nach Probenziehung vernichtet worden.
Die Vernichtung offener Lebensmittel ohne Bescheid oder gerichtliche Anordnung oder den Beschwerdeführer vor die Wahl zu stellen offene nicht leicht verderbliche Lebensmittel freiwillig zu vernichten, widerspricht dem Lebensmittelgesetz.
Herr B. hat Proben gezogen. Es ist jedoch unbekannt welche Probenziehungen das Lebensmittelaufsichtsorgan vorgenommen hat, da dem Beschwerdeführer verordnungswidrig keine Probenbegleitschreiben überlassen worden sind. Auszugehen ist davon, dass das Aufsichtsorgan entgegen den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes nicht von allen zur Vernichtung vorgesehenen Lebensmitteln Proben gezogen hat.
Die weitere Anordnung, verschlossene, bis zu einer Frist von 30 Tagen lagerbare Lebensmittel in einem Sperrlager zu verwahren, die erst nach Ablauf dieser Frist von einem Lebensmittelaufsichtsorgan freigegeben werden können, stellt eine befristete Beschlagnahme dar, die gemäß § 40 LMG nur erlaubt ist, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Waren
1.
gesundheitsschädlich oder verdorben sind
2.
bestimmten Verboten oder Vorschriften zum Schutze der Gesundheit oder erlassenen Verordnungen im erheblichen Maße widersprechen
3. trotz Untersagung nach § 17 Abs 4 oder § 18 Abs 2 LMG in Verkehr gelangen oder dass ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen sonstige Vorschriften des LMG oder ein Rückfall vorliegt
Im Falle der Beschlagnahme ist vom Aufsichtsorgan je nach dem ob der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung oder der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, vom Gericht oder von der Verwaltungsbehörde unverzüglich ein förmlicher Beschlagnahmebeschluss bzw - bescheid einzuholen. Der Beschwerdeführer hat nie einen Beschluss oder Bescheid erhalten. Die Freigabe ist nicht durch das Lebensmittelaufsichtsorgan erfolgt, sondern durch einen eingeschriebenen Brief.
Begründung
Dass die Häufung von Krankheitsfällen ein Einschreiten der Gesundheitsbehörde rechtfertigen, die die Aufsicht über den Verkehr mit Lebensmitteln und die Einhaltung von Hygienevorschriften hat, ist verständlich. Eine durch die Presse angeregte Panikmache war unangebracht. Nach den aufgetretenen Krankheitssymptomen konnte es sich nur um den in der Bevölkerung bekannten üblicherweise nach 2 ? 3 Tagen abklingenden Brechdurchfall, schlimmstenfalls um eine Salmonelleninfektion handeln. Die Behörde hat daher durchaus richtig reagiert und angeordnet die Betriebsräume gründlich zu reinigen und zu desinfizieren und kranke Mitarbeiter des Beschwerdeführers zu separieren.
Mit dieser Maßnahme war die Situation in Griff, die weitere Verbreitung der Krankheit verhindert, sodass der Betrieb geöffnet und weitergeführt werden konnte.
Die Richtigkeit dieser Anordnungen ergibt sich aus der Tatsache, dass sich Salmonellen nur bei entsprechender Temperatur und Feuchtigkeit halten und vermehren können. Gründliche Reinigung und Erhitzen von Speisen tötet die Bakterien.
Da bei Geflügel Salmonellen nie ausgeschlossen werden können, ist dieses Lebensmittel immer getrennt zuzubereiten und die Arbeitsfläche und die verwendeten Küchengeräte gründlichst zu säubern. Geflügelprodukte sind immer zu erhitzen. Dies ist vom Beschwerdeführer eingehalten worden, sodass eine Salmonelleninfektion nach entsprechenden Untersuchungen ausgeschlossen werden konnte.
Eine Norovireninfektion ist in 2 - 3 Tagen überstanden und nicht gefährlich. Man braucht keine Medikamente, gute Händehygiene verhindert die Verbreitung. Schon nach 48 Stunden sind die Erreger im Stuhl tot, aber noch 14 Tage lange nachweisbar. An der Umwelt überleben die Erreger bis zu 5 Tagen (so die Amtsärztin Dr. R. D. im Osttiroler Boten vom 15.9.2005).
Auch das von Herrn R. F. vom Zentrum für Noroviren des Kantonalen Laboratoriums B. herausgegebene Merkblatt bestätigt dies. Das Waschen verunreinigter Wäsche mit über 60 Grad C, sowie die Reinigung von Oberflächen mit 0,1 prozentiger Javellösung wird empfohlen. Es wird ausgeführt, dass nach 7 Tagen - besser aber 14 Tagen - in der Umwelt das Virus inaktiv ist. Damit bietet sich für Wäsche, die nur bei 30 Grad C gewaschen werden kann, eine gute Möglichkeit der Entkeimung. Die Wäsche wird für 14 Tage an einen sicheren Ort gelegt.
Diese Empfehlung hätte auch für die offenen, aber nicht leicht verderblichen Lebensmittel übernommen werden können. Die Vernichtung geöffneter, aber haltbarer Lebensmittel, auch wenn dies dem Beschwerdeführer überlassen wurde, ist gesetzlich nicht gedeckt. Die Beschlagnahme und Versperrung der verpackten Lebensmittel, unter welchen sich auch Getränkeflaschen befanden, ab 13.9.2005 für 30 Tage, obwohl am 9.9.2005 ab 19.00 Uhr der Betrieb wieder freigegeben worden ist, erfolgte nicht nur ohne überprüfbare Entscheidung, sondern war außerdem um das doppelte überzogen. Der begründete Verdacht der Gesundheitsschädlichkeit war nicht gegeben,
Unter der Annahme, dass tatsächlich Noroviren an Verpackungen oder Flaschen anhaften könnten, die offenen Lebensmittel lt Niederschrift bereits am 8.9.2005 abends abgesondert und verwahrt waren, wäre eine Verwahrung von 14 Tagen also bis 22.9.2005 gewesen. Dies insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass die Verwendung von sauberer vorhandener Küchenwäsche wie Geschirrtücher, Schürzen, Kappen, Handtücher etc nicht verboten worden ist bzw auch keine Beschlagnahme erfolgt ist.
Der Wortlaut des § 40 Abs 2 LMG verpflichtet das Aufsichtsorgan unverzüglich eine behördliche Entscheidung einzuholen. Was unter unverzüglich zu verstehen ist, ist nicht geregelt. Es gibt auch keine Anordnung für den Fall, dass ein förmlicher Beschlagnahmebeschluss oder -bescheid nicht unverzüglich erlassen wird. Nur das Futtermittelgesetz, das Düngemittelgesetz und das Pflanzenschutzgesetz bestimmen, dass eine vorläufige Beschlagnahme erlischt, wenn nicht binnen zwei Wochen eine Entscheidung der zuständigen Behörde erlassen wird. Eine Analogie ist sicher nicht statthaft, sodass die vorläufige Beschlagnahme nach LMG nicht außer Kraft tritt, wenn nicht unverzüglich die erforderliche förmliche Entscheidung eingeholt wird. In jedem Fall stellt aber der fehlende Antrag des Amtsorganes auf Erlassung einer förmliche Entscheidung eine Gesetzesverletzung zum Nachteil des Beschwerdeführers dar.
Der Beschwerdeführer stellt sohin an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Tirol die Anträge
1. auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und
2. auf Fällung des Erkenntnisses mit der Feststellung der Beschwerdeführer ist in seinem Recht auf die Unverletzlichkeit des Eigentums und im Recht der Erwerbsfreiheit sowie im Recht nicht entgegen den Bestimmungen der §§ 39 und 40 LMG behandelt oder eingeschränkt zu werden, verletzt. Dies geschah dadurch, dass in der Amtshandlung am 13.09.2005 die Vernichtung unverpackter (offener) Lebensmittel verfügt worden ist bzw der Beschwerdeführer vor die Wahl gestellt wurde, dies selbst zu tun, dass für verpackte und verschlossene Lebensmittel eine Sperre/Beschlagnahme für 30 Tage angeordnet worden ist, und keine förmliche Beschlagnahmeentscheidung eingeholt worden ist.?
Aufgrund dieser Beschwerde wurde der Landeshauptmann von Tirol als belangte Behörde zur Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der bezughabenden Akten aufgefordert. Dieser Aufforderung kam der Landeshauptmann von Tirol nach.
Am 19.12.2005 fand eine mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen der Vertreter der Beschwerdeführerin, Geschäftsführer R. K., aussagte wie folgt:
?Es ist richtig, dass sich das gegenständliche Geschehen grob in zwei Blöcke unterteilen lässt, jenes vor Bekanntwerden, dass es sich um Noroviren handelt und jenes danach. Vor Bekanntwerden, dass es sich um Noroviren handelt, bestand eine konsensuale Zusammenarbeit mit der Behörde. Alle Maßnahmen wurden im gegenseitigen Einvernehmen getroffen. Für mich gibt es zwei bis drei Argumente, warum wir heute hier sitzen.
Festgestellt wurde schlussendlich, dass es sich gegenständlich um Noroviren gehandelt hat. Diese Erkrankung kann meiner Ansicht nach nicht auf meinen Betrieb zurückgeführt werden. Dies im Gegensatz zu einer allfälligen bakteriellen Erkrankung von Mitarbeitern. Ein weiterer Punkt ist, dass es seitens der Firma L. eine Schadensersatzforderung in der Höhe von ca Euro 100.000,00 gibt. Dass gegenständlich keine Salmonellen vorlagen, wussten wir schon am Freitag. Dass Noroviren vorlagen, erfuhr ich am Montag, 12. September, so ungefähr nachmittags. Am Montag Nachmittag war ich beim Amtsarzt Dr. K. Mir wurde mündlich mitgeteilt, dass der Betrieb weitergeführt werden könne. Hinsichtlich der Lebensmittel werde aber noch eine Antwort der AGES-Graz abgewartet.
Am 13.9.2005 habe ich vor allem das Thema angesprochen, was denn mit den Lebensmitteln geschehe. Es handelte sich dabei um diese separierten Lebensmittel, bei denen es sich sowohl um offene als auch geschlossene gehandelt hat. Die offenen Lebensmittel hatten ein Ablaufdatum und ich musste daher wissen, was ich nun mit diesen tun könne. Bei den offenen handelte es sich sowohl um leicht verderbliche als auch solche Lebensmittel, die ein längeres Haltbarkeitsdatum aufwiesen. Entscheidend war lediglich, ob sie tatsächlich von der Verpackung her offen waren. War beispielsweise der Klebestreifen bei einem Karton oben, dann galten sie als geschlossene, andernfalls waren es offene Lebensmittel. Besprochen habe ich dieses Thema mit Herrn B. Dann hat Herr B. telefoniert. Wenn ich gefragt werde, mit wem Herr B. da telefoniert hat, bin ich mir sicher, dass es sein Chef in I. war. Wer das namentlich war, kann ich nicht mehr genau sagen. Herr B. hat glaublich auch mit AGES-Graz telefoniert. Nach Beendigung der Telefonate erklärte Herr B. mir gegenüber, dass die offenen Lebensmittel vernichtet werden müssten und jene Lebensmittel, die eine Haltbarkeit von 30 Tagen haben und verschlossen sind, in ein Sperrlager kommen könnten. Ich fragte ihn dann, ob das wirklich notwendig sei. Ich kann mich noch erinnern, wie Herr Dr. K. an Herrn B. bei dieser Verhandlung die Frage gestellt hat ?ist das wirklich notwendig die Lebensmittel zu vernichten?.
Ich stellte in der Folge dann verschiedene Fragen zu verschiedenen Lebensmittelgruppen, beispielsweise was passiert mit den Lattellas bzw Tiefkühlprodukten. Herr B. erklärte schlussendlich, dass die offenen Lebensmittel vernichtet werden müssten. Wir gingen dann mit ihm im Betrieb alle Lebensmittelgruppen durch. Herr B. erklärte beim Durchgehen durch den Betrieb, welche Lebensmittel ins Sperrlager gehören und welche vernichtet werden müssten. Als Herr B. uns erklärt hat, welche von den Lebensmittel wir vernichten müssten, haben wir vom Abfallwirtschaftsverband Speisemüllkübel organisiert und haben dann dort diese Lebensmittel hineingeworfen. Wir haben also zB die Lebensmittel aus den Verpackungen herausgeschüttet und dort hineingegeben. Herr B. verwendete konkret die Worte ?diese Lebensmittel sind zu vernichten?. Es wurde auch darüber gesprochen, was passiert, wenn ich die Lebensmittel nicht selbst vernichte. Darauf antwortete Herr B., dass er dann die Lebensmittel beschlagnahmen müsste. Den Abtransport der offenen Lebensmittel habe dann ich organisiert. Bei den offenen Lebensmitteln handelt es sich um eine Menge von ca 2,8 Tonnen, der Wert beläuft sich auf ungefähr Euro 10.000,00.
Herr B. war bei der gesamten Vernichtung der Lebensmittel dabei. Zu den verschlossenen Lebensmitteln konkretisiere ich meine Beschwerde dahingehend, dass sie sich auf das Sperrlager, das länger als 14 Tage verfügt wurde, bezieht. Auf Vorhalt der Niederschrift vom 13.9.2005, in der auf Seite 2 unter Punkt 1 , unter anderem angeführt ist, dass die offenen separierten Lebensmittel freiwillig vernichtet werden, gebe ich bekannt, dass Herr B. mir gegenüber sich so äußerte, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, diese Lebensmittel zu vernichten. Er erklärte, dass für den Fall, dass ich sie nicht freiwillig vernichte, er sie beschlagnahmen werde. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob das Wort ?freiwillig? verwendet wurde. Es ist richtig, dass ich diese Niederschrift zur Kenntnis genommen habe und sie unterfertigt habe.?
Das Organ der Lebensmittelaufsicht, A. B., sagte aus wie folgt:
?Zum Geschehen vor dem 12.9. verweise ich auf den Akteninhalt. Ich fasse nur zusammen, dass am 7.9. ca 120 Erkrankungen bei der Firma L. gemeldet wurden. Ich zog in der Folge 13 Proben. Es bestand unter anderem auch der Verdacht auf Salmonellen, dieser war aber relativ schnell entkräftet. In weiterer Folge deutete alles darauf hin, dass es sich um Noroviren handelte. Das endgültige Ergebnis lag jedoch erst am Montag dem 12.9.2005 nachmittags vor. Dabei stellte sich auf Grund von Stuhlproben heraus, dass 10 Personen der O. Catering den Norovirus aufwiesen.
Die in der Folge zu treffenden Maßnahmen wurden mir von der Landessanitätsdirektion mitgeteilt. Die offenen Lebensmittel sollten alle vernichtet werden. Dies aus dem Grund, zumal ein Kontakt der Mitarbeiter der O. Catering mit diesen Lebensmitteln nicht ausgeschlossen werden konnte. Für die verschlossenen Lebensmittel sollte ein Sperrlager von 30 Tagen aufgetragen werden.
Ich war der Leiter der Amtshandlung am 13.9.2005. Dr. K. war persönlich nicht dabei. Ich bin am 13.9. in den Betrieb gekommen und habe Herrn K. die Maßnahmen mitgeteilt, die von der Landessanitätsdirektion vorgegeben wurden. Die offenen separierten Lebensmittel sollten gemäß § 39 LMG vernichtet werden. Glaublich teilte Herr K. mir dann mit, er wolle wissen, welche Alternativmöglichkeiten es dazu noch gäbe. Aus meiner Sicht bestand die Alternative in einer Beschlagnahme der Waren. Wenn ich gefragt werde, was ich getan hätte, wenn Herr K. nicht freiwillig die Waren vernichtet hätte, dann gebe ich bekannt, dass ich dann einen Beschlagnahmebeschluss eingeholt hätte. Wenn ich gefragt werde, an welche rechtliche Bestimmungen ich bei den offenen Lebensmitteln gedacht habe, gebe ich bekannt, dass dies der § 39 LMG ist. Anders bei den geschlossenen Lebensmitteln, dort war es meiner Ansicht nach eine Maßnahme nach § 24 LMG.
Aus meiner Sicht ist es klar, dass die gegenständliche Vernichtung freiwillig erfolgte. Herr K. hat sofort dieser Vernichtung zugestimmt. Den Container hat der Herr K. herbeischaffen lassen und 2 Mitarbeiter der O. Catering haben begonnen, die Waren auszuschütten. Einer dieser Mitarbeiter hat auch bezüglich dieser Waren schriftliche Aufzeichnungen geführt. Ich war stets bei diesem Vorgang gemeinsam mit dem Küchenchef anwesend. Zum Schluss hat dann auch der Küchenchef das Protokoll über die vernichteten Waren unterzeichnet. Mein fachlich Vorgesetzter ist Herr R. A. Weiters schickte ich die E-Mail vom 14.9.2005 an Herrn HR S. Zu den geschlossenen Lebensmitteln, insbesondere zum Sperrlager war auch diese Anordnung einvernehmlich. Dies mag auch der Grund dafür gewesen sein, warum ich nicht nachgefragt habe, ob der Bescheid nach § 24 LMG tatsächlich erlassen wurde.
Wenn ich seitens des Rechtsvertreters gefragt werde, warum bei den offenen Lebensmitteln nicht zwischen leicht verderblichen und nicht leicht verderblichen Lebensmitteln unterschieden wurde, gebe ich bekannt, dass diese Unterscheidung für uns nicht relevant war. Relevant war, dass es sich um offene Lebensmittel handelte, denn da war die Problematik der Kontaktaufnahme gegeben. Wenn ich vom Rechtsvertreter gefragt werde, in welcher Form ich auf das Schreiben vom 28.9.2005 reagiert habe, gebe ich bekannt, dass ich mit Herrn HR S. Kontakt aufgenommen habe. In weiterer Folge habe ich mit Ausnahme der Aufhebung der gegenständlichen Sperre nichts mehr unternommen. Auf Frage des Rechtsvertreters gebe ich bekannt, dass am 13.9. keine Proben mehr gezogen wurden, ich stützte meine Amtshandlung auf die Proben vom 7.9. Die Lebensmittel waren sowieso separiert, da hat sich dann nichts mehr geändert.
Nunmehr lege ich ein Protokoll über die Vernichtung der offenen Lebensmittel vom 13.9.2005 vor. Die letzte Seite bezieht sich auf Lebensmittel, die seitens der Betriebskantine der Fa L. angeliefert wurden und dann in ein Sperrlager kamen. Dieses Protokoll wird als Beilage A zur Verhandlungsniederschrift genommen. Die nunmehr seitens des Rechtsvertreters vorgelegte Empfangsbestätigung vom 13.12.2005 bezieht sich auf die Probenentnahme vom 7.9. Dieses Schreiben wird als Beilage B zum Akt genommen. Diese Proben wurden am 7.9., wie bereits gesagt, gezogen und gleichzeitig erfolgte die Separierung der Lebensmittel. Wenn ich nochmals seitens des Verhandlungsleiters gefragt werde, wie ich reagiert hätte, wenn der Herr K. die Lebensmittel nicht freiwillig vernichtet hätte, bestätige, dass es aus meiner Sicht nicht so gewesen wäre, dass ich dann die Vernichtung selbst angeordnet hätte, sondern ich hätte jedenfalls Kontakt mit der Landessanitätsdirektion mit den do Juristen aufgenommen, damit diese einen Bescheid erlassen hätten können.?
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung, ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Am 13.09.2005 fand am Betriebsstandort der Beschwerdeführerin, XY-Straße, L., eine Besprechung unter dem Titel ?behördliche Vorsichts-Maßnahmen im Betrieb O. Catering GmbH und Betriebskantine L. Lienz nach Bekanntwerden des Verursacher (Noroviren) der Epidemie? unter Federführung des Lebensmittelaufsichtsorganes A. B., statt. Weiters anwesend waren der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, R. K. sowie der Küchenchef der Beschwerdeführerin, A. K. Zweck dieser Besprechung war die Abklärung der weiteren Vorgangsweise und die allenfalls erforderliche Bekanntgabe behördlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit den gehäuften Gastroenteritisfällen bei Mitarbeitern der Firma L. in L., nachdem am Montag, 12.09.2005, der Verdacht, es handle sich bei den Erregern um Noroviren, bestätigt wurde.
Zu den offenen Lebensmitteln erklärte dabei A. B., dass bei diesen ein Kontakt der Mitarbeiter der O. Catering nicht ausgeschlossen werden könne und diese daher, um eine mögliche Verbreitung des Norovirus zu verhindern, zu vernichten wären. Entscheidend sei daher nicht, ob Lebensmittel leicht verderblich oder nicht leicht verderblich, sondern ob die Lebensmittel offen seien. Er machte den Geschäftsführer auf die in § 39 LMG eingeräumte Möglichkeit der freiwilligen Vernichtung dieser Lebensmittel aufmerksam. Sollte dieser die offenen Lebensmittel nicht freiwillig vernichten, würde er die Lebensmittel beschlagnahmen. Dazu hätte er sich an die zuständige Behörde zwecks Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides gewandt.
Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin organisierte die gesamte Vernichtung der offenen Lebensmittel. A. B. begleitete die Vernichtung der offenen Lebensmittel und erteilte Auskunft darüber, welche Lebensmittel jedenfalls als offene anzusehen seien.
Hinsichtlich der geschlossenen Lebensmittel ordnete A. B. ein Sperrlager für 30 Tage an. Dieser Anordnung kam der Beschwerdeführer nach (vgl Aktennotiz vom 14.09.2005). Ein Bescheid nach § 24 LMG wurde nicht erlassen. Der Vertreter der Beschwerdeführerin konkretisiert die gegenständliche Beschwerde anlässlich der mündlichen Verhandlung in Bezug auf dieses Sperrlager dahingehend, als sie sich auf ein Sperrlager über einen Zeitraum von mehr als 14 Tage bezieht.
Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 129a Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
Voraussetzung der Beschwerde ist das Vorliegen eines Aktes der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die wesentlichen Kennzeichen der Handlungen, die als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren sind, sind:
Die Handlung
ist dem Staat zuzurechnen (Verwaltungsakt)
bedeutet einen Rechtseingriff
wird gegenüber einer individuell bestimmten Person gesetzt oder ist als Eingriff in das Recht einer individuell bestimmten Person zu deuten,
bewirkt unmittelbar eine faktische Veränderung oder spricht eine normative Anordnung aus, die auch nicht intentional in Bescheidform gekleidet ist (Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Band II/2 B-VG, Art 129a, Rz 49).
Die seitens der Beschwerdeführerin durchgeführte freiwillige Vernichtung der offenen Lebensmittel ist nicht als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen. Hier ist auf die ständige Rechtssprechung des VwGH hinzuweisen, wonach die bloße Einladung bzw Aufforderung grundsätzlich keine anfechtbaren Akte darstellen (vgl etwa zur ?Aufforderung zur Ausweisleistung? - VwGH 27.5.1999, 99/11/0091 oder ?Aufforderung zum Verlassen einer Örtlichkeit? - VwGH 29.6.2000, 96/01/0596). Freiwilligkeit liegt allerdings nur dann vor, wenn der Betreffende die Aufforderung des Organes zu einem bestimmten Verhalten nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne Gefahr zu laufen, dass er unverzüglich (unmittelbar) physischem (Polizeizwang) Zwang unterworfen werde, um den gewünschten Zustand herzustellen (vgl etwa VwGH 19.03.1990, 89/12/0036, 29.07.1998, 97/01/0448). Davon kann gegenständlich jedoch keine Rede sein.
Es mag nun dahingestellt bleiben, auf welcher rechtlichen Grundlage das Einschreiten des Lebensmittelaufsichtsorganes in Bezug auf eine allenfalls beabsichtigte Vernichtung der offenen Lebensmittel tatsächlich zu sehen ist (§ 39 iVm § 40 LMG oder § 24 LMG). A. B. ist offenkundig von einer Anwendbarkeit des § 39 LMG ausgegangen, der in seinem Abs 7 (unter bestimmten Voraussetzungen) an Stelle der Beschlagnahme die Vernichtung von leicht verderblichen Lebensmitteln durch die Partei in Anwesenheit des Aufsichtsorgans vorsieht. In der Niederschrift vom 13.09.2005 ist nun eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Vernichtung der offenen (und nicht nur der leicht verderblichen) Lebensmittel durch den Vertreter der Beschwerdeführerin freiwillig erfolgte.
Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat in seiner Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol nicht einmal selbst vorgebracht, dass bei dieser Amtshandlung die Rede davon war, dass für den Fall, dass die Vernichtung nicht durch ihn selbst erfolge, eine unmittelbare Vernichtung durch das Lebensmittelaufsichtsorgan zu erwarten sei. Hier fehlt offenkundig die oben angesprochene und für die Qualifikation als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt eines an sich freiwilligen Tuns erforderliche unmittelbare Herbeiführung des behördlicherseits ?gewünschten? Zustandes. Dieser fehlende unmittelbare Zusammenhang mit einer faktischen Amtshandlung wird auch noch durch die Aussage des Lebensmittelaufsichtsorganes A. B. anlässlich der mündlichen Verhandlung bestätigt, wonach er für diesen Fall die Vernichtung nicht selbst angeordnet hätte sondern vielmehr Kontakt mit der zuständigen Behörde in Innsbruck aufgenommen und einen entsprechenden ?Beschlagnahmebescheid? eingeholt hätte. Die Beschwerde war daher, was die offenen Lebensmittel betrifft, als unzulässig zurückzuweisen.
Die Anordnung des Sperrlagers war hingegen jedenfalls als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen. Die Beschwerde war daher in Bezug auf die geschlossenen Lebensmittel zulässig.
Der hier maßgebliche § 24 des Lebensmittelgesetz 1975 BGBl 86, zuletzt geändert durch BGBl I 2004/126, lautet wie folgt:
?In Fällen drohender Gefahr für die Gesundheit von Menschen, die durch Außerachtlassung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder von behördlichen Verfügungen verursacht worden ist, kann der Landeshauptmann entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung durch Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen oder sonstige das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln oder Zusatzstoffen hindernde Maßnahmen verfügen. Der Landeshauptmann kann solche Maßnahmen nach vorhergegangener Verständigung des Betriebsinhabers oder einer mit der Betriebsführung beauftragten Person auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines förmlichen Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen einer Woche ein schriftlicher, begründeter Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt.?
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die Anordnung des 30-tägigen Sperrlagers zur Hintanhaltung einer Gesundheitsgefährdung von Menschen erforderlich war oder nicht. Die zuletzt vorgelegte amtsärztliche Stellungnahme vom 04.11.2005, Zl Vc-1610/227, bestätigt jedoch schlüssig und nachvollziehbar die bis dahin seitens der zuständigen Landessanitätsdirektion dazu geäußerte Meinung. Zusammenfassend kommt Frau Dr. L.-H. dabei zum Ergebnis, dass ?um eine Gefahr für die menschliche Gesundheit durch Konsum von potentiell mit virulenten Noroviruspartikel verunreinigten Produkten in Gang zu halten, es aus amtsärztlicher Sicht erforderlich war, offene Produkte, die eine höhere Kontiminationswahrscheinlichkeit aufwiesen, zu vernichten und geschlossene Produkte in ein Sperrlager für 30 Tage zu verbringen, wobei der beauflagte Zeitraum als absolut unterstes Limit anzusehen ist?.
Nach § 24 LMG hätte die zuständige Behörde jedoch binnen einer Frist von einer Woche einen schriftlichen, begründeten Bescheid zu erlassen gehabt, ?widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt?. Der Zweck dieser Regelung ist klar: Die Behörde soll wegen der Schwere des Eingriffes verhalten werden, die Rechtmäßigkeit des Eingriffs nochmals zu prüfen und aufgrund des Ergebnisses dieser Prüfung den Bescheid zu erlassen (vgl zur ähnlichen Bestimmung des § 360 Abs 4 GewO 1994 Kienast, Die einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen nach der GewO 1994, ZfV 1995, 303f). Die Argumentation der belangten Behörde, der Bescheid sei nur als Formalakt zu sehen und hätte sich an der Sachlage auch bei Erlassung eines Bescheides nichts geändert, ist nicht zielführend. Tatsächlich wurde nämlich das Sperrlager für 30 Tage aufrechterhalten und erst dann mit Schreiben vom 11.10.2005 seitens des Lebensmittelaufsichtsorganes aufgehoben. Die behördliche Anordnung blieb sohin bis zu diesem Zeitpunkt faktisch aufrecht.
Durch dieses über den 27. September 2005 hinaus angeordnete Sperrlager war die Beschwerdeführerin jedenfalls in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Unversehrtheit ihres Eigentums beeinträchtigt.
Nach Art 5 Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreich und Länder, RGBl 1867/172, welches gemäß Art 149 Abs 1 B-VG als Verfassungsgesetz iSd Art 44 Abs 1 B-VG gilt, ist das Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.
Träger dieses Grundrechts kann auch eine juristische Person sein (vgl Korinek, in Korinek/Holoubek (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Textsammlung und Kommentar, Band III Grundrechte, STGG, Art 5, Lfg (2002) S 16 RZ 22). Durch die über den 27. September 2005 hinausgehende Anordnung des Sperrlagers wurde die Beschwerdeführerin in der Ausübung ihrer Verfügungsmöglichkeit über diese Lebensmittel behindert. Diese Maßnahme stellt daher einen Eingriff in ihr privates Vermögensrecht, sohin in ihr Eigentumsrecht dar (vgl den VfGH zu ähnlich gelagerten Fällen VfGH 24.09.1982, VfSlg 9492 ? Plombierung eines Sprechfunkgerätes oder Plombierung einer Diskothekenanlage ? VfSlg 8116).
Ein Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art 6 StGG) liegt hingegen nicht vor, zumal die Anordnung des Sperrlagers nicht auf eine Beschränkung der Erwerbsfähigkeit selbst abzielt, sondern diese Beschränkung eine (faktische) Nebenwirkung der Anordnung des Sperrlagers darstellt (vgl dazu Öhlinger, Verfassungsrecht5, Wien 2003, RZ 895, mit Beispielen aus der Judikatur des VfGH).
Zusammenfassend steht sohin fest, dass die Behörde es unterlassen hat, binnen einer Woche einen schriftlichen Bescheid nach § 24 LMG zu erlassen und war daher die gegenständliche Anordnung eines Sperrlagers in Bezug auf die verpackten Lebensmittel - hier im Rahmen der Beschwer ? mithin also über den 27. September 2005 hinaus ? als rechtswidrig anzusehen und sohin spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die zitierte gesetzliche Grundlage.