TE UVS Tirol 2006/01/09 2005/25/3090-3

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Veröffentlicht am 09.01.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn Dr. H. A. R., 6020 Innsbruck, vom 3.11.2005 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 17.10.2005, Zahl S-9769/05, betreffend die Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 9,00, zu bezahlen.

Text

Im bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn Dr. R. zur Last gelegt, er habe als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen XY am 4.4.2005 um 14.50 Uhr in Innsbruck, das Fahrzeug in der dort befindlichen Kurzparkzone zum Halten oder Parken aufgestellt, ohne das Fahrzeug mit einer richtig eingestellten Parkscheibe versehen zu haben, womit er gegen § 2 Abs 1 Z 1 Kurzparkzonenüberwachungsverordnung verstoßen habe. Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 45,00 (im Uneinbringlichkeitsfalle 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 4,50 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in welcher Herr Dr. R. im wesentlichen vorbringt, dass die auf dieser Liegenschaft wohnenden Lenker von Kraftfahrzeugen, welche auf eigenem Grund geparkt werden, schon wiederholt Besitzstörungsklagen gegen Personen eingebracht hätten, die die Ausfahrt von der Liegenschaft durch parkende Fahrzeuge behinderten. Es habe sich herausgestellt, dass die in den Endbeschlüssen enthaltenen Kostenzusprüche von den betroffenen Störern nicht eingebracht werden konnten, sodass für den Kläger kein Ersatz der Barauslagen stattgefunden hätte. Die Zulassungsbehörde würde auch Verstöße gegen die Verpflichtung aus § 42 Abs 1 KFG nicht entsprechend ahnden. Auch stünden nicht immer aktuelle Halterauskünfte zur bei fehlgeschlagenen Exekutionsversuchen zur Verfügung. Die zivilrechtliche Abwehr einer Behinderung stelle zunehmend ein finanzielles Risiko für den Geschädigten dar. § 24 Abs 3 lit b StVO biete keinen effizienten öffentlich rechtlichen Schutz für die Gewährleistung einer kurzfristigen Ausfahrt. Im Anlassfall habe er seinen PKW vor der Ausfahrt des Hauses XY geparkt, um sicher zu stellen, dass am Nachmittag dieses Tages kein unbekannter Dritter die Ausfahrt behindert, weil ein weiterer Nutzer der Liegenschaft berufsbedingt und spontan mit seinem PKW die Liegenschaft verlassen habe wollen. Das Einstellen der Parkscheibe hätte diesfalls keinen Erfolg in rechtlicher Hinsicht bewirkt. Seiner Ansicht nach könne die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Zahl 88/17/0103 auf den Anlassfall nicht übertragen werden, da es im dortigen Verfahren um die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung gegangen sei. Bei der Einhebung von Parkgebühren handele es sich primär um eine fiskalische Maßnahme, wo hingegen eine gebührenfreie Kurzparkzone der Optimierung des vorhandenen Parkraumes für möglichst viele Verkehrsteilnehmer dienen soll. Deshalb liege es auf der Hand, dass die Abgabepflicht im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung für einen bestimmt en Ortsbereich durchgängig gelten müsse, was für die gebührenfreie Kurzparkzone jedoch nicht gelte. Die Geltung dieser Kurzparkzone auch jenseits der blau strichlierten Begrenzungen sei nicht erforderlich, um einen Kraftfahrzeuglenker nicht zu privilegieren, der sein Fahrzeug außerhalb der blau strichlierten Eingrenzungen parkt. Innerhalb des blau strichlierten Bereiches sei er auf die in der Parkscheibe vorgesehene Parkdauer beschränkt. Die Ausfahrten befänden sich außerhalb der blau strichlierten Eingrenzungen, womit die mit der Kurzparkzone verbundenen Verpflichtungen des Lenkers dort nicht gelten würden. Er habe zur Abwendung eines drohenden Schadens in einer Notlage gehandelt. Es werde deshalb Bescheidbehebung in eventu die wesentliche Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.1.2006 durch die Einvernahme des Berufungswerbers und des Zeugen Mag. J. R. sowie die Verlesung der Akten der Bundespolizeidirektion Innsbruck und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.

 

Die Einvernahme des Zeugen Mag. J. R. bestätigte das Vorbringen des Berufungswerbers, dass es vor der Liegenschaftseinfahrt wiederholt zu Besitzstörungen durch Kraftwagenlenker gekommen ist, die entgegen dem dort bestehenden Parkverbot ihre Fahrzeuge abstellten. Dadurch versäumte der Sohn des Berufungswerbers einmal einen wichtigen beruflichen Termin. Auch kommt es bei der zivilrechtlichen Verfolgung der unerlaubten Parker immer wieder zu Problemen im Vollzug. So ist es auch schon vorgekommen, dass die Barauslagen, die mit einer Klage verbunden waren, vom Störer nicht einbringlich gemacht werden konnten.

 

Nach der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Haus- und Grundstückseinfahrten von der Kurzparkzone nicht ausgenommen. Die blaue Bodenmarkierung endet deshalb vor den Haus- und Grundstückseinfahrten und beginnt danach wieder, weil die Fahrzeuglenker sich sonst dazu veranlasst sehen könnten, in Widerspruch zu § 24 Abs 3 lit b StVO zu parken. Diese Form der Anbringung der Bodenmarkierungen soll den Lenkern nicht nur das Vorhandensein einer Kurzparkzone sondern auch die zum Parken vorgesehenen Flächen und die Stellordnung anzeigen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kurzparkzone nur innerhalb der blau umrandeten Flächen Gültigkeit hat. Ansonsten wäre bei Fehlen der blauen Bodenmarkierungen die Kurzparkzone nicht ordnungsgemäß kundgemacht, was aber im Widerspruch zu § 25 Abs 2 zweiter Satz StVO stünde. Es ist deshalb die von der Erstbehörde vertretene Rechtsauffassung zutreffend, dass die Kurzparkzone auch vor Haus- und Grundstückseinfahrten Geltung hat, weshalb auch dort den Lenker die Verpflichtung des § 2 Abs 1 Z 1 der Kurzparkzonenüberwachungsverordnung trifft. Auch wenn sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Zahl 88/17/0103 auf eine Parkabgabe in einer Kurzparkzone bezog, so ändert dies nichts an der dort vertretenen Rechtsansicht, dass Haus- und Grundstückseinfahrten von der Kurzparkzone nicht ausgenommen sind. Im angeführten Fall knüpfte die Abgabepflicht an eine vorhandene Kurzparkzone, so wie dies auch in den abgabepflichtigen Zonen nach der Innsbrucker Parkabgabeverordnung der Fall ist (§ 1 Abs 1). Wenn in der XYstaße im Bereich des Hauses Nr 15 für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen keine Abgabe erhoben wird, so besteht dort unbestritten eine Kurzparkzone gemäß § 25 StVO, deren Beginn und Ende mit Verkehrszeichen nach § 52 Z 13d und 13e kundgemacht ist. Der Umstand, ob in einer Zone eine Abgabe eingehoben wird oder nicht, ändert nichts am rechtlichen Charakter der Kurzparkzone. Deshalb gilt die Kurzparkzone und damit die in § 2 Abs 1 Z 1 Kurzparkzonenüberw

achungsverordnung festgelegte Verpflichtung auch vor Haus- und Grundstückseinfahrten.

 

Nach § 6 VStG ist die Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt, oder ? obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht ? vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Unter Notstand kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine andere, im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln. Dies trifft aber selbst bei der Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu. Ein solcher Fall war durch das bloße Behindern der Ausfahrt aus der Liegenschaft nicht gegeben, da selbst das Versäumen eines beruflichen Termins keinerlei unmittelbare Bedrohung der Lebensmöglichkeit mit sich brächte; etwas Gegenteiliges wurde jedenfalls nicht vorgebracht.

Bei einer Behinderung der Ausfahrt aus der Liegenschaft hat sich der Behinderte gegen den Behinderer mit den von der Rechtsordnung dafür vorgesehenen Mitteln zur Wehr zu setzen. Auch wenn es schon vorgekommen ist, dass in einem Besitzstörungsverfahren die Exekution der Kosten gescheitert ist, so rechtfertigt dieser Umstand in keiner Weise die Missachtung einer anderen Rechtsvorschrift durch den Gestörten.

Der Unrechtsgehalt vorliegender Übertretung ist erheblich, weil dadurch die durch die Kurzparkzone vorgesehene Regulierung des ruhenden Verkehrs unterlaufen bzw deren Kontrolle verhindert wird. Der Berufungswerber als Inhaber der erforderlichen Lenkerberechtigung und ehemaliger Rechtsanwalt musste diese Bestimmung der StVO genau kennen. Er hat den Eintritt des tatbildlichen Erfolges aber offenbar in Kauf genommen, weshalb ein bedingter Vorsatz anzulasten ist.

Über den Berufungswerber liegen vier anrechenbare Verwaltungsstrafvormerkungen aus dem Bereich der Straßenpolizei vor; die dort verhängten Geldstrafen bewegen sich zwischen Euro 35,00 und Euro 100,00. Die Erstbehörde hat den gesetzlichen Strafrahmen im vorliegenden Fall zu 6,2 Prozent ausgeschöpft, was von der Berufungsbehörde als angemessen und erforderlich erachtet wird, um den Rechtsmittelwerber die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen und künftig eine Verhaltensänderung erwarten können zu lassen.

Schlagworte
Nach, herrschenden, Rechtsprechung, sind, Haus- und Gründstückseinfahrten, von, der Kurzparkzone, nicht, ausgenommen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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