Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des L. A. G., XY, P., vertreten durch Dr. M. G., Mag. C. G., Mag. M. G., RAe in I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 15.11.2005, Zl VA-1494-2005-FSE, nach öffentlicher und mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 35 Abs 1 FSG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid weiste die Bezirkshauptmannschaft Landeck den Antrag des Berufungswerbers auf Ausfolgung der von der Bezirkshauptmannschaft Landeck mit Bescheid vom 09.06.2005, Zl VA-1494-2005-FSE, wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für einen Zeitraum von 4 Monaten (gerechnet ab 03.06.2005) entzogenen Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, B, C1, C, D, EB, EC1 EC, ED, F, ab, entzog dem Berufungswerber die Lenkberechtigung wiederum für einen Zeitraum von nunmehr acht Monaten (gerechtet ab dem 28.10.2005) und erkannte ihm das Recht ab, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Im Übrigen wurde einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung nach § 64 Abs 2 AVG aberkannt.
Diese Maßnahmen begründete die Bezirkshauptmannschaft Landeck damit, dass der Berufungswerber trotz entzogener Lenkberechtigung am 20.06.2005, um 21.05 Uhr, das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY, an welches er einen nicht zum Verkehr zugelassenen Anhänger angehängt habe, in Pfunds, auf einer unbenannten Gemeindestraße im Bereich des sog ?A.-Baches? in Fahrtrichtung Pfunds-Kajetansbrücke gelenkt habe. Dabei sei es zu einem Verkehrsunfall mit einem entgegenkommenden Motorradfahrer gekommen, wodurch der Motorradfahrer schwere Verletzungen erlitten habe. Der Berufungswerber habe daraufhin keine Maßnahmen getroffen, die zur Vermeidung von Schäden für Personen und Sachen notwendig gewesen wären und habe den Unfallort verlassen, obwohl sich das Unfallopfer und das Unfallfahrzeug im Bereich einer unübersichtlichen Kurve auf der Fahrbahn befunden hätten. Er habe weder die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt, noch selbst Hilfe geleistet bzw für fremde Hilfe gesorgt. Nach § 28 Abs 1 Z 2 FSG sei der Führerschein auf Antrag des Führerscheinbesitzers nur dann auszufolgen, wenn keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet würde. Nach § 7 Abs 3 FSG sei die Verkehrszuverlässigkeit im Fall des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung bzw im Fall der Verursachung eines Verkehrsunfalls und Unterlassung der erforderlichen Hilfeleistung nicht mehr gegeben. Da ein derartiges Verhalten vom Berufungswerber gesetzt worden sei, sei eine weitere Entzugsdauer von acht Monaten festzusetzen und der Antrag des Berufungswerbers abzuweisen gewesen.
In der dagegen firstgerecht eingebrachten Berufung äußerte sich der Berufungswerber dahingehend, dass sich der angefochtene Bescheid ausschließlich auf Zeugenaussagen stütze, welche in sich widersprüchlich und subjektiv seien und sich daher nicht dazu eignen würden, einer Verurteilung zu Grunde zu legen. Die Angaben dieser Zeugen seien jedenfalls unrichtig, da sich der Berufungswerber am Tag des Unfalles nicht an der Unfallstelle aufgehalten habe. Zur Unglaubwürdigkeit der genannten Zeugen sei auch anzuführen, dass aufgrund der Aussage des Zeugen F. gegen den Bruder des Berufungswerbers ein Strafverfahren beim Landesgericht in Innsbruck abgeführt worden sei, bei welchem der Bruder jedoch aufgrund der unsicheren und widersprüchlichen Angaben dieses Zeugen freigesprochen worden wäre. Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes, insbesondere der subjektiven Zeugenaussagen und der Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck sei jedenfalls davon auszugehen, dass der Berufungswerber den ihm vorgeworfenen Tatbestand nicht verwirklicht habe. Der Berufungswerber stellte demnach den Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem Beschuldigten den Führerschein auszufolgen.
Aufgrund dieser Berufung wurde am 13.01.2006 eine öffentliche und mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Landeck, Zl VA-1494-2005-FSE, insbesondere in das darin befindliche Konvolut an Lichtbildern (Beilage 12), sowie durch Einsichtnahme in den Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Landeck, Zl VK-43130-2005, weiters durch Einvernahme des Berufungswerbers L. A. G. und der Zeugen S. S., S. F., BI J. K., und E. Z. (jeweils ON 3). Von der Einvernahme des Zeugen F. wurde Abstand genommen, da dieser aufgrund einer beruflichen Fortbildung für einen längeren Zeitraum unabkömmlich ist.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:
Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.06.2005, Zl VA-1494-2005-FSE, wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, B, C1, C, D, EB, EC1 EC, ED, F, für einen Zeitraum von vier Monaten (gerechnet ab 03.06.2005) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit infolge rechtswidriger Alkotestverweigerung entzogen. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 14.06.2005 durch eigenhändige Übergabe zugestellt.
Trotz entzogener Lenkberechtigung lenkte der Berufungswerber am 20.06.2005, um 21.05 Uhr, das Kraftfahrzeug der Marke Unimog mit dem amtlichen Kennzeichen XY auf einer öffentlichen Straße im Bereich des A.-Baches, im Gemeindegebiet von Pfunds, in Fahrtrichtung Pfunds-Kajetansbrücke, wobei an diesem Fahrzeug auch ein Anhänger angebracht war. Im Bereich der dort befindlichen unübersichtlichen Kurve kam es sodann zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Motorradfahrer, wodurch der Motorradfahrer schwere Verletzungen erlitt und an dessen Motorrad ein erheblicher Sachsschaden entstand.
Der Berufungswerber ließ das Unfallopfer und dessen Fahrzeug ohne selbst die erforderliche Hilfe zu leisten oder fremde Hilfe herbeizuholen auf der Fahrbahn liegen. Während ein Freund des Verletzten den Notdienst verständigte, entfernte sich der Berufungswerber von der Unfallstelle.
Der festgestellte Sachverhalt basiert auf folgender Beweiswürdigung:
Der aufrechte Entzug der Lenkberechtigung zum Tatzeitpunkt 20.06.2005 steht offenkundig fest.
Dass der Berufungswerber tatsächlich am 20.06.2005 das genannte Kraftfahrzeug lenkte, es in der Folge zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, der Berufungswerber jedoch daraufhin keine Hilfe leistete oder fremde Hilfe herbeiholte, sondern weiterfuhr, konnte bedenkenlos der äußerst glaubwürdigen Aussage des Zeugen S. F. entnommen werden. Dieser gab nachvollziehbar an, den Unfall selbst beobachtet und direkt nach dem Unfall den Berufungs-werber zweimal deutlich gesehen zu haben. Im Übrigen führte er aus, das Fahrzeug des Berufungswerbers sei nach der Unfallaufnahme ca 200 bis 300 m von der Unfallstelle entfernt in einer Wiese gestanden und er habe, als er an diesem Fahrzeug vorbeigegangen sei, den Berufungswerber wiederum gesehen. Auf ergänzende Frage des Vorsitzenden anlässlich der Verhandlung vom 13.01.2005 gab der Zeuge F. auch entschlossen an, der damalige Fahrer sei der heute anwesende Berufungswerber. Im Übrigen ist auch festzuhalten, dass seine Aussage mit der von ihm am Tag nach dem Unfall vor dem Gendarmerieposten Pfunds gemachten Aussage übereinstimmt und frei von Widersprüchen ist sowie mit den Aussagen der an diesen Tag auch polizeilich einvernommenen Zeugen F. und H. zu vereinbaren ist.
Die Aussage des Berufungswerbers, den ganzen Tag über am Hof und zum Unfallszeitpunkt mit seinem Bruder am Kartoffelfeld gewesen zu sein, war nicht überzeugend, da dieser einerseits die glaubwürdige Aussage des Zeugen S. und andererseits jene des Zeugen RI K. widersprechend gegenübersteht. Der Zeuge S. gab überzeugend an, ein ?weiterer? Nachbar des Berufungswerbers zu sein und ihn zweifelsfrei am Tag des Unfalles beim Mähen seines Feldes erkannt zu haben und dabei auch das gegenständliche Kraftfahrzeug mit einem silbernen Anhänger stehen gesehen zu haben. Der Zeuge RI K. hat diesbezüglich angegeben, den Berufungswerber an der B-180 Reschen Straße mit einem roten Damenfahrrad fahrend gesehen zu haben, wobei ihm sein Kollege dessen Namen gesagt habe. Da auch der Lichtbildbeilage 12 tatsächlich zwei Lichtbilder (Bild 8 zeigt den Unimog des Berufungswerbers mit dem angehängten Anhänger, auf welchem sich ein Mähgerät befindet; Bild 16 zeigt die Ladefläche des Unimog, auf welcher sich ein rotes Fahrrad befindet) zu entnehmen waren, welche sich mit den Aussagen dieser Zeugen decken, war an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln.
Die Aussage des Berufungswerbers konnte daher die sehr plausiblen Aussagen der drei Zeugen nicht erschüttern und war als reine Schutzbehauptung zu werten.
Von der Bezugnahme auf die Aussage des vom Berufungswerber als unglaubwürdig dargestellten Zeugen F. konnte aufgrund ausreichend vorliegender sonstiger Beweise abgesehen werden. Die Tatsache jedoch, dass ein Zeuge in einem anderen Verfahren als unglaubwürdig bzw nicht unbedingt überzeugend befunden wird und daher ein Freispruch ergeht, rechtfertigt nicht den zwingenden Schluss, dass der Zeuge in einem anderen Verfahren auch als fragwürdig einzustufen ist. Eine Bindung hinsichtlich der Beweiswürdigung anderer Behörden besteht nicht; vielmehr hat sich die entscheidende Behörde selbst ein Bild über die Glaubwürdigkeit vorliegender Beweise zu verschaffen.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Nach § 3 Abs 1 Z 2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Eine Person gilt nach § 7 Abs 1 FSG dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Als ?bestimmte Tatsache? iSd Abs 1 gelten nach § 7 Abs 3 leg cit insbesondere folgende Fälle:
wenn es jemand unterlassen hat, nach einem durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges selbst verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt wurde, sofort anzuhalten oder erforderliche Hilfe zu leisten oder herbeizuholen (Z 5);
wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines lenkt (Z 6 lit a).
Gem § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen.
Nach § 25 Abs 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist nach Abs 3 leg cit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.
Der Führerschein ist nach § 28 Abs 1 FSG nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen, wenn
1.
die Entziehungsdauer nicht länger als 18 Monate war und
2.
keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet wird. Nach Abs 2 leg cit ist das Lenken von Kraftfahrzeugen vor Wiederausfolgung des Führer-scheines unzulässig.
Im gegenständlichen Fall ist zweifelsfrei hervorgekommen, dass der Berufungswerber bereits sechs Tage nachdem ihm der Bescheid über die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten zugestellt wurde, ein Kraftfahrzeug lenkte, er dabei einen Verkehrsunfall mit erheblichem Personen- und Sachschaden verursachte und er es unterlassen hat, selbst die erforderliche Hilfe zu leisten bzw fremde Hilfe herbeizuholen, sondern, dass sich von der Unfallstelle entfernte und den verletzten Motorradfahrer im Bereich einer unübersichtlichen Kurve auf der Fahrbahn liegen ließ.
Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber durch dieses Verhalten die Tatbestände des § 7 Abs 3 Z 5 und 6 FSG verwirklicht hat, ist bei ihm die nach § 3 Abs 1 Z 2 FSG geforderte Verkehrszuverlässigkeit nicht als gegeben anzusehen, womit die Anordnung einer weiteren Entziehung der Lenkberechtigung nach § 24 Abs 1 FSG völlig zu Recht erfolgte und der Antrag auf Ausfolgung des Führerscheines nach § 28 Abs 1 Z 2 FSG abzuweisen war.
Was die Dauer der Entziehung anlangt, so erscheint diese in Anbetracht der festgestellten Umstände und der Tatsache, dass es sich hiebei bereits um die zweite Entziehung handelt, jedenfalls als angemessen.
Die Berufung war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Hinweis:
Für die Vergebührung des Berufungsantrages (samt Beilagen) sind Euro 13,00 zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.
Zusatz: Der Verwaltungsgerichtshof hat die Behandlung der fristgerecht erhobenen Beschwerde abgelehnt.