TE UVS Tirol 2006/01/17 2006/23/0113-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Beschwerde von Herrn W. T., Hall i.T., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K. H., 6020 Innsbruck, gegen die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als belangte Behörde wie folgt:

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 1 und § 67d AVG wird der Beschwerde von Herrn W. T. Folge gegeben und festgestellt, dass er durch die Aufforderung zu einem Atemalkoholtest und anschließende Abnahme seines Führerscheines durch ein Organ des Gemeindewachkörpers von Hall in Tirol am 19.12.2005 gegen 21.01 Uhr in 6067 Absam in seinen Rechten verletzt wurde.

 

Gemäß § 79a AVG iVm der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl 855/1995 idgF wird dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Aufwendungen Folge gegeben. Die belangte Behörde hat dem obsiegenden Beschwerdeführer Ersatz für den Schriftsatzaufwand in Höhe von EUR 660,80 und den Verhandlungsaufwand in Höhe von EUR 826,00 zu leisten. Der Gesamtbetrag von EUR 1.486,80 ist binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu Handen des Beschwerdeführers anzuweisen

Text

Mit Schriftsatz vom 13.1.2006 erhob Herr W. T. eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 und § 67c AVG gegen die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck. In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm am 19.12.2005 um ca. 21.01 Uhr von Beamten der Stadtpolizei Hall i.T. in 6067 Absam, der Führerschein abgenommen worden sei und ihm hierüber am nächsten Tag eine Bescheinigung ausgefertigt und übergeben worden sei, obwohl die Organe der Stadtpolizei Hall i.T. zu dieser ?Führerscheinabnahme? nicht berechtigt seien. Einerseits fehle es den Organen der Stadtpolizei Hall i.T. an Kompetenz als Stadtpolizei außerhalb ihres Wirkungsbereiches, nämlich in 6067 Absam (auf Privatgrund) ?einen Führerschein abzunehmen?, andererseits seien die Voraussetzungen für eine ?Führerscheinabnahme? nicht vorgelegen, da der Beschwerdeführer von einem Gemeindewachkörper (Stadtpolizei Hall) außerhalb dessen Wirkungsbereiches (außerhalb des Stadtgebietes von Hall), nämlich in 6067 Absam, ?beamtshandelt? worden sei und sei ihm vom Gemeindewachkörper (Stadtpolizei Hall) rechtswidrigerweise der Führerschein abgenommen worden. Die Stadt Hall sei in dieser Angelegenheit von der Landesregierung nicht durch Verordnung ermächtigt worden. Die Landesregierung könne gemäß § 94c Abs 1 StVO durch Verordnung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgende Angelegenheiten die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit einer Gemeinde die Verkehrspolizei übertragen, soferne dort ein Gemeindewachkörper vorhanden ist. Dieser Gemeindewachkörper sei im Unterschied zur Bundespolizeidirektion und der (ehemals) Gendarmerie ein ?Hilfsorgan der Gemeinde?. Nur wenn einer Gemeinde die Handhabung des § 5 Abs 2a lit b StVO übertragen worden sei, könne die Behörde den Gemeindewachkörper dieser Gemeinde zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ermächtigen (§ 2 Alkotestverordnung). Im konkreten Fall sei die Straßenpolizei und auch die Handhabung des § 5 Abs 2a lit b StVO durch den Gemeindekörper ausgeübt worden, jedoch sei der Gemeinde (Stadt Hall) die Ermächtigung hierzu seitens

der Landesregierung nie durch Verordnung erteilt worden. Damit sei aber auch jede Aufforderung eines Gemeindewachkörpers zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt sowie die Führerscheinabnahme rechtswidrig. Jedenfalls liege hier keine Verordnungsermächtigung vor, da Organe der Stadtpolizei Hall außerhalb ihres örtlichen Wirkungsbereiches zur Vornahme von Amtshandlungen und zur Abnahme des Führerscheins nicht berechtigt seien und stehe somit eindeutig fest, dass die Führerscheinabnahme sowie die Zurückbehaltung und Nichtausfolgung des Führerscheins rechtswidrig gewesen sei.

 

Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer auch in seinem Recht nach § 39 Abs 2 und 3 FSG verletzt worden, da innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Frist von 3 Tagen dem Beschwerdeführer der Führerschein wieder ausgehändigt hätte werden müssen, zumal ein ?Entziehungsverfahren? erst zu einem viel späteren Zeitpunkt nach der vorläufigen Abnahme eingeleitet worden sei.

 

Weiters würde der Beschwerdeführer auch durch die Nichtausfolgung des Führerscheins durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck in seinen Rechten verletzt, da er sich auf seine Immunität als Landtagsabgeordneter und Klubobmann berufen habe. Gemäß Art 32 der Tiroler Landesordnung und anderer gesetzlicher Bestimmungen betrifft die Immunität nicht nur strafbare Handlungen, sondern jedwede behördliche Verfolgungshandlung. Die Abnahme des Führerscheins würde wohl eine behördliche Verfolgungshandlung darstellen, die im gegenständlichen Fall rechtswidrig sei, zumal eine derartige behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterlassen oder abzubrechen sei, wenn sich ein Abgeordneter auf seine Immunität berufe. Die Immunität bedeute insbesondere die Freiheit der Mitglieder der Volksvertretungen (Nationalrat, Bundesrat, Landtage) vor strafgerichtlicher oder sonstiger Verfolgung. Abgeordnete können nur mit Zustimmung des Vertretungskörpers gerichtlich oder verwaltungsbehördlich verfolgt werden. Wenn auch das Führerscheinentzugsverfahren ein ?Sonderverfahren? sei, so stelle es dennoch eine verwaltungsbehördliche Verfolgung dar, die im gegenständlichen Fall unzulässig sei. Es könne nicht sein und entspreche es in keiner Weise der österreichischen Rechtsordnung und Verfassung sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention, dass durch irgendwelche ?Sonderverfahren? (allgemeine Sicherungsmaßnahmen, Schutz der Öffentlichkeit, etc) die Immunität ?ad absurdum? geführt würde. Die Immunität bestehe ja gerade darin und wurde auch deshalb geschaffen, damit eine die Immunität genießende Person vor gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Verfolgung geschützt sei.

 

Da der Beschwerde sohin sowohl durch die Abnahme als auch durch die Nichtausfolgung seines Führerscheins in seinen Rechten verletzt worden sei, werden die Anträge an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol gestellt, dieser möge gemäß § 67c Abs 3 AVG die angefochtene Verwaltungsakte für rechtswidrig erklären sowie die dem Beschwerdeführer durch das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen des ausgewiesenen Vertreters binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zusprechen.

 

Aufgrund dieser Beschwerde fand am 17.1.2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer jener Polizist des Gemeindewachkörpers, der die damalige Amtshandlung durchführte, einvernommen wurde.

 

Weiters wurde Einsicht genommen in den Führerscheinentzugsakt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zur Zl 703-4-1453-2005-FSE sowie in das fortlaufende Verzeichnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck über die ausgestellten Ermächtigungsurkunden. In dieser Sammlung liegt unter der Aktenzahl 1-10-2-1, Ordnungszahl 277, das Schreiben des Stadtamtes Hall i.T. vom 1.7.2004 ein. Dieses Schreiben lautet:

 

?Betreff: Ausstellung einer Ermächtigungsurkunde nach § 50 VStG Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr RevInsp P. S., geb. am XY, wohnhaft in 6060 Hall in Tirol, wurde mit Wirkung vom 01.07.2004 bei der Stadtgemeinde Hall in Tirol als städtischer Sicherheitswachebeamter übernommen.

 

RevInsp P. S. ist am 01.09.1994 bei der Bundesgendarmerie eingetreten und war bis 30.06.2004 als Sicherheitswachebeamter tätig. Von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wurde bereits eine Ermächtigungsurkunde, Zahl 1f-1018 vom 30.10.2000, erteilt.

 

Es wird der Antrag gestellt, RevInsp P. S. die Ermächtigung nach § 50 VStG zu erteilen.

 

Der Bürgermeister

L. V.?

 

Weiters legte der als Zeuge vernommene Gemeindepolizist seine Ermächtigungsurkunde, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, sowie eine weitere Ermächtigungsurkunde, ausgestellt von der Stadt Hall i.T am 9.8.2004 zu Zl Ib-125/1-04 vor. Wobei die Ermächtigung der Stadt Hall i.T. sich lediglich auf §§ 37a und 50 VStG bezieht.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergibt sich nunmehr nachfolgender Sachverhalt:

 

Am 19.12.2005 um 21.01 Uhr wurde der Beschwerdeführer, nachdem er seinen PKW mit dem Kennzeichen XY am privaten Abstellplatz in 6067 Absam, abgestellt hatte, von einem Beamten des Gemeindewachkörpers Hall i.T. einer Fahrzeugkontrolle unterzogen und in weiterer Folge auch zu einem Alkoholtest aufgefordert. Im Zuge der Lenkerkontrolle folgte der Beschwerdeführer dem amtshandelnden Organ seinen Führerschein aus. In weiterer Folge gingen die Beamten des Gemeindewachkörpers der Stadt Hall i.T. auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers von einer Verweigerung des Alkoholtestes aus und behielten dessen Führerschein ein. Dieser Führerschein wurde in weiterer Folge der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck übermittelt, welche nachfolgend ein Führerscheinentzugsverfahren einleitete.

 

Jener Beamte, der den Beschwerdeführer zum Atemalkoholtest aufforderte, ist im Besitz einer Ermächtigungsurkunde der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, welche am 30.10.2000 zur Zl 1f-1018 ausgestellt worden ist. Zu jenem Zeitpunkt gehörte das einschreitende Organ noch der Bundesgendarmerie an. Mit 1.7.2004 wechselte jener Beamte dann zum Gemeindewachkörper der Stadt Hall. Die Stadtgemeinde Hall i.T. stellte am selben Tag einen Antrag an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, den Beamten im Sinne des § 50 VStG zu ermächtigen. Weiters wurde RI S. von der Stadt Hall i.T am 9.8.2004 zu Zl Ib-125/1-04 nach §§ 37a und 50 VStG ermächtigt..

 

Insofern der Beschwerdeführer sich auf seine Immunität als Abgeordneter zum Tiroler Landtag beruft ist ihm entgegenzuhalten das Art 32 Abs 3 Tiroler Landesordnung ein bestimmtes Vorgehen nur dann anordnet, wenn ein Abgeordneter wegen einer strafbaren Handlung behördlich verfolgt wird.

 

Unter einer ?behördlichen Verfolgung? ist jede unmittelbare gegen einen Abgeordneten als mutmaßlichen Täter gerichtete Maßnahme einer Behörde zu verstehen, die darauf abzielt, Tat und Täter zu klären und den Täter einer Bestrafung zuzuführen (OGH SSt 23/41; 55/42 ist gleich JBL 1984, 679 (682)).  Selbständige Sicherungsmaßnahmen, auch wenn sie mittelbar am Tatbestand einer strafbaren Handlung anknüpfen, wie zB der Entzug gewisser Berechtigungen aus Verdachtsgründen, unterliegen daher nicht dem außerberuflichen Immunitätsschutz. Derartige Maßnahmen stellen keine Verfolgungshandlung wegen der zu Grunde liegenden Straftat dar, da sie in einem selbständigen Verfahren verhängt werden und nicht der Klärung von Tat und Täter dienen.

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Für die Zulässigkeit einer Beschwerde im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG ist ausschlaggebend, dass sich das Imperium der Behörde und der angefochtene Akt sinnbildlich unmittelbar gegenüberstehen. Dazu hat auch der Verwaltungsgerichtshof unmissverständlich ausgesprochen, dass die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehlsgewalt und Zwangsgewalt dann vorliegt, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, so liegt keine vor dem UVS bekämpfbare faktische Amtshandlung vor (VwGH vom 15.11.2000, Zl 98/01/0452).

 

Maßnahmen sind als verfahrensfreie Verwaltungsakte dadurch gekennzeichnet, dass ?sie weder Bescheide (im engeren Sinne) noch Bescheidkonkretisierungsakte noch Titel oder deren Konkretisierung sind, für deren weitere Vollziehung eine Bindung an verhältnismäßig prozessförmliche Vorgansweisen der Verwaltung vorgesehen ist. Die Verfahrensfreiheit kann von vorn herein gegeben oder aber eine Fehlerfolge des betreffenden Aktes sein. Die Erscheinungsformen des verfahrensfreien Verwaltungsaktes sind der individuelle, sofort befolgungsbedürftige Befehl, bei dessen Nichtbefolgung unverzügliche physische Zwangsvollstreckung oder die unverzügliche Erlassung eines anderen, so vollstreckbaren Befehls oder aber Verwaltungsstrafe im Sinne des VStG drohen; ferner Akte physischer Zwangsvollstreckung selbst; sowie schließlich Akte, die selbst weder als Befehl noch als Zwangsvollstreckungsakte deutbar sind, die aber einseitige Eingriffe in Rechte der Einzelperson darstellen und einen Befehl zum sofortigen Duldensollen oder eine Feststellung des Duldenmüssen impliziert.? (siehe Funk: Der verfahrensfreie Verwaltungsakt, Die ?faktische Amtshandlung? in Praxis und Lehre, Springer Verlag, Seite 115).

 

Bei dem hier festgestellten Sachverhalt ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass das einschreitende Organ des Gemeindewachkörpers Hall in Tirol sowohl mit Imperium ausgestattete Befehle erteilte in dem es die vorläufige Führerscheinabnahme im Sinne des § 39 FSG aussprach, als auch Zwang ausübte in dem der zur Kontrolle abgenommene Führerschein einbehalten wurde.

 

Zu prüfen ist somit auf welcher Rechtsgrundlage bzw welcher organisatorischen Ermächtigung die gesetzten Akte ruhen:

 

Die hier relevanten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 BGBl Nr 159/1960 idgF lauten:

 

§ 94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde

(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder der Bundespolizeibehörde ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde

a) für die Verkehrspolizei, das ist die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen, nicht jedoch für die Verkehrspolizei auf der Autobahn,

b)

für die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden,

c)

für die Entfernung von Hindernissen (§ 89a) mit Ausnahme der Erlassung von Verordnungen nach § 89a Abs 7a,

 d) für Hinweise auf Gefahren und sonstige verkehrswichtige Umstände, unbeschadet des Rechtes des Straßenerhalters nach § 98 Abs 3,

 e) für die Führung des Verzeichnisses von Bestrafungen nach § 96 Abs 7,

f)

für die Sicherung des Schulweges (§§ 29a und 97a),

g)

für die Anordnung der Teilnahme am Verkehrsunterricht und die Durchführung des Verkehrsunterrichtes (§ 101),

 h) für die Feststellung von unfallverhütenden Maßnahmen gemäß § 96 Abs 1.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde ist ferner Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes für Personen, die ihren Hauptwohnsitz im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde haben

a) für die Ausstellung eines Gehbehindertenausweises nach § 29b  Abs 1 und

b) für die Erteilung einer Bewilligung sowie die Ausstellung eines Radfahrausweises nach § 65 Abs 2.

 

§ 94c. Übertragener Wirkungsbereich der Gemeinde

(1) Die Landesregierung kann durch Verordnung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgende Angelegenheiten (§ 94b), die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, wenn und insoweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen ist, dieser Gemeinde übertragen. Bei der Besorgung der übertragenen Angelegenheiten tritt die Gemeinde an die Stelle der Bezirksverwaltungsbehörde. Vor Erlassung der Verordnung ist der Bezirksverwaltungsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die Übertragung kann sich, sofern sich aus Abs 3 nichts anderes ergibt, sowohl auf gleichartige einzelne, als auch auf alle im § 94b bezeichneten Angelegenheiten hinsichtlich einzelner oder aller Straßen beziehen. Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens mit Ausnahme der Vollziehung des § 50 VStG und Angelegenheiten des Verkehrsunterrichtes (§ 101) sind von der Übertragung ausgeschlossen. Die Übertragung ist durch Verordnung zu widerrufen oder einzuschränken, wenn die Voraussetzungen, unter denen sie erfolgt ist, überhaupt weggefallen bzw nicht mehr im seinerzeitigen Umfang gegeben sind.

(3) Sofern eine Gemeinde über einen Gemeindewachkörper verfügt, kann ihr die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit a) durch diesen übertragen werden. Hiebei können alle oder nur bestimmte Angelegenheiten der Verkehrspolizei hinsichtlich aller oder nur einzelner Straßen übertragen werden. Die Ermächtigung der übrigen Organe der Straßenaufsicht, die Verkehrspolizei im Gemeindegebiet zu handhaben, bleibt unberührt.

 

§ 97. Organe der Straßenaufsicht

(1) Die Organe der Straßenaufsicht, insbesondere der Bundespolizei und im Falle des § 94c Abs 1 auch der Gemeindewachkörper, haben die Verkehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit a) zu handhaben und bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch

a)

Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen,

b)

Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind,

 c) Anwendung körperlichen Zwanges, soweit er gesetzlich vorgesehen ist, mitzuwirken. Darüber hinaus können Mitglieder eines Gemeindewachkörpers mit Zustimmung der Gemeinde von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in dem Umfang und unter den Voraussetzungen wie die sonstigen Organe der Straßenaufsicht zur Mitwirkung bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch die in lit a bis c angeführten Maßnahmen ermächtigt werden. In diesem Fall unterstehen die Mitglieder des Gemeindewachkörpers in fachlicher Hinsicht der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.

 

§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

(1a) Werden in anderen Gesetzen an die Beeinträchtigung durch Alkohol oder an das Vorliegen eines die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustandes zivilrechtliche Rechtswirkungen oder Auswirkungen im Bereich des gerichtlichen Strafrechts geknüpft, so treten diese nur in den Fällen des Abs 1 oder beim dritten oder häufigeren Verstoß innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem ersten Verstoß gegen § 14 Abs 8 FSG, BGBl I Nr 120/1997, ein.

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

§ 50 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) BGBl Nr 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 117/2002 lautet:

 

Organstrafverfügung

(1)Die Behörde kann besonders geschulte Organe der öffentlichen Aufsicht ermächtigen, wegen bestimmter von ihnen dienstlich wahrgenommener oder vor ihnen eingestandener Verwaltungsübertretungen mit Organstrafverfügung Geldstrafen einzuheben. Sofern in den Verwaltungsvorschriften für bestimmte Verwaltungsübertretungen der durch eine Organstrafverfügung einzuhebende Höchstbetrag nicht bestimmt ist, hat die Behörde einen einheitlich im Vorhinein festzusetzenden Betrag bis zu 36 Euro zu bestimmen. Wenn die ermächtigende Behörde nicht zugleich Dienstbehörde ist, kann die Ermächtigung nur mit Zustimmung der Dienstbehörde gegeben werden.

 

Mit Verordnung vom 7. August 1979 LGBl Nr 50/1979 hat die Tiroler Landesregierung die im § 94b StVO bezeichneten Angelegenheiten hinsichtlich aller Straßen des Gebietes der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen jedoch Bundes- und Landesstraßen, der Stadtgemeinde Hall i.T. zur Besorgung im übertragenen Wirkungsbereich übertragen. Von der Übertragung blieben lediglich die Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens und des Verkehrsunterrichtes (101 StVO) ausgenommen.

 

In Fortführung der hier aufgezeigten rechtlichen Grundlagen bedeutet dies, dass die Organe des Gemeindewachkörpers einer Ermächtigung im Sinne der StVO durch die Stadt Hall in Tirol für den Bereich des gesamten Gemeindegebietes mit Ausnahme der Bundes- und Landesstraßen (soweit diese nach Überleitung des Bundesstraßengesetzes noch bestehen) bedurft hätten. Seit Kundmachung der Verordnung LGBl Nr 70/1979 ist die Stadtgemeinde Hall i.T. zuständige Behörde im Sinne des 94b StVO und sohin auch Behörde im Sinne des § 5 Abs 2 StVO und wird dadurch die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zur Ermächtigungen nach § 97 Abs 1 1. Satz StVO derogiert. Lediglich die Alternativkompetenz nach § 97 Abs 1 2. Satz steht der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck noch für jene Straßen zu, die nicht von der Verordnung LGBl Nr 70/1979 erfasst wurden. Der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck kommt daher nur für den Bereich der Bundes- und Landesstraßen (soweit diese nach Überleitung des Bundesstraßengesetzes noch bestehen) eine Ermächtigungskompetenz zu.

 

Das hier einschreitende Organ verfügte jedoch nur über eine Ermächtigung im Sinne des § 5 Abs 2 StvO welche zu einem Zeitpunkt ausgestellt worden ist (30.10.2000) als es noch Angehöriger der Bundesgendarmerie war. Eine Ermächtigung im Sinne der StVO der Stadt Hall oder der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck für seine Tätigkeit als Organ des Gemeindewachkörpers (ab 1.7.2004) lag zum Zeitpunkt der angefochtenen Amtshandlung am 19.12.2005 jedoch nicht vor. Wobei die hier relevante Ermächtigung jene der Stadtgemeinde Hall i.T. gewesen wäre.

 

Damit ist beim vorliegenden Sachverhalt davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 19.12.2005 von einem nicht ermächtigten Organ zum Alkomattest aufgefordert worden ist. Der ständigen Judikatur des VwGH folgend ist ein Tatbestand nach § 99 Abs 1 StVO jedoch dann nicht verwirklicht wenn es beim einschreitenden Organ an einer Ermächtigung fehlt (VwGH v. 14.3.1985, VwSlg 11.704/A).

 

Es war daher der Maßnahmenbeschwerde Folge zugeben und sowohl die imperative Aufforderung zum Alkomattest als auch die Einbehaltung des Führerscheins durch Organe des Gemeindewachkörpers als Rechtsverletzung festzustellen.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 79a Abs 1 und 3 AVG, wonach die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Die Höhe der Beträge richtet sich nach der UVS-Aufwandsersatzverordnung. Die Eingabegebühr stützt sich auf das Gebührengesetz, weshalb insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Damit, ist, beim, vorliegenden, Sachverhalt, davon, auszugehen, dass, Beschwerdeführer, von, einem, hiezu, nicht, ermächtigten, Organ, zum, Alkomattest, aufgefordert, wurde, war, daher, der Maßnahmebeschwerde, Folge, zu geben
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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