Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Harald Ortner, Dr. Peter Schurl und Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung der Firma M GmbH gegen Anordnung 2. des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark, vom 2. Mai 2005, GZ.: FA 13A-38.10 55-05/64, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) wird der Berufung Folge gegeben und die Anordnung
2. wie folgt geändert: Gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 wird die Firma M Gmbh aufgefordert, binnen 4 Wochen den Tagbetrieb des Shredders für die Aufbereitung der Ersatzbrennstofffraktion und zugehöriger Anlagenteile wie Stromerzeugungsanlage einzustellen, sofern in der Zwischenzeit nicht eine abfallrechtliche Bewilligung erteilt worden ist.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. Mai 2005, wurde die Fa. M GmbH verpflichtet, eine Maßnahme sowie zwei Anordnungen zu treffen. Die Anordnung 2., gegen welche sich die Berufung der Verpflichteten richtet, lautet: Der unter Pkt. 1. betroffene Shredder samt Nebenanlagen darf auch ab sofort während des Tages nicht mehr betrieben werden, wobei diese Anordnung nicht auf Basis gem. § 62 Abs. 4 AWG 2002, sondern auf Basis § 62 Abs. 2 AWG 2002 erfolgt (unzumutbare Lärmbelästigung). Begründet wurde diese Anordnung mit dem Gutachten des ASV für Humanmedizin, wonach bei Betrieb dieser Anlage für die Tageszeit eine ungebührliche Belästigung durch diese Anlage vorliege. Eine Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes habe die belangte Behörde nicht erteilen können, da das Unternehmen bereits um die abfallrechtliche Bewilligung angesucht habe. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung der Firma M GmbH, in welcher sie im Wesentlichen vorbringt, dass vom ASV für Humanmedizin ausdrücklich eine Trennung zwischen der Belästigung bei Nacht- oder Tagbetrieb gemacht wurde. § 62 Abs. 2 AWG 2002 sehe ausdrücklich vor, dass die Behörde zunächst mit Anordnungen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes vorgehe. Mit dieser Argumentation ist die Berufungswerberin im Recht. Gemäß § 62 Abs 2 AWG hat die Behörde - unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens - den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern, wenn der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebes einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, besteht. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes erforderlichen geeigneten Maßnahmen wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung zu verfügen. Gemäß § 62 Abs 4 AWG hat die Behörde bei Gefahr im Verzug die geeigneten Maßnahmen unmittelbar anzuordnen. Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass die Berufungswerberin zwar im November 2004 um die abfallrechtliche Bewilligung angesucht hat, die Anlage jedoch ohne Vorliegen einer solchen im März errichtet und in Betrieb genommen hat. Die belangte Behörde hat die konsenslose Errichtung der Abfallbehandlungsanlage bei der örtlichen Verhandlung am 2. Mai 2005, bei welcher auch über die Erteilung der Bewilligung derselben verhandelt werden sollte, festgestellt. Die Schließung der Anlage ist unmittelbar bei dieser Verhandlung verfügt worden. Dabei hat sie die Schließung des Betriebes der Anlage während der Nachtstunden richtigerweise auf § 62 Abs. 4 AWG 2002 gestützt, da vom ASV für Humanmedizin wegen Gesundheitsgefährdung Gefahr im Verzug festgestellt worden war. Hinsichtlich des Betriebes des Schredders und der Nebenanlagen bei Tag hat der Sachverständige jedoch lediglich festgestellt, dass eine ungebührliche Belästigung durch Lärm gegeben sei. Daher hat die belangte Behörde auch zu Recht ihre Maßnahme hinsichtlich des Tagbetriebes nicht § 62 Abs. 4, sondern § 62 Abs. 2 unterstellt. Dabei hat sie aber außer Acht gelassen, dass auf Grund dieser Bestimmung eine allfällige Schließung des Betriebes erst in einem zweiten Verfahrensgang möglich ist. Der Gesetzgeber hat nämlich diese Bestimmung dem § 138 Abs. 2 WRG 1959 nachgebildet, ohne freilich eine eindeutige Formulierung zu finden. Jedenfalls verlangt er, dass die Verfügung von Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zur Voraussetzung hat, dass diese erst nach einer entsprechenden Aufforderung (mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern) gesetzt werden. Das Fehlen dieser Voraussetzung (der Aufforderung im Sinne des Gesetzes) bewirkt, dass die Maßnahme, als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig ist. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da die belangte Behörde der Berufungswerberin zunächst nicht aufforderte, von sich aus den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und die Schließung, ohne dass die Voraussetzungen des § 62 Abs 4 AWG vorlagen, unmittelbar anordnete, war die Aufforderung durch die erkennende Behörde nachzuholen. Die gesetzte Frist von 4 Wochen erscheint angemessen zu sein, da die Berufungswerberin schon mehr als ein halbes Jahr Zeit hatte, eine entsprechende Bewilligung zu erwirken. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.