TE UVS Steiermark 2006/01/24 30.14-88/2005

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch Mag. G P, Rechtsanwalt in V, H, gegen die Spruchpunkte 2.) und 4.) bis 10.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 23.09.2005, GZ: 15.1 1569/2003, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte 2.), 6.) und 10.) abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ?

43,20 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten. Hinsichtlich Spruchpunkt 7.) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, als dass der letzte Satz des Tatvorwurfes wie folgt zu lauten hat: Es fehlte das Schaublatt vom 29.01.2003. Hinsichtlich der Spruchpunkte 4.), 5.),

8.) und 9.) wird der Berufung Folge gegeben, der Strafbescheid in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 (Punkt 4.) und Z 2 VStG (Punkte 5.), 8.) und 9.) eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Strafbescheid wurden dem Berufungswerber als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Kennzeichen, und des damit gezogenen Sattelanhängers mit dem Kennzeichen- das Kraftfahrzeug sei zur Güterbeförderung im nationalen Straßenverkehr eingesetzt und übersteige das höchstzulässige Gesamtgewicht einschließlich Sattelanhänger 3,5 Tonnen - unter Spruchpunkt 1.) eine Übertretung des Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/85 zur Last gelegt. Anhand des Schaublattes für den Zeitraum vom 31.01.2003 auf den 01.02.2003 sei festgestellt worden, dass der Berufungswerber nicht innerhalb jenes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 12 Stunden eingehalten, obwohl die tägliche Ruhezeit in Abschnitten (von 21.40 Uhr bis 01.15 Uhr und von 02.05 Uhr bis 05.30 Uhr) konsumiert worden sei. Unter den Spruchpunkten 2.), 6.) und 9.) wurde dem Berufungswerber jeweils eine Übertretung des Art 15 Abs 2 EG-VO 3821/85 vorgehalten. Er habe das Schaublatt am 29.01.2003 um 01.24 Uhr (Punkt 2.) und um 06.51 Uhr (Punkt 6.) vor Ablauf des Arbeitstages entnommen. Er habe die Zeitgruppen nicht mit der Hand eingetragen, obwohl er sich nicht im Fahrzeug aufgehalten habe und daher nicht in der Lage gewesen sei, am 29.01.2003 um 06.51 Uhr das im Fahrzeug eingebaute Gerät zu betätigen. Der Spruchpunkt 3.) bezieht sich auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung am 01.02.2003 um 16.08 Uhr im Gemeindegebiet G, auf der B , auf Höhe StrKm, in Fahrtrichtung G. Der Berufungswerber habe als Lenker des schon näher bezeichneten Kraftfahrzeuges die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 30 km/h überschritten. Im Spruchpunkt 4.) wurde dem Berufungswerber die Übertretung des Art 6 Abs 1 EG-VO 3820/85 zur Last gelegt, weil er im Zeitraum vom 31.01.2003 bis 01.02.2003 die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten überschritten habe. Die Lenkzeit (von 20.10 Uhr bis 16.10 Uhr) habe 11 Stunden 15 Minuten betragen. Unter Verweis Art 13 EG-VO 3821/85 hielt die belangte Behörde dem Berufungswerber unter Spruchpunkt 5.) vor, es sei in dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug ein Kontrollgerät eingebaut gewesen, welches nicht funktioniert habe, da der Wegstreckenmesser beim Stillstand des Fahrzeuges keine Aufzeichnungen gemacht habe. Die Tatvorwürfe der Spruchpunkte 7.) und 8.) betreffen Übertretungen des Art 15 Abs 7 EG-VO 3821/85. Der Berufungswerber habe dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen die Schaublätter der laufenden Woche - es hätten die Schaublätter vom 27.01.2003 und vom 29.01.2003 gefehlt - (Spruchpunkt 7.) und das Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren sei, nicht vorgelegt (Spruchpunkt 8.). Schlussendlich habe der Berufungswerber entgegen der Rechtsvorschrift des § 42 Abs 2 StVO das Kraftfahrzeug am Samstag, den 01.02.2003 um 16.10 Uhr gelenkt, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen verboten sei. Das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung sei nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen (Spruchpunkt 10.). Gemäß § 134 Abs 1 KFG verhängte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1.) eine Geldstrafe von ? 80,00 (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) sowie zu den Spruchpunkten 2.), 4.) bis 9.) jeweils eine Geldstrafe von ?

72,00 (jeweils 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Zu Spruchpunkt

3.) wurde eine Geldstrafe von ? 87,00 (40 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Wegen Übertretung des Wochenendfahrverbotes (Spruchpunkt 10.) wurde über den Berufungswerber ebenfalls (nur) eine Geldstrafe von ? 72,00 (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, obwohl die einschlägige Strafbestimmung des § 99 Abs 2 a StVO eine Mindeststrafe von ?

218,00 (Mindestersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) vorsieht. Die belangte Behörde stützte den Strafbescheid im Wesentlichen auf die Anzeige des Gendarmeriepostens S vom 01.02.2003 sowie auf das von ihr geführte Ermittlungsverfahren. Die der Anzeige zu entnehmenden Übertretungen seien vom Meldungsleger bei seiner Zeugenaussage am 30.07.2003 bestätigt worden. Er habe die in die Anzeige aufgenommenen Übertretungen im Zuge der Lenker- und Fahrzeugkontrolle anhand der entnommenen Schaublätter am 01.02.2003 um 16.10 Uhr eindeutig feststellen können. In seiner fristgerecht erhobenen Berufung knüpfte A S an sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren an. Ihm sei zu Unrecht die Nichteinhaltung der täglichen Ruhezeit, die Geschwindigkeitsüberschreitung und die Überschreitung der Tageslenkzeit vorgeworfen worden. Gleiches gelte sinngemäß für die weiteren Übertretungen. Es läge keine vorzeitige Entnahme des Schaublattes vom 29.01.2003 vor. Mit der zweimaligen Beanstandung sei zusätzlich noch eine unzulässige Doppelbestrafung erfolgt. Eine händische Eintragung der Zeitgruppen sei laut Auskunft der Firma M nicht notwendig, da sämtliche für die Behörde relevanten Geschehnisse anhand der Schaublattaufzeichnungen nachvollziehbar seien. Der Wegstreckenmesser habe ordnungsgemäß funktioniert und habe der Berufungswerber auch alle notwendigen Schaublätter mitgeführt. Er habe sich vom 20.01.2003 bis zum 28.01.2003 auf Urlaub befunden, weshalb er für diesen Zeitraum nicht über Schaublätter verfügt habe. Lediglich das Schaublatt vom 28.01.2003 auf den 29.01.2003 (richtig vom 29.01.2003 auf den 30.01.2003) habe er in der Hektik dem Organ nicht vorweisen können. Die Nichteinhaltung des Wochenendfahrverbotes für Lkws sei auf eine Notstandssituation zurückzuführen. Er habe aufgrund plötzlich auftretender Glatteisbildung diverse Straßenmeistereien mit dringend benötigtem Streusalz beliefern müssen. Anderenfalls wäre es wegen nicht ordnungsgemäß ausgeführter Streudienste zwangsläufig an diesem Wochenende zu zahlreichen Unfällen gekommen. Es läge daher ein Strafausschließungsgrund vor. Unabhängig davon seien sämtliche über ihn verhängten Strafen als zu hoch bemessen. Der Berufungswerber beantragte die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Nach seiner Einvernahme und einer entsprechenden Anfrage bei der Firma M hinsichtlich der Funktion des sich im Fahrzeug befindlichen Kontrollgerätes möge das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn in sämtlichen Punkten zur Einstellung gebracht werden. In eventu beantragte der Berufungswerber die verhängten Strafen schuld- und tatangemessen herabzusetzen. In der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2005 zog der Berufungswerber seine Berufung gegen die Spruchpunkte 1.) und

3.) (Nichteinhaltung der Ruhezeit, Geschwindigkeitsüberschreitung) zurück. Damit sind diese Tatvorwürfe in Rechtskraft erwachsen. Bei seiner Parteieneinvernahme gab der Berufungswerber an, er sei seit vier Jahren als Berufskraftfahrer eingesetzt. Er habe mittlerweile den Arbeitgeber (von der Firma N zur Firma L T GesmbH) gewechselt, weil man bei der Firma N Tag und Nacht fahren habe müssen. Bei der Salzlieferung am Samstag (01.02.2003) habe er nach Erhalt des Auftrages noch gesagt schauts auf die Uhr, es ist schon halb drei. Er habe trotzdem fahren müssen. Bei dieser Fahrt sei er dann angehalten worden. Der Berufungswerber legte eine Bestätigung der Firma P-N vor, wonach er in der Zeit von Montag, den 20.01.2003 bis Montag, den 28.01.2003 Urlaub gehabt hat (Faxmitteilung vom 20.08.2003). Sein erster Arbeitstag nach dem Urlaub sei - so der Berufungswerber weiter - der 28.01.2003 gewesen. Er habe seinen Dienst um 21.10 Uhr begonnen. Er habe das Auto in K leer übernommen und sei nach G gefahren. Nach einer kurzen Lenkzeit habe er in der Zeit von 20.20 Uhr bis 21.30 Uhr eine Pause gemacht. Von 21.30 Uhr sei er dann mit kurzen Unterbrechungen bis 00.40 Uhr des 29.01.2003 gefahren. Dann habe er das Auto in G bei der Firma gewaschen, getankt. In der Zeit zwischen 02.10 Uhr bis 02.20 Uhr sei er dann nach L gefahren. Dort sei er dann schlafen gegangen. Er sei auf dem Betriebsparkplatz gestanden und habe kurz vor 06.00 Uhr wegfahren müssen. Auch beim nächsten Standort habe er wieder wegfahren müssen. Um 06.40 Uhr sei er dann ins Werk hineingefahren und habe er sich drinnen hingestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe er die Tachoscheibe herausgenommen (06.51 Uhr). Auf die Frage, warum er das Schaublatt vom 28.01.2003 auf den 29.01.2003 um 06.51 Uhr entnommen habe, obwohl er bis 11.30 Uhr sein Ladegut gefüllt habe, beantwortete der Berufungswerber damit, dies würden alle Fahrer so machen. Um 01.24 Uhr habe er die Tachoscheibe deshalb kurz herausgenommen, um zu schauen, wie lange er schon gestanden sei. Der Arbeitgeber habe ihm damals für eine Stunde Waschen S 150,00 gezahlt. Was den Vorhalt zu Spruchpunkt

4.) betrifft, so stimme der Vorwurf der Lenkzeitüberschreitung schon deshalb nicht, weil er am 31.01.2003 gegen 21.40 Uhr und nicht wie im Tatvorwurf festgehalten, um 20.10 Uhr mit dem Lkw in

K weggefahren sei. Dies ergebe sich bereits aus den entsprechenden Aufzeichnungen auf dem Schaublatt vom 31.01.2003. Nach einer kurzen Lenkzeit habe er bis 01.15 Uhr Ruhezeit gehabt. Um 01.15 Uhr sei er dann weitergefahren bis D. Dort habe er von ca. 02.00 Uhr bis ca. 05.30 Uhr geschlafen. Dann sei er weitergefahren bis 08.10 Uhr. Anschließend habe ca. 45 Minuten Salz geladen. Dann sei er mit dem Salz in die Firma gefahren. Zwischen 11.15 Uhr und 12.30 Uhr habe er mit einer kurzen Unterbrechung wieder eine Stehzeit gehabt. Da sei er in der Firma gewesen, habe die Papiere gemacht und die Tachoscheibe zum Abrechnen abgegeben. In der Zeit zwischen 12.30 Uhr und 16.10 Uhr sei er weitergefahren, bis er aufgehalten worden sei. Worin die Nicht-Funktionstüchtigkeit des Wegstreckenmessers gelegen sein soll, könne er nicht nachvollziehen. Der Wegstreckenmesser mache bei Stillstand des Fahrzeuges keine Aufzeichnungen. Dies sei die Funktionsweise dieses Wegstreckenmessers. Wegen seines Urlaubes habe er ein Schaublatt für den 27.01.2003 nicht vorlegen können. Gleiches gelte für das Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche. Der Beamte habe ihm nicht geglaubt, dass er zu dieser Zeit auf Urlaub gewesen sei. Das Schaublatt vom 29.01.2003 habe er deshalb nicht mitgeführt, weil er es in der Firma zum Abrechnen gelassen habe. Daher könne der Beamte aber auch nicht wissen, dass er auf der Rückseite des Schaublattes nichts eingetragen habe. Zur Missachtung des Wochenendfahrverbotes wiederholte A S im Kern sein Berufungsvorbringen. Eine Anfrage bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik für den 01.02.2003 ergab, dass keine außergewöhnlichen Wetterverhältnisse an diesem Wintertag vorherrschten (Stellungnahme der Anstalt vom 11.12.2005). Bei seiner Zeugeneinvernahme in der fortgesetzten Verhandlung am 09.01.2006 wurde GI J L ersucht, näher darzulegen, weshalb er bei der Berechnung der Tageslenkzeit (Spruchpunkt 4.) entgegen der Schaublattaufzeichnungen von einem Lenkbeginn um 20.10 Uhr ausgegangen ist. Erklärend gab der Zeuge an, der Berufungswerber habe zu Beginn der Arbeitswoche am 28.01.2003 seinen Arbeitstag um

20.10 Uhr begonnen. Daher gelte ab diesem Zeitpunkt der 24-Stunden-Zeitraum, der über die Folgetage immer gleich bleibe. Das heiße, dass der Arbeitstag am 29.01.2003, 30.01.2003 und 31.01.2003 ebenfalls mit Beginn 20.10 Uhr zu berechnen sei. Die Aufzeichnungen auf dem Schaublatt seien in diesem Fall für die Berechnung der Tageslenkzeit unerheblich. Der Wegstreckenmesser habe - und dies ergebe sich aus allen drei Kopien der Schaublätter -nicht funktioniert, weil bei Stillstand des Fahrzeuges die Aufzeichnung nicht immer sichtbar sei. Im Fahren würden die Zacken im untersten Kreis des Schaublattes gebildet. Bei Stillstand werde die Aufzeichnung in Form einer Linie fortgeführt. Diese (fehlende) Linie sei die fehlende Aufzeichnung gewesen. Wenn bestätigt werde, dass der Berufungswerber in der Zeit vom 20.01.2003 bis 28.01.2003 auf Urlaub gewesen sei, dann habe er naturgemäß kein Schaublatt für den 27.01.2003 mitzuführen müssen. Wohl aber hätte er ein Schaublatt betreffend den Zeitraum vor dem 20.01.2003 vorweisen müssen. Erhebungen zur Funktionsweise des Wegstreckenmessers bei der Firma M Lkw, S in G brachten nachstehendes Ergebnis: Bei dem im Fahrzeug eingebauten Gerätetyp der Marke S VDO, Bezeichnung 1324 unterbricht der Schreiber den 5 km Aufschrieb bei Stillstand des Fahrzeuges. Dazwischen gibt es einen Leerraum und der Schreiber setzt bei Fahrtbeginn die Linie auf gleicher Höhe auf- oder abwärts fort. Die Linie beim Gerätetyp 1324 ist niemals durchgehend. Bei Fahrtenschreibertypen mit der Bezeichnung 1318 schreibt das Gerät bei Stillstand die Linie ununterbrochen weiter (Aktenvermerk vom 23.01.2006). In der fortgesetzten Verhandlung vom 24.01.2006 gab der Berufungswerber nach Vorlage der Kopie des Schaublattes vom 30.01.2003 auf den 31.01.2003 an, dass er am 30.01.2003 gegen 19.20 Uhr die Tachographenscheibe eingelegt und sie erst am 31.01.2003 um 21.20 Uhr entnommen habe. Daher sei am Schaublatt im Zeitraum von 19.20 Uhr bis 21.20 Uhr eine Doppelaufzeichnung erfolgt. Die ersichtlichen Fahrbewegungen würden sich auf den Zeitraum nach dem Einlegen der Tachographenscheibe beziehen. Die Aufzeichnungen zur Ruhezeit bis zur Entnahme der Tachographenscheibe seien dem 31.01.2003 zuzuordnen. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens werden unter Einbezug der Aktenlage folgende Feststellungen getroffen:

Der Berufungswerber, ist Berufskraftfahrer. Er konsumierte vom 20.01.2003 bis in die Abendstunden des 28.01.2003 einen Urlaub. Am Dienstag, den 28.01.2003 begann er seinen Dienst bei der Firma P-N um 20.10 Uhr mit dem Kraftfahrzeug M, 18.510FLT, Kennzeichen mit dem Sattelaufleger F, Silo, Kennzeichen, mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von 40.000 kg. Im Sattelkraftfahrzeug war ein funktionierendes Kontrollgerät im Sinne der EG-VO 3821/85 eingebaut. Die Schaublattaufzeichnungen für den Zeitraum vom 28.01.2003 bis 29.01.2003 belegen, dass der Berufungswerber das Schaublatt um 01.24 Uhr und um 06.51 Uhr vor Ablauf des Arbeitstages - dieser endete laut den Angaben des Berufungswerbers um 11.30 Uhr des 29.01.2003 - entnommen hat. Am Samstag, den 01.02.2003 wurde der Berufungswerber als Lenker des schon näher bezeichneten Sattelzugfahrzeuges im Gemeindegebiet von G, auf der B, auf Höhe StrKm in Fahrtrichtung G von RI J L, Polizeiinspektion S, einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Grund der Anhaltung war die Nichteinhaltung des Wochenendfahrverbotes für Lkw. Der Berufungswerber konnte dem Sicherheitswachebeamten für die laufende Woche nur drei Schaublätter (Schaublatt vom 28.01.2003 auf den 29.01.2003, Schaublatt vom 30.01.2003 auf den 31.01.2003 und Schaublatt vom 31.01.2003 auf den 01.02.2003) vorlegen. Das Schaublatt vom 29.01.2003 (auf den 30.01.2003) fehlte. Am Schaublatt vom 31.01.2003 (auf den 01.02.2003) war eine Gesamtlenkzeit von neun Stunden und 25 Minuten aufgezeichnet. In rechtlicher Hinsicht ist zu den einzelnen Spruchpunkten im bekämpften Bescheid auszuführen: Zu den Spruchpunkten 2.), 6.) und 9.): Artikel 15 Abs 2 der EG-VO 3821/85 ordnet an, dass die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter zu benutzen haben. Das Schaublatt darf erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen werden, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden. Wenn die Fahrer sich nicht im Fahrzeug aufhalten und daher nicht in der Lage sind, dass in das Fahrzeug eingebaute Gerät zu betätigen, müssen die in Abs 3 zweiter Gedankenstrich Buchstaben B, C und D genannten Zeiträume (das sind alle sonstigen Arbeitszeiten, die Bereitschaftszeit, die Arbeitsunterbrechungen und die Tagesruhezeiten) von Hand, durch automatische Aufzeichnung oder auf andere Weise lesbar und ohne Beschmutzung des Schaublattes eingetragen werden. Die Tatvorwürfe in den Spruchpunkten 2.) und 6.) erfolgten zu Recht, weil der Berufungswerber in beiden Fällen keine die Entnahme des Schaublattes rechtfertigenden Umstände (wie etwa eine Fahrzeugkontrolle) vorgebracht hat. Er hätte das Schaublatt daher erst nach der täglichen Arbeitszeit entnehmen dürfen. Dass sich der Berufungswerber im Zeitraum zwischen der zweiten Entnahme des Schaublattes und dem Ende des Arbeitstages (11.30 Uhr, 29.1.2003) nicht im Fahrzeug aufgehalten und daher nicht in der Lage gewesen ist, das Kontrollgerät zu betätigen, ist weder der Aktenlage noch der Verantwortung des Berufungswerbers zu entnehmen. Daraus folgt, dass der unter Spruchpunkt 9.) erhobene Tatvorwurf verfehlt ist. Dem Lenker eines kontrollgerätpflichtigen Kraftfahrzeuges kann nicht gleichzeitig vorgehalten werden, er habe ein Schaublatt vorzeitig entnommen und er habe die oben schon genannten Zeitgruppen nicht mit der Hand eingetragen. Zur Strafbemessung hinsichtlich der Spruchpunkte 2.) und 6.) bleibt auszuführen, dass in beiden Punkten die Strafen im Sinne des § 19 Abs 1 VStG gerechtfertigt und auch schuldangemessen im Sinne des § 19 Abs 2 VStG sind. Durch die vorzeitige Entnahme des Schaublattes hat der Berufungswerber die Nachvollziehbarkeit der Schaublattaufzeichnungen erschwert (Tatzeit 01.15 Uhr), sowie die Nachvollziehbarkeit seiner Tätigkeiten nach Entnahme des Schaublattes (Tatzeit 06.51 Uhr) bis zum Ende des Arbeitstages verhindert. Es sind weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe anzuführen. Der Berufungswerber hat zumindest grob fahrlässig gehandelt. Als Berufskraftfahrer hat er die geltenden Vorschriften über die Verwendung des Kontrollgerätes (EG-VO 3821/85) zu kennen und hat er sich entsprechend dieser Vorschriften zu verhalten. Die verhängten Strafen liegen ohnehin noch im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens bis zu ? 2180. Die Strafen müssen auch geeignet sein, den Berufungswerber in Hinkunft an die genaue Einhaltung dieser Vorschriften zu ermahnen. Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Einkommen von durchschnittlich ? 1.200,00, keine Sorgepflichten, kein Vermögen, Rückzahlungskredit von monatlich ? 400,00) rechtfertigen für sich genommen keine Strafherabsetzung. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG. Zu den Spruchpunkten 7.) und 8.):

Artikel 15 Abs 7 EG-VO 3821/85 verpflichtet den Fahrer, dass er den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche, sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen kann. Dadurch, dass der Berufungswerber das Schaublatt vom 29.01.2003 (auf den 30.01.2003) - aus welchen Gründen auch immer - dem Kontrollorgan nicht vorweisen hat können, hat er der oben zitierten Vorschrift nicht entsprochen. Der unter Spruchpunkt 7.) formulierte Tatvorwurf war wie erfolgt einzuschränken, weil sich der Berufungswerber am 27.01.2003 nachweislich auf Urlaub befunden hat. Er hatte demnach auch kein Schaublatt für den 27.01.2003 mitzuführen. Gleiches gilt sinngemäß für das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist. Der Berufungswerber hat glaubhaft nachgewiesen, dass er sich vom 20.01.2003 bis 28.01.2003 auf Urlaub befunden hat. Der Urlaubszeitraum umfasst die gesamte der Verkehrskontrolle vorangegangenen Woche. Aus dem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 30.01.2004, Zl. 2003/02/0269 geht unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 13.12.1991 in der Rechtssache C-158/90, klar hervor, dass die in Rede stehende Vorlageverpflichtung insbesondere den Zweck verfolgt, die Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen wöchentlichen Ruhezeiten zu ermöglichen. Ist jedoch der Fahrer während einer Woche vor der Woche, in der die Kontrolle stattfand (oder am letzten Kalender- oder am letzten Werktag der letzten Woche, in der er gefahren ist) nicht gefahren, so ist es nach dem Zweck der Regelung nicht erforderlich, dass er ein Schaublatt für diese Zeiträume vorlegt. Die belangte Behörde hat zu Unrecht eine Verpflichtung des Berufungswerbers, ein Schaublatt für den Zeitraum Montag, den 20.01.2003 bis Sonntag, den 26.01.2003 vorzulegen, angenommen. Spruchpunkt 4.): Artikel 6 Abs 1 der EG-VO 3820/85 legt fest, dass die Tageslenkzeit (Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit) neun Stunden nicht überschreiten darf. Sie darf zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden. Die belangte Behörde hat dem Berufungswerber die Überschreitung der Tageslenkzeit im Zeitraum vom 31.01.2003 auf den 01.02.2003 vorgehalten, weshalb sich die Überprüfung des Senates auch nur auf diesen Zeitraum beziehen kann. Eine Ausdehnung des Tatzeitraumes im Berufungsverfahren ist mangels einer entsprechenden rechtzeitigen Verfolgungshandlung nicht zulässig. Die belangte Behörde ist offenbar der Ansicht des Meldungslegers gefolgt, wonach bei der Berechnung der Lenkzeit nicht vom konkreten Lenkbeginn laut Schaublatt auszugehen ist und hat sie daher einen fiktiven Lenkbeginn (20.10 Uhr) ihrer Berechnung (Ergebnis: Lenkzeit 11 Stunden 15 Minuten) zu Grunde gelegt. Diese Vorgangsweise ist verfehlt. Laut den Aufzeichnungen am Schaublatt vom 31.01.2003 auf den 01.02.2003 war der Lenkbeginn um 21.40 Uhr. Die Addition der aufgezeichneten Lenkzeiten ergibt eine Gesamtlenkzeit von neun Stunden und 25 Minuten. Auch das Schaublatt vom 30.01.2003 (auf den 31.01.2003) enthält keine Lenkzeiten, die dem Zeitraum vom 31.01.2003 auf den 01.02.2003 zuzurechnen wären. Die Tageslenkzeit von neun Stunden und 25 Minuten liegt noch innerhalb der zweimal wöchentlich zulässigen Lenkzeit von zehn Stunden. Dem Berufungswerber ist nicht nachzuweisen, dass er die zulässige Verlängerung der Tageslenkzeit von neun auf zehn Stunden bereits an zwei vorangegangenen Tagen der Arbeitswoche konsumiert hat. Damit ist ihm auch nicht nachzuweisen, dass er unzulässigerweise die Tageslenkzeit von neun Stunden überschritten hat. Zu Spruchpunkt 5.): Der Tatvorwurf, der Wegstreckenmesser des Kontrollgerätes habe nicht funktioniert, ist zur Gänze verfehlt. Die belangte Behörde ist, ohne dass dies durch Erhebungsergebnisse belegt wäre, von der falschen Annahme ausgegangen, dass jeder Wegstreckenmesser bei Stillstand des Fahrzeuges eine weiterführende Linie aufzeichnet. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die oben schon dargestellten Ermittlungsergebnisse verwiesen. Zu Spruchpunkt 10.): Nach § 42 Abs 1 StVO ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 Tonnen beträgt; ausgenommen sind die Beförderung von Milch, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres mit Anhänger. In der im Abs 1 leg. cit. angeführten Zeit ist ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen verboten (Abs 2 leg. cit.). Der Berufungswerber stellt die Missachtung des Fahrverbotes bei der Fahrt am 01.02.2003 um 16.10 Uhr nicht in Abrede. Er verantwortet sich mit einem mangelnden Verschulden. Nach § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine Glaubhaftmachung im obigen Sinne ist dem Berufungswerber nicht gelungen. A S hat in der mündlichen Verhandlung sogar eingestanden, dass er vor Antritt der Fahrt den Auftraggeber auf die fortgeschrittene Zeit hingewiesen hat. Offenbar im Vertrauen darauf, dass der Arbeitgeber - wie schon in der Vergangenheit - eine allfällige Strafe übernehmen wird, hat er die Fahrt mit dem Wissen angetreten, dass sich die Erledigung des Auftrages nicht vor Beginn des Wochenendfahrverbotes ausgehen wird. Seine nachträgliche Verantwortung, es habe eine Notstandssituation (flächendeckende Glatteisbildung) vorgelegen, muss im Hinblick auf die Vorgeschichte und die Auskunft der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik für den 01.02.2003 als reine Schutzbehauptung gewertet werden. In der Stellungnahme der Anstalt vom 11.12.2005 werden für den 01.02.2003 Wetterverhältnisse geschildert, die für einen Wintertag typisch sind. Lediglich in schattigem Gelände (Wald, Nordhänge) oder im Bereich von Geländeholformen (Täler, Dobl usw.) mit allgemein geringerer Tageserwärmung ist eine Glatteisbildung nicht auszuschließen gewesen. Von einer außergewöhnlichen Gefahrensituation aufgrund von Glatteisbildung kann keine Rede sein. Was das Strafausmaß anlangt, so wurde bereits darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde entgegen der einschlägigen Strafbestimmung des § 99 Abs 2a StVO eine weit unter der Mindeststrafe liegende Geldstrafe (Mindestersatzfreiheitsstrafe) verhängt hat. Diese Rechtswidrigkeit kann von der Berufungsbehörde im Hinblick auf den Grundsatz der reformatio in peius im Verwaltungsstrafverfahren nicht aufgegriffen werden. Damit erübrigt sich auch eine Bewertung der Strafzumessung im Sinne des § 19 Abs 1 und 2 VStG. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Kontrollgerät Schaublätter Entnahme Eintragungen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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