Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Peter Schurl über die Berufungen des Herrn Dipl. Ing. E S gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 28.11.2005, GZ: 15.1 2937/2003, 15.1 3570/2003, 15.1 3073/2003 und 15.1 3686/3003, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird den Berufungen Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse behoben und die Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit den angefochtenen Straferkenntnissen der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe zu verschiedenen Zeitpunkten im August und September 2003 als Bau- und Deponieaufsicht der Deponie auf dem Gst. Nr., KG S, nicht dafür gesorgt, dass Auflage 12. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 14.8.2001, eingehalten werde. An diesen Tagen sei es nämlich zu erheblichen Staubbelästigungen gekommen. Er habe dadurch §§ 30e Abs. 1 und 30f Abs. 2 iVm § 39 Abs. 1b Z 18 AWG 1990, neu: § 49 Abs.1 und § 63 Abs. 3 iVm § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 verletzt und wurden über ihn gemäß § 39 Abs. 1 lit b Z 18 AWG 1990, neu: § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002, Geldstrafen in Höhe von jeweils ? 360,--, im Uneinbringlichkeitsfall je 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. In seiner rechtzeitigen Berufung brachte Dipl. Ing. E S vor, er habe regelmäßig die Deponie besucht und dann, wenn eine Staubbelästigung aufgetreten sei, die erforderlichen Maßnahmen getroffen. Er selbst habe jedoch keine Anweisungen geben können, da er keine Personalhoheit betreffend die Fa. H gehabt habe. Er beantragte daher die Einstellung des Verfahrens. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest: Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 2.8.2001, wurde der H W und T GesmbH die abfallrechtliche Bewilligung zur Ablagerung von Erdaushub- und Tunnelausbruchmaterial unter gleichzeitiger Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt. Die in diesem Fall relevante Auflage 12. lautet:
Zur Verhinderung von Staubemissionen ist das Schüttmaterial und die offene Deponiefläche, soweit erforderlich, regelmäßig zu bewässern. Gleichzeitig wurde der Berufungswerber gemäß §§ 30e Abs. 1 und 30f Abs. 2 AWG 1990 als Bau- und Deponieaufsicht bestellt. Im Zuge der Deponierung von Tunnelausbruch und Aushubmaterial kam es, wie von Beamten des GP S festgestellt wurde, im August und September 2003 wiederholt zu Staubemissionen. Zunächst ist in rechtlicher Hinsicht festzustellen, dass sich die dem Berufungswerber vorgeworfenen Ereignisse im August und September 2003 ereignet haben. Zu diesem Zeitpunkt war Rechtsgrundlage das AWG 2002, welches mit 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist. Die Anführung der Bestimmungen der zum Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung bzw. der Bestellung zur Bauaufsicht geltenden Bestimmungen des AWG 1990 als Rechtsgrundlage für die Verwaltungsübertretungen und die Strafen im angefochtenen Bescheid sind daher verfehlt. Wie oben ausgeführt wurde dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Bau- und Deponieaufsicht die Nichteinhaltung der Auflage 12. vorgeworfen. Gemäß § 49 Abs. 1 bzw. 63 Abs. 3 AWG 2002 (§ 30e Abs. 1 bzw. 30f Abs. 2 AWG 1990 waren idente Bestimmungen) hat die Behörde zur Überwachung der Bauausführung bei Deponien bzw. deren Betrieb geeignete Aufsichtsorgane durch Bescheid zu bestellen. Gemäß § 49 Abs. 2 erstreckt sich die Bauaufsicht auf die fach- und vorschriftgemäße Ausführung der Bauarbeiten, einschließlich der Einhaltung der entsprechenden Auflagen, Bedingungen oder Befristungen des Genehmigungsbescheides. Gemäß Abs. 3 sind die Aufsichtsorgane berechtigt, jederzeit Untersuchungen, Vermessungen und Prüfungen an der Baustelle vorzunehmen, Einsicht in Behelfe oder sonstige Unterlagen zu nehmen und erforderlichenfalls Baustoffe, Bauteile und bautechnische Maßnahmen zu beanstanden. Wird keine Übereinstimmung über die zu treffenden Maßnahmen erzielt, so ist unverzüglich die Entscheidung der Behörde einzuholen. Gemäß Abs. 5 wird die Verantwortlichkeit der Inhaber einer Deponie und der Bauführer durch die Bestellung einer Bauaufsicht nicht eingeschränkt. § 63 Abs. 3 regelt die Bestellung einer Aufsicht für die Überprüfung des Betriebes der Deponie, wobei auf die Bestimmungen des § 49 Abs. 3 - 6 verwiesen wird. Gemäß § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauaufsicht gemäß § 49 AWG 2002 oder Deponieaufsicht gemäß § 63 Abs. 3 AWG 2002 die ihm obliegenden Überwachungs-, Verschwiegenheits- oder Informationspflichten grob vernachlässigt. Die belangte Behörde hat offensichtlich die Rolle einer Aufsicht im Sinne der §§ 49 und 63 AWG 2002 verkannt. Eine von der Behörde bestellte Deponieaufsicht wird nämlich durch ihre Bestellung quasi zu einem Organ der Behörde, welche die Verpflichtung zur Überwachung der Errichtung und des Betriebes einer Deponie, welche an sich ihr selbst zukommt, der Bauaufsicht überträgt. Ebenso wenig wie die Behörde selbst kann daher auch die bestellte Bauaufsicht nicht für die Einhaltung von Auflagen verantwortlich sein. Sie ist lediglich verhalten zu überprüfen, ob Auflagen eingehalten werden und bei einem Verstoß deren Einhaltung zu veranlassen oder der Behörde zu berichten. Veranlassen bedeutet nicht, dass sie durch einen Dritten direkt bewerkstelligt, dass die Auflagen eingehalten werden, sondern dass sie vielmehr dem Konsensinhaber den Auftrag erteilt, für die Einhaltung zu sorgen. Die belangte Behörde hat dem Berufungswerber nicht vorgeworfen, dass er seine Aufsichtspflicht grob vernachlässigt habe. Nur eine derartige Vernachlässigung der Aufsichtspflicht pönalisiert das AWG 2002. Diese Frage wurde im Verfahren auch nie releviert und ist auch jetzt nicht mehr maßgebend, da die diesbezügliche Strafbarkeitsverjährung längst abgelaufen ist. Die dem Berufungswerber zur Last gelegten Tatbestände wären, soweit dies nicht ohnehin erfolgt ist, vielmehr dem/den Verantwortlichen der Konsensinhaberin der Deponie vorzuwerfen gewesen. Sie allein traf die Verpflichtung, Auflage 12. des angeführten Bescheides einzuhalten. Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen hat und war somit seiner Berufung Folge zu geben, der Bescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen.