Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung der H & S KEG, vertreten durch Dr. N S, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 24.01.2004, GZ: 4.1-27/95, Auflagepunkt 3.), wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) wird der Berufung Folge gegeben, und der bekämpfte Bescheid behoben. Die H & S KEG hat für die Durchführung der mündlichen Verhandlung am 08.08.2005 und 11.01.2006 nachstehende Kommissionsgebühren (pro halbe Stunde je Amtsorgan ? 15,26) binnen 14 Tagen ab Erhalt des Bescheides - bei sonstigen Zwangsfolgen - mit beiliegendem
Zahlschein einzuzahlen: Dauer der Verhandlung am 08.08.2005: sechs halbe Stunden, drei Amtsorgane: ? 274,68 Dauer der Verhandlung am 11.01.2006: fünf halbe Stunden, drei Amtsorgane: ? 228,90 ? 503,58
Rechtsgrundlage: §§ 76 und 77 Abs 1 AVG in Verbindung mit der Landeskommissionsgebührenverordnung 2002, LGBl. 2/2002 idgF.
Mit dem bekämpften Bescheid werden gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 i. d.g.F. der H & S KEG, für den Betrieb einer Musikanlage im Gastgewerbebetrieb am Standort F, H, nachstehende Auflagen vorgeschrieben: In die Musikanlage ist vor der Endverstärkerstufe (Leistungsstufe) eine aktive Pegelbegrenzeranlage einzubauen, in welcher über den gesamten Frequenzbereich des Signals durch elektronische Leistungsmessung des Effektivwertes der Ausgangspegel geregelt und begrenzt wird. Der Einbau der Pegelbegrenzeranlage hat durch dazu befugtes Personal (Gewerbetreibender) zu erfolgen und ist der Behröde über den ordnungsgemäßen Einbau ein technischer Befund vorzulegen. Der maximale am Messpunkt erreichbare mit A-Bewertung gemessene Schalldruckpegel bei Vollaussteuerung der einzelnen Frequenzen ist im technischen Bericht ebenfalls anzugeben. Der technische Bericht hat eine Aufstellung sämtlicher Komponenten der Musikanlage sowie einen Stromlaufplan zu enthalten. Die Pegelbegrenzeranlage ist im akustischen Zustand des unbesetzten Lokales so einzustellen, dass der in der Mitte der Tanzfläche (= Messpunkt) mit A-Bewertung gemessenen Schalldruckpegel, der durch die Signalwiedergabe beim Abspielen einer CD mit rosa Rauschen auf allen Kanälen verursacht wird, einen Wert von 60 dB nicht überschreitet. Bei dieser Einstellung sind alle angeschlossenen Lautsprechergruppen zu betreiben und sämtliche der Lautstärke- und Klangregelung dienenden Regelelemente sämtlicher Komponenten der Musikanlage, sofern diese nicht unverstellbar ausgeführt sind, in die obere Endstellung zu bringen. Sämtliche Lautsprecher sind körperschallisoliert aufzuhängen bzw. aufzustellen. Die Körperschallisolierung ist regelmäßig (längstens im Halbjahresabstand) zu warten und auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls, bei Abnutzung oder technischer Alterung, auszutauschen. Hierüber sind Aufzeichnungen zu führen und im Betrieb aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzulegen. Im Lokal darf nur Musik über die mit der Pegelbegrenzeranlage ausgestattete Musikanlage dargeboten werden. Der durch Musik verursachte Dauerschallpegel darf im Betrieb den in Auflage 3.) definierten Wert nicht überschreiten. Die Pegelbegrenzeranlage ist zu plombieren (Blei- oder Papierblomben, Siegellack). Nicht von der Regelung des Pegelbegrenzers beeinflusste Ausgänge sind ebenfalls zu plombieren. Die Auflage
54.) des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 17.11.1992, GZ: 4.1H 36 - 92/3 wird durch die obigen Auflagen ersetzt. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht führte die belangte Behörde aus, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 17.11.1992, GZ: 4.1 H 36 - 92/3 sei der gegenständliche Gastgewerbebetrieb mit Musikanlage gewerbebehördlich genehmigt worden. In den Auflagen
53.) und 54.) dieses Bescheides seien Maßnahmen zum Schutz der Nachbarn S vor unzumutbarer Lärmbelästigung vorgeschrieben worden. Durch einen schallschutztechnischen Amtsachverständigen sei am 19.07.1993 festgestellt worden, dass die Auflage 53.) sinngemäß erfüllt worden sei und ein elektronischer Lautstärkebegrenzer entsprechend Auflage 54.) eingebaut worden sei. Am 10.09.1993 sei die Einstellung des Lautstärkebegrenzers behördlich versiegelt worden. Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 08.07.1997, 02.07.1998 und 17.08.1999, GZ: 4.1-27/95 sei die Stilllegung der sogenannten großen Musikanlage von 22.00 - 06.00 Uhr verfügt worden, da aufgrund der Tieftonfrequenzen, welche im Schlafzimmer der Familie S festgestellt worden seien, eine unzumutbare Belästigung gegeben gewesen sei. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 15.12.1997, GZ: 4.1-27/95 sei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch den Einbau einer Musikanlage der Marke Sony Dolby Sourround mit einem elektronischen Lautstärkebegrenzer erteilt worden, der einen maximalen Schallpegel von 84 dB gewährleiste. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 08.03.2000, GZ: 4.1-27/95 sei als zusätzliche Auflage vorgeschrieben worden, dass die Stromversorgung der Großen Endstufe und des Vorverstärkers über eine Zeitschaltuhr ab 22.00 Uhr abzuschalten sei, da der Verdacht nahe gelegen sei, die große Musikanlage würde entgegen dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld nicht ab 22.00 Uhr abgeschaltet. Am 05.05.2003 sei durch Herrn H mitgeteilt worden, dass im Zuge der Renovierung des Gastgewerbebetriebes auch Schallschutzmaßnahmen am Gebäude selbst vorgenommen werden sollen. Am 19.05.2003 sei der Austausch der Lautsprecherboxen angezeigt und mitgeteilt worden, die Musikanlage werde mit einem Limiter versehen, welcher auf 85 dB eingemessen werden solle. Die Limitierung der Maximalleistung auf 85 dB sei durch eine Bestätigung der Firma S, M M, L, vom 30.07.2003 belegt worden. Am 11.07.2004 sei die Außerbetriebnahme der Musikanlage Dolby Surround angezeigt worden und auch, dass nach Limitierung der großen Anlage auf 85 dB, diese an Stelle der Anlage Marke Dolby Surround betrieben werden soll. Aufgrund von Beschwerden der Nachbarn S und W über unzumutbare Lärmbelästigungen durch die Musikanlage sei am 16.07.2004 eine messtechnische Erhebung (schall- und erschütterungstechnische Erfassung der auftretenden spezifischen Schallimmissionen im Hause S) durchgeführt worden, die in der Folge von einem lärmtechnischen und medizinischen Amtsachverständigen - aus der Sicht des jeweiligen Fachbereiches - beurteilt worden seien. In Anlehnung an die lärmtechnischen Feststellungen und den darauf aufbauenden medizinischen Ausführungen seien die im Spruch formulierten zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben gewesen, bei deren Einhaltung eine Veränderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse durch den Betrieb der Musikanlage in der Wohnung der Familie S nicht mehr zu erwarten seien. Die Schallmessung vom 16.07.2004 habe bei konsensgemäßem Betrieb der Musikanlage ergeben, dass im Schlafraum, welcher der Betriebsanlage zugewandt sei, Basstöne deutlich wahrnehmbar gewesen seien. Es sei ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 26,6 dB und in Spitzen 43,9 dB festgestellt worden. Als Beurteilungspegel habe sich ein Wert von 31,6 dB ergeben (Pegelzuschlag 5 dB für deutlich hörbare Musik gemäß ÖNORM S 5004). Der Grundgeräuschpegel sei somit durch den Betrieb der Musikanlage um 13,4 dB und der Grenzwert für Schallpegelspitzen nach ÖAL-Richtlinie 3 für den Zeitraum 22.00 - 06.00 Uhr (40 dB) um 3,9 dB überschritten worden. Wie bereits in einem ärztlichen Gutachten vom 18.06.1997 erwähnt worden sei, welches im Verfahren zur Stilllegung der großen Musikanlage im Zeitraum 22.00 - 06.00 Uhr eingeholt worden sei (Bescheid vom 08.07.1997, GZ.: 4.1-27/95), könne es bei Personen, die während der Nachtruhe von den impulshaften Geräuschen der Tieftonfrequenzen betroffen seien, zu Änderungen des Schlafablaufes und zu Änderungen im Wachzustand kommen, die sich nach Aufhören der Störung nicht oder nur langsam zurückbilden würden. Es sei somit die Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen gewesen. Zur erforderlichen Verhältnismäßigkeit der Auflagen zum angestrebten Erfolg habe der VwGH in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass - wenn das Ziel der Auflage dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung diene - der mit der Erfüllung der Auflage verbundenen Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen könne. Daraus sei ableitbar, dass die Reduzierung der Lautstärke der Musikanlage sogar dann vorgeschrieben werden kann, wenn dies zum Tod des Lokals führen könnte, da das Rechtsgut des Lebens und der Gesundheit höherwertig sei. In ihrer fristgerecht erhobenen Berufung brachte die H & S KEG zum Ausdruck, dass für die Vorschreibung von zusätzlichen Auflagen nach § 79 Abs 1 GewO kein Grund bestehe. Im Einzelnen wurde - zusammengefasst - vorgebracht: Die BH Fürstenfeld halte in ihrem Bescheid fest, dass Beschwerden der Nachbarschaft messtechnische Erhebungen notwendig gemacht hätten. Die fragliche Wohnung im Nebenhaus H, um die es hier gehe, sei das ganze Jahr über unbewohnt. Die Miteigentümerin H W wohne in D O, L. Hans S, von dem offenbar die Beschwerden über die Musikanlage der Berufungswerberin ausgehen würden, sei nicht Nachbar im Sinne des § 75 GewO, da er nicht Eigentümer der angrenzenden Liegenschaft sei und in W, A, wohne. Zwar sei die Tochter des H S, Frau M S, Miteigentümerin der Nachbarliegenschaft, doch wohne diese in W, S, und sei sie erst seit dem 30.6.1997 grundbücherliche Eigentümerin dieser Liegenschaft. Demzufolge handle es sich bei ihr um eine Person, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarin geworden sei. Nachdem es auf Grund des im Bescheid zitierten bisherigen Geschehnisablaufes zu unzähligen Messungen, Überprüfungen und Bescheiden gekommen sei, bei denen bislang immer festgestellt worden sei, dass eine Begrenzung der Anlage auf 85 dB zum Schutz der Nachbarn ausreichend sei, erhebe sich die Frage, welche Änderungen zwischenzeitig eingetreten seien, die eine nunmehrigen Herabsetzung auf 60 dB rechtfertigen würden. Die bisherigen Überprüfungen hätten ergeben, dass bei Begrenzung der Musikanlage auf 85 dB im Nachbarhaus keine unzumutbaren Belästigungen - und damit auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen - eintreten könnten. Es gäbe weder einen geänderten Stand der Technik, noch einen geänderten Stand der medizinischen oder sonst in Betracht kommenden Wissenschaften, die eine Herabsetzung des Schalldruckpegels auf 60 dB fachlich und rechtlich rechtfertigen würden. Die Ausführungen in der gutachtlichen Stellungnahme vom 25.10.2004, wonach aus ärztlicher Sicht die Tieftonbereiche besonders belästigend und belastend seien, würden den schalltechnischen Erfahrungen im Betriebsanlagenrecht widersprechen, da bislang davon ausgegangen worden sei, dass hohe Frequenzen als störender empfunden werden als tiefe (siehe Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage 2, RZ 75). Ausschließlich aus dieser Äußerung des ärztlichen Sachverständigen habe der schalltechnische Sachverständige offenbar den Schluss gezogen, dass das Auftreten tieffrequentierter Schallimmissionen verhindert werden müsse und dass dies nur verhindert werden könne, wenn es zu keiner Überschreitung des Grundgeräuschpegels komme. Dies bedinge letztlich unter Berücksichtigung der begrenzten Regelsicherheit eines Limiters eine Absenkung des Schalleistungspegels auf 60 dB. Die Notwendigkeit einer derart drastischen und einschneidenden Maßnahme ließe sich jedoch aus der gutachtlichen Stellungnahme des Amtsarztes nicht ableiten. Aus dem ärztlichen Gutachten gehe mit keinem Wort hervor, dass durch jegliche Überschreitung des Grundgeräuschpegels von 18,2 dB das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn gefährdet bzw. die Nachbarn durch Lärm belästigt werden würden. Gleichfalls sei der Stellungnahme nicht zu entnehmen, dass die Beibehaltung eines Schallpegels von 85 dB im Lokal der Berufungswerberin das Leben oder die Gesundheit von Nachbarn gefährde, bzw. wie sich die Beibehaltung dieses Maßes auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen als Belästigung auswirken würde bzw. ob eine solche zumutbar wäre. Wie bei der messtechnischen Erhebung festgestellt werde habe können, wäre der Umstand, dass Spitzen von 43,9 dB aufgetreten seien, leicht dadurch zu verhindern, dass die Basstöne maximal abgesenkt und dadurch lediglich Schallpegelspitzen von 31,0 dB bzw. ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 22,4 dB erreicht werde. Es hätte daher durchaus ausgereicht, bei der Anlage die Basstöne abzusenken, um mit den Schallpegelspitzen weit unter dem Grenzwert von 40 dB laut ÖAL-Richtlinie Nr. 3 zu bleiben. Diese Variante wäre die für die Betreiberin weniger belastende gewesen. Es stehe der Behörde nicht frei, für welche der Maßnahmen sie sich entscheide. Das von der Berufungswerberin betriebene und gewerbebehördlich genehmigte gastgewerbliche Lokal werde als Musik-Pub geführt und sei demzufolge ein Gastlokal, das auf Musik ausgerichtet sei und nicht ein solches, welches nur mit einem Hintergrundradio, (60 dB) betrieben werde. Am Wochenende sei auch ein DJ beschäftigt. Dem Charakter des Lokals entsprechend weise es auch eine Tanzfläche auf. Dies bedeute, dass die dargebotene Musik im Lokal ein wesentliches Merkmal der von der Berufungswerberin angebotenen Leistungen darstelle und von den Gästen auch erwartet werde. Eine Hintergrundmusik mit 60 dB werde allein schon vom Schallpegel der mit normaler Lautstärke sprechenden Gäste im Lokal der Berufungswerberin übertönt. Die von der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vorgeschriebenen nachträglichen Auflagen seien nicht nur unverhältnismäßig, sondern würden sie darüber hinaus die Rechte der Berufungswerberin gröblichst verletzen. Unabhängig davon, dass eine Herabsetzung des Schalldruckpegels bei der Anlage der Berufungswerberin auf 60 dB zum hinreichenden Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen nicht notwendig wäre, führe die Vorschreibung einer derartigen Auflage dazu, dass die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert werden würde. Es entspreche der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Betriebsanlage durch Auflagen nur so weit modifiziert werden dürfe, dass die Betriebsanlage ihrem Wesen nach unberührt bleibe (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis vom 26.06.2002, Zl. 2002/04/0037). Entsprechend diesen Ausführungen im zitierten Erkenntnis könne eine Reduzierung der Lautstärke der Musikanlage derart sein, dass es in das Wesen der genehmigten Betriebsanlage eingreife. Dies sei dann der Fall, wenn in einem Musik-Pub plötzlich nur noch Hintergrundmusik gespielt werden dürfe. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen wäre die Behörde verpflichtet gewesen, im Sinne des § 79 Abs 3 GewO vorzugehen und der Berufungswerberin mit Bescheid aufzutragen, innerhalb einer angemessenen Frist ein Sanierungskonzept - für ein Sanierungskonzept sei aber auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit maßgebend - für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen. Die Berufungswerberin habe sowohl in ihrem E-mail vom 27.12.2004, als auch anlässlich der Niederschrift vom 07.01.2005 sowie in ihrem E-mail vom 09.01.2005 beantragt, ihr eine derartige Frist einzuräumen, zumal sie nicht nur weitere Schallschutzmaßnahmen durchzuführen gedenke, sondern die gesamte Musikanlage umbauen lassen wolle, um den Schall auf ein zulässiges Maß zu beschränken. Die Behörde habe dieses Ansuchen jedoch ignoriert und den nunmehr bekämpften rechtswidrigen Bescheid erlassen. Die Berufungswerberin beantragte, der UVS für die Steiermark möge der vorliegenden Berufung Folge geben und den Bescheid der BH Fürstenfeld vom 24.01.2004 (richtig: 24.01.2005) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos beheben. In der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2005 wurde die Notwendigkeit einer neuerlichen Lärmmessung festgestellt, weil sich das lärmtechnische Gutachten vom 14.12.2004 auf Messungen am Tag und nicht zur Nachtzeit bezieht. Am 21.10.2005 wurden in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr vom lärmtechnischen Sachverständigen Ing. Dietmar Sauer im Beisein der medizinischen Sachverständigen Dr. Andrea Kainz und unter Mitwirkung des Lärmtechnikers Günther Adler in den Räumlichkeiten der Nachbarn S und im Gastgewerbebetrieb von der H & S KEG Lärmmessungen durchgeführt. Im schalltechnischen Gutachten vom 13.12.2005 werden die gewonnenen Ergebnisse wie folgt dargestellt und beurteilt:
Beim Ortsaugenschein am 21.10.2005 wurde festgestellt, dass die Charakteristik des Betriebes einem Pub und Tanzlokal entspricht. Die Musikanlage wurde laut einer Angestellten im August 2005 umgebaut. Diese befindet sich nun rechts neben dem Lokaleingang. Dort wurde auch ein DJ Stand eingerichtet. Die Musikanlage wird über einen Limiter begrenzt. Dieser war laut Aufschrift auf zwei
Varianten justierbar. Variante 1: 85 dB, Variante 2: 90 dB.
Während des Ortsaugenscheins wurde der Limiter mit der Variante 2:
90 dB betrieben. Es wurde eine schalltechnische Messung im Sitzbereich und Stehbereich des Lokales, welcher direkt an die Nachbarwohnung angrenzt, durchgeführt. Dabei konnte ein LA,eq zwischen 82 und 85 dB (je nach Gästelärm und Musik) festgestellt werden. Bei den Messungen und Hörproben bei der Nachbarschaft konnten vor allem Basstöne und Gästelärm wahrgenommen werden. Diese Störgeräusche konnten sowohl im straßenseitigen Zimmer wie auch im hofseitigen Zimmer vernommen werden. Im hofseitigen Zimmer konnten aufgrund des geringeren Grundgeräuschpegels diese Emissionen besser wahrgenommen werden als im straßenseitigen Schlafraum. In diesem Schlafraum konnte - wie schon bei den Messungen am 16.7.2004 - auch Verkehrslärm wahrgenommen werden. Dieser wies jedoch auf Grund des geringeren Verkehrsaufkommens längere Pausen auf. Grundlage des Lärmgutachtens vom 14.12.2004 ist der Geräuschmessbericht des Landes Steiermark vom 16.07.2004. Bei dieser Messung wurden auch Erschütterungsmessungen durchgeführt, um eventuelle körperliche Schäden festzustellen. Es konnten keine Erschütterungen gemessen werden, welche auf die Betriebsanlage zurückzuführen sind. Die Messung wurde folgendermaßen angelegt, dass gleichzeitig Messungen im Lokal und in der Nachbarschaftswohnung (Familie S) durchgeführt wurden. Bei der Familie S wurde in 2 Schlafräumen gemessen, wobei ein Schlafraum straßenseitig, ein anderer hofseitig gelegen ist. Beide Räume grenzen an die Betriebsanlage an. Das hofseitige Zimmer überlappt nur zu einem geringen Teil die Grenze zur Anlage. Aufgrund der Hoflage und der Straßenlage herrschen in beiden Zimmern unterschiedliche Geräuschpegel. Da die Messungen am Tag durchgeführt wurden, war der Verkehrslärm im straßenseitigen Zimmer dominierend. Das straßenseitige Zimmer entspricht laut dem Messbericht dem Messpunkt 3. Das hofseitige Zimmer entspricht laut
Messbericht dem Messpunkt 2. Da im hofseitigen Zimmer der Verkehrslärm kaum wahrnehmbar war, konnte dort bei Nichtbetrieb der Musikanlage im benachbarten Lokal ein Grundgeräusch von 18,2 dB gemessen werden. (Dieser Pegel von 18,2 dB ist ein niedriger Grundgeräuschpegel, bei geschlossenem Fenster mit guter Isolierung aber nicht unüblich.) Hingegen konnte im straßenseitigen Zimmer (Messpunkt 3) ein Grundgeräuschpegel bei geschlossenem Fenster von 24,7 dB gemessen werden. Aufgrund des hohen Verkehrslärms und der dadurch resultierenden starken Beeinflussung der Messung, wurden keine weiteren Messungen im straßenseitigen Zimmer durchgeführt. Da sich jedoch die Außenwand vom hofseitigen Zimmer geringfügig mit der Außenwand der gastgewerblichen Betriebsanlage überschneidet, und sich der Verkehrslärm in diesem Zimmer nicht auswirkt, wurden in diesem Zimmer die weiteren Messungen durchgeführt. Bei dieser Messung wurde im Lokal Musik in der genehmigten Lautstärke von 85 dB dargeboten. Die angeführten 88,5 dB im Messbericht sind auf das dargebotene Musikstück zurückzuführen, da bei dieser Messung kein rosa Rauschen in die Musikanlage eingespielt wurde. Für das menschliche Ohr sind schwankende Signale (Musik) leichter wahrnehmbar als ein gleichbleibendes Rauschen. Somit wurde einerseits eine Messung bei Betrieb der Musikanlage und andererseits eine Messung ohne Betrieb der Musikanlage durchgeführt. Aus den Messungen und der subjektiven Beschreibung ist nachzuvollziehen, dass die Emissionen aus der Musikanlage bei maximaler Auslastung im hofseitigen Zimmer wahrnehmbar sind. Folgende Messergebnisse konnten erzielt werden:
Musikanlage nicht in Betrieb: LA95 18,2 dB, LAeq 21,2 dB, LAmax 29,8 dB Musikanlage in Betrieb: LA95 21,7 dB, LAeq 26,6 dB, LAmax 43,9 dB Differenz: 3,5 dB, 5,4 dB, 14,1 dB Aufgrund dieser Messungen wurden vom schalltechnischen Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren Überschreitungen des Grundgeräuschpegels von 13,4 dB festgestellt. Eine nähere Ableitung dieses Wertes ist nicht nachvollziehbar. Um das Geräusch bei der Nachbarschaft nicht wahrnehmen zu können und somit den Forderungen des humanmedizinischen Amtsachverständigen Folge zu leisten, wurden 10 dB abgezogen. (Auswirkungen auf ein Geräusch sind dann nicht mehr gegeben, wenn die spezifischen Schallemissionen um mindestens 10 dB geringer als der Grundgeräuschpegel sind.) Damit ist sichergestellt, dass die Emissionen aus der Betriebsanlage, wie sie gemessen worden sind, von der Nachbarschaft nicht mehr wahrgenommen werden kann. Somit ergaben seine Berechnungen unter der Berücksichtigung der Unsicherheit des Limiters eine Limitierung der Musikanlage auf 60 dB. Die Messergebnisse, welche der erstinstanzlichen Entscheidung als Grundlage dienten, konnten auch für die Nachtstunden mit geringfügigen Abweichungen bestätigt werden, weshalb sie auch die Grundlage für das im Berufungsverfahren abzugebende schalltechnische Gutachten bilden können. Gemäß ÖNORM B 8115 Teil 2, Schallschutz und Raumakustik im Hochbau, Anforderungen an den Schallschutz, können für die Schallpegelspitzen ein Grenzwert von (18,2 dB (La95)+ 10 dB) 28,2 dB berechnet werden. Das Grundgeräusch wird gemäß dieser Norm (26,6 dB (LAeq) -18,2 dB (LA95)) um 8,4 dB überschritten. Der Schallpegelspitzengrenzwert wird durch die Emissionen der Betriebsanlage um 15,7 dB überschritten. Nach der oben zitierten Norm sollen die Emissionen aus der Betriebsanlage somit um 15,7 dB reduziert werden. Unter Berücksichtigung der Messtoleranz und der Art der dargebotenen Musik kann eine Limitierung der Musikanlage auf 70 dB (85 dB - 15 dB) vorgeschlagen werden. Mit dieser Limitierung der Musikanlage wird auch sichergestellt, dass durch die Emissionen der Musikanlage weder der LA95 noch der LAeq verändert werden. Weiters werden die erzeugten Schallpegelspitzen aus dem Lokal von den bereits vorhandenen Schallpegelspitzen (29,8 dB LA max ohne Betrieb) sogar geringfügig unterschritten. Auch ist der Gästelärm nicht zu unterschätzen. Rechnet man den Gästelärm gemäß ÖNORM S 5012, Schalltechnische Grundlagen für die Einrichtung von Gastgewerbebetriebsstätten, so wird bereits bei einer Gästeanzahl von 50 Personen ein Innenraumpegel von 70 dB erreicht. Somit erscheint es aus schalltechnischer Sicht nicht sinnvoll, die Musikanlage auf 60 dB zu limitieren. Addiert man Gästelärm und Musik aus der Musikanlage (Limitierung auf 70 dB) so ergibt sich rechnerisch ein LA,eq von 73 dB. Vergleicht man diesen Wert mit dem Lokalinnenpegel, welcher während des Ortsaugenscheins gemessen wurde, so liegt der berechnete Wert um 10 dB darunter. Dies entspricht einer Halbierung der Lautstärke und somit einer Halbierung der Belästigung der Nachbarschaft. Dass einzelne Spitzen (hauptsächlich Gästelärm) aus der gastgewerblichen Betriebsanlage in der Nachbarschaft hörbar sind, kann nicht ausgeschlossen werden. Auf das schalltechnische Gutachten und seine Befundlage aufbauend verfasste Dr. Andrea Kainz das medizinische Sachverständigengutachten vom 13.12.2005, mit der Fragestellung, wie sich die bestehenden bzw. ermittelten Immissionen in ihrer Ausprägung auf den menschlichen Organismus auswirken: Als Beurteilungsgrundlagen werden die ÖAL-Richtlinie Nr. 3, die ÖAL-Richtlinie 6/18 und als weitere aktuelle wissenschaftliche Grundlage zur Beurteilung von Schallereignissen u. a. die Guidelines for community noise der WHO, 1999, herangezogen. Eine persönliche Wahrnehmung der örtlichen Situation bzw. Gespräche mit den Anrainern werden als ergänzende Informationen bewertet. Wie bereits im lärmtechnischen Gutachten festgehalten, ergab die Hörprobe am 21.10.2005 für das straßenseitige Zimmer wie auch das hofseitige Zimmer, dass die Störgeräusche, zusammengesetzt aus den Musikdarbietungen und dem Gästelärm aus dem unmittelbar angrenzenden Lokal wahrgenommen werden konnten. Im hofseitigen Zimmer, bedingt durch den geringeren Grundgeräuschpegel von 18,2 dB, konnten die Ereignisse dem angrenzenden Lokal deutlich zugeordnet werden (erklärbar aus der höheren Schallpegeldifferenz). Die im lärmtechnischen Gutachten zitierte ÖNORM B 8115 Teil 2 ist für Gebäude und Gebäudeteile anzuwenden, welche dem längeren Aufenthalt von Menschen oder dem Wohnen dienen. In dieser ÖNORM werden Anforderungen und Richtwerte für den Mindestschallschutz mit dem Ziel festgelegt, normal empfindende Menschen vor störender Luft- und Trittschallübertragung bei üblichem Verhalten zu schützen. Gemäß dieser ÖNORM ist davon auszugehen, dass der äquivalente Dauerschallpegel der Schallimmission den Grundgeräuschpegel im zu schützenden Raum nicht überschreiten und der Spitzenpegel den Grundgeräuschpegel nicht um mehr als 10 dB überschreiten soll. Bedingt durch die niedrigen Innenraumpegel wird durch den Betrieb der Musikanlage im benachbarten Lokal der Grundgeräuschpegel im hofseitigen Zimmer um 3,5 dB und im straßenseitigen Zimmer um 5,4 dB angehoben. Während Schallpegeldifferenzen von 1 dB im Rahmen der Messungenauigkeit liegen, sind Differenzen ab 3 dB für das menschliche Ohr wahrnehmbar. Bei Überschreitungen des Grundgeräuschpegels durch den Beurteilungspegel um 5 dB treten bereits vereinzelte Beschwerden auf (straßenseitig gelegenes Zimmer LA,95 21,7 - LA,eq 26,6 dB= 4,9 dB). Vergleicht man die Spitzenpegel bei einem Betrieb ohne Musikanlage von 29,8 dB, so wird durch den Betrieb der Musikanlage der ortsübliche Schallspitzenpegel um 14,1 dB überschritten (43,9 dB-29,8 dB ). Eine Erhöhung um 10 dB ergibt eine Verdoppelung der Lautstärke. Geht man von dem gem. ÖNORM B 8115, Teil 2, abgeleiteten Grenzwert für Schallpegelspitzen aus, so wird durch die Musikanlage dieser Spitzenwert um 15,7 dB überschritten. Während die Anhebung des Grundgeräuschpegels durch den Betrieb der Musikanlage um 3,5 dB für das menschliche Ohr wahrnehmbar ist, wirken sich die deutlich höheren Schallpegelspitzen (mehr als 14,1 dB bzw. 15,7 dB vom berechneten Grenzwert) deutlich auf das Schlafverhalten der Anrainer aus. Diese Schallpegelspitzen differieren einerseits deutlich von den Schallpegelspitzen bedingt durch die ortsüblichen Geräusche (14,1 dB) und andererseits liegen sie um 25,7 dB (hofseitiges Zimmer) bzw. 22,2 dB (straßenseitiges Zimmer) über dem Grundgeräuschpegel. Da auch die Häufigkeit der durch die Betriebsanlage emittierten Schallpegelspitzen wesentlich höher ist als die Schallpegelspitzen in der Umgebung, sind Aufwachreaktionen, Durchschlafstörungen und in der Folge Müdigkeit, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen die Folge. Diese Aufwachreaktionen wurden auch von den Anrainern beim Ortsaugenschein beschrieben. Erst durch die Reduktion der Lärmimmissionen der Musikanlage auf 70 dB, die, bedingt durch den Gästelärm, nicht isoliert betrachtet werden kann, können die Forderungen der ÖNORM B 8115, Teil 2, eingehalten werden: somit kommt es weder zu einer Erhöhung des Grundgeräusch- noch des Äquivalenzpegels. Die Schallpegelspitzen werden nur in sehr leisen Phasen für die Nachbarschaft wahrnehmbar sein. Damit werden sich die Belästigungsreaktionen stark reduzieren bzw. ausbleiben. In der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2006 wurden die Sachverständigengutachten mit den Parteien des Verfahrens erörtert. Hans S als Vertreter der Nachbarn M S und H W verwies auf die bereits seit Jahren bestehende, für alle unbefriedigende Lärmsituation. Er und seine Frau würden die Wohnung nur mehr tagsüber bewohnen und auswärts schlafen. Neben dem klassischen Musiklärm (Bässe, Lautstärke) kämen noch die Mikrofonansagen eines Discjokeys hinzu. Das Haus sei für die Familie wertlos geworden. Der Betreiber halte sich an keine Auflagen. Nachdem diese unerträgliche Situation nicht abzustellen gewesen sei, hätten sie die Volksanwaltschaft eingeschaltet. Zu den Gutachten könne er nur sagen, er habe sie bekommen und wäre froh, wenn einmal irgendwas passiert. Der Vertreter der Konsenswerberin wiedersprach den Angaben der Nachbarschaft, er hätte die Auflagen nicht eingehalten. Die KEG habe etwa ? 100.000,-- (eine doppelte Decke am Dach, eine zweite Schallschutzmauer ebenfalls am Dach, sämtliche Mauern zum Nachbarn sind schwimmende Schallschutzwände, ein Podest) in Lärmschutzmaßnahmen investiert. Darüber hinaus seien auch Vorschläge von lärmtechnischen Sachverständigen zur Minimierung der Lärmemissionen aufgegriffen und umgesetzt worden. Der lärmtechnische Sachverständige merkte dazu an, dass die gesetzten baulichen Maßnahmen bereits bei der ersten Messung vorhanden und - soweit sie lärmminimierend sind - in die Lärmmessungen eingeflossen seien. Die von der Berufungswerberin vorgenommenen schalltechnischen Maßnahmen würden sich sehr gut auf den mittleren und hochfrequenten Bereich auswirken, in welchem auch der Gästelärm liegt. Diese Maßnahmen würden jedoch nicht ein großes Schalldämmmaß für den tieffrequenten Bereich (Basstöne) darstellen. Bässe würden Masse brauchen, um gedämmt zu werden. Der einzige offensichtliche Unterschied seit dem Lokalaugenschein am 16.07.2004 und jenem am 21.10.2005 sei darin gelegen, dass die Lautsprecherboxen an der der Nachbarschaft zugewandten Seite (zuvor an der Wand montiert) entfernt worden seien. Die weiteren Änderungen (Veränderung des DJ-Standes) hätten keine Auswirkung auf die schalltechnische Beurteilung. Die Mikrofonansagen müssten über den Limiter gesteuert sein. Der Rechtsvertreter der Berufungswerberin wiederholte im Wesentlichen das Berufungsvorbringen. Auch eine Limitierung auf 70 dB wäre eine unverhältnismäßige und eine das Wesen der Betriebsanlage verändernde Maßnahme. Es werde auch darauf hingewiesen, dass im Umkreis der Betriebsanlage weitere 14 Gastgewerbebetriebe angesiedelt seien. Sollte es bei der geplanten Vorschreibung von 70 dB verbleiben, müsste nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der Berufungswerberin ein Sanierungskonzept aufgetragen werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung von folgender Sachlage ausgegangen: Mit dem Bescheid vom 17.11.1992, GZ: 4.1 H 36 -1992/3, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld auf Antrag der Frau U H vom 26.05.1992 die gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb eines Kaffeehauses mit einer Musikanlage und einer Weinstube am Standort F, H, nach Maßgabe der mit Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen und der in der Begründung enthaltenen Betriebsbeschreibung, unter Vorschreibung von insgesamt 54
Auflagen. An lärmtechnischen Auflagen wurden vorgeschrieben:
Auflage Nr. 53: Eine Verbesserung der Schalldämmung der Außenwand zum Nachbarobjekt ist für die gesamte Länge der südlichen Außenwand erforderlich; beginnend von der Hauptstraße bis zur westlichen Gebäudefront. Diese Schalldämmung ist in der Form durchzuführen, dass gegenüber dem derzeitigen Zustand eine Verbesserung von zumindest 10 dB im A bewerteten Schalldruckpegel eintritt. Hierüber ist der Behörde ein rechnerischer Nachweis vorzulegen. Auflage Nr. 54: Die Musikanlage ist mit einem elektronischen Lautstärkebegrenzer auszustatten, der geeignet ist, einen A-bewerteten äquivalenten Dauerschallpegel LA.EQ von 90 dB einzuhalten. Dabei ist der Frequenzgang so einzustellen, dass in keiner Terzbandmittenfrequenz ein Wert von 80 dB überschritten wird. Dieser Grenzwert ist an dem dem Lautsprecher nächstliegenden Punkt in Ohrhöhe einzuhalten. Darüber ist der Behörde eine Bescheinigung vorzulegen. Der Betrieb der Musikanlage ist ab 22.00 Uhr einzustellen, solange die genannten Auflagen nicht erfüllt worden sind. Die gastgewerbliche Betriebsanlage wird seit dem Jahre 1993 als G Pub - Cocktailbar, zuletzt in der Zeit von Montag
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Donnerstag 15.30 Uhr bis 4.00 Uhr, Freitag - Sonntag und Feiertags von 17.00 Uhr - 4.00 Uhr betrieben. Die Musikanlage bzw. Komponenten der Musikanlage wurden seit 1993 mehrfach ausgetauscht. Mit dem Bescheid vom 15.12.1997, GZ 4.1 -27/95, wurde der H KG die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch Einbau einer Musikanlage der Marke Sony Dolby Surround erteilt. Laut Betriebsbeschreibung ist dies ein Gerät in handelsüblicher Ausführung mit einer Leistung von maximal 150 Watt. Im Gerät befindet sich ein elektronischer Pegelbegrenzer, welcher bewirkt, dass maximal ein Schallpegel von 84 dB erreicht werden kann. Der Lautsprecher für die Musikanlage befindet sich im Bereich der Tanzfläche. Insgesamt sind 5 Lautsprecher vorhanden, 2 Stück Front, 1 Stück Center, 2 Stück Rear. Lärmmindernde Auflagen wurden aufgrund des eingeholten amtsärztlichen Gutachtens nach einer subjektiven Hörprobe durch den medizinischen Gutachter nicht vorgeschrieben, weil bei Einhaltung der 84 dB für die Nachbarn keine Lärmbelästigung zu erwarten ist. Bis zur Erteilung der in Rede stehenden zusätzlichen Auflagen konnte die Musikanlage - am 11.07. 2004 gab die Betreiberin der Behörde bekannt, dass an Stelle der Musikanlage der Marke Sony Dolby Surround die große, auf 85 dB limitierte Anlage betrieben werden soll - konsensgemäß mit bis zu 84 dB betrieben werden. Musikdarbietungen in der behördlich genehmigten Lautstärke sind wesentlicher Bestandteil des Betriebcharakters. Seit dem Bestehen der Anlage gibt es von Seiten der Nachbarschaft
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zum Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage waren K S und H
W Eigentümerinnen des Hauses H in F, nunmehr sind es (nach wie vor) H W und (seit 1997) M S - Beschwerden wegen unzumutbarer Lärmbelästigung. Wegen Nichteinhaltung von Auflagen (vor allem Auflage Nr. 54) verfügte die Behörde mehrmals die Stilllegung der Musikanlage (Schließungsbescheide vom 08.07.1997, 02.07.1998, 17.08.1999). Die Volksanwaltschaft schaltete sich im November 2004 ein. Dies war auch erkennbar der Anlass für die belangte Behörde, von Amts wegen ein Verfahren nach § 79 GewO einzuleiten und den bekämpften Bescheid zu erlassen. Zur Rechtslage: Gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind (ua.) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. Gemäß § 75 Abs 2 erster GewO 1994 gelten als Nachbarn alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Nach § 77 Abs 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 zumutbar sind, ist gemäß § 77 Abs 2 GewO 1994 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auch einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken. § 79 Abs 1 GewO 1994 - in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1997 BGBl. I Nr. 115/1997 - hat folgenden Wortlaut: Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessensschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer den hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. Eine Auflage nach § 79 GewO ändert eine genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen dann, wenn sie in die Substanz des verliehenen Rechtes - in die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten (vgl. das Erkenntnis vom 07.07.1964, Slg. Nr. 6.400/A) eingreift. Für die Beurteilung der Sachlage gibt sich daraus Folgendes: H W und M S sind dinglich berechtigte Nachbarn im Sinne des § 75 Abs 2 erster Satz GewO und daher von Amts wegen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO zu schützen. Auf die konkrete Nutzung der Wohnung ist nicht abzustellen. Mit der gewerbebehördliche Genehmigung im Jahre 1992 in Verbindung mit der Änderungsgenehmigung aus dem Jahre 1997 ist der Betreiberin der Anlage ein Recht erwachsen, die gastgewerbliche Betriebsanlage im genehmigten Umfang (Betrieb eines Kaffeehauses und einer Weinstube in Form eines Pub mit lauter Musik) zu betreiben. Die Lärmemissionen aus der Betriebsanlage, hervorgerufen durch das Betreiben der Musikanlage mit einem Wert von durchschnittlich 85 dB, ändern die tatsächlichen örtliche Verhältnisse bezogen auf die oben genannten Nachbarn, indem in deren Wohnung im ersten Stock des Hauses H, F, der Grundgeräuschpegel von 18,2 dB auf 21,7 dB, der Laeq -Wert von 21,2 dB auf 26,6 dB und der Schallspitzenpegel von 29,8 dB auf 43,9 dB angehoben wird. Diese Veränderung ist als unzumutbare Belästigung im Sinne des § 74 Abs 2 GewO zu qualifizieren, weil sie - und dies geht schlüssig und nachvollziehbar aus den eingeholten Gutachten hervor - gegenüber der Ausgangslage im Bereich der häufig auftretenden Schallpegelspitzen (Bässe) zumindest eine Verdoppelung der Lärmimmissionen mit den im medizinischen Gutachten beschriebenen negativen Begleiterscheinungen bedeutet. Die unzumutbare Belästigung besteht selbst bei Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vom 17.11.1992 vorgeschriebenen Auflagen, die offensichtlich nicht ausreichen, um die wahrzunehmenden Interessen der Nachbarn zu schützen. Es stellt sich nicht die Frage, was sich seit Genehmigung der Anlage verändert hat, sondern bestenfalls die Frage, weshalb die gleich gebliebene Sachlage zum Genehmigungszeitpunkt der Anlage so anders beurteilt worden ist. Dass die Sachlage eine unveränderte geblieben ist, zeigen die nicht abreissenden Beschwerden der Nachbarschaft über Jahre hinweg. Seit Aufnahme des Betriebes werden die impulshaltigen Tieftonfrequenzen als störend empfunden. Dieser gesetzwidrige Zustand ist nur damit zu beseitigen, dass der
H und S KG - und in diesem Punkt ist dem Berufungsvorbringen zu folgen - mit Bescheid der Gewerbebehörde erster Instanz die Vorlage eines Sanierungskonzeptes im Sinne des § 79 Abs 3 GewO auftragen wird. Die von der belangten Behörde nachträglich vorgeschriebenen Auflagen waren rechtswidrig, die Reduzierung der Lautstärke von 84 dB auf 60 dB bedeutet mehr als eine Halbierung der genehmigten Lautstärke. Diese Maßnahme ist als Wesensänderung der Betriebsanlage im Sinne der von der Berufungswerberin zu Recht zitierten VwGH - Judikatur anzusehen, weil damit eine Änderung in der Charakteristik der gastgewerblichen Betriebsanlage von einem Pub mit lauter Musik hin zu einem Kaffeehausbetrieb mit Hintergrundmusik verbunden wäre. Gleiches würde für die Herabsetzung der Lautstärke von 84 auf 70 dB gelten, wie sie von den Sachverständigen im Berufungsverfahren vorgeschlagen worden ist. Zur Veranschaulichung wird auf die ÖNORM S 5012 und die daraus entnommene Tabelle verwiesen. Tabelle 4: Richtgrößen für energieäquivalente Dauerschallpegel Lp,A,eq und mittlere Maximalpegel Lp,A,1 (enthalten die Geräuschentwicklung durch Gäste und Beschallungsanlagen) Charakteristik des Betriebes Lp,A, eq, Lp,A,1 Leiser Club, Cafe mit Hintergrundmusik 65, 75 Buschenschank, Gasthaus mit leiser Musik 70, 80 Cafe - Bistro mit Musik 75, 85 Cafe mit lauter Musik 80, 85 Tanzlokal, Bierlokal, Pub 85, 90 Nachtklub, Tanzcafe mit sehr lauter Musik 90, 95 Tanzlokal mit sehr lauter Musik 95, 100 Discothek 100, 110 Liveband mit elektroakustischer Beschallungsanlage (zB. Rock, Hardrock, Techno) 105, 115 Dass die Sanierung der Betriebsanlage mit verhältnismäßigem Aufwand zum angestrebten Erfolg möglich ist, wird weder von der Berufungswerberin angezweifelt, noch ergeben sich aus der Aktenlage Anhaltspunkte für eine negative Prognoseentscheidung. Welche Maßnahmen gesetzt werden - sei dies etwa eine bauliche Verbesserung des Schallschutzes zum Nachbarobjekt hin (Bässe brauchen Masse) oder eine Herabsetzung der Bässe, wie in den Berufungsausführungen angesprochen - liegt im Entscheidungsbereich der Betriebsinhaberin. Ziel der Sanierungsmaßnahmen muss es jedoch sein, für die Nachbarwohnung der Familie S den Mindestschallschutz laut ÖNORM B 8115 Teil 2 zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass der Musiklärm (und auch Mikrofonansagen) aus der Betriebsanlage im hofseitigen Zimmer der Wohnung bei geschlossenen Zimmerfenstern in Zimmermitte in zwei Meter Höhe den im Berufungsverfahren festgestellten Schallpegelspitzengrenzwert von LAmax 28,2 dB nicht überschreitet. Auf eine gänzlich unveränderte Ausgangslage - Zustand vor Betrieb der Anlage - besteht kein Anspruch. Die Nachbarn haben Belästigungen im zumutbaren Rahmen - damit sind die im Lärmgutachten erwähnten vereinzelten Lärmspitzen, hervorgerufen durch Gästelärm angesprochen - hinzunehmen. Es war spruchgemäß zu entscheiden.