Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die am 20 02 2006 eingelangte Beschwerde vom 20 06 2006 nach § 82 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 157/2005, des Herrn ***, geboren am ***, russischer Staatsangehöriger, derzeit aufhältig in ***, Polizeianhaltezentrum des Stadtpolizeikommandos ***, vertreten durch Herrn ***, dieser vertreten durch Frau *** und Herrn ***, alle pA ***, wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft durch der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See am 07 01 2006 sowie Unzulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft zu Recht erkannt:
Gemäß § 83 Abs 2 und 4 FPG iVm § 67c Abs 3 AVG wird der Beschwerde Folge gegeben und die am 07 01 2006 über den Beschwerdeführer erfolgte Verhängung der Schubhaft für rechtswidrig erklärt sowie festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht vorliegen.
Gemäß § 79a AVG hat der Bund (Bundesministerin für Inneres) dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 660,80 Euro für Schriftsatzaufwand und in der Höhe von 13 Euro für Stempelgebühren zu ersetzen.
Aufgrund des Fremdenpolizeiaktes der belangten Behörde zur Zahl 11/6-***-2006 und des Beschwerdevorbringens ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer gibt an, russischer Staatsangehöriger und am *** geboren zu sein. Er verfügt über kein Reisedokument oder sonstiges Identitätsdokument, sodass seine Staatsangehörigkeit und Identität nicht mit Sicherheit feststeht (die mittlerweile vom Bundesasylamt augestellte Aufenthaltsberechtigungskarte wurde aufgrund seiner eigenen Angaben ausgestellt und dient nur zum Nachweis seiner Verfahrensidentität).
Er reiste am 17 05 2005, ohne über ein Reisedokument oder irgendeine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet zu verfügen, unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein. Noch am selben Tag stellte er bei der Erstaufnahmestelle West des Bundesasylamtes einen Asylantrag.
Am 24 05 2005 wurde vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, die Ersteinvernahme des Beschwerdeführers im asylrechtlichen Zulassungsverfahren durchgeführt. Am selben Tag langte per E-Mail im Dublinreferat des Bundesasylamtes eine sog. "Dublinmitteilung" ein.
Die zweite Einvernahme des Beschwerdeführers im Asylverfahren wurde für den 06 06 2005 festgelegt. Am 25 05 2005 leitete das Bundesasylamt einen Schriftverkehr mit ungarischen Behörden zwecks Abklärung der Zuständigkeit zur Führung des den Beschwerdeführer betreffenden Asylverfahrens ein (sog "Konsultationsverfahren" - im vorliegenden Auszug aus dem Asylwerberinformationssystem abgekürzt mit "KV" ersichtlich).
Da der Beschwerdeführer zur vorgesehenen Einvernahme am 06 06 2005 vor dem Bundesasylamt nicht erschien, wurde das Asylverfahren gemäß § 30 AsylG 1997 eingestellt.
Am 29 06 2005 langte beim Bundesasylamt die Zustimmung Ungarns zur Rückübernahme des Beschwerdeführers ein.
Der Beschwerdeführer überschritt am 05 01 2006 in den Abendstunden die österreichisch-ungarische Grenze im Bereich des Grenzsteines A54 nach Ungarn. Um 23 30 Uhr des 05 01 2006 wurde er von Organen ungarischer Behörden aufgegriffen. Im Zuge seiner Befragung durch die zuständige ungarische Behörde gestand er zu, die Grenze von Österreich nach Ungarn unrechtmäßig überschritten zu haben. Aufgrund des zwischen Österreich und Ungarn abgeschlossenen Rückübernahmeabkommens wurde der Beschwerdeführer am 07 01 2006 um 14 00 Uhr bei der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf nach Österreich rücküberstellt und österreichischen Beamten übergeben, von denen er sogleich festgenommen wurde.
Mit Bescheid vom 07 01 2006 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gegen den Beschwerdeführer gemäß § 34b AsylG 1997 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Ausweisung sowie der Sicherung der Abschiebung an. Inhaltlich begründete dies die Bezirkshauptmannschaft damit, dass der Beschwerdeführer am 17 05 2005 einen Asylantrag einbrachte, das Asylverfahren aber am 28 05 2005 eingestellt habe werde müssen, weil er die Betreuungsstelle Traiskirchen verlassen habe und sein Aufenthalt unbekannt gewesen sei. Somit habe er sich gemäß § 34b Abs 1 Z 1 AsylG 1997 im Zulassungsverfahren ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt. Es bestehe Grund zur Annahme, dass sich der Beschwerdeführer dem behördlichen Zugriff entziehen werde. Er sei nicht willens "bzw" nicht in der Lage, das Bundesgebiet zu verlassen.
Der die Schubhaft anordnende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17 01 2006 um 16 30 Uhr durch persönliche Übergabe zugestellt und sogleich in Vollzug gesetzt. Er wird seit dieser Zeit in Schubhaft angehalten.
Am 12 01 2006 langte beim Bundesasylamt ein Antrag des Beschwerdeführers auf Fortsetzung des Asylverfahrens ein. Nach Durchführung der Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers am 06 02 2006 zugelassen und ihm gleichzeitig eine Aufenthaltskarte gemäß § 36b AsylG 1997 ausgehändigt. Dies wurde der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit Schreiben vom 06 02 2006, das noch an diesem Tag bei der Bezirkshauptmannschaft per E-Mail einlangte, mitgeteilt. Aufgrund dieser Mitteilung hielt der zuständige Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See Rücksprache mit dem Bundesasylamt (u zw Außenstelle Eisenstadt, weil diese Dienststelle des Bundesasylamtes mit der weiteren Verfahrensführung im Asylverfahren betraut wurde) zwecks Abklärung der weiteren Vorgangsweise hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Schubhaft.
Laut Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 15 02 2006 habe Frau *** vom Bundesasylamt mitgeteilt, dass "grundsätzlich Asylwerber, die in Schubhaft angehalten werden vordringlich behandelt werden" würden. Weiters teilte sie mit, dass sobald der Asylakt von der Erstaufnahmestelle Ost im Bundesasylamt Außenstelle Eisenstadt eingelangt sein wird, ein Einvernahmetermin festgelegt werden würde. Die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft würde - laut Auskunft von Frau ***/Bundesasylamt gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See - durchaus Sinn haben, zumal der Beschwerdeführer im Jahr 2005 schon einmal das Zulassungsverfahren nicht abgewartet habe und untergetaucht sei. Aufgrund dieser Angaben der Mitarbeiterin des Bundesasylamtes wurde von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See die Schubhaft über den Beschwerdeführer weiterhin aufrechterhalten.
Ein Ausweisungsverfahren wurde vom Bundesasylamt nicht geführt und ist derzeit auch nicht anhängig. Auch von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See wird derzeit kein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme geführt.
In der gegenständlichen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft mit folgender Begründung behauptet:
Das Asylverfahren sei am 06 02 2006 für zulässig erklärt worden und noch nicht abgeschlossen worden. Die Schubhaft müsse dem Zweck der möglichst zügigen Außerlandesschaffung dienen. Eine Aufrechterhaltung der Schubhaft ohne eine Aufenthaltbeendigung und Außerlandesschaffung zu betreiben, sei rechtswidrig. Der Beschwerdeführer sei zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, weswegen die Ausführungen, dass er nicht willens sei, das Bundesgebiet zu verlassen, ins Leere gehen würden. Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft zu anderen Zwecken als der gesetzlich erlaubten sei rechtswidrig.
Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Schubhaft verteidigt und die Abweisung der Beschwerde samt Zuspruch der Kosten beantragt. Insbesondere verwies die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Schubhaft auf die mit dem Bundesasylamt erfolgte Rücksprache sowie auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine beabsichtigte Abschiebung der Behörde für die Dauer des Asylverfahrens nur aufgeschoben wird, aber erst nach endgültiger Entscheidung des Asylantrages feststehe, ob die Abschiebung unzulässig sein wird und daher der Schubhaftzweck nicht mehr erreicht werden kann.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:
§ 1 Abs 2, § 31 Abs 1, § 76 Abs 1 und Abs 2, § 82 Abs 1, § 83 FPG sowie § 10 Abs 1, § 27 und § 75 Abs 1 und Abs 2 AsylG 2005 lauten:
"(1) [...].
(2) Auf Asylwerber (§ 2 Z 14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl - AsylG 2005, BGBl I Nr 100) sind die §§ 41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs 1 nicht anzuwenden. Ein vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen. Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, sind darüber hinaus die §§ 39, 60 und 76 nicht anzuwenden. Die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber ist erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Ein Rückkehrverbot kann gegen einen Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erlassen werden.
"(1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. soweit sie nicht auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten oder nicht auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 48 Abs 1) oder aufgrund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 67 ARHG eingereist sind;
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
(2) [...]."
"(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
(3) [...]."
"(1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,
1.
wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
2.
wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.
(2) [...]."
"(1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.
(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass
1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.
(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden."
"(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
1.
der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
2.
der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.
(2) [...]"
"(1) Ein Ausweisungsverfahren nach diesem Bundesgesetz gilt als eingeleitet, wenn
1. im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs 3 Z 4 oder 5 erfolgt und
2. das Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat einzustellen (§ 24 Abs 2) war und die Entscheidung des Bundesasylamtes in diesem Verfahren mit einer Ausweisung (§ 10) verbunden war.
(2) Die Behörde hat darüber hinaus ein Ausweisungsverfahren einzuleiten, wenn die bisher vorliegenden Ermittlungen die Annahme rechtfertigen, dass der Antrag auf internationalen Schutz sowohl in Hinblick auf die Gewährung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab- oder zurückzuweisen sein wird und wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der beschleunigten Durchführung eines Verfahrens besteht. Die Einleitung des Ausweisungsverfahrens ist mit Aktenvermerk zu dokumentieren.
(3) Ein besonderes öffentliches Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens besteht insbesondere bei einem Fremden,
1. der wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist und vorsätzlich begangen wurde, rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. gegen den wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Gerichtshofes erster Instanz fällt und nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft erhoben worden ist oder
3. der bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.
(4) Ein gemäß Abs 1 Z 1 eingeleitetes Ausweisungsverfahren ist einzustellen, wenn das Verfahren zugelassen wird. Ein gemäß Abs 1 Z 2 eingeleitetes Ausweisungsverfahren ist einzustellen, wenn die bisher vorliegenden Ermittlungen die Annahme rechtfertigen, dass der Antrag auf internationalen Schutz weder im Hinblick auf die Gewährung des Status eines Asylberechtigten noch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab- oder zurückzuweisen sein wird oder wenn der Asylwerber aus eigenem dem unabhängigen Bundesasylsenat seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.
(5) Ein gemäß Abs 2 von der Behörde eingeleitetes Ausweisungsverfahren ist einzustellen, wenn die Voraussetzungen für die Einleitung nicht mehr vorliegen.
(6) Die Einstellung eines Ausweisungsverfahrens steht einer späteren Wiedereinleitung nicht entgegen.
(7) Die Einleitung und die Einstellung eines Ausweisungsverfahrens ist der zuständigen Fremdenpolizeibehörde mitzuteilen.
(8) Ein Verfahren, bei dem ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden ist, ist schnellstmöglich, längstens jedoch binnen je drei Monaten nach Einleitung des Ausweisungsverfahrens oder nach Ergreifung einer Berufung, der aufschiebende Wirkung zukommt, zu entscheiden."
"(1) Alle am 31 Dezember 2005 anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31 Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31 Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
(2) Ein nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl - Asylgesetz 1991, BGBl Nr 8/1992, eingestelltes Verfahren ist bis zum 31 Dezember 2007 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 fortzusetzen und gilt als anhängiges Verfahren im Sinne des Abs 1. Ein nach dem AsylG 1997 eingestelltes Verfahren ist bis zum 31. Dezember 2007 nach den Bestimmungen des AsylG 1997 fortzusetzen und gilt als anhängiges Verfahren im Sinne des Abs 1.
(3) [...].
Gemäß § 83 Abs 2 zweiter Satz FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie § 79a AVG mit der Maßgabe, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Dies ist im Anlassfall gegeben, weshalb keine Verhandlung anberaumt wurde.
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergab sich aus den unbedenklichen im Fremdenakt erliegenden Urkunden, insbesondere aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem Asylwerberinformationssystem, aus dem der Verfahrensgang im Asylverfahren ersichtlich war, unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde. Widersprüche in den Sachverhaltsangaben lagen - auch unter Miteinbeziehung der Gegenschrift der belangten Behörde - nicht vor. Dass ein Ausweisungsverfahren vom Bundesasylamt nicht geführt wurde und nicht geführt wird, ergab sich aus der Mitteilung des Bundesasylamtes vom 21 02 2006 an den Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland, die aufgrund einer Anfrage des UVS Burgenland erging.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft bzw der Verhängung der Schubhaft für die Vergangenheit nur unter jenem Blickwinkel (im Rahmen jener Gründe) zu prüfen, aus welchem dies geltend gemacht wird (§ 83 Abs 4 letzter Satz FPG).
Im Falle der andauernden Haft hat der Verwaltungssenat jedenfalls (also unabhängig vom Beschwerdevorbringen) auszusprechen (festzustellen), ob die Voraussetzungen für die Fortdauer der Haft im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegen (§ 83 Abs 4 erster Satz FPG), wobei diese Entscheidung grundsätzlich völlig unabhängig davon, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Rechtswidrigkeit vorgelegen ist, zu erfolgen hat (vgl ErlBem zur RV zu § 83 FPG, 952 dB, XXII GP).
Wie aus den Feststellungen hervorgeht, beruht die beschwerdegegenständliche Haft auf einem vollstreckbaren Schubhaftbescheid (Mandatsbescheid gemäß § 76 Abs 3 FPG) der belangten Behörde. Damit ist ein formell gültiger Rechtstitel für die Anhaltung gegeben. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer in formeller Hinsicht auch nicht bemängelt. Die formellen Schubhaftvoraussetzungen sind also vorhanden. Es liegt eine Anhaltung in Schubhaft vor, die mit gegenständlicher Beschwerde zulässigerweise angefochten werden konnte.
Zum Beschwerdegegenstand:
Der Beschwerdeführer richtete seine Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Verhängung der Schubhaft sowie gegen die Zulässigkeit seiner weiteren künftigen Anhaltung in Schubhaft. Sein Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland möge die Enthaftung aussprechen, wäre zwar an sich unzulässig, weil der Unabhängige Verwaltungssenat dafür nicht zuständig ist (wird die Fortsetzung einer Schubhaft als nicht zulässig erklärt, so hat gemäß § 81 Abs 1 Z 2 FPG die Fremdenpolizeibehörde die Haft durch Freilassung formlos aufzuheben), jedoch erwies sich dieses Antragsbegehen im Hinblick auf das in der Beschwerde enthaltene Vorbringen als zweifelsfrei darauf gerichtet, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland die Unzulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft feststellen möge.
Zur Verhängung der Schubhaft:
Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See verhängte die Schubhaft über den Beschwerdeführer allein auf Grundlage des § 34b Abs 1 Z 1 AsylG 1997. Diese Bestimmung ist allerdings mit Ablauf des 31 12 2005 außer Kraft getreten. Sie konnte daher am 07 01 2006 keine taugliche Grundlage für die Verhängung der Schubhaft darstellen. § 75 Abs 1 AsylG 2005 sieht zwar vor, dass alle am 31 12 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind (gemäß § 75 Abs 2 AsylG 2005 gilt ein nach dem AsylG 1997 eingestelltes Verfahren, was hier vorlag, als anhängiges Verfahren im Sinne des Abs 1 des § 75 AsylG 2005), aber dies gilt nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur für die vor der Asylbehörde anhängigen Verfahren. § 34b AsylG 1997 war aber nicht von der Asylbehörde anzuwenden, zumal ausdrücklich in dieser Bestimmung die Zuständigkeit der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde angeordnet wurde. Somit erwies sich die Bestimmung des § 34b AsylG 1997 inhaltlich als eine fremdenpolizeiliche Bestimmung. § 125 FPG, der die Übergangsbestimmungen hinsichtlich der fremdenpolizeilichen Vorschriften regelt, kennt keine Bestimmung, wonach § 34b AsylG 1997 auch nach dem Inkrafttreten des FPG (01 01 2006) angewendet hätte werden dürfen. Dies entspricht auch dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers, wonach aus systematischen Gründen es "vor allem bei den Festnahme- und Schubhaftbestimmungen zu Verschiebungen in das Fremdenpolizeigesetz" kam, zumal im Hinblick auf die Neukodifikation des Asyl- und Fremdenpolizeirechtes, die von den Fremdenpolizeibehörden zu vollziehenden Normen im Fremdenpolizeigesetz hingegen die von den Asylbehörden zu vollziehenden Normen im Asylgesetz geregelt sein sollen (vgl Erl Bem zur RV, Allgemeiner Teil, Zu Art 3 - Erlassung des Fremdenpolizeigesetzes 2005, 952 dB, XXII GP).
Der von der belangten Behörde erlassene Bescheid wäre allerdings - ungeachtet dessen, dass eine nicht mehr anzuwendende (weil im Zeitpunkt der Bescheiderlassung außer Kraft getretene) Bestimmung angeführt wurde - dann rechtmäßig, wenn er in den Bestimmungen des geltenden Rechts inhaltlich eine Deckung finden würde.
Der von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See herangezogene Schubhaftgrund findet aber inhaltlich in den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 keine Grundlage. Der (vormalige) Schubhaftgrund des § 34b Abs 1 Z 1 AsylG 1997, wonach Schubhaft zulässig ist, wenn sich ein Asylwerber ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt, ist in § 76 (oder sonstigen Bestimmungen des) FPG nicht enthalten. Darüber hinaus darf gemäß § 76 Abs 2 FPG die Schubhaft gegen einen Asylwerber (ein solcher war der Beschwerdeführer, weil gemäß § 75 Abs 1 und Abs 2 AsylG 2005 sein Asylverfahren kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung anhängig war) nur zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 verhängt werden. Die Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 ist nach § 10 Abs 1 AsylG 2005 aber nur dann zulässig, wenn sie mit einer Entscheidung "nach diesem Bundesgesetz" (somit nach dem AsylG 2005) zu verbinden ist. Die Erlassung einer Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 war somit im vorliegenden Fall von vornherein nicht denkmöglich, weil die Asylbehörde gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 die Vorschriften des AsylG 1997 anzuwenden hat, weshalb "nur" die Erlassung einer Ausweisung nach den Bestimmungen des AsylG 1997 (hier: insbes § 5a Abs 1 AsylG 1997 oder § 8 Abs 2 AsylG 1997), nicht aber nach § 10 AsylG 2005 in Betracht kam.
Somit erwies sich das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass kein gesetzlich erlaubter Schubhaftzweck vorhanden war, als berechtigt, und die Verhängung der Schubhaft als rechtswidrig, weil sie gesetzlich nicht gedeckt war.
Zur Fortsetzung der Schubhaft aus heutiger Sicht:
Der Mitteilung des Bundesasylamtes vom 21 02 2006 zufolge wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers zugelassen. Es wurde ihm eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgehändigt, weshalb sein derzeitiger Aufenthalt im Bundesgebiet rechtmäßig ist. Ein Ausweisungsverfahren wurde und wird nicht geführt.
Zweck der Schubhaft wäre jedoch nach § 76 Abs 2 FPG allein die Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung nach § 10 AsylG 2005. Ein solches Verfahren wird weder geführt noch kann es denkmöglich geführt werden (sh dazu oben). Dass die Asylbehörde es für wünschenswert hält, dass ihr der Beschwerdeführer jederzeit durch Anhaltung in Haft für die Führung des Asylverfahrens zur Verfügung steht, kann keinen zulässigen Grund zur Aufrechterhaltung der Schubhaft darstellen. Es ist nicht Zweck der Schubhaft, die Durchführung des Asylverfahrens, sondern nur eines Ausweisungsverfahrens (zur Erlassung einer Ausweisung nach § 10 AsylG 2005), zu sichern. Nach den Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift wird aber der Beschwerdeführer ausschließlich zur Sicherung des Asylverfahrens angehalten (vgl die beiden letzten Absätze auf Seite 2 der Gegenschrift). Die Fortsetzung der Schubhaft erwies sich somit als unzulässig.
Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer von der Asylbehörde eine Aufenthaltsberechtigung zuerkannt, weshalb sein Aufenthalt im Bundesgebiet zumindest seit Zuerkennung dieser Berechtigung gemäß § 31 Abs 1 Z 4 FPG rechtmäßig ist. Der Ansicht der belangten Behörde, dass trotz rechtmäßigem Aufenthalts des Beschwerdeführers immer noch ein besonderer Sicherungsbedarf vorhanden ist, vermag sich der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland nicht anzuschließen.
Auf das Vorbringen der belangten Behörde zur bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war nicht weiter einzugehen, weil es bei den von der Bezirkshauptmannschaft ins Treffen geführten Entscheidungen um die Frage der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Zieles der Schubhaft ging. Dies setzt aber (bereits auch nach der Rechtlage des FrG 1997) voraus, dass kein sonstiger Grund vorliegt, der die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig macht. Im vorliegenden Fall war die Schubhaftverhängung und weitere Aufrechterhaltung aber bereits aus den oben genannten Gründen rechtswidrig, weshalb sich die von der Bezirkshauptmannschaft aufgeworfene Frage nicht mehr stellte. Auch lag entgegen der Ansicht der belangten Behörde schon deshalb keine Problematik des § 80 Abs 3 FPG vor, weil der Beschwerdeführer keinen Antrag nach § 51 FPG gestellt hat (wobei dem FPG - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht zu entnehmen ist, dass für die Erledigung von Anträgen nach § 51 FPG die Asylbehörde zuständig wäre; vgl dazu auch die insofern aufgrund der gleichartigen Bestimmungen des FPG und des FrG 1997 noch Gültigkeit aufweisende bisherigen Judikatur des VwGH zu § 69 Abs 4 Z 1 FrG 1997 zum Verhältnis Asylantrag und Antrages nach § 75 FrG 1997).
Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Die §§ 52 bis 54 VwGG gelten auch für diesen Aufwandersatz. Die Entscheidung betreffend die Zuerkennung der Kosten gründet sich auf den diesbezüglichen Antrag der obsiegenden Partei, auf die angeführte Gesetzesstelle sowie auf die Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl II Nr 334/2003.