TE UVS Steiermark 2006/03/15 30.6-25/2006

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Veröffentlicht am 15.03.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn H P, G, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 19.01.2006, GZ.: 15.1 8492/2005, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend Folge gegeben, als die Strafe mit ? 300,00 (zwei Tage und sechs Stunden Ersatzarrest) festgesetzt wird. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ?

30,00; dieser sowie die Geldstrafe sind binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber unter Pkt. 1.) zur Last gelegt, er habe in der Zeit von Anfang bis Mitte Dezember 2005 im Bereich des Grundstückes 158/3 der KG D eine Lockfütterung in Form der Vorlage von Futterrüben betrieben, obwohl gemäß § 50 Abs 4 Stmk. Jagdgesetz jedes Füttern von Rotwild außerhalb genehmigter Fütterungsanlagen, sowie das Betreiben von Lockfütterungen verboten sei. Hiedurch habe er eine Übertretung § 50 Abs 4 Stmk. Jagdgesetz begangen und wurde hierfür eine Geldstrafe in der Höhe von ? 365,00 (drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Unter Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe entgegen die Bestimmungen des § 1 Abs 1 Stmk. Jagdgesetz von Anfang bis Mitte Dezember 2005 im Bereich des Grundstückes 158/3 der KG D eine Lockfütterung betrieben, wodurch er gegen die Weitgerechtigkeit verstoßen habe. Hierdurch habe er eine Übertretung des § 1 Abs 1 Stmk. Jagdgesetz i. V.m. § 8 Abs 6 lit. a der Satzung der Steirischen Landesjägerschaft begangen und wurde hierfür eine Geldstrafe in der Höhe von ? 150,00 (zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Mit Schreiben vom 28.01.2006 wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht (irrtümlich als Einspruch bezeichnet). Die Berufung richtete sich hinsichtlich Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses nur gegen die Höhe der Strafe, wobei der Berufungswerber ersuchte seine Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde sinngemäß ausgeführt, dass diesbezüglich bereits eine Bestrafung unter Punkt 1.) erfolgt sei. So beinhaltete die Betreibung der Lockfütterung schon den Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellte dazu Nachfolgendes fest: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Da lediglich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft wurde und der Berufungswerber die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung nicht ausdrücklich beantragt hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und konnte von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs 3 Z 2 VStG abgesehen werden. Wird nur das Strafausmaß bekämpft, hat die Berufungsbehörde von dem im erstinstanzlichen Bescheid zur Schuldfrage festgestellten Sachverhalt auszugehen (VwGH 22.02.1990, 89/09/0137). Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gemäß § 50 Abs 4 Stmk. Jagdgesetz ist jedes Füttern von Rotwild außerhalb genehmigter Fütterungsanlagen, das Betreiben von Lockfütterungen, sowie das Füttern von Gamswild verboten; Rehwildfütterungen sind, wo erforderlich, rotwildsicher einzuzäunen. Dadurch, dass der Berufungswerber eine Lockfütterung in Form der Vorlage von Futterrüben im Bereich des tatgegenständlichen Grundstückes betrieben hat, hat der Berufungswerber gegen die zitierte Bestimmung des Stmk. Jagdgesetzes verstoßen. Als erschwerend war nichts zu werten als mildernd die bisherige Unbescholtenheit. Diesbezüglich und insbesondere unter Berücksichtigung der ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Einkommen ? 1.000,00, kein Vermögen, Sorgepflichten für eine Person) war es möglich die Strafe wie im Spruch ersichtlich herabzusetzen, wobei sich die nunmehr verhängte Strafe im untersten Strafbereich bewegt und hätte ein in besseren Verhältnissen lebender Berufungswerber jedenfalls mit einer höheren Geldstrafe zu rechnen gehabt. Ergänzend sei ausgeführt, dass in die Strafbemessung auch eingeflossen ist, dass der Berufungswerber grundsätzlich Schuldeinsichtig war und sich von Anfang an zu der Lockfütterung (Kirrfütterung) bekannte. Eine weitere Strafherabsetzung war jedoch nicht möglich, da die verhängte Strafe den Berufungswerber wirksam vor weiteren Übertretungen der gleichen Art abhalten soll. Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Gemäß § 52 e Abs 2 Z 1 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig. Der Beschuldigte hat nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert bzw. welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde. Die Tat muss hinsichtlich des Täters und der Tatumstände jedenfalls so genau umschrieben sein, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (VwGH 13.6.1984, Slg. 11466 A). Gemäß § 1 Abs 1 Stmk. Jagdgesetz ist das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden und steht daher dem jeweiligen Grundeigentümer zu. Das Jagdausübungsrecht besteht in der ausschließlichen Berechtigung, innerhalb des zustehenden Jagdgebietes Wild unter Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen in der im weidmännischen Betrieb üblichen Weise zu hegen, zu verfolgen, zu fangen und zu erlegen, ferner dasselbe und dessen etwa abgetrennte nutzbare Teile, wie abgeworfene Geweihe und dergleichen, beim Federwild die gelegten Eier, sowie verendetes Wild sich anzueignen. Gemäß § 8 Abs 6 lit. a der Satzung der Steirischen Landesjägerschaft sind die Mitglieder der Steirischen Landesjägerschaft verpflichtet, das Ansehen der Jägerschaft hoch zu halten, die Jägertradition zu wahren und die Jagd im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes weidgerecht auszuüben. Im gegenständlichen Fall wurde dem Berufungswerber nunmehr zur Last gelegt, dass er zur genannten Tatzeit am genannten Tatort eine Lockfütterung betrieben habe, wodurch er gegen die Weidgerechtigkeit verstoßen habe. Die Weidgerechtigkeit wird im Gesetz selbst nicht definiert. Dieser Begriff umfasst Vorschriften, die sich auf die Ausübung der Jagd beziehen, und zwar nicht nur gesetzliche, sondern auch Vorschriften der Satzungen der Steirischen Landesjägerschaft. Die Verletzung derartiger Vorschriften stellt eine Übertretung dar, die sowohl disziplinär als auch gemäß § 77 Stmk. Jagdgesetz zu ahnden ist. Eine Umschreibung des Begriffes Weidgerechtigkeit wurde von Dr. G. Anderluh in der Jagdzeitschrift Der Anblick, Heft 11/1969, Seite 362 ff wie folgt vorgenommen: Ein System der anerkannten Grundsätze der Weidgerechtigkeit lässt sich in etwa durch eine Einteilung in folgende Gruppen erstellen: 1. das Gebot, dem Wild unnötige Qualen zu ersparen; 2. das Gebot, im Wild das dem Menschen am nächsten stehende Geschöpf der Natur zu achten; 3. das Gebot, dem Wild im Rahmen der Jagd ein Maximum an Chancen lassen; 4. das Gebot, sich ritterlich und anständig gegenüber dem Jagdnachbarn und den Mitjagenden zu verhalten; 5. das Gebot, Jagdtrieb und Jagdleidenschaft im Sinne einer durch die allgemeinen Gesetze, die jagdlichen Vorschriften und die Pflicht zur Wahrung des Ansehens der Jägerschaft bedingten Disziplin unter Kontrolle zu halten. Im gegenständlichen Fall ist somit festzuhalten, dass nicht jeder Verstoß gegen das Stmk. Jagdgesetz auch einen Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit darstellt, sondern vor allem ein Verstoß gegen einen oder mehrere der obigen Grundsätze der Weidgerechtigkeit. Somit ist es erforderlich bei einer Übertretung des § 1 Abs 1 Stmk. Jagdgesetz, den Vorwurf des Verstoßes gegen die Weidgerechtigkeit im Spruch näher zu umschreiben. Der Vorwurf, eine Lockfütterung betrieben zu haben, ist hiefür zu wenig konkret, weil damit nicht in jedem Fall gegen einen der genannten Grundsätze verstoßen wird. Beispielsweise wäre dies der Fall, wenn dem Jagdnachbarn durch die Lockfütterung gezielt Wild (Trophäe) entzogen wird (Punkt 4.) oder wenn am Ort der Lockfütterung Wild im Zuge der Nahrungsaufnahme erlegt wird (Punkt 3. und 5.). Weiters ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen, dass es sich bei dem Berufungswerber um ein Mitglied der Steirischen Landesjägerschaft handelt. Nur solche sind jedoch gemäß § 8 Abs 6 lit. a der Satzung der Steirischen Landesjägerschaft verpflichtet, die Jagd im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes weidgerecht auszuüben. Da die mangelhafte Tatbildumschreibung im Zusammenhang mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides erhobenen Tatvorwurf somit nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entspricht, war das Strafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen, gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
Weidgerechtigkeit Grundsätze Lockfütterung Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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