Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn B R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 31.03.2005, GZ: 15.1 6274/2004, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte
1.) bis 3.) abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides einen Betrag von ? 18,60 bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Hinsichtlich der Spruchpunkte 4.) und 5.) wird der Berufung Folge gegeben, der bekämpfte Strafbescheid in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in beiden Punkten gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. Dadurch vermindert sich der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz auf den Betrag von ? 9,30. Dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem bekämpften Bescheid wurde dem Berufungswerber als Lenker des Lkw mit dem Probefahrtkennzeichen vorgehalten, er habe bei der Fahrt am 10.09.2004, um 10.20 Uhr in der Gemeinde N, auf der B /Freiland, StrKm keinen Probefahrtschein und keinen Führerschein mitgeführt (Punkte 1. und 2.). Um 10.17 Uhr habe er in der Gemeinde P, P, auf der B /Ortsgebiet, StrKm , die Geschwindigkeit im Ortsgebiet um mindestens 10 km/h überschritten (Punkt 3.). Unter den Punkten 4.) und 5.) wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe sich als Lenker vor Antritt der Fahrt, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, nicht davon überzeugt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Es sei festgestellt worden, dass beim Lkw Opel Kombo, weiß, rechts hinten die Schlussleuchte nicht sichtbar gewesen sei, da die hintere rechte Tür wegen der Ladung offen gewesen und dadurch die Leuchte verdeckt gewesen sei. Gleichfalls sei der rechte hintere Blinker wegen der geöffneten Ladetür nicht sichtbar gewesen. Dadurch hätten keine Blinkzeichen wahrgenommen werden können. Unter Verweis auf die übertretenen Rechtsvorschriften und Strafbestimmungen verhängte die belangte Behörde zu den Spruchpunkten 1.), 2.), 4.) und 5.) jeweils eine Geldstrafe von ?
36,00 (jeweils 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), zu Spruchpunkt
3.) eine Geldstrafe von ? 21,00 (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Verfahrenskosten schrieb die belangte Behörde dem Berufungswerber einen Betrag von insgesamt ? 16,50 vor. Die belangte Behörde stützte den Strafbescheid auf die Anzeige des Gendarmeriepostens N vom 25.11.2004, die auf den dienstlichen Wahrnehmungen des Sicherheitswache beamten RI P beruhen würden. Der Beamte habe im Zuge einer Nachfahrt sowohl die Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet von P als auch die Verdeckung des Fahrtrichtungsanzeigers und der Schlussleuchte durch die offene Ladetür feststellen können. Dass der Berufungswerber den Probefahrtschein und den Führerschein nicht mitgeführt habe, ergebe sich daraus, dass der Berufungswerber bei der Kontrolle vor der Firma R beide Dokumente nicht vorgewiesen habe. In seiner fristgerecht erhobenen Berufung bestritt B R die Tatvorwürfe. Er habe bei der in Rede stehenden Fahrt sowohl den Führerschein, als auch den Zulassungsschein (gemeint: Probefahrtschein) mitgeführt. Er hätte diese Dokumente dem Gendarmeriebeamten auch gezeigt, habe hiezu jedoch keine Gelegenheit gehabt. Er habe den Beamten vorerst ersucht, sein Fahrzeug aus der Firmeneinfahrt zu stellen, worauf dieser nur gemeint habe, er könne ohnehin Anzeige erstatten. Zur Geschwindigkeitsüberschreitung könne er nur sagen, dass er das Gendarmeriefahrzeug schon längere Zeit im Rückspiegel wahrgenommen habe und schon deshalb die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten habe. Die angeblich verdeckte rechte hintere Schlussleuchte sei sehr wohl sichtbar gewesen, da das Fahrzeug so typisiert sei, dass die Leuchten auch bei geöffneter Heckklappe erkennbar und funktionsfähig seien. Der Berufungswerber ersuchte um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Bei der Parteieneinvernahme in der mündlichen Verhandlung wiederholte B R im Ergebnis sein Berufungsvorbringen. Der Beamte sei ihm bis zum Werkstättengelände seiner Firma nachgefahren und habe sein Dienstfahrzeug unmittelbar vor die Einfahrt der Werkstätte hingestellt. Der Beamte habe ihn gefragt, ob er bei der zuvor erfolgten Fahrt den Probefahrtschein und den Führerschein dabei gehabt habe. Er habe daraufhin gesagt, er gehe die verlangten Papiere aus dem Auto holen; zuvor solle aber der Beamte sein Fahrzeug von der Einfahrt wegstellen. Die weiteren Übertretungen habe er erst der Anzeige entnommen. Wenn er zu schnell gefahren sein solle, stelle sich die Frage, weshalb der Beamte ihn nicht gleich angehalten habe. Die Leuchte könne nicht allein durch die geöffnete hintere Türe verdeckt werden. Gleiches gelte sinngemäß für den rechten hinteren Blinker. RI P P gab bei seiner Zeugeneinvernahme an, die von ihm wahrgenommene Geschwindigkeitsüberschreitung - sein Tachograph habe bei der Nachfahrt eine Geschwindigkeit von 70 km/h angezeigt - und die verdeckte Beleuchtungseinheit seien der Grund gewesen, weshalb er den Lenker des Fahrzeuges vor dem Gendarmerieposten N anhalten habe wollen. Der Lenker sei jedoch zuvor rechts weg zum Firmengelände R gefahren. Dort habe er erst bemerkt, dass Herr R der Lenker gewesen sei. Auf die Frage nach dem Probefahrtschein und dem Führerschein habe der Angesprochene zuerst an seine Brust gegriffen und geschaut, ob er die Papiere bei sich führe. Herr R habe gesagt, er habe sie im Büro und habe er ihn aufgefordert, mitzugehen. Er - RI P - habe darauf bestanden, dass ihm der Berufungswerber die Papiere bringe, weil die Kontrolle beim Fahrzeug stattgefunden habe. Der Berufungswerber habe sich dann für eine kurze Zeit entfernt. Bei seiner Rückkehr habe er nicht, wie von ihm erwartet, die Fahrzeugpapiere mitgebracht. Er habe ihm vielmehr bedeutet, dort, wo er stehe, sei sein Privatgrund und sei es nicht gut, wenn er dort stehe. Der Berufungswerber sei erzürnt gewesen. RI P habe sich auf keine Diskussion einlassen wollen, sei dann gefahren und habe die Anzeige erstattet. Ob die verdeckten Blinkeinrichtungen vor Ort angesprochen worden seien, wisse er nicht mehr. Jedenfalls seien durch die geöffnete rechte hintere Klapptüre des Fahrzeuges die Leuchten und auch die Blinkeinrichtung durch die Türstärke für einen nachkommenden Fahrzeuglenker verdeckt gewesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen: Zu den Spruchpunkten 1. bis 3.) § 102 Abs 5 lit. c KFG hat der Lenker auf Probefahrten den Probefahrtschein (§ 45 Abs 4) mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. § 14 Abs 1 Z 1 FSG enthält eine sinngemäß gleichlautende Regelung für den Führerschein. § 20 Abs 2 StVO normiert für das Ortsgebiet, sofern nichts anderes verordnet ist, eine höchst zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens ist festzustellen, dass der Berufungswerber die ihm unter den Punkten 1.), 2.) und 3.) zur Last gelegten Übertretungen zu verantworten hat. Die Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet von P wurde vom Berufungswerber selbst nicht ernsthaft bestritten. Die von ihm angestellte Überlegung, er habe schon aufgrund der bemerkten Nachfahrt eines Gendarmeriewagens die zulässige Geschwindigkeit eingehalten, mag für sich logisch sein, bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass dies mit dem tatsächlichen Geschehen übereingestimmt hat. Die Geschwindigkeitsübertretung ist durch die Aussage des Zeugen RI P nachvollziehbar belegt. Aufgrund des Umstandes, dass der Berufungswerber die von ihm verlangten Lenker- und Fahrzeugpapiere bei der Kontrolle nicht unverzüglich beischaffen konnte, ist davon auszugehen, dass er den Probefahrtschein und den Führerschein bei der Fahrt nicht mitgeführt hat. Anderenfalls wäre es dem Berufungswerber ohne weiteres möglich gewesen, mit dem Beamten zum verwendeten Fahrzeug zu gehen und die verlangten Papiere vorzuweisen. Die von der belangten Behörde verhängten Strafen entsprechen den Strafzumessungskriterien des § 19 Abs 1 und 2 VStG. Es liegen weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe vor. Die Strafen liegen noch im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens und sind sie daher jedenfalls schuld- und tatangemessen. Sie sollen noch geeignet sein, den Berufungswerber in Hinkunft an mehr Sorgfalt in der Handhabung der von ihm übertretenen Vorschriften des KFG, FSG und der StVO zu ermahnen. Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Einkommen von ca. ? 2.000,00 aus selbstständiger Tätigkeit, Kfz-Werkstätte, Autohaus und Tankstelle in N, zwei Liegenschaften und Betriebsvermögen, sorgepflichtig für eine Tochter, Belastungen auf eine Liegenschaft) waren für sich nicht geeignet, eine Strafherabsetzung zu begründen. Zu den Spruchpunkten 4.) und 5.) Gemäß § 14 Abs 4 KFG, erster Satz, müssen Kraftwagen hinten mit einer geraden Anzahl von Schlussleuchten ausgerüstet sein, mit denen nach hinten rotes Licht ausgestrahlt und anderen Straßenbenützern das Fahrzeug erkennbar gemacht und das richtige Abschätzen seiner Breite ermöglicht werden kann (Schlusslicht). Nach § 19 Abs 1 KFG müssen - abgesehen von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen - Kraftfahrzeuge mit Fahrtrichtungsanzeigern ausgerüstet sein, deren Blinkleuchten (Abs 2) symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges und so angebracht sind, dass von vorne und von hinten jeweils mindestens zwei symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges liegende sichtbar sind; wenn jedoch zwingende Gründe vorliegen, können Blinkleuchten auch nicht symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges angebracht sein; bei Kraftfahrzeugen der Klassen M und
N müssen zusätzlich seitliche Fahrtrichtungsanzeiger vorhanden sein. Die auf einer Seite des Fahrzeuges angebrachten Blinkleuchten müssen durch dieselbe Betätigungsvorrichtung ein- und ausschaltbar sein. Sie dürfen nur ein- und ausschaltbar sein, wenn die Blinkleuchten der anderen Seite ausgeschaltet sind. Der Lenker muss von seinem Platz aus erkennen können, dass die Blinkleuchten des von ihm gelenkten Fahrzeuges und eines mit diesem gezogenen Anhängers (Abs 3) wirksam sind. Die Tatvorwürfe in den Spruchpunkten 4.) und 5.) sind mit den von der belangten Behörde angezogenen Rechtsvorschriften nicht in Einklang zu bringen. § 14 Abs 4 und § 19 Abs 1 KFG sind Ausrüstungsvorschriften, denen das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug entsprochen hat. Was die belangte Behörde offenbar verfolgen wollte, war der Umstand, dass der Berufungswerber Gegenstände mit dem Fahrzeug transportiert hat, die aufgrund ihrer Länge das Schließen der rechten hinteren Hecktüre nicht erlaubten. Durch die Stärke der Hecktüre war die Leuchteinrichtung verdeckt und hatte der nachfolgende Fahrzeuglenker (der Zeuge RI P) nur mehr eingeschränkte Sicht auf die Schluss- und Blinkleuchte. Dieser Sachverhalt wäre allenfalls im Hinblick auf die Bestimmung des § 99 Abs 2 KFG zu prüfen gewesen, wonach dann eine wirksame Ersatzvorrichtung anzubringen ist, wenn ua. wegen der Beschaffenheit des beförderten Gutes nicht vermieden werden kann, dass die vorgeschriebenen Leuchten verdeckt werden. Unklar blieb auch, ob die Ladevorschriften (§ 101 Abs 4 KFG) eingehalten worden sind. Jedenfalls liegen in diese Richtung hin keine rechtzeitigen Verfolgungshandlungen vor, die es der Berufungsbehörde ermöglichen, den Vorhalt näher zu prüfen. Es war daher der bekämpfte Bescheid in diesem Umfang zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz war nach § 64 Abs 1 und 2 VStG der Entscheidung anzupassen. Es war spruchgemäß zu entscheiden.