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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §17 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth, Dr. Strohmayer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Mag. Claudio Bauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6/Stg. 2/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. Juli 1998, Zl. SD 504/98, betreffend Abweisung eines Antrages auf Zuerkennung einer Entschädigung für abgelieferte Munition, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 30. April 1998 die Zuerkennung einer Entschädigung für die von ihm am 19. März 1998 abgelieferte Munition (Teilmantel mit offenem Hohlspitz, Kaliber 45 LC, 50 Stück). Die Bundespolizeidirektion Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Juni 1998 gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Durchführung des Waffengesetzes vom 11. Juni 1997, BGBl. II Nr. 164/1997 (WaffV), in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG 1996), ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachte Berufung abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass gemäß § 5 Abs. 1 der WaffV Patronen für Faustfeuerwaffen mit Teilmantelgeschossen mit offenem oder geschlossenem Hohlspitz (Expansivmunition) mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 verboten seien. Solche Munition sei nach der ausdrücklichen Anordnung dieser Bestimmung der Behörde ohne Anspruch auf Entschädigung abzuliefern. Der Beschwerdeführer habe unbestrittenermaßen Munition dieser Beschreibung der Behörde abgeliefert und begehre ungeachtet dieser Bestimmung eine Entschädigung für diese Patronen in der Höhe von S 7,-- pro Stück, insgesamt von S 350,--. Er begründe dies damit, dass die Bestimmung der Verordnung, mit der ein Entschädigungsanspruch ausgeschlossen werde, gesetz- bzw. verfassungswidrig sei. Der Verordnungsgeber hätte Expansivgeschosse für Jagd- und Sportwaffen überhaupt vom Verbot und von der Ablieferungspflicht ausnehmen, jedenfalls aber eine Entschädigung auch für Munition für solche Geschosse vorsehen müssen. Außerdem liege zumindest in der Versagung der Entschädigung jedenfalls ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht vor.
§ 17 Abs. 1 WaffG 1996 gebe dem Bundesminister für Inneres die Befugnis, unter anderem den Besitz von besonders gefährlichen Waffen, sowie von Munition für Faustfeuerwaffen mit Expansivgeschossen, mit Ausnahme solcher für Jagd- und Sportwaffen, durch Verordnung zu verbieten. Die Bestimmung des § 17 Abs. 4 leg. cit. sehe den Verfall und die Ablieferungspflicht solcher Gegenstände vor und dass für die verfallenen Waffen eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen sei. Für verfallene Munition sei keine Entschädigung vorgesehen. Dass die Ausnahmebestimmung betreffend Jagd- und Sportwaffen in die Verordnung keinen Eingang gefunden habe, weil Munition mit Expansivgeschossen grundsätzlich für Jagd- und Sportwaffen nicht vorgesehen sei, sei für die vorliegende Entscheidung schon deshalb nicht von Relevanz, weil es dabei nicht um das Verbot und die Ablieferungspflicht, sondern lediglich um die Entschädigung für bereits abgelieferte Munition gehe. Das Fehlen einer Entschädigungspflicht für Munition finde aber entgegen der Meinung des Beschwerdeführers im Gesetz Deckung, weil dort ausdrücklich nur eine Entschädigung für die Waffen vorgesehen sei, eine Entschädigung für Munition hingegen fehle. Nach der ausdrücklichen Bestimmung der Verordnung sei eine Entschädigung für Munition nicht zulässig. Da aber angesichts des geltenden Legalitätsprinzips in Verbindung mit den Grundsätzen über den Stufenbau der Rechtsordnung eine Verordnung von der Verwaltungsbehörde jedenfalls und ohne eine Prüfung ihrer Gesetz- bzw. Verfassungsmäßigkeit anzuwenden sei, solange sie dem Rechtsbestand angehöre, sei der Antrag auf Entschädigung abzuweisen gewesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, und machte insbesondere eine Verletzung seines Eigentumsrechtes geltend.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 1999, B 1591/98-6, wurde die Behandlung dieser Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof ging davon aus, dass nach den Beschwerdebehauptungen ein erheblicher Teil der gerügten Rechtsverletzungen nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes wäre und spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen seien. Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen in Anbetracht dessen, dass die kritisierte Bestimmung bereits am 20. Juni 1997 kundgemacht worden sei und somit ein Übergangszeitraum von einem halben Jahr bestanden habe, in dem es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, Dispositionen zu treffen, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer nun Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen zum einen darauf, dass bei rechtsrichtiger Auslegung der WaffV im Zusammenhang mit dem WaffG 1996 die belangte Behörde zur Ansicht hätte kommen müssen, dass im Gesetz eine Ausnahme für Jagd- und Sportwaffen vorgesehen sei, wobei dieser Begriff jedoch nicht endgültig definiert wäre. Die in Rede stehende Munition sei besonders für die Nachsuche bei der Jagd als gängiges und brauchbares Kaliber zu qualifizieren. Es sei daher zu Unrecht von einer Ablieferungsverpflichtung der Munition ausgegangen worden.
Zum anderen bringt der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, es sei zwar richtig, dass im Gesetz ausdrücklich nur eine Entschädigung für die Waffen vorgesehen sei, eine Entschädigung für die Munition hingegen fehle. Dabei handle es sich aber offenbar um einen Irrtum des Gesetzgebers, welcher durch entsprechende Interpretation zu korrigieren gewesen wäre. Bei rechtsrichtiger Auslegung des Gesetzes und der dazu ergangenen Verordnung hätte die Behörde zu dem Schluss gelangen müssen, dass, wenn für verfallene Waffen eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen sei, jedenfalls auch für die dazugehörige Munition eine solche zuzuerkennen sei. Es handle sich dabei um eine echte Lücke des Gesetzes, die der Gesetzgeber nicht bedacht habe und die offenbar zufolge eines Irrtums auch ihre Fortsetzung in der angewendeten Verordnung gefunden habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 17 Abs. 2 und 4 WaffG 1996 lauten:
§ 17. ...
(2) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung, Erwerb, Besitz, Einfuhr und Führen von neuartigen Waffen oder Erwerb, Besitz und Einfuhr neuartiger Munition, die auf Grund ihrer Beschaffenheit, Wirkung oder Wirkungsweise eine besondere Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für fremdes Eigentum darstellen könnten, zu verbieten. Der Bundesminister für Inneres hat Munition für Faustfeuerwaffen mit Expansivgeschossen sowie Geschosse für diese Munition mit Ausnahme solcher für Jagd- und Sportwaffen, durch Verordnung zu verbieten.
...
(4) Gegenstände, auf die sich eine Verordnung gemäß Abs. 2 bezieht und die sich bereits im Besitz von Personen befinden, gelten ab Inkrafttreten der Verordnung als verfallen und sind binnen drei Monaten der Behörde abzuliefern. Die Behörde hat dem Betroffenen auf Antrag für die verfallenen Waffen, soweit er deren rechtmäßigen Erwerb glaubhaft macht, mittels Bescheides eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Ein solcher Antrag ist binnen einem Jahr ab Inkrafttreten der Verordnung nach Abs. 2 zu stellen."
§ 5 der (im BGBl. am 20. Juni 1997 kundgemachten) WaffV trägt die Überschrift "Expansivmunition" und lautet:
"§ 5. (1) Patronen für Faustfeuerwaffen mit Teilmantelgeschossen mit offenem oder geschlossenem Hohlspitz, sowie Geschosse für diese Patronen sind mit 1. Jänner 1998 verboten. Solche Munition ist der Behörde ohne Anspruch auf Entschädigung abzuliefern.
(2) Der Besitz der in Abs. 1 genannten Gegenstände ist, außer zum Zweck des alsbaldigen Verschießens oder des Exportes, bereits mit 1. Oktober 1997 verboten.
(3) Die Einfuhr von Gegenständen gemäß Abs. 1 ist bereits mit 1. Juli 1997 verboten. Dasselbe gilt für den Erwerb und das Überlassen dieser Gegenstände, außer dem Zweck des sofortigen Verschießens."
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Entschädigung für die von ihm entsprechend den Vorschriften der WaffV bereits einige Wochen vor der erfolgten Antragstellung abgelieferte Munition. Einen Antrag auf Rückerstattung der Munition wegen (angeblicher) Nichtbestehens der Ablieferungsverpflichtung hat der Beschwerdeführer nicht gestellt.
Der belangten Behörde ist daher beizupflichten, wenn sie darauf hinweist, dass das erstgenannte Beschwerdevorbringen, ob nämlich eine Ablieferungsverpflichtung für die vom Beschwerdeführer abgegebene Munition überhaupt bestand, nicht geeignet war, dem Antrag auf Entschädigung zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschwerdeführer übersieht mit seinem Vorbringen nämlich, dass ihm dann, wenn gar keine Ablieferungsverpflichtung bestanden hätte, keinesfalls ein Anspruch auf Entschädigung für die ohne entsprechende Verpflichtung abgelieferte Munition zukommen würde.
Mit dem übrigen Vorbringen in der Beschwerde macht der Beschwerdeführer den "Irrtum" des Gesetzgebers und das Vorliegen einer Lücke im WaffG durch Fehlen einer Entschädigungspflicht für die abgelieferte Munition geltend. Diese Lücke habe der Gesetzgeber nicht bedacht und sie habe ihre "Fortsetzung in der angewendeten Verordnung gefunden." Diesbezüglich genügt es aber, auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 1999, B 1591/98, zu verweisen, mit dem die Behandlung der Beschwerde des Beschwerdeführers unter Hinweis auf den nach Kundmachung der WaffV bestandenen halbjährigen Übergangszeitraum und die daher anzunehmende Unwahrscheinlichkeit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verletzung von Rechten infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich den in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebrachten Erwägungen insoweit an und sieht keinen Grund für eine neuerliche Befassung des Verfassungsgerichtshofes mit dieser Frage. Geht man davon aus, dass die von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegte Verordnung dem Gesetz entspricht, so hat die belangte Behörde - angesichts des völlig unzweideutigen Inhalts der in der Verordnung getroffenen Anordnung, dass die Munition "ohne Anspruch auf Entschädigung" abzuliefern sei - aber nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie der Auffassung des Beschwerdeführers, er habe Anspruch auf Entschädigung für die Munition, nicht beigetreten ist.
Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999200392.X00Im RIS seit
19.02.2002