TE UVS Tirol 2006/03/28 2005/27/2764-8

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2006
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Sigmund Rosenkranz über die Berufung des Herrn C. N., vertreten durch Dr. B. H., XY-Straße, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.09.2005, Zl VK-5355-2005, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 280,00 auf Euro 200,00, im Uneinbringlichkeitsfall 36 Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 20,00 neu festgesetzt. Gemäß § 52a VStG wird im mündlich verkündeten Berufungserkenntnis eine Korrektur des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend vorgenommen, dass es richtig an Stelle von ?L.? zu lauten hat: ?L.?

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 29.01.2005 um 16.30 Uhr

Tatort: Gries am Brenner, auf der Al 3, bei km 34.200 in Fahrtrichtung Innsbruck Fahrzeug:  Sattelzugfahrzeug /Anhänger,

XY/XY

 

Sie haben als Verantwortlicher der Firma B.-T. GesmbH in L., XY-Straße, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von M. A. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs 7a KFG von 40.000 kg um 3.050 kg überschritten wurde, obwohl bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39.000 kg und mit Container und Wechselaufbauten 42.000 kg nicht überschreiten darf. Bei in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug sind die genannten Gewichte um 5 vH, gerundet auf volle tausend Kilogramm, zu erhöhen.?

 

Dem Beschuldigten wurde demnach eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG in Verbindung mit § 4 Abs 7a KFG zur Last gelegt und wurde über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von Euro 280,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

 

?In umseitig bezeichneter Rechtssache erhebt der Berufungswerber gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27. 09. 2005, zugestellt am 29. 09. 2005, ZI VK-5355-2005, innerhalb offener Frist durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol und führt aus wie folgt:

Dem Berufungswerber wird nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

?Tatzeit: 29. 01. 2005 um 16.30 Uhr

Tatort: Gries am Brenner, auf der A 13, km 34,200, Richtung

Innsbruck, LKW-Waage Einreise

Fahrzeug: Sattelzugfahrzeug, XY Anhänger, XY

 

Sie haben als beauftragter Verantwortlicher der Firma B.-T. GesmbH in L., XY-Straße, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von M. A. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs 7a KFG von 40.000 kg um 3.050 kg überschritten wurde, obwohl bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38.000 kg, im vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39.000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42.000 kg nicht überschreiten darf. Bei in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftfahrzeug sind die genannten Gewichte um 5 vH, gerundet auf volle tausend Kilogramm zu erhöhen."

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaf Innsbruck Land wird in seinem gesamten Umfang angefochten.

 

Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

mangelhaftes Ermittlungsverfahren

mangelhafte Begründung

 

I. Mangelhaftes Ermittlungsverfahren:

§ 49 Abs 2 VStG bestimmt, dass wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten ist.

 

Die belangte Behörde führt in einem ihrer Begründungstextbausteine nun aus, dass aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens der Sachverhalt feststehe. (Straferkenntnis, Seite 2)

Tatsächlich führt die belangte Behörde jedoch kein Ermittlungsverfahren durch.

Auch wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Einholung einer Stellungnahme des ZAMG Tirol bezüglich der Wetterverhältnisse ignoriert.

Es liegt kein einziges Ergebnis vor, dass auf die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens schließen würde.

Das gesamte Ermittlungsverfahren muss nun von der Behörde II Instanz, durchgeführt werden, weil sich die belangte Behörde weigerte den Sachverhalt zu ermitteln.

Die Weigerung der belangten Behörde ist besonders ärgerlich, da der Berufungswerber unnötigerweise nun gezwungen ist, sich in II Instanz erneut zu rechtfertigen.

Das behördliche Ermittlungsverfahren ist ein Inquisitionsverfahren, das heißt, dass Richter und Ermittler in einer Person vereint sind. Das Verwaltungsstrafverfahren kennt keine Trennung zwischen anklagendem und entscheidendem Organ.

 

Die zuständige Behörde hat daher sowohl den staatlichen Verfolgungsanspruch geltend zu machen als auch über den Strafanspruch zu entscheiden. Allerdings ist die Behörde nach § 25 Abs 2 VStG verpflichtet, die der Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden, Die Behörde hat im laufenden Verfahren die Pflicht, die erforderlichen Ermittlungen anzustellen.

Diese Verfahrensart verlangt von der Behörde somit, dass in beide Richtungen ermittelt wird, also nicht nur um den Beschuldigten zu belasten, sondern auch um ihn zu entlasten. Daher wäre es von der erkennenden Behörde notwendig gewesen, die vom Beschuldigten vorgebrachten Konkreten Tatsachen und dafür angebotenen Beweisen zu bestätigen oder zu widerlegen. Die erkennende Behörde jedoch hat keinen einzigen diesbezüglichen Verfahrensschritt gesetzt, der zur Entlastung des Beschuldigten führen könnte.

 

Die Behörde ist verpflichtet, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalt (lies von Bedeutung sein kann. einzugehen. Sie kann sich daher reicht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge ohne Ermittlungen und Begründungen hinwegsetzen (VwGH 1 1.06.1968, 189/68, 27.06.198u, 3073/79).

Ein Verstoß gegen dieses Inquisitionsprinzip stellt eine Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf ein faires Strafverfahren dar.

 

2.)

Tatsächlich stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

a.)

Der Fahrer, Herr M. A., ist nicht im Betrieb des Betroffenen beschäftigt. Lediglich für gegenständlichen Transport war er auf Leihbasis für das Unternehmen tätig.

Bei Übergabe des Fahrzeuges, wurde er über sämtliche relevanten Bestimmungen belehrt. Insbesondere wurde er aufgefordert, im Zweifelsfall das Fahrzeug nicht in Betrieb zu nehmen.

 

Das Fahrzeug wurde bereits längere Zeit vor der Anhaltung in unbeladenem Zustand an den Fahrer übergeben. Im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges an den Fahrer haben diese sämtlichen gesetzlichen Bestimmungen entsprochen.

Über die einschlägigen Bestimmungen betreffend den Gütertransport ist der Fahrer eingehend geschult.

An Hand des gegenständlichen Ladeauftrages hätte es nicht zu einer Überladung kommen können. Das Ladungsgewicht hat die Nutzlast des Fahrzeuges nicht überschritten.

Sämtliche Fahrten werden vom Firmensitz aus disponiert. So weiß man an Hand der Ladeaufträge, welche Gütermengen zu transportieren sind. Dementsprechend werden diesen Ladungen die geeigneten Fahrzeuge zugewiesen. Nicht nur der Fahrzeugtyp, sondern auch die technischen Merkmale sind für eine Zuteilung ausschlaggebend. So befinden sich im Fuhrpark des Betroffenen Sattelkraftfahrzeuge unterschiedlichen Eigengewichten und unterschiedlichen Glutelasten.

An Hand des gegenständlichen Ladeauftrages hätte es nicht zu einer Überladung kommen können. Das Ladungsgewicht hat die Nutzlast des Fahrzeuges nicht überschritten.

Der Fahrer wurde vor Antritt angewiesen, vom Verlader eine Verwiegungsbescheinigung für die aufgenommene Ladung zu erwirken und die Beladung überdies persönlich zu beaufsichtigen. Es war für den Betroffenen nicht vorhersehbar, dass es bei diesem Transport zu einer Überladung kommen könne.

Das Fahrzeug des Betroffenen verfügt über einen Außentemperaturmesser. Zum Zeitpunkt der Verwiegung herrschte eine Temperatur von unter minus 10 Grad Celsius.

Bei der Verwiegung wurde somit gegen Punkt 2.3 der Verwendungsbestimmungen verstoßen.

Beweis: Einvernahme des amtshandelnden Wiegemeisters Einholung einer Stellungnahme des ZAMG Tirol zur Frage der Temperatur zum Zeitpunkt der Verwiegung

 

Das Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Tirol, Frau Mag. T. K., führte zu dieser Frage in der Entscheidung vom 15.12.2004, ZI Uvs-2004/29/070-5, aus.

 

Aufgrund der vorliegenden Verwendungsbestimmungen hätte die gegenständliche Waage nur im Temperaturbereich von minus 10 Grad C bis plus 40 Grad C verwendet werden dürfen. Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes steht fest, dass zum Zeitpunkt der Verwiegung eine Lufttemperatur von - 11 Grad C gemessen wurde und liegt diese Lufttemperatur außerhalb jenes Temperaturbereiches, innerhalb weichem Verwiegungen mit der nicht selbsttätigen Waage gemäß den Verwendungsbestimmungen durchgeführt werden dürfen."

 

Nach dieser Entscheidung hätte die Behörde von Amts wegen dem Einwand folgen und diesbezügliche Ermittlungen durchführen müssen.

 

c.)

Zum Zeitpunkt Ger Verwiegung herrschte Schneefall. Unmittelbar vor der Verwiegung wurden zahlreiche Schwerfahrzeuge verwogen. Durch Schneeverwehungen und durch herabfallenden Schnee anderer Fahrzeuge war die Wiegeplatte teilweise mit Schnee bedeckt. Der auf der Wiegeplatte abgelagerte Schnee wurde mit dem Sattelzugfahrzeug mitverwogen.

Beweis: Einvernahme des Meldungslegers

Einholung einer Stellungnahme des ZAMGG Tirol zum Beweis, dafür dass

es zu diesem Zeitpunkt schneite.

 

Bei der Verwiegung wurde somit gegen Punkt 2.1 der Verwendungsbestimmungen verstoßen.

Gemäß § 44 MEG gilt ein geeichtes Messgerät nur bei Einhaltung der entsprechenden Zulassungsanforderungen und Verwendungsbestimmungen als geeicht.

Im gegenständlichen Fall wurde gegen mindestens zwei Verwendungsbestimmungen verstoßen, Die Waage war somit nicht geeicht.

 

Die gegenständliche Verwiegung stellt daher keinen tauglichen und verwertbaren Beweis für die angebliche Übertretung dar. Wird die Richtigkeit eines Messgerätes durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert, ist die Behörde nicht nur dafür verantwortlich, dass das Gerät gültig geeicht ist, sondern weiters auch dafür, dass die Eichung im Messzeitpunkt durch Einhaltung der entsprechenden Zulassungsanforderungen und Verwendungsbestimmungen gilt (siehe UVS Wien Bescheid vom 31.08.2004, Zahl 03/P/34/9120/2002).

 

II. Mangelhafte Begründung:

Gemäß § 58 Abs 2 und § 60 AVG sind Bescheide zu begründen. Das innere Ausmaß der Begründung wird durch das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtsschutzinteresse der Partei bestimmt (VWGH 26. 06. 1959, Slg 5.007 A, 05. 03. 1982, 81 /08/0016 ua).

 

1.)

Die belangte Behörde verwendet für ihre Begründung folgenden Textbaustein:

?Im gegenständlichen Fall bestand für die Behörde kein Grund, an den Angaben des Anzeigers zu zweifeln. Es muss einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugebilligt werden, derartige Übertretungen richtig zu feststellen zu können."

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in nunmehr bereits mehreren Entscheidungen festgestellt hat, berechtigt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Behörde nicht, davon auszugehen, dass allein die Eigenschaft des nicht als Zeugen vernommenen Erhebungsbeamten schon ausreicht, den Beschuldigten der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als unwiderlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen (VwGH 18.4.1980, 1039/78).

 

Dem Meldungsleger als unter Diensteid stehenden Beamten kommt nicht ein generell höheres Maß an Glaubwürdigkeit zu als anderen Personen (VwGH 27.06.2001, 99/09/0159).

 

Die Verwendung eines Textbausteines ohne auf die konkreten Umstände des Einzelfalles einzugehen, kann nach Rechtssprechung als Bescheidbegründung nicht genügen.

 

2.)

Wie in unzähligen Verfahren, so verwendet die belangte Behörde, Bezirkshauptmannschaft Innsbruck auch hier, ihren standardisierten Begründungstextbaustein. (vgl diesbezüglich beispielsweise die Straferkenntnisse zu Gzl VK-5745-2005, VK-3401-2005, VK-31780-2004, VK-29381-2004, VK-9392-2005 uva).

 

Es ist merkwürdig, dass sich gerade vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck der Sachverhalt bzw der Gang des Ermittlungsverfahrens immer wieder derart darstellt, dass dieselbe Bescheidbegründung zutrifft.

 

Mit keinem einzigen Wort nimmt die belangte Behörde auf den konkreten Sachverhalt bzw auf der Gang des Ermittlungsverfahrens Bezug.

 

3.)

Mit Schriftsatz vom 23.09.2005 stellte der Berufungswerber mehrere Anträge. Diese wurden von der Behörde schlicht ignoriert. Sie erachtete es auch nicht erforderlich eine Begründung für die Ablehnung der Beweisanträge anzuführen.

 

Im Verwaltungsverfahren hat sich die Behörde von den Grundsätzen der Amtswegigkeit und der Erforschung der materiellen Wahrheit, ohne Rücksicht auf eine Zustimmungserklärung einer Partei, leiten zu lassen und ihren Bescheid auch dementsprechend zu begründen (VWGH 20.09.1983, 83/11/0019).

 

4.)

Die belangte Behörde zieht als Verschuldensgrad Vorsatz in Betracht. Es versteht sich von selbst, dass die belangte Behörde für eine derartige Behauptung auch beweispflichtig ist.

Auf Vorsatz kann in der Pegel nur aus äußeren Umständen geschlossen werden. (VwGH 17.09.1990, 89/15/0114)

Zumal es die belangte Behörde unterlassen hat, die äußeren Umstände zu ermitteln, kann nicht ohne weiteres auf Vorsatz geschlossen werden.

Es wird somit gestellt der Antrag, die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck möge gemäß § 64 a AVG mittels Berufungsvorentscheidung im Verwaltungsstrafverfahren, Zl VK-5355-2005, der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis vom 27.09.2005 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG einstellen, in eventu gemäß § 21 VStG von einer Bestrafung absehen,

 

in eventu:

2.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol wolle in Stattgebung dieser Berufung das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.09.2005, Zl VK-5355-2005, aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG einstellen.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Akt, dabei insbesondere in die Stellungnahme der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik vom 03.11.2005 sowie die Stellungnahmen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 04.01.2006 sowie vom 03.02.2006 und durch Einvernahme des Zeugen

RI W.

Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:

Der Berufungswerber ist verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs 2 VStG für den Bereich des Kraftfahrgesetzes 1967 und damit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma B.-T. GmbH in L., welche Firma Zulassungsbesitzerin des am 29.01.2005 um 16.30 Uhr in Gries am Brenner auf der A 13 bei km 34,200 in Fahrtrichtung von Herrn A. M. gelenkten Sattelzugfahrzeuges samt Anhänger mit den amtlichen Kennzeichen XY und XY ist. Dieses Sattelzugfahrzeug samt Anhänger wurde zum genannten Zeitpunkt einer Kontrolle unterzogen und wurde eine Verwiegung vorgenommen. Zum vorerwähnten Zeitpunkt wurde von BI W. eine Verwiegung des Sattelzugfahrzeuges samt Anhänger vorgenommen, wobei festgestellt wurde, dass die Summe der Gesamtgewicht von 40.000 kg um 3.050 kg überschritten wurde, obwohl bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewicht sowie die Summe der Achslasten 38.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39.000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42.000 kg nicht überschreiten darf. Bei in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug sind die genannten Gewichte um 5 vH, gerundet auf volle tausend Kilogramm, zu erhöhen.

 

BI W. führt bereits seit ca. 30 Jahren Verwiegung durch und ist auch auf die gegenständliche Brückenwaage eingeschult. Probleme bei der Verwiegung hat es mit der Waage nicht gegeben.

Welche Umgebungstemperatur bei der Waage in Gries am Brenner geherrscht hat, kann nicht festgestellt werden. Die Lufttemperatur in Steinach am Brenner lag hingegen zum Tatzeitpunkt bei wolkenlosem Himmel bei minus 13 Grad C.

Der Temperaturbereich, innerhalb dem die gegenständlich verwendete Waagen-Bauart laut den Verwendungsbestimmungen betrieben werden kann, ist minus 10 Grad C bis plus 40 Grad C. Wenn die Verwendungsbestimmungen durch Betreiben des Messgerätes außerhalb des in der Zulassung oder den Eichvorschriften festgelegten Temperaturbereichs nicht eingehalten werden, ist das Messgerät als ungeeicht anzusehen.

 

Diese Feststellungen konnten aufgrund des unbedenklichen Akteninhaltes, insbesondere aufgrund der Anzeige der Verkehrsabteilung-Außenstelle Schönberg i St vom 08.02.2005, Zl A1/11131/01/2005, sowie der gutachterlichen Mitteilung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik vom 03.11.2005 und den Schreiben des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen vom 04.01.2006 sowie vom 03.02.2006 sowie der Aussage des Zeugen BI W. in unbedenklicher Weise getroffen werden.

 

Zur tatsächlichen Umgebungstemperatur der Waage musste eine Negativfeststellung getroffen werden, da eine entsprechende Auskunft der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik lediglich für Steinach am Brenner abgegeben werden konnte. Dass die Waage bei einem Betreiben außerhalb des in Verwendungsbestimmungen festgelegten Temperaturbereiches als ungeeicht gilt, ergibt sich einerseits aus § 44 Maß- und Eichgesetz sowie auch der Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 03.02.2006.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs 7a KFG darf bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39.000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42.000 kg nicht überschreiten. Bei in einem EU-Mitgliedstaat zu gelassenen Kraftfahrzeug sind die im ersten Satz genannten Gewichts um 5 vH, gerundet auf volle tausend Kilogramm, zu erhöhen.

 

Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung ? unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder ?bewilligungen ? den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht. Gemäß § 9 Abs 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

 

Nach eigenen Angaben ist er zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden und sohin verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher.

Nach den Feststellungen konnte die genaue Umgebungstemperatur der Waage in Gries am Brenner nicht festgestellt werden, wobei dies aber auch dann, wenn eine Temperatur von minus 13 Grad C,  wie sie im Nachbarort Steinach am Brenner zum Tatzeitpunkt vorgelegen hat, angenommen werden würde, lediglich die Folge nach sich ziehen würde, dass die verwendete Waage als ungeeicht anzusehen wäre.

 

Im Hinblick auf das Ausmaß der Übertretung, nämlich eine gemessene Überladung von 3.050 kg, wobei eine Verkehrsfehlergrenze in Höhe von 100 kg bereits abgezogen ist, ist aber nicht davon auszugehen, dass dieses Messergebnis, selbst wenn von einer ungeeichten Waage ausgegangen werden muss, derart ist, dass nicht von einer Verwaltungsübertretung auszugehen ist. Dies anders als im Fall des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 15.12.2004, Zl 2004/29/070, wo offenbar zu Gunsten des dortigen Berufungswerbers bei einer weitaus geringeren Überladung eine Verwaltungsübertretung nicht als erwiesen angesehen wurde.

 

Ein Ausmaß einer Überladung von 3.050 kg (nach Abzug einer Verkehrsfehlergrenze von 100 kg) lässt aber auch bei einer ungeeichten Waage jedenfalls den Schluss zu, dass eine Überladung und damit ein Überschreiten der Summe der Gesamtgewichte vorgelegen hat, wobei lediglich das genaue Ausmaß der Überschreitung aufgrund der Verwendung einer ungeeichten Waage nicht gänzlich konkret festgestellt werden kann. Das Ausmaß der Überschreitung ist jedoch kein Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs 7a KFG, sondern ist dies lediglich bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt, da zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (vgl VwGH 24.05.1989, 89/02/0017). Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber aber nicht gelungen. Er hat keine Umstände vorgebracht, die ein fehlendes Verschulden aufzeigen könnten. Auf Grund der gesetzlichen Vermutung im § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG war daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

Die Bestrafung ist sohin dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Gemäß § 134 Abs 1 KFG in der seinerzeit geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABl Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dass im gegenständlichen Fall die Verwaltungsübertretung lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde, war hinsichtlich der Strafbemessung ebenso zu berücksichtigen, wie auch in Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers anzunehmen war, dass das Ausmaß der Überschreitung der Summe der Gesamtgewichte durch eine möglicherweise ungeeichte Waage ermittelt wurde, weshalb die verhängte Geldstrafe angemessen zu reduzieren war.

 

Die nunmehr verhängte Geldstrafe kann nicht als überhöht angesehen werden, da sie sich im aller untersten Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegt und ist eine Geldstrafe in der gegenständlichen Höhe jedenfalls geboten, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung hinreichend Rechnung zu tragen.

 

Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach §§ 20 und 21 Abs 1 VStG lagen ebenfalls nicht vor. Die Anwendung des § 20 VStG ist bereits deshalb ausgeschieden, da § 134 Abs 1 KFG keine Mindeststrafe vorsieht. Hinsichtlich des § 21 VStG fehlt es jedoch bereits an dem hier geforderten geringfügigen Verschulden. Ein solches liegt nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Dass dies der Fall wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Im Übrigen war das angefochtene Straferkenntnis im Spruch im erwähnten Umfang insofern richtig zu stellen, als der Sitz der Firma B.-T. GmbH in L. gelegen ist, und es sich bei der Anführung ?L.? im angefochtenen Straferkenntnis um einen offensichtlichen Irrtum handelte, der im Übrigen auch vom Berufungswerber nicht moniert wurde. Der Berufungswerber ist durch die vorgenommene Korrektur aber jedenfalls nicht in irgendwelchen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Nach, den, Feststellungen, konnte, die, genaue, Umgebungstemperatur, in, Grad, auch, am, Brenner, nicht, festgestellt, werden, wobei, dies, aber, auch, dann, wenn, eine, Temperatur, von, minus 13 Grad, angenommen, werden, würde, lediglich, die, Folge, nach, sich, ziehen, würde, dass, die, verwendete, Waage, als, ungeeicht, anzusehen, wäre
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten