Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Rudolf Rieser über die Beschwerde von Frau S. Z., I., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. L. S., I., XY-Platz, gegen die Stadt Innsbruck als belangte Behörde aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 1 und 3 und § 67d Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 ? AVG wird die Beschwerde, dass die belangte Behörde durch ihr rechtswidriges Einschreiten am 20.12.2005, mit dem die beiden minderjährigen Kinder D. und S. Sahin der Obsorge der Beschwerdeführerin entzogen und fremd untergebracht wurden, und durch die rechtswidrige einstweilige Entziehung der Obsorge vom Abnahmezeitpunkt bis zum 02.03.2006 und die damit verbundene Verbringung der beiden minderjährigen Kinder in die Jugendbetreuungseinrichtung ?J.? die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt hat, dass nicht ohne rechtliche Grundlage ihre Kinder an einem anderen Ort untergebracht werden, als sie es als obsorgeberechtigte Kindesmutter bestimmt, als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin bringt in ihrem Schriftsatz vom 29.01.2006, beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 02.02.2006, Folgendes vor:
?Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist mit M. S. verheiratet und die Kindesmutter der ehelichen mj. Kinder D. geb. XY und S. geb. XY S. Der Kindergarten der Hort und die Schule die die Kinder besuchten erstatteten in den letzten Jahren mehrfach Anzeigen bei der belangten Behörde, weil sie den Verdacht auf Gewalt in der Familie hatten und verdächtigten überdies den Kindesvater des sexuellen Missbrauches gegenüber D. Mit den Eltern die diesen Institutionen und der belangten Behörde als sehr besorgt und fürsorglich zu den Kindern sind wurden diesbezüglich nie gesprochen. Die Behörde glaubte bei D. Verhaltensauffälligkeiten im Sinne von Distanzlosigkeit gegenüber anderen Kindern wahrzunehmen. Am 20.12.2005 wurden die Kinder von der belangten Behörde den Eltern abgenommen, im ?J.? fremduntergebracht und am 27.12.2005 beim BG Innsbruck der Antrag gestellt, die Fremdunterbringung zu genehmigen und der belangten Behörde die Pflege und Erziehung und die gesetzliche Vertretung in diesem Teilbereich zu übertragen.
Beschwerdepunkte:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, dass ihr ohne gesetzliche Grundlage bis zur Entscheidung des Gerichtes darüber die Pflege und Erziehung und gesetzliche Vertretung in diesem Teilbereich durch die Belangte Behörde dadurch entzogen wurde, dass die Kinder fremduntergebracht wurden und weiters im Recht, vor dieser Maßnahme angehört zu werden.
Beweise: Antrag der belangten Behörde samt Beilagen
Vernehmung des M. S. p.A. der Beschwerdeführerin
PV
Gründe:
Der aus den Meldungen der Schulen und des Hortes ergebende Verdacht reicht für die Maßnahme nicht aus. Da es sich um vage Indizien die über Jahre gesammelt wurden handelte, hätte die Belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor dieser Maßnahme Gelegenheit geben müssen, zu den Verdächtigungen und Indizien Stellung zu nehmen, so wäre der Verdacht entkräftet worden und die Maßnahme hätte sich erübrigt. Außerdem ist die Maßnahme unverhältnismäßig. Gegen die Beschwerdeführerin hatte sich nie der Verdacht der negativen Beeinträchtigung des Kindeswohls ergeben, die gesammelten Indizien richten sich allein gegen den Kindesvater. Deshalb hätte die Behörde nicht die Drittunterbringung anordnen müssen. Sie hätte vielmehr in Übernahme des entsprechenden Teiles des Rechtes auf Vertretung der Kinder in deren Namen eine Wegweisung des Kindesvaters wegen Verdachtes der Gewalt in der Familie nach dem SPG beantragen und sodann im gerichtlichen Verfahren betreffend die Übertragung der Pflege und Erziehung eine gerichtliche EV beantragen können. Damit wären die Kinder bei der Beschwerdeführerin bis zur gerichtlichen Entscheidung darüber in ihrer Pflege und Erziehung geblieben. Aber selbst wenn eine Drittunterbringung erforderlich wäre, hätte diese bei den Eltern der Beschwerdeführerin stattfinden können, die mit ihren Geschwistern in Ö. in einem großen Familienverband leben und zu denen die Kinder einen engen familiären Kontakt haben. Es wird daher gestellt der Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol wolle feststellen, dass die belangte Behörde durch ihr Einschreiten am 20.12.2005 die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt hat. Der belangten Behörde wollen die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Eine mündliche Verhandlung wird beantragt. Die Beschwerdeführerin und M. S. sprechen sehr gut Deutsch, bei differenzierteren fachspezifischen Fragen wäre ein Dolmetsch für Türkisch erforderlich.
Kostenverzeichnis:
Beschwerde Euro 610,00?
Im Schriftsatz vom 02.03.2006 wird der gegenständliche Antrag wie folgt ausgedehnt:
?In vorbezeichneter Sache wird der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck 2 P 224/05 x vorgelegt, mit dem der Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers auf Übertragung der Obsorge abgewiesen wurde und den Eltern die Weisung erteilt wurde, eine Betreuung zu nehmen. Diese Betreuung wurde im Verfahren von den Parteien angeregt und angenommen. Der Beschluss wird von Seiten der Eltern nicht angefochten werden.
Im Anschluss an die Zustellung der Entscheidung des Gerichtes am 2.3.2006 an die Parteien wurde mit dem Jugendamt vereinbart, dass die Eltern die Kinder am Freitag den 3.3.2006 um 14.00 Uhr im Jugendland abholen und sodann in wechselseitiger Absprache mit dem Verein Heilpädagogische Familien mit der Erfüllung der gerichtlichen Weisung begonnen wird.
Das BG Innsbruck hat in seiner Entscheidung aber auch deutlich und unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (1 Ob 49/05 w OGH Erk vom 24.6.2005) ausgesprochen, dass der Jugendwohlfahrtsträger, wenn er wegen Gefahr im Verzug seine Kompetenz zur Ergreifung vorläufiger Maßnahmen der Pflege und Erziehung gemäß § 215 Abs 1 2.Satz ABGB durch die Unterbringung von Minderjährigen in Anspruch nimmt, hoheitlich und eigenverantwortlich handelt.
Das bedeutet dass nach der Oberstgerichtlichen Rechtsprechung die ordentlichen Gerichte nicht dazu berufen sind, festzustellen, ob eine Einstweilige Maßnahme im Bereich der Pflege und Erziehung rechtmäßig war oder ist, sondern nur über eine definitive Obsorgezuteilung. Die rechtsstaatlich gebotene nachprüfende Kontrolle des hoheitlichen Handelns des Jugendwohlfahrtsträgers ist daher den ordentlichen Gerichten entzogen und fallen daher in den Zuständigkeitsbereich des UVS.
Insbesondere sind die Gerichte demnach nicht zuständig, (und das in Obsorgeangelegenheiten anzuwendende Außerstreitgesetz sieht ein derartiges Verfahren auch gar nicht vor,) festzustellen oder darüber abzusprechen,
ob der Jugendwohlfahrtsträger im konkreten Einzelfall der Jugendwohlfahrtsträger mit der Maßnahme des Jugendamtes, nämlich Abnahme der Kinder und Verbringung in die Betreuungseinrichtung J. unter Übernahme der einstweiligen Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung legitime Ziele verfolgte;
ob die Maßnahme geeignet war, die verfolgten Ziele des Jugendwohlfahrtsträgers, die mit dieser Maßnahme erreicht werden sollten, zu erreichen;
ob und wie lange es rechtmäßig war diese einstweilige Maßnahme aufrecht zu erhalten;
ob die Maßnahme im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in das Obsorgerecht der Beschwerdeführerin und auch der Kinder nicht unverhältnismäßig war und nicht durch eine frühere Kontaktaufnahme mit den stets kooperationsbereiten Eltern und deren Ergreifen nicht mit den gesetzlich (IJWG, JWG) vorgesehenen beratenden und unterstützenden Mitteln der Tätigkeit des Jugendwohlfahrtsträgers die Notwendigkeit ihrer Ergreifung bereits im Vorfeld vermieden werden hätte können.
und ob die Maßnahme nicht durch gelindere Mittel, eben im konkreten Fall durch eine Wegweisung nach dem SPG und im Weiteren einem Antrag auf gerichtliche Wegweisung des Kindesvaters in Übernahme des Teilbereiches der Obsorge Vertretung der Minderjährigen vor Behörden, Gerichte und Ämter der ersetzt werden hätte können, was zumindest gewährleistet hätte, dass die Kinder in ihrer gewohnten Umgebung bei der Mutter bleiben hätten können und sie nicht einem über zwei Monate dauerndem Freiheitsentzug der mit der Unterbringung in der Betreuungseinrichtung J. zwangsläufig verbunden ist, ausgesetzt hätte, der insbesondere gegen Ende der Unterbringung der Kinder im J. bei den Kindern auch zu schweren psychischen Problemen führte (Bettnässen, überzogene Trotzreaktionen gegenüber der Schule wie das sich hineintragen lassen etc.
Deshalb wird wiederholt der Antrag
Der Beschwerde Folge zu geben.
Weiters wird der Antrag dahingehend ausgedehnt dass beantragt wird, darüber hinaus festzustellen, dass die Aufrechterhaltung der einstweiligen Entziehung der Obsorge der Beschwerdeführerin vom Abnahmezeitpunkt bis zum 2.3.2006 und die damit verbundene Verbringung der Kinder D. und S. S. in die Jugendbetreuungseinrichtung J. in I. rechtswidrig war und die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzte, dass nicht ohne rechtliche Grundlage ihre Kinder an einem anderen Ort untergebracht werden als sie es als obsorgeberechtigte Kindesmutter bestimmt.?
Die Stadt Innsbruck als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 03.03.2006 den Akt der fallführenden Sozialarbeiterin, den Antrag an das Gericht vom 27.12.2005 samt damaligen Beilagen, den Beschluss des Gerichtes vom 02.03.2006, den Produktkatalog der öffentlichen Jugendwohlfahrt der Landeshauptstadt Innsbruck, Tiroler Standards zur Beschreibung des Kinderwohls, Auszug aus dem ABGB und einen Auszug aus dem kommentierten TJWG samt einer umfassenden Stellungnahme zum gegenständlichen Fall übermittelt. Als Beweismittel wurde in die übermittelten Aktenunterlagen der Stadt Innsbruck Einsicht genommen. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 29.03.2006 durchgeführt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beschwerdeführerin Folgendes angegeben:
?Selbst wenn man der Argumentation des Jugendwohlfahrtsträgers der Stadt Innsbruck folgen würde, dass die Abnahme zur Abklärung der Situation der Kinder erforderlich gewesen sei, so war die Abklärung bereits mit Zustellung des psychologischen Gutachtens des Herrn Dr. P. an beide Parteien, das war am 06.02.2006 bzw nach der Verhandlung, bei der das Gutachten mündlich vom Sachverständigen erörtert wurde (am 14.02.2006), nicht mehr erforderlich, weil spätestens ab diesem Zeitpunkt die Betreuungssituation und der psychische Zustand der Kinder restlos geklärt waren - zumindest in einem solchen Ausmaß, dass eine Gefährdung der Kinder nicht mehr bescheinigt war. Der Rechtsvertreter teilt mit, dass von Seiten der Beschwerdeführerin die Entscheidung des Bezirksgerichtes Innsbruck nicht beeinsprucht wurde. Von Seiten des Stadtmagistrates Innsbruck wurde Rekurs erhoben. Der Rekurs enthält keine klaren Aussagen darüber, in welchem Umfang die Entscheidung des Bezirksgerichtes angefochten wird. Aus dem Rekurs geht hervor, dass der Jugendwohlfahrtsträger die Meinung vertritt, dass das Pflegschaftsgericht auch zur Entscheidung über die Frage der Rechtmäßigkeit der einstweiligen Maßnahme des Jugendwohlfahrtträgers zuständig sei und rügt, dass über diese Frage nicht entschieden wurde.
Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass wenn der Jugendwohlfahrtsträger Verdachtsmomente für Missbrauch oder Gewalt in der Familie gehabt hätte, es durchaus gelindere Mittel, zB im SPG, geben würde. Eine Wegweisung des Kindesvaters hätte die Situation der Kinder ebenfalls wesentlich verbessert. Wenn die Verdachtsmomente so zwingend gewesen wären, wäre es Aufgabe der Jugendwohlfahrtsbehörde gewesen, Anzeige oder Bericht an die Staatsanwaltschaft zu erheben. Um die Situation abklären zu können, wäre es jedenfalls notwendig gewesen, dass die Eltern bereits vor der Maßnahme bei der Wahrheitserhebung eingebunden worden wären. Dies wäre auch ohne konkrete Vorhalte gegangen. Die Eltern haben ihrerseits nie eine Kooperation mit den Behörden verweigert. Es wird auf die bisherigen Anträge und die Stellungnahmen verwiesen. Es wird daher beantragt, dass der Beschwerde stattgegeben wird und die beantragten Kosten zugesprochen werden.?
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 29.03.2006 steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol fest, dass die Magistratsabteilung II der Stadt Innsbruck (Jugendwohlfahrt) aufgrund vorliegender Verdachtsmomente und angenommener Gefahr im Verzug als erforderliche Maßnahme im gegenständlichen Falle die beiden mj. Kinder der Beschwerdeführerin im Kinder- und Jugendheim ?J.? in I., XY-Weg, gegen den Willen der Beschwerdeführerin untergebracht hat. Der Jugendwohlfahrtsträger hat in weiterer Folge unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von acht Tagen, nämlich am 27.12.2005, die erforderlichen gerichtlichen Verfügungen, nämlich den Entzug der Obsorge im Teilbereich Pflege und Erziehung beim zuständigen Bezirksgericht Innsbruck beantragt.
Das Bezirksgericht Innsbruck hat aufgrund des fristgerecht eingebrachten Antrages ein Pflegschaftsverfahren durchgeführt und verschiedene Beweismittel eingeholt. Das Bezirksgericht Innsbruck hat in weiterer Folge mit Beschluss vom 24.02.2006, Zl 2B 224/05x-s30, zugestellt am 02.03.2006, den Antrag der Stadt Innsbruck auf Entzug der Obsorge im Teilbereich Pflege und Erziehung für die beiden mj. Kinder abgewiesen und gleichzeitig den Kindeseltern die Weisung erteilt, sich einer zumindest einmal wöchentlichen fachspezifischen Betreuung zu unterziehen. Gegen diesen Beschluss wurde laut Auskunft der Beschwerdeführerin durch die Stadt Innsbruck Rekurs an das Landesgericht Innsbruck erhoben.
Im gegenständlichen Fall war hinsichtlich der Zulässigkeit der Maßnahmenbeschwerde von besonderer Bedeutung, ob die aufgezeigte Maßnahme des Jugendwohlfahrtsträgers, nämlich die Abnahme der beiden minderjährigen Kinder und Unterbringung der beiden minderjährigen Kinder in einer Kinderbetreuungseinrichtung eine hoheitliche oder eine privatrechtliche Maßnahme darstellt.
Die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten wie folgt:
?Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 ? AVG
§ 67a
(1) Die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern entscheiden:
1.
?
2.
über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
§ 67c
(1) Beschwerden nach § 67a Abs 1 Z 2 sind innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.
(2) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1.
die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes,
2.
soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat und welcher Behörde er zuzurechnen ist (belangte Behörde),
3.
den Sachverhalt,
4.
die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
5. das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären,
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
(3) Der angefochtene Verwaltungsakt ist für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
§ 215
(1) Der Jugendwohlfahrtsträger hat die zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im Bereich der Obsorge zu beantragen. Bei Gefahr im Verzug kann er die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen; er hat diese Entscheidung unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht Tagen, zu beantragen. Im Umfang der getroffenen Maßnahmen ist der Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge betraut.?
Im gegenständlichen Fall war hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde also entscheidungsrelevant, ob eine Sofortmaßnahme des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 215 Abs 1 Satz 2 ABGB als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, der in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergeht.
Die Lehre (siehe Schwiemann, Kommentar zum ABGB oder Manz, Kommentar zum ?Jugendwohlfahrtsrecht? von Ent/Frischengruber), die Verwaltungsbehörden und auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gehen davon aus, bei solchen Sofortmaßnahmen der Jugendwohlfahrtsträger die Stellung eines Sachwalters hat. Er handelt insoweit als besonderer gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen im Rahmen des Privatrechts und nicht des öffentlichen Rechts. Solche Maßnahmen sind ihrer Art nach nicht Ausübung der dem Staat eigentümlichen Befehls- und Zwangsgewalt. Erziehungsmaßnahmen werden aufgrund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gesetzt. In weiterer Folge hat der Jugendwohlfahrtsträger ein solches Einschreiten nur vor dem Vormundschaftsgericht, nicht aber vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu verantworten (siehe VfGH-Erkenntnis vom 19.06.1989, VfSlg 12.073, VfGH-Beschluss vom 12.10.1987, VfSlg 11.498, VfGH-Erkenntnis vom 08.10.1987, VfSlg 11.492 oder VwGH-Erkenntnis vom 22.09.1995, Zl 93/11/0221).
Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht keine Veranlassung, der von der Beschwerdeführerin ins Spiel gebrachten Rechtsprechung des OGH im Urteil vom 24.06.2005, Zl 10b 49/05w,zu folgen. Das Bezirksgericht Innsbruck nimmt im letzten Absatz der Beschlussbegründung in der gegenständlichen Angelegenheit nur auf die angeführte Rechtsprechung des OGH Bezug. Die Entscheidung, ob eine Maßnahme nach § 815 Abs 1 ABGB sofort aufzuheben ist oder ein diesbezüglich gestellter Antrag über die Obsorge rasch zu entscheiden ist, obliegt dem zuständigen Pflegschaftsgericht. Es steht der Beschwerdeführerin jedenfalls das Recht zu, beim Pflegschaftsgericht die sofortige Beendigung der Maßnahme zu beantragen. Die Notwendigkeit über eine Maßnahmenbeschwerde eine Doppelgleisigkeit zu ermöglichen, wird jedenfalls nicht erkannt.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, der aufgezeigten Erwägungen, insbesondere der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts war daher spruchgemäß zu entscheiden und die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.