TE UVS Tirol 2006/04/03 2006/25/0609-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.2006
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn Landtagsabgeordneten Dr. J. B., XY Landtagsklub, Landhaus, I., vom 13.02.2006 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol bzw der Tiroler Landesregierung vom 30.01.2006, Zl U-5104/108, betreffend Antrag auf Mitteilung von Umweltinformationen, gemäß § 8 Abs 4 und 6 UIG und § 8 Abs 4 und 6 TUIG 2005 in Verbindung mit § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung als informationspflichtige Stelle gemäß § 8 Abs 1 TUIG 2005 sowie des Landeshauptmannes von Tirol als informationspflichtige Stelle gemäß § 8 Abs 1 UIG vom 30.1.2006 wurde der Antrag des Landtagsabgeordneten Dr. J. B. vom 18.10.2005 auf Mitteilung von Umweltinformationen bezüglich aller Grundlagen (Beurteilungen, Unterlagen, Studien, Analysen, Expertisen, Erhebungen, ...), die Inhalt der fachlichen Prüfung des TIWAG Optionenberichtes über mögliche Standorte künftiger Wasserkraftnutzung in Tirol waren und die im sogenannten Synthesebericht unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zusammengefasst und vergleichend bewertet wurden, soweit er sich auf Angelegenheiten bezieht, die in der Gesetzgebung Landessache sind, gemäß § 8 Abs 1 und Abs 2 in Verbindung mit §§ 2, 3 Abs 1, § 4 Abs 1 und Abs 2, § 5 Abs 3 und § 6 Abs 1 lit a und d sowie Abs 4 TUIG 2005 bzw soweit er sich auf Angelegenheiten bezieht, die in der Gesetzgebung Bundessache sind, gemäß § 8 Abs 1 und 2 in Verbindung mit § 2, § 3 Abs 1, § 4 Abs 1 und 2, § 5 Abs 3 und § 6 Abs 1 Z 1 und Z 4 sowie Abs 4 UIG abgewiesen.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung des Abgeordneten Dr. J. B., in welcher dieser im Wesentlichen vorbringt, dass es sich bei den von der TIWAG geplanten Kraftwerksbauten, wie sie im Optionenbericht dargestellt werden, zweifellos um Maßnahmen (Tätigkeiten) handle, die sich auf Umweltbestandteile auswirken bzw um Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen für diese geplanten Maßnahmen. Die Experten der von der Landesregierung eingerichteten Arbeitsgruppe hatten die möglichen Strandorte künftiger Wasserkraftnutzung in Tirol einer fachlichen Prüfung unterzogen, wobei es um eine erste, möglichst umfassende Einschätzung der Auswirkungen der von der TIWAG vorgestellten Optionen der Wasserkraftnutzung auf Umweltbestandteile gegangen sei. Bei diesen Ergebnissen, die die Experten der Arbeitsgruppe erarbeiteten und die dann im Synthesebericht in kurzer und allgemeiner Form zusammengefasst worden seien, handle es sich zweifellos um Umweltinformationen im Sinn des § 2 UIG, TUIG bzw Art 2 der Umweltinformationsrichtlinie. Die Begründung der Behörde, dass zwar der Synthesebericht, nicht aber die Ergebnisse, die im Synthesebericht zusammengeführt wurden, als Informationen über Maßnahmen zu verstehen seien, sei nicht nachvollziehbar. Ob die einzelnen von den Experten erarbeiteten Ergebnisse der Landesregierung vorgelegt wurden oder nicht und dass diese Ergebnisse keinerlei Präjudizierung für das künftige Genehmigungsverfahren beinhalten, ändere nichts an der Tatsache, dass es sich bei diesen Grundlagen, die zum Synthesebericht führten, um Umweltinformationen im Sinn des UIG bzw TUIG handelt. Der Beschluss der Landesregierung, diese Arbeitsgruppe einzurichten, um eine erste möglichst umfassende Einschätzung der Auswirkungen der von der TIWAG vorgestellten Optionen der Wasserkraftnutzung auf Umweltbestandteile abzugeben, sei wohl auch als Verwaltungsakt zu verstehen. Umweltmaßnahmen umfassten sämtlichen Handlungen, die Einfluss auf den Zustand der Umwelt oder ihre Bestandte ile haben oder wahrscheinlich haben. Laut Judikatur des EUGH umfasse der Begriff Umweltinformationen nicht nur Daten, die in einem weiteren Zusammenhang mit hoheitlichen Handeln stehen; ein Zugriffsrecht bestehe auch auf Informationen über rein privatwirtschaftlich behördliches Handeln und private Tätigkeiten mit Einfluss auf das ökologische Gleichgewicht. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um bereits beschlossene oder geplante Maßnahmen handelt. Der Gesetzgeber habe dem Begriff Umweltinformation eine weite Bedeutung gegeben. Er umfasse Angaben, Analysen als auch Tätigkeiten, die den Zustand verschiedener Umweltbereiche betreffen. Im gegenständlichen Fall liege auch keine Ausnahme im Sinn des § 6 Abs 1 Z 1 UIG bzw § 6 Abs 1 lit a TUIG vor. Unter internen Mitteilungen würden behördeninterne Weisungen, Anorderungen, organisatorische Fragen, Aktenvermerke oder Vorbereitungen zu legistischen Maßnahmen fallen. Die Mitteilungsschranke dieser Bestimmungen beziehe sich ausschließlich auf Akteninhalte. Faktenmaterial, wie die von den Experten erarbeiteten Ergebnisse ihrer Vorprüfung, seien daher offen zu legen. Es handle sich hierbei um konkrete Daten über die Auswirkungen der Kraftwerkspläne der TIWAG auf die Umwelt, die dann im Synthesebericht zusammengefasst wurden, also um keine vertraulichen behördeninternen Informationen. Auch der Ausnahmetatbestand des § 6 Abs 1 Z 4 UIG bzw § 6 Abs 1 lit d TUIG sei nicht gegeben. Diese Bestimmung beziehe sich auf noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder nicht aufbereitete Daten. Die Verwendung der Formulierung ?gerade? bzw ?noch? mache deutlich, dass es sich um Material oder Schriftstücke handeln muss, die von der informationspflichtigen Stelle noch bearbeitet werden müssen, also unfertig sind. Die von ihm begehrten Ergebnisse der Prüfung der Auswirkungen der von der TIWAG vorgestellten Optionen der Wasserkraftnutzung in Tirol auf Umweltbestandteile seien abgeschlossen und würden nicht mehr bearbeitet. Daran ändere auch nichts, dass diese Ergebnisse im Synthesebericht zusamm engefasst wurden. Die mangelnde Abgeschlossenheit könne sich nur auf das konkrete Material, Schriftstück oder auf konkrete Daten, nicht aber auf die weitere Verwendung im Rahmen eines Verfahrens beziehen. Deshalb sei die Verweigerung der Herausgabe der begehrten Umweltinformationen rechtswidrig und werde beantragt, der Berufung Folge zu geben und der informationspflichtigen Stelle aufzutragen, die begehrten Umweltinformationen herauszugeben.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Das Auskunftsbegehren des Berufungswerbers bezieht sich offenkundig auf jene Informationen, die für die Erstellung des Syntheseberichtes (?Fachliche Prüfung des TIWAG Optionenberichtes über mögliche Standorte künftiger Wasserkraftnutzung in Tirol?) vom 04. Juli 2005 erhoben und im Arbeitsbericht des Amtes der Tiroler Landesregierung/Arbeitsgruppe TIWAG Optionenbericht schriftlich zusammengefasst wurden.

 

Der betreffende Arbeitsbericht enthält zunächst, wie von der Erstinstanz zutreffend ausgeführt, keine Angaben über den Zustand von Umweltbestandteilen, über Umweltfaktoren oder über den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, weshalb § 2 Z 1, 2 und 6 UIG bzw § 2 lit a, b und f TUIG 2005 nicht zum Tragen kommen. Auch die Umsetzung des Umweltrechts wird im betreffenden Bericht nicht behandelt, sodass es sich bei diesem auch um keine Umweltinformation iSd § 2 Z 4 UIG bzw des § 2 lit d TUIG 2005 handelt.

Es war daher weiters zu prüfen, ob die Informationen, die zur Erstellung des Syntheseberichtes geführt haben, als Umweltinformationen iSd § 2 Ziff 3 UIG bzw § 2 lit c TUIG zu qualifizieren sind. Nach diesen Bestimmungen sind Umweltinformationen sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstige materieller Form über Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den voran stehenden Ziffern und Literas angeführten Umweltbestandteile und Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz.

Die Erstbehörde hat in ihrer Bescheidbegründung auf einschlägige Literatur bzw. Rechtsquellen gestützte, für die Berufungsbehörde nachvollziehbare Definitionen der Begriffe ?Politiken?, ?Verwaltungsakte? und ?Pläne und Programmen? gegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.

Da die vom Berufungswerber begehrten Informationen keine Absichtserklärungen enthalten und es sich dabei auch nicht um Grundlagen eines legistischen Vorhabens handelt, sind die angeforderten Informationen nicht als ?Politiken? oder ?Gesetze? im Sinne der vorzitierten Bestimmungen zu qualifizieren. Ebenfalls handelt es sich dabei nach Ansicht der Berufungsbehörde um keine ?Verwaltungsakte?, weil darunter nur Formen hoheitlichen Handelns von Behörden verstanden werden können. Dies trifft für die angeforderten Unterlagen zweifelsfrei nicht zu. Diese stehen, wie bereits im erstinstanzlichen Bescheid zutreffend ausgeführt, in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Erlassung von Bescheiden, Verfahrensanordnungen oder verfahrensfreien Verwaltungsakten. Die betreffenden Informationen sind aber auch nicht als ?Plan oder Programm? zu qualifizieren. Zieht man zur Auslegung dieser Begriffe entsprechend dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung die Richtlinie 2001/42/EG (SUP-RL) heran, so fehlt es bereits an der begriffswesentlichen rechtlichen Verpflichtung zur Erstellung der betreffenden Unterlagen.

Die vom Berufungswerber verlangten Unterlagen enthalten schließlich auch keine Umweltvereinbarung.

Da die Aufzählung möglicher Maßnahmen in den zitierten Bestimmungen aber bloß demonstrativ ist (arg ?zB?), war noch zu beurteilen, ob es sich bei den betreffenden Informationen allenfalls um sonstige Maßnahmen handelt, die auf die Umweltbestandteile bzw Umweltfaktoren Auswirkungen haben oder haben können. Dies trifft nach Ansicht der Berufungsbehörde jedenfalls für den Beschluss der Landesregierung, in welchem die in die engere Wahl zu nehmenden und der TIWAG zur vertieften Bearbeitung, Optimierung, Präsentation und Diskussion zuzuweisenden Projektsvorschläge angeführt wurden (Optionen Nr 1, 2, 3, 9 und 15), zu. Dieser Beschluss kann zweifelsfrei potentielle Umweltauswirkungen haben und wurde dieser daher richtigerweise öffentlich bekannt gemacht. Aus der Bestimmung in § 2 Z 5 UIG bzw § 2 lit e TUIG 2005, wonach auch jene Kosten/Nutzen-Analysen und sonstigen wirtschaftlichen Analysen und Annahmen, die im Rahmen der in § 2 Z 3 UIG bzw § 2 lit c TUIG 2005 genannten Maßnahmen, verwendet werden, Umweltinformationen sind, ist weiters zu folgern, dass auch der dem Regierungsbeschluss zugrunde gelegte ?Synthesebericht? als Umweltinformation zu qualifizieren ist. Dass auch die diesem Bericht vorausgegangenen Stellungnahmen, Bewertungen, Beurteilungen etc als Umweltinformationen zu qualifizieren sind, kann den gesetzlichen Begriffsbestimmungen hingegen nicht entnommen werden. Wie erwähnt lässt sich bereits aus § 2 Z 5 UIG und § 2 lit e TUIG 2005 klar entnehmen, dass zusätzlich zu den Maßnahmen mit tatsächlichen oder möglichen Umweltauswirkungen lediglich die für diese Maßnahmen verwendeten Informationen der Umweltinformationspflicht unterliegen. Dies war im gegenständlichen Fall ? wie erwähnt ? der der Landesregierung zugeleitete ?Synthesebericht? und nicht, wie vom Berufungswerber offenbar angenommen, alle Informationen, die zur Erstellung dieses Berichtes geführt haben. Zu diesem Ergebnis gelangt man auch bei einer am Zweck der Norm orientierten Auslegung. Der Gesetzgeber bzw. Richtliniengeber wollte sicherstellen, das

s jedermann von Maßnahmen oder Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können, Kenntnis erlangen kann (vgl Erwägungsgrund Nr 10 der Richtlinie 2003/4/EWG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG). Ebenfalls sollen jene Daten, Beurteilungen etc, die Umweltmaßnahmen zugrunde liegen, für jedermann zugänglich sein, um die Maßnahmen auf diese Weise transparent zu machen. Indem nun sowohl der in Rede stehende Regierungsbeschluss als auch der diesem zugrunde gelegte ?Synthesebericht? veröffentlicht wurden, wurde diesem Normzweck, nämlich die Bevölkerung über umweltrelevante Maßnahmen zu informieren, nach Ansicht der Berufungsbehörde in gesetzes- und richtlinienkonformer Weise Rechnung getragen. Eine Verpflichtung zur Herausgabe jener Unterlagen, deren Zusammenfassung der ?Synthesebericht? bildet, kann dem UIG bzw. dem TUIG 2005 hingegen nicht entnommen werden.

 

Im Ergebnis stellen sohin die vom Berufungswerber am 18.10.2005 begehrten Informationen nach Ansicht der Berufungsbehörde keine Umweltinformationen iSd UIG bzw des TUIG 2005 dar. Dem betreffende Begehren wurde daher seitens der Erstinstanz zu Recht keine Folge gegeben und war folgerichtig die vorliegende Berufung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
Fachliche, Prüfung, des, T. Optionenberichtes, der, betreffende, Arbeitsbericht, enthält, keine, Angaben, über, den, Zustand, von, Umweltbestandteilen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten